BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12957 21. Wahlperiode 15.05.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christel Nicolaysen (FDP) vom 07.05.18 und Antwort des Senats Betr.: Nachfrage – BAMF trennt sich von mehr als 2.100 Dolmetschern – Wie ist Hamburg davon betroffen? Die Antworten des Senats auf meine Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/12835 zu den Qualitätsstandards der vom Einwohner-Zentralamt eingesetzten Übersetzer geben Anlass zur weiteren Nachfrage. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Bestehende Verträge mit dem Inhalt Übersetzungsdienstleistung: a. Wie viele Verträge wurden noch nicht den aktuellen Qualitätsstandards angepasst? Die Anpassung der Verträge (betroffen sind die Verträge von 77 Sprachmittlern und fünf Übersetzerbüros) befindet sich derzeit noch in der Umsetzung. Nach Ausarbeitung und abschließender Prüfung der neuen Verträge werden bisherige Vertragspartner angeschrieben, um die Änderungen in neue Verträge aufzunehmen. b. Wer genau ist Auftraggeber der Übersetzungsdienstleistung (BASFI, Einwohner-Zentralamt oder Andere)? Für die im Einwohner-Zentralamt eingesetzten Dolmetscher ist das Einwohner- Zentralamt der Auftraggeber. c. Welche inhaltlichen Anpassungen fehlen bei diesen Verträgen noch? Bitte detailliert darstellen! Die Verträge werden um eine Vereinbarung zur Abrechnung von Einsatzzeiten, dem Einreichen von Rechnungen und einem Verhaltenskodex für eine professionelle Zusammenarbeit ergänzt. Im Rahmen der Qualitätssicherung werden darüber hinaus Nachweise von Deutschkenntnissen auf dem Sprachniveau C1 und Kenntnisse rechtlicher Begrifflichkeiten, die Vorlage beruflicher Referenzen und eine bedarfsabhängige Überprüfung nach dem Hamburgischen Sicherheitsüberprüfung- und Geheimschutzgesetz in den Vertrag aufgenommen. d. Ab wann wird die Einhaltung der Qualitätsstandards bei Übersetzungsdienstleistungen sichergestellt sein? Wann laufen die letzte „Altverträge“ aus? Die Umsetzung wird nach abgeschlossener Prüfung der neuen Vertragsentwürfe zeitnah erfolgen. Die bestehenden Verträge sind mit keiner zeitlichen Befristung versehen . e. Seit wann und warum hat der Senat die Qualitätsstandards des BAMF übernommen? Erfolgte die Übernahme aus autonomen Gründen oder gibt es Verabredungen zu möglicherweise bundes- Drucksache 21/12957 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 weit einheitlicher Qualitätssicherung bei Übersetzungsdienstleistungen in Ausländerangelegenheiten? Es handelt sich um eine autonome Entscheidung des Einwohner-Zentralamts. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. d. und Drs. 21/11344. f. Welche Unterschiede bestehen zwischen der Qualitätssicherung bei Übersetzungsdienstleistungen beim BAMF und der für das Einwohner -Zentralamt? Zu den Maßnahmen zur Qualitätssicherung bei Übersetzungsdienstleistungen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) siehe Drs. 21/11344 (http://www.bamf.de/DE/Infothek/Dolmetscher/dolmetscher-node.html). Zu den Maßstäben des Einwohner-Zentralamtes siehe Antwort zu 1. c. 2. 77 Sprachmittler/fünf Übersetzungsbüros: a. Kann der Senat einschätzen, ob nunmehr weniger geeignete Vertragspartner zur Verfügung stehen als noch vor der Qualitätsanpassung an das BAMF? Die zuständige Behörde geht davon aus, dass einzelne Verträge mit Sprachmittlern aufgelöst werden. Bezüglich der von den Dolmetscherbüros eingesetzten Sprachmittler ist noch keine Aussage möglich. b. Ist dem Senat bekannt, wie viele Sprachmittler es in Hamburg gibt? Bitte zwischen ehrenamtlichen und qualifizierten unterscheiden. In Hamburg gibt es zum Stand 8. Mai 2018 288 allgemein vereidigte und öffentlich bestellte Dolmetscher und/oder Übersetzer in insgesamt 45 Sprachen für gerichtliche und behördliche Zwecke, die ihre Kompetenz in der juristischen Fachsprache durch das hamburgische Eignungsfeststellungsverfahren oder Sprachabschlüsse gemäß der Anlage 2 zur Hamburgischen Dolmetscherverordnung (HmbDolmVO) nachgewiesen haben. Darüber hinaus gibt es eine nicht bekannte Zahl von Sprachmittlern, welche diesen Nachweis nicht erbracht haben. c. In welchen Verfahren beziehungsweise Situationen setzt das Einwohner -Zentralamt Sprachmittler und wann Dolmetscher ein? Sprachmittler ist der Überbegriff für Dolmetscher und Übersetzer. Dolmetscher werden bei persönlichen Vorsprachen und mündlichen Anhörungen eingesetzt, Übersetzer für die schriftliche Übersetzung von Texten. d. Wie ist aktuell die Arbeitsbelastung der Sprachmittler? Welche Regelungen gibt es zu Arbeitszeiten pro Tag/Woche/Monat/Verfahren ? Je nach Sprache werden Sprachmittler nach Bedarf eingesetzt. In bestimmten Bereichen , beispielweise im Ankunftszentrum Rahlstedt, sind Dolmetscher ganztägig anwesend. e. Wie erfolgen die Beauftragung und die Auswahl eines Sprachmittlers für einen bestimmten Fall? Wer entscheidet über die Beauftragung ? Wie wird eine Rotation sichergestellt? Die Beauftragung von Dolmetschern für Einzelfälle erfolgt in der Regel durch die zuständigen Sachbearbeiter telefonisch oder per E-Mail. Die Beauftragung von Dolmetschern für Dauereinsätze erfolgt in der Regel über die Sachgebietsleitungen. Bei der Beauftragung werden die erforderlichen Sprachkenntnisse und -kombinationen, die Verfügbarkeit und die Neutralität des Dolmetschers berücksichtigt. Für die Auswahl der infrage kommenden Sprachmittler steht den Bedarfsträgern im Einwohner- Zentralamt eine elektronisch hinterlegte Übersicht zur Verfügung. f. Kann der Senat einschätzen, wie häufig und wie lange derselbe Sprachmittler im Monat für das Einwohner-Zentralamt tätig ist? Ist in den Verträgen eine Mindest-Einsatzzeit pro Monat vorgesehen? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12957 3 Eine Mindesteinsatzzeit ist nicht vorgesehen. Die Einsatzdauer und -häufigkeit richten sich nach dem konkreten Bedarf. g. In welchen Verfahren geht das Einwohner-Zentralamt davon aus, dass die Qualifizierung eines Sprachmittlers nicht ausreicht für eine Übersetzung? Wer entscheidet das? Sprachmittler können grundsätzlich für alle Verfahren eingesetzt werden. Bei der Übersetzung medizinischer Gutachten ist allerdings aufgrund des notwendigen Fachvokabulars und fachspezifischer Kenntnisse in Einzelfällen eine normale Qualifizierung nicht ausreichend. Die Auswahl der für diese Tätigkeit infrage kommenden Sprachmittler erfolgt aufgrund der vorliegenden Referenzen durch die Sachbearbeitung . h. Wie oft erfolgte im Jahr 2017 der Einsatz von Übersetzern für das Einwohner-Zentralamt? Bitte aufschlüsseln nach Sprachmittlern und Dolmetschern! Zu den Begrifflichkeiten „Sprachmittler“, „Dolmetscher“ und „Übersetzer“ siehe Antwort zu 2. c. Zur Beantwortung dieser Frage müssten mehrere Hundert Rechnungen händisch ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. i. Welches Honorar erhalten Sprachmittler beziehungsweise Dolmetscher aktuell für die Übersetzung (pro Stunde beziehungsweise Fall)? Wie entwickelte sich die Honorarhöhe seit 2015? Die Angaben sind der folgenden Übersicht zu entnehmen. Hinzu kommen gegebenenfalls Zuschläge für Einsätze außerhalb der regulären Arbeitszeiten. Tätigkeit vereidigte Dolmetscher/ Übersetzer nicht vereidigte Dolmetscher /Übersetzer Honorar pro Stunde 50,00 € 36,00 € Fahrtkostenpauschale 55,00 € 40,00 € pro angefangene 55 Anschläge (bei Textübersetzungen) 1,30 € 1,20 € 3. Ist dem Senat bekannt, ob es Korruptionsvorwürfe gegen vom Einwohner -Zentralamt eingesetzte Sprachmittler beziehungsweise Dolmetscher gab? Zuständig für die Bearbeitung von Korruptionsverfahren in Hamburg ist das Dezernat Interne Ermittlungen (DIE). Für den Zeitraum ab 1. Januar 2013 sind beim DIE keine Korruptionsvorwürfe gegen vom Einwohner-Zentralamt eingesetzte Sprachmittler beziehungsweise Dolmetscher bearbeitet worden. Für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2013 liegen keine Daten mehr vor. 4. Qualifikation der Übersetzer: a. Muss ein beauftragter Übersetzer ein Führungszeugnis vorlegen? Wenn nein, warum nicht? b. Welche Prüfungsbescheinigungen müssen Sprachmittler und Dolmetscher vor der Beauftragung vorlegen? c. Gibt es Abschlussnoten oder andere Bemessungskriterien? Wenn nein, wie wird eine gute Qualifikation festgestellt? d. Wie viele Sprachmittler beziehungsweise Dolmetscher hat der Senat im Jahr 2017 abgelehnt? Wie hoch ist das Angebot im Vergleich zur Nachfrage? Welche Qualitätsgründe gab es dafür, mit bestimmten Übersetzern nicht zu kontrahieren? e. Wie genau prüft der Senat die Zuverlässigkeit der Übersetzer? Drucksache 21/12957 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Zu den derzeitigen Voraussetzungen bei Vertragsabschluss siehe Drs. 21/12835. Welche Unterlagen zukünftig von Sprachmittlern bei Abschluss einer Rahmenvereinbarung vorgelegt werden müssen, ist derzeit noch Gegenstand der laufenden Beratungen . Angaben zu Personen, mit denen kein Vertrag geschlossen wurde, liegen nicht vor. Wenn die Mindestvoraussetzungen nicht vorliegen, erfolgt kein Vertragsabschluss. Zum Bedarf siehe Drs. 21/12835. 5. Besteht aus Sicht des Senats Anlass für eine Änderung der Beschwerdemöglichkeiten eines Ausländers über einen Übersetzer? Nein.