BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12879 21. Wahlperiode 08.05.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 30.04.18 und Antwort des Senats Betr.: „Hamburger Kleingärten mit naturschutzrechtlichen Ausgleichsflächen“ oder „Die Einführung der Sehr-Kleingärten in Hamburg“ In der Verbandszeitschrift „Gartenfreund“ des Landesbundes der Gartenfreunde in Hamburg e.V. (LGH) wird in der Ausgabe Nummer 2 im Februar 2018 vom Vorsitzenden Sielmann über die Planungen von naturschutzrechtlichen Ausgleichsflächen in Kleingärten berichtet. In dem entsprechenden Artikel wird ein Beispiel im Bezirk Eimsbüttel erwähnt, wo als teilausgleich für eine durch Wohnungsbau überplante Kleingartenfläche mit 34 Parzellen eine neue Kleingartenanlage mit 16 Parzellen entsteht, die jeweils circa 180 Quadratmeter groß sein werden. Die kleingärtnerische Gesamtnutzfläche beträgt circa 3.000 Quadratmeter, was circa der Hälfte der üblichen Ersatzflächengröße besteht. Die Anlage wird durch eine sich anschließende Streuobstwiese ergänzt, die als naturschutzrechtliche Ausgleichsfläche anerkannt und qualifiziert sei. Diese Fläche von circa 3.500 Quadratmeter könne von den Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern extensiv genutzt werden, das heißt, beispielsweise dürfen Kinder dort spielen. Eine intensive Nutzung ist dagegen nicht erlaubt. Die Stadt könne durch diese neue Konzeption im Kleingartenwesen zwei Ausgleichsbedarfe, kleingärtnerische und naturschutzrechtliche, innerstädtisch „übereinanderlegen“, was Herr Sielmann als Vorteil unter dem Eindruck der zunehmenden Flächenkonkurrenz der Stadt betrachtet. In dem Artikel wird weiter suggeriert, dass ein Vorteil dieser Anlage für die Gärtnerinnen und Gärtner die Bestandssicherheit sei, „da es sich um eine naturschutzrechtliche Anlage handelt“. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Ersatzkleingärten werden gemäß der im sogenannten 10.000er-Vertrag vereinbarten Größe bereitgestellt. Bei den der Fragestellung zugrunde liegenden neuen Kleingärten handelt es sich nicht um eine neue Konzeption, sondern um ein besonderes Modellprojekt , in dem die individuell nutzbare Parzellenfläche zugunsten einer gemeinschaftlich nutzbaren Fläche, die gleichzeitig als naturschutzrechtliche Ausgleichsfläche dient, reduziert ist. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche Kleingartenfläche beziehungsweise welcher KGV wurde bei diesem Vorgang überplant? Wie groß war die Gesamtfläche der Anlage? Wie groß war die durchschnittliche Parzellengröße in der alten Anlage? Überplant wurde der KGV 357 „Gartenfreunde Mühlenkoppel e.V.“ mit einer Gesamtfläche von 12.366 m² inklusive Vereinsinfrastruktur. Hier befinden sich 34 Parzellen. Dies ergibt eine durchschnittliche Bruttoparzellengröße von 364 m². Drucksache 21/12879 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Es geht die ehemalige Kleingartenanlage mit 34 Parzellen verloren, durch die neue Anlage entstehen 16 Parzellen. Wie viele Pächter/-innen der alten Anlage werden Pächter/-innen in der neuen Anlage und wo verbleiben die übrigen Pächter/-innen? Wie viele neue Pächter/-innen gibt es? Für die gekündigten 34 Parzellen wird Ersatz an mehreren Stellen in der Umgebung geschaffen. Hauptsächlich erfolgt die Kompensation durch die Verdichtung des nahe gelegenen KGV 302 „Vereinigung Eimsbütteler Gartenfreunde“, wodurch 25 zusätzliche Parzellen entstehen werden. Eine weitere Fläche befindet sich an der Hagenbeckstraße . Hier können bis zu 14 Kleingärten als Erweiterung des KGV 304 „Gartenverein Unter den Linden Stellingen“ gebaut werden. Die dritte Ersatzfläche, die auch den gekündigten Pächtern zur Verfügung stehen wird, ist die Modellanlage, in der die genannten 16 Kleingärten errichtet werden. Die hergerichteten Kleingartenersatzflächen werden an den Landesbund der Gartenfreunde in Hamburg e.V. (LGH) übergeben . Es steht den 34 gekündigten Kleingartenpächtern frei, ob und wo sie eine Ersatzparzelle pachten. 