BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12958 21. Wahlperiode 15.05.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jennyfer Dutschke (FDP) vom 07.05.18 und Antwort des Senats Betr.: Steuertrendwertberechnung – Woher kommen die hohen Abschläge? Bis inklusive des Jahres 2017 nutzte der Senat für die Bestimmung des ihm zur Verfügung stehenden Finanzrahmens ein Trendwertverfahren zur Konjunkturbereinigung , das sich auf die Hamburg verbleibenden Ist-Steuererträge in einem Zeitraum von 21 Jahren stützt und diese dann jeweils einige Jahre in die Zukunft extrapoliert. Diesen Stützzeitraum möchte der Senat mit der Drs. 21/12517 nunmehr auf 14 Jahre verkürzen, was unter anderem eine deutliche Ausweitung des theoretisch nutzbaren Finanzrahmens zur Folge hat. Die mit jeweils demselben Verfahren auf Basis derselben Ist-Steuererträge durch die FDP-Fraktion errechneten Steuertrendwerte waren bis zur Drs. 21/2176, dem Finanzrahmengesetz (FRG) 2015, identisch mit den Senatsangaben in der jeweiligen tabellarischen Übersicht. Bereits im Finanzbericht zum laufenden Haushaltsplan 2017/20181 wiesen die Senatsprognosen der Steuertrendwerte für die Jahre 2017 fortfolgende einen konstanten Abschlag von 20 Millionen Euro pro Jahr gegenüber den Berechnungen der FDP- Fraktion aus; die Werte bis zum Jahr 2015 waren identisch, für das seinerzeit laufende Jahr 2016 betrug die Differenz etwa 40 Millionen Euro. Diese Abschläge führen im Ergebnisplan des Haushalts zu entsprechend höheren Zuführungen an die Konjunkturposition. Die Differenz zwischen Senatsangaben und den Berechnungen der FDP- Fraktion erhöhte sich schließlich erheblich mit der Drs. 21/10872, mit der das FRG 2017 angepasst wurde. Während die Senatszahlen der darin enthaltenen Anlage 3 für den Zeitraum bis 2016 wieder nahezu identisch mit den Berechnungen der FDP-Fraktion waren, ergab sich ein starker Anstieg der Abweichung dahin gehend, dass die Senatsprognose der Steuertrendwerte für 2017 um über 100 Millionen Euro und für die Jahre 2018 bis 2022 jeweils konstant über 210 Millionen Euro niedriger lag. Innerhalb der Senatstrendwerte zeigte sich dabei ein markanter Bruch beim Wachstum der Steuererträge der Jahre 2017 und 2018: Während es für alle anderen Jahre davor und danach bei circa 2,8 Prozent lag, wurde vom Senat offenbar ein Abschlag um rund einen Prozentpunkt für die Jahre 2017 und 2018 vorgenommen . Dieses Vorgehen steht dabei im Widerspruch zu der Aussage des Senats, das Modell würde das Wachstum der Stadt nicht ausreichend berücksichtigen. Noch deutlichere Abweichungen und Brüche ergeben sich überdies auch bei den Senatstrendwerten in der Anlage 3 der Drs. 21/12517. Während hier 1 Vergleiche Tabelle A3 Finanzbericht 2017/2018, Seite 42. Drucksache 21/12958 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 vom Senat für die Jahre bis 2017 mit rund 3,6 Prozent jährlichem Wachstum der Steuererträge gerechnet wird, fällt es für 2018 plötzlich auf 2,7 Prozent ab und steigt 2020 dann auf rund 5,9 Prozent. Diese Faktenlage erfordert Aufklärung, zumal der Senat sich in seiner Argumentation zur Änderung des Trendwertverfahrens auch stark auf das formale Argument stützt, den Vorgaben der LHO zu folgen, da eine Fortführung des bisherigen Trendwertverfahrens mit einem 21-jährigen Stützzeitraum absehbar zu einer zu großen Konjunkturposition führen würde. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Mit der Drs. 20/8400 ist das bisher vom Senat angewandte Konjunkturbereinigungsverfahren eingeführt und im Finanzbericht 2015/2016 im Anhang 4 die grundsätzliche Ermittlung der Werte des langjährigen Trends der Steuererträge eingehend beschrieben worden. Mit Drs. 21/2176 ist die Methodik zur Berechnung des langjährigen Trends der Steuererträge aufgrund der Veränderung der Umsatzsteuerverteilung nach § 1 des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (FAG) im Zusammenhang mit der Zuwanderung angepasst worden. Mit dieser Methodik wird der langjährige Steuertrend seither unter Berücksichtigung der aktuellen Daten aktualisiert und der Bürgerschaft mitgeteilt. „Vorsichtsabschläge“ am Steuertrend sind in dieser Methodik nicht vorgesehen und werden nicht vorgenommen, Steuerrechtsänderungen werden in ihrer Jahreswirkung – welche steuermindernd sein kann – berücksichtigt. Mit der Drs. 21/12517 schlägt der Senat eine Anpassung des Konjunkturbereinigungsverfahrens dahin gehend vor, den bei der Berechnung des langjährigen Trends der Steuererträge verwendeten Stützzeitraum von 21 auf 14 Jahre zu verkürzen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Hat der Senat in seinen Angaben zum Steuertrend Zu- oder Abschläge auf die sich im Vergleich zu der reinen Anwendung des Modells ergebenden Werte vorgenommen? a. Wenn ja, in jeweils welcher Höhe in jeweils welchen Jahren und aus welchen konkreten Gründen? (Bitte nach Angaben in Tabelle A3 im Finanzbericht 2017/2018, Anlage 3 in Drs. 21/10872 und Anlage 3 in Drs. 21/12517 differenzieren und jeweils jahresweise angeben.) b. Wenn nein, womit erklären sich die eingangs erläuterten Abweichungen und die Brüche im Wachstumstrend der Steuererträge dann? Siehe Vorbemerkung. 2. Wie hoch liegt der jeweilige Steuertrendwert für die Jahre 2018 bis 2022 auf Basis des Stützzeitraums 1996 bis 2016 bei Anwendung des Steuertrendmodells ohne besondere Zu- oder Abschläge beziehungsweise bei Nutzung einer konstanten Wachstumsrate des Steuertrends im gesamten Betrachtungs- und Prognosezeitraum? Wie hoch liegt der jeweilige Steuertrendwert dann auf Basis des Stützzeitraums 1997 bis 2017? (Bitte tabellarisch nach Stützzeiträumen differenziert angeben.) Die Anlage 3 der Drs. 21/10872 zeigt die Trendwerte (mit und ohne Änderungen von § 1 FAG) auf Grundlage des Stützzeitraums 1996 bis 2016 für die Jahre 2018 bis 2022. Eine konstante Wachstumsrate wird in den Berechnungen nicht verwendet – siehe Vorbemerkung. Auf Grundlage des Stützzeitraums 1997 bis 2017 ergeben sich für die Jahre 2018 bis 2022 folgende Werte inklusive Änderungen von § 1 FAG: im Jahr 2018 10.883,0 Millionen Euro, im Jahr 2019 11.070,9 Millionen Euro, im Jahr 2020 11.652,0 Millionen Euro, im Jahr 2021 12.015,7 Millionen Euro und im Jahr 2022 12.365,6 Millionen Euro. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12958 3 3. Ist es zutreffend, dass – bei gegebenen Steuererträgen oberhalb des jeweiligen Trendwerts – niedrigere Steuertrendwerte rechnerisch zu höheren Zuführungen zur Konjunkturposition führen? Ja. a. Wie hoch liegt die Konjunkturposition zum Jahresende 2017 nach derzeitigem Kenntnisstand? Die endgültige Zuführung zur Konjunkturposition für das Haushaltsjahr 2017 wird erst im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten berechnet und gebucht. Der Stand zum 31. Dezember 2017 betrug 1.051,3 Millionen Euro – siehe Drs. 21/12050. b. Wie hoch liegt die Zuführung zur Konjunkturposition 2018 bis 2022 auf Basis der November-Steuerschätzung bei Nutzung der unter Frage 2. genannten Trendwerte jeweils? (Bitte jahresweise auflisten.) Die Finanzplanung 2017 – 2021 weist eine Zuführung zur Konjunkturposition unter Berücksichtigung des Steuertrends auf Grundlage des Stützzeitraums 1996 bis 2016 für die Jahre 2019 bis 2021 in Tabelle 1 aus – siehe Drs. 21/11427. Der dortige Wert für das Jahr 2018 beruht auf einem älteren Trend, der Wert für 2022 war in diesem Rahmen nicht erforderlich und wurde bisher mit Blick auf die beabsichtigte Umstellung des Konjunkturbereinigungsverfahrens nicht ermittelt, siehe Vorbemerkung. Die Beträge einer Zuführung zur Konjunkturposition auf Grundlage des Stützzeitraums 1997 bis 2017 für die Jahre 2019 bis 2022 ergeben sich aus Tabelle 2 der Drs. 21/12517. Für das Jahr 2018 hat der Senat den Wert im Rahmen einer Protokollerklärung zur Sitzung des Haushaltsausschusses am 10. April 2018 nachgereicht. Er beträgt 463,7 Millionen Euro. 4. Wurden vom Senat bei der Berechnung der Angaben zur Höhe der Konjunkturposition in Drs. 21/12517 beziehungsweise Drs. 21/12891 auf Basis der November-Steuerschätzung jeweils die bei der Veranschlagung der Steuererträge im Haushaltsplan üblichen Vorsichtsabschläge berücksichtigt? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, in jeweils welcher Höhe? Siehe Vorbemerkung.