BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12901 21. Wahlperiode 08.05.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Kurt Duwe (FDP) vom 02.05.18 und Antwort des Senats Betr.: HAMBURG WASSER trödelt bei der Berechnung der Niederschlagswassergebühr und belastet die Kunden über Gebühr Seit dem 01.05.2012 wird das zu beseitigende Niederschlagswasser nicht mehr zusammen mit dem Schmutzwasser nach dem verbrauchten Frischwasser abgerechnet. Ausschlaggebend für die Ermittlung der Niederschlagswassergebühr ist die Erfassung der versiegelten und teilversiegelten Fläche. HAMBURG WASSER versendet zu diesem Zweck Flächenermittlungsbögen an die Grundstückseigentümerinnen und Eigentümer. Nach nunmehr fast sechs Jahren sind davon auch Bestandskunden betroffen, die seit 2012 keine Ermittlungsbögen erhalten haben. Diese Trödelei ist sechs Jahre nach der Einführung völlig inakzeptabel und soll in diesen Fällen teilweise zu hohen Nachzahlungen der betroffenen Kunden führen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Mit Wirkung zum 1. Mai 2012 wurde die zum 1. Januar 1984 eingeführte und bis zu diesem Zeitpunkt gültige Einheitsgebühr (Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung zu einem einheitlichen Gebührensatz) aufgeteilt. Maßgeblich für die Höhe der Niederschlagswassergebühr ist seitdem die bebaute und befestigte Grundstücksfläche , die in ein öffentliches Siel entwässert. Derzeit bestehen bei HAMBURG WAS- SER (HW) 125.389 aktive Abrechnungsvorgänge zur getrennten Niederschlagswassergebühr . Nach Einführung der Niederschlagswassergebühr im Jahr 2012 wurden im Jahr 2016 erneut Befragungen der Eigentümer durchgeführt, um die Veränderungen an Grundstücksgrenzen und die gemäß Luftbildauswertung neu bebauten Flächen auszuwerten. Diese Befragung hat nicht zu einem Anstieg der Widerspruchszahlen bei HW geführt. Die Widerspruchsquote beträgt 1,6 Prozent und ergibt sich aus laufenden Widerspruchsverfahren im Verhältnis zu den aktiven Abrechnungsvorgängen. Kann ein Widerspruch nicht kurzfristig geklärt werden, werden die sich aus dem Gebührenbescheid ergebenden Zahlungsaufforderungen seitens HW bis zur abschließenden Klärung regelmäßig ausgesetzt. Widerspruchsverfahren ergeben sich häufig dadurch, dass die Eigentümer den ihnen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens übersandten Flächenermittlungsbogen nicht an HW zurückgeschickt haben und somit ihrer in §§ 15 Absatz 4 und 26 Absatz 3 Sielabgabengesetz (SAG) geregelten Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sind. HW hat in diesen Fällen die im Rahmen der Luftbildauswertung ermittelten Flächen als gebührenpflichtig eingestuft und gegenüber dem Eigentümer gemäß § 15 Absatz 4 SAG festgesetzt. Reaktionen der Kunden erfolgten oftmals erst nach Übersendung der Gebührenbescheide. Auch bei Grundstücken, die nach dem Wohnungseigentumsrecht aufgeteilt sind und nicht über einen Verwalter verfügen (in der Regel Doppelund Reihenhäuser, Garagen), gestaltet sich die Flächenermittlung oftmals schwierig, da eine genaue Aufteilung der bebauten und befestigten Grundstücksflächen auf die Drucksache 21/12901 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 einzelnen Miteigentümer nur durch die Miteigentümer selbst vorgenommen werden kann. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften von HW wie folgt: 1) Aus welchen Gründen ist eine automatische Zuordnung der betroffenen Kunden über bestehende Vertragskonten nicht möglich? 2) Bei wie vielen betroffenen Kunden ist die automatische Zuordnung in den letzten sechs Jahren nicht erfolgt? Eine automatische Zuordnung von Gebührenzahlern der Niederschlagswassergebühr (Grundstückseigentümern) zu bestehenden Kunden und somit vorhandenen Vertragskontonummern ist nicht möglich, da sich die Personenkreise (Eigentümer/Bezieher des Wassers) unterscheiden. Zudem ist die Schreibweise der Kundennamen bei HW nicht zwingend deckungsgleich mit den im Grundbuch geführten Namen, sodass eine automatische Zuordnung zu Fehlern führen würde. Um dennoch möglichst viele Abrechnungsvorgänge zur Niederschlagswassergebühr zu bestehenden Vertragskonten zuordnen zu können, wurden die Grundstückseigentümer im Rahmen des Flächenermittlungsverfahrens nach ihrer Vertragskontonummer gefragt. Sofern HW eine Vertragskontonummer mitgeteilt wurde, wird diese möglichst auch zur Abrechnung der Niederschlagswassergebühr verwendet. 3) Wie viele Kunden sind in den letzten sechs Jahren niederschlagswassergebührenpflichtig gewesen? 174.766 Kunden waren oder sind seit Mai 2012 gebührenpflichtig gewesen. 4) Wie viele der betroffenen Kunden haben in den letzten sechs Jahren ihren Flächenermittlungsbogen verspätet erhalten? Bitte nach Kundenzahlen, Jahren und Dauer der Verspätung getrennt auflisten. Kunden erhalten ihren Erhebungsbogen, nachdem HW die Flächen im Luftbild vorermittelt hat und diese Daten in Erhebungsbögen überführt wurden. HW versendet neue Erhebungsbögen, wenn sich Grundstücke oder die bauliche Situation auf Grundstücken verändert hat. Eine verspätete Versendung liegt insofern nicht vor. Im Übrigen gilt die im SAG geregelte Mitwirkungspflicht der Eigentümer. 5) Wie viele Widersprüche sind in den letzten sechs Jahren gegen die Flächenfestsetzungsbescheide erfolgt? Bitte nach Anzahl und Jahren getrennt auflisten. Die eingegangenen Widersprüche verteilen sich wie folgt auf die Jahre: 2012: 1.518 2013: 2.280 2014: 1.697 2015: 1.393 2016: 1.422 2017: 1.965 2018: 286 6) Wie vielen dieser Widersprüche musste stattgegeben werden? Bitte nach Anzahl und Jahren getrennt auflisten. In den meisten Fällen einer Stattgabe haben die Betroffenen erstmalig mit dem Widerspruch die zur Ermittlung der zur gebührenrelevanten Fläche notwendigen Angaben gemacht. Stattgegeben wurde in den Jahren folgenden Widersprüchen: 2012: 1.418 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12901 3 2013: 1.992 2014: 1.178 2015: 931 2016: 856 2017: 756 2018: 64 7) Wie hoch ist die durchschnittliche Bearbeitungsdauer bei diesen Widersprüchen ? Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer wird statistisch nicht erfasst. Die Bearbeitungsdauer eines Widerspruchs hängt maßgeblich von der Vollständigkeit der vom Kunden übersendeten Unterlagen und der Nachvollziehbarkeit der Angaben sowie der Größe eines Grundstücks und der Komplexität der baulichen Situation auf dem Grundstück ab. 8) In welcher Höhe wurden durch die verspätete Festsetzung der Niederschlagswassergebühr in den letzten vier Jahren Nachzahlungen der Kunden fällig? Bitte je Kalenderjahr auflisten. Siehe Antwort zu 4. 9) Welche gesetzlichen Verjährungsfristen gelten in Hamburg konkret in Bezug auf die rückwirkende Festsetzung der Niederschlagswassergebühr ? Die Festsetzungsverjährung von Niederschlagswassergebühren ist in § 29 Absatz 1 SAG geregelt und beträgt vier Jahre. Die Frist beginnt am Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Folglich können im Jahr 2018 Niederschlagswassergebühren rückwirkend bis zum 1.Januar 2014 noch erstmals abgerechnet werden. 10) Wie viele Vollzeitäquivalente wurden in den letzten sechs Jahren dauerhaft mit der Erhebung der Niederschlagswassergebühr befasst? Bitte je Kalenderjahr auflisten. Jahr VZÄ 2012 7 2013 7 2014 7 2015 8 2016 8 2017 9 2018 9 Darüber hinaus waren durchschnittlich circa fünf Vollzeitäquivalente für die Firma BFUB im Auftrag von HW als Dienstleister tätig.