3. Welcher Standort ist für die neue Anlage vorgesehen und welche Flächennutzung liegt bisher vor? Die Kleingartenanlage wird an der Niendorfer Straße 99 errichtet. Auf dem Flurstück bestand temporär eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge. Die Einrichtung wurde zum 31. Mai 2017 zurück gebaut. Einzelne Ausstattungselemente (Einzäunung, Fahrradbügel, Bänke et cetera) blieben zur Wiederverwendung in der Kleingartenanlage erhalten. 4. Welche Stellen oder Institutionen waren an der Planung des Entwurfs der neuen Kleingartenanlage in Eimsbüttel beteiligt? a) In welcher Form waren die Mitglieder des überplanten KGV in die Planung der neuen Fläche eingebunden? b) In welcher Form sind die Anwohner/-innen eingebunden? In die Planung einbezogen wurde der LGH, der den Verein beteiligt hat. Eine Beteiligung der Anwohnerinnen und Anwohner an der Planung ist nicht vorgesehen . 5. Wie lautet in diesem Zusammenhang die genaue Definition einer „extensiven Nutzung“? Die Nutzung der Obstwiese durch die Mitglieder des Vereins bleibt möglich, orientiert sich aber an den naturschutzfachlichen Anforderungen an eine Ausgleichsmaßnahme. Nicht erlaubt sind intensive Nutzungen wie sportliche Aktivitäten, Grillen oder die Errichtung von Baulichkeiten. 6. Welche Vorschiften gelten für den Bereich der gemeinschaftlichen Streuobstwiese, die von den Mitgliedern des Vereins extensiv genutzt wird? Welche Pflichten ergeben sich aus der extensiven Nutzung durch die Kleingärtner/-innen? Es ist vorgesehen, dass die Obstbäume durch geschulte Mitglieder des Vereins gepflegt werden. Die jährlich zwei- bis dreimalige Mahd der Wiese wird entweder durch den Verein oder durch das zuständige Bezirksamt erfolgen. 7. Ist eine extensive Nutzung der gemeinschaftlichen Streuobstwiese auch für Nichtmitglieder, zum Beispiel Anwohner/-innen, möglich? a) Warum nicht? Zur Nutzung der Streuobstwiese berechtigt sind die zukünftigen Parzellenpächter, da die Obstwiese Bestandteil der Pachtflächen wird. Eine öffentliche Nutzung ist damit ausgeschlossen. Eine Mitnutzung durch Dritte, zum Beispiel für eine Imkerei, ist allerdings denkbar. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12879 3 8. Wie wird sichergestellt, dass die betreffenden Kleingärtner/-innen in die Lage versetzt werden, eine naturschutzrechtlich anerkannte Streuobstwiese ordnungsgemäß, das heißt im Sinne der entsprechenden Vorgaben , zu nutzen? Dem Verein und den Pächtern sollen die dafür erforderlichen Maßnahmen in einem Gespräch vermittelt werden. Darüber hinaus sollen die Vorgaben dem Verein und seinen Pächtern schriftlich zur Verfügung gestellt werden. 9. Ist eine Evaluation für diese neue Konzeption des Kleingartenwesens anhand dieser Fläche vorgesehen? Ja. 10. Welche Pläne für weitere „moderne Kleingartenparks“ in Hamburg liegen vor? Im Sinne der Fragestellung liegen aktuell keine weiteren Planungen für eine Kombination von Kleingarten- und Ausgleichsflächen vor. Es sollen zunächst Erfahrungen mit dem Modellprojekt gesammelt werden.