BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1297 21. Wahlperiode 21.08.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dora Heyenn (fraktionslos) vom 13.08.15 und Antwort des Senats Betr.: Umsetzung des Notfallsanitätergesetzes in Hamburg Zum 1. Januar 2014 ist das Notfallsanitätergesetz (NotSanG) in Kraft getreten . Es ersetzt das bisher gültige Rettungsassistentengesetz aus dem Jahre 1989. Im Rahmen einer Anpassung des Berufsbildes im Rettungsdienst an die anderen nicht ärztlichen Heil- und Gesundheitsberufe sind die Kernpunkte des neuen NotSanG die Verlängerung der Ausbildungsdauer von zwei auf drei Jahre, eine Modernisierung des Berufsbildes und die Festlegung von Qualitätsanforderungen an die Ausbildung. Obwohl das neue Gesetz diverse Übergangsregelungen vorsieht, löst es mittel- und langfristig viele Veränderungen aus. Die Umsetzung des NotSanG stellt alle Beteiligten des Rettungsdienstes vor eine sehr bedeutsame, komplexe und vielschichtige Herausforderung. Diese betrifft im Bereich der Freien und Hansestadt Hamburg insbesondere die Feuerwehr. So mussten Struktur und Inhalte der Aus- und Fortbildung zum Teil vollständig neu erarbeitet werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele angehende Notfallsanitäter (NotSan) befinden sich gegenwärtig in der dualen Ausbildung zum Notfallsanitäter? Zum 14. August 2015 befanden sich in Hamburg nach Kenntnis der zuständigen Behörde 54 Personen in der Ausbildung zur Notfallsanitäterin beziehungsweise zum Notfallsanitäter. 2. Wie viele NotSan sollen – voraussichtlich – bis 2021 in Hamburg ausgebildet und wie viele weiterqualifiziert werden? Bitte Angaben jeweils jährlich . Die Feuerwehr Hamburg plant bis zum Jahr 2021 insgesamt circa 1.060 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter nachqualifiziert oder ausgebildet zu haben. Davon sollen circa 120 aus Absolventinnen und Absolventen der Vollausbildung gewonnen werden (2018: 24, 2019: 48, 2020: 48). Interne Nachqualifizierungsmaßnahmen der Feuerwehr wurden und werden durchgeführt beziehungsweise sind geplant (2014: 53, 2015: 168, 2016: 168; für die weiteren Jahre stehen die Lehrgangsplanungen noch nicht fest). Die anderen Hamburger Schulen für Notfallsanitäter planen jährlich mit folgenden Ausbildungszahlen (Beginn der Ausbildung jeweils im Februar und/oder August): Jahr 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Auszubildende 44 44 44 44 44 44 44 Drucksache 21/1297 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Der Ausbildungsabschluss erfolgt jeweils drei Jahre später, sofern die Ausbildung in Vollzeit absolviert wird. Eine Prognose, wie viele Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten außerhalb der Feuerwehr im Rahmen der Übergangsregelungen zur Notfallsanitäterin beziehungsweise zum Notfallsanitäter weiterqualifiziert werden sollen , lässt sich nicht treffen. 3. Wie viele staatliche Ergänzungsprüfungen wurden auf der Grundlage des NotSanG bereits abgelegt? 4. Wie war die Entwicklung der Bestehensquote bei der Ergänzungsprüfung seit 2014 jeweils pro Lehrgang und wie groß waren jeweils die Lehrgänge? Von 214 Teilnehmerinnen und Teilnehmern an Ergänzungsprüfungen haben 30 (= 14 Prozent) die Ergänzungsprüfung im Erstversuch nicht bestanden. In den einzelnen Prüfungsgruppen wurden folgende Ergebnisse erzielt: Prüfungsgruppe Monat/ Jahr Bestanden Im Erstversuch nicht bestanden Bestehensquote in % Juni 2014 10 0 100 August 2014 10 0 100 September 2014 17 4 76,5 Oktober 2014 22 0 100 November 2014 10 0 100 Dezember I 2014 25 3 88 Dezember II 2014 11 3 72,7 Januar 2015 15 6 60 Februar 2015 24 0 100 April 2015 24 1 95,8 Juni 2015 24 6 75 Juli 2015 22 7 68,2 214 30 86 5. Wurden in Hamburg Anpassungen bezüglich der Ausbildung zum Notfallsanitäter vorgenommen? Wenn ja, welche? Aufgrund der Neureglung der bundesgesetzlich geregelten Ausbildung waren vielfältige Anpassungen erforderlich. Diese betrafen unter anderem folgende Inhalte:  Die Ausbildung dauert regulär drei Jahre.  Die Zugangsvoraussetzung ist grundsätzlich der mittlere allgemeine Schulabschluss .  Die praktische Ausbildung ist integriert.  Es ist ein Ausbildungsvertrag mit Ausbildungsvergütung abzuschließen.  Die Ausbildungsinhalte sind komplexer.  Es sind verbindlich Praxisanleiterinnen oder Praxisanleiter einzusetzen.  Die Anforderungen an die Qualifikation der Lehrkräfte (abgeschlossene Hochschulausbildung ) sind bundesrechtlich definiert. 6. Wer als Rettungsassistent zum 1. Januar 2014 mindestens fünf Jahre als Rettungsassistent tätig war, darf sofort die Ergänzungsprüfung machen. Finden in Hamburg „freiwillige“ Vorbereitungskurse statt? Wenn ja, wie viele „freiwillige“ Vorbereitungskurse haben bisher stattgefunden , welche Inhalte werden vermittelt und wie viele Stunden sind insgesamt dafür vorgesehen? Ja, alle hamburgischen Notfallsanitäterschulen bieten Vorbereitungskurse an, die zwischen 80 und 160 Stunden umfassen. Die Feuerwehr hat bisher vier Vorberei- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1297 3 tungskurse durchgeführt. Es ist zudem davon auszugehen, dass für jede der elf Prüfungsgruppen ein Vorbereitungskurs stattgefunden hat. Inhalte sind im Wesentlichen die Themenbereiche (TB) 3, 6 und 7 der Ausbildungsund Prüfungsverordnung für Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter (NotSan-APrV): TB 3: Kommunikation und Interaktion mit sowie Beratung von hilfesuchenden und hilfebedürftigen Menschen unter Berücksichtigung des jeweiligen Alters sowie soziologischer und psychologischer Aspekte. TB 6: Handeln im Rettungsdienst an Qualitätskriterien ausrichten, die an rechtlichen , wirtschaftlichen und ökologischen Rahmenbedingungen orientiert sind. TB 7: Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken, lebenserhaltende Maßnahmen zur Abwendung schwerer gesundheitlicher Schäden bis zum Eintreffen der Notärztin oder des Notarztes oder dem Beginn einer weiteren ärztlichen Versorgung durchführen. 7. Wer als Rettungsassistent Ende 2013 mindestens schon drei Jahre als Rettungsassistent tätig war, muss an einem 480-stündigen Vorbereitungskurs teilnehmen. Erst danach kann er zur Ergänzungsprüfung zugelassen werden. Wer weniger als drei Jahre als Rettungsassistent gearbeitet hat, muss einen Vorbereitungskurs im Umfang von 960 Stunden absolvieren. Finden in Hamburg entsprechende Vorbereitungskurse statt? Wenn ja, wie viele Vorbereitungskurse haben bisher stattgefunden und welche Inhalte werden vermittelt? Die Feuerwehr hat bereits zwei Ergänzungslehrgänge mit je 480 Stunden