BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12955 21. Wahlperiode 15.05.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein und Carl-Edgar Jarchow (FDP) vom 07.05.18 und Antwort des Senats Betr.: Zunehmende Zahl von radikalen Salafisten – Wie ist der aktuelle Stand? (XIII) Nach Presseberichten vom 4. April 2018 steigt die Zahl der Salafisten in Hamburg besonders stark. So sollen sich fast 800 Salafisten in Hamburg aufhalten. Nunmehr werden 11.000 Menschen der Salafisten-Szene in ganz Deutschland zugerechnet. Auch die Zahl der politischen Straftaten durch gewaltbereite Islamisten steigt weiter an. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die erfragten Daten werden beim Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg aufgrund der programmierten Abläufe nur zu bestimmten Stichtagen aus den Dateien generiert. Außerhalb dieser Stichtage wäre eine händische Auswertung der Dateien erforderlich, dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Stichtag der Abfrage ist der 31. März 2018. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Salafisten halten sich nach Informationen des Senats derzeit in Hamburg auf und wie viele davon werden als gewaltbereit eingestuft (Jihadisten)? Bitte jeweils aufschlüsseln nach Altersgruppen unter 18 Jahren, 18 – 21, 22 – 34, 35 und älter sowie nach Geschlecht. Salafisten davon Jihadisten Männer Frauen Männer Frauen unter 18 Jahre 19 3 16 1 18-21 Jahre 127 20 91 10 22-25 Jahre 128 19 74 4 26-34 Jahre 220 45 121 15 35 Jahre u.ä. 166 36 84 4 Ohne Geb.datum 15 0 14 0 Summe 675 123 400 34 Gesamtsumme 798* 434 * Die Zahl bezieht sich auf die in Hamburg gemeldeten Personen. Inwieweit sich diese tatsächlich in Hamburg aufhalten, kann nicht vollständig angegeben werden. 2. Welche Nationalität haben diese Salafisten und Jihadisten jeweils? Staatsangehörigkeit Salafisten 798 davon Jihadisten 434 Afghanistan 69 57 Deutschland 435 177 nur deutsch 224 74 Drucksache 21/12955 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Staatsangehörigkeit Salafisten 798 davon Jihadisten 434 dopp. Staatsangeh. 211 103 Irak 8 8 Libanon 5 5 Marokko 17 12 Russland 14 5 Syrien 42 35 Tunesien 7 0 Türkei 50 22 Somalia 46 46 Sonstige 82 49 nicht bekannt 23 18 Summe 798 434 3. Wie viele Mitglieder weiterer islamistischer Gruppen halten sich derzeit in Hamburg auf? Bitte die Anzahl der den jeweiligen Gruppierung zugeordneten Personen angeben. Die Zahlen für das Jahr 2017 werden mit Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2017 voraussichtlich im Juli 2018 abschließend erhoben sein. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. sowie Drs. 21/9440 und 21/8105. 4. Wie viele jihadistisch orientierte Personen haben versucht, aus Hamburg seit Drs. 21/9781 für Aktivitäten im Rahmen des „IS“ (oder ähnliche Aktivitäten ) auszureisen? Wie viele davon sind tatsächlich ausgereist? Mit welchen Mitteln konnten wie viele Personen davon abgebracht werden? Dem LfV Hamburg liegen Erkenntnisse vor, dass seit Drs. 21/9781 vier weitere Personen (insgesamt 84 Personen) in Richtung Syrien/Irak ausgereist sind. Im Übrigen siehe Drs. 21/9604 und 21/9781. 5. Wie viele dieser ausgereisten Personen sind nach Kenntnis der zuständigen Behörden ums Leben gekommen? Nach Erkenntnissen des LfV Hamburg sollen ungefähr 25 Personen ums Leben gekommen sein. Im Übrigen siehe Drs. 21/9604. 6. Wie viele „Ausreiser“ sind nach Kenntnis der zuständigen Behörden zurück nach Deutschland gereist? Wie viele davon nach Hamburg? Dem LfV Hamburg liegen Erkenntnisse dazu vor, dass 31 der 84 ausgereisten Personen aus Hamburg zurückgekehrt sind. Im Übrigen siehe Drs. 21/9781. 7. Wie bewertet der Senat mögliche Gefahren durch in Hamburg lebende „Rückkehrer“? Siehe Drs. 21/9781 und 21/9440. An der dargestellten Einschätzung hat sich bislang nichts geändert. 8. Gibt es neue Erkenntnisse hinsichtlich der Aktivität von Salafisten im Umfeld von Flüchtlingsunterkünften? Wenn ja, bitte darstellen. Nein. 9. Wie viele Verdachtsfälle mit islamistischem und religiös-extremistischem Hintergrund in Schulen sind seit Drs. 21/9440 bekannt geworden? Aus welchen Schulen wurden sie gemeldet und welcher Art sind sie? Die Behörde für Schule und Berufsbildung hat im Schuljahr 2017/2018 (bis zum Stichtag 8.5.18) zusätzlich zu den in Drs. 21/9440, 21/8162, 21/8105, 21/6646 sowie 21/5039 benannten Einzelfällen 52 weitere Beratungsanfragen zu Schülerinnen oder Schülern aus Grundschulen, Stadtteilschulen, Gymnasien oder Beruflichen Schulen dokumentiert. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12955 3 Diese Anfragen konnten in 35 Fällen nach Beratungsgesprächen beziehungsweise Besprechungsterminen zwischen den Schulen und den Fachkräften des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung sowie des Beratungszentrums Berufliche Schulen und der Beratungsstelle Gewaltprävention abgeschlossen werden. Die Anliegen konzentrierten sich auf Unterrichtsprobleme, religiös-kulturelle Fragestellungen und situationsspezifische Problemlagen. Bei 13 Anfragen entwickelte sich eine Fallarbeit in Kooperation mit anderen behördlichen Institutionen, da der Verdacht einer Radikalisierung nicht ausgeräumt werden konnte. Bei den übrigen vier Anfragen stehen die Recherchen noch am Anfang. Der Senat sieht aus Datenschutzgründen von der öffentlichen Benennung der Schule(n) ab. 10. Wie viele Verdachtsfälle mit islamistischem und religiös-extremistischem Hintergrund in Hochschulen sind bekannt geworden? Aus welchen Hochschulen wurden sie gemeldet und welcher Art sind sie? Keine. 11. Wie viele Stellen hat Legato derzeit insgesamt? Sind Stellen bei Legato derzeit unbesetzt? Wenn ja, warum und zu wann sollen sie besetzt werden? Die Beratungsstelle Legato verfügt derzeit über 6,375 Stellen, davon ist aktuell eine 0,5-Stelle unbesetzt. Diese 0,5-Stelle soll laut Träger zum 1. August 2018 besetzt werden. 12. In wie vielen Fällen hat die Beratungsstelle Legato seit ihrem Bestehen Beratungen durchgeführt? Die Beratungsstelle Legato hat seit ihrem Bestehen in 319 Fällen (Stand 31. März 2018) beraten. 13. Wie viele dieser Beratungsfälle gehen zurück auf Hinweise von Schulen ? Wie viele dieser Beratungsfälle gehen zurück auf Hinweise von Hochschulen? Wie viele auf Hinweise von Behörden? Wie viele auf anonyme Hinweise? Wie viele auf Angehörige? Angaben zu Einrichtungen/Institutionen, die von Legato beraten werden, erfolgen im Rahmen des Sachberichts des Projektträgers, der für den Verwendungsnachweis über die Fördermittel zu erstellen ist. Der nächste Sachbericht wird bis Ende des 2. Quartals vorliegen. Im Übrigen siehe Drs. 21/9440. 14. Gegen wie viele islamistisch orientierte Personen laufen derzeit gerichtliche Verfahren (neue Erkenntnisse seit Drs. 21/9440)? Seit der Drs. 21/9440 sind in der mit der Bearbeitung von Staatsschutzstrafsachen und Strafsachen mit politischem Einschlag befassten Abteilung 71 der Staatsanwaltschaft Hamburg keine neuen gerichtlichen Verfahren anhängig geworden. Eines der in Drs. 21/9440 genannten Verfahren ist mittlerweile rechtskräftig abgeschlossen. Das zweite Verfahren ist durch Urteil abgeschlossen worden, allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Aufgrund einer Anklage der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg wird derzeit vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht gegen einen Angeklagten verhandelt. Im Übrigen ist dort ein weiteres Verfahren des Generalbundesanwalts mit einem Angeklagten anhängig. 15. Sind die zwei in Drs. 21/8105 angekündigten Stellen „für Bezugsbetreuer für gefährdete und radikalisierte Gefangene“ mittlerweile besetzt worden ? Wenn nein, warum nicht? Ja. Drucksache 21/12955 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 16. Wie viele Haftbefehle wurden in 2017 und bis April 2018 gegen mutmaßliche Islamisten in Hamburg erlassen? Welche Gründe lagen dafür jeweils vor? Seit wann liegen diese Haftbefehle vor? 17. Wie viele Haftbefehle gegen mutmaßliche Islamisten wurden bisher aus welchen Gründen nicht vollstreckt? In Verfahren der Generalstaatsanwaltschaft und der Staatsanwaltschaft wegen islamistisch motivierter Straftaten wurden insgesamt acht Haftbefehle wegen des Verdachts auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gemäß §§ 129a und 129b StGB und ein Haftbefehl wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 89a StGB erlassen. Sieben dieser Haftbefehle konnten aufgrund des unbekannten Aufenthaltes der Beschuldigten nicht vollstreckt werden. Darüber hinaus ist eine elektronische Recherche von Haftbefehlen beim Landeskriminalamt (LKA) 7 nicht möglich, da eine entsprechende Datenbank, die Grundlage der Beantwortung bei Drs. 21/9781 war, aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht mehr weitergeführt werden durfte. Im Übrigen siehe Drs. 21/9781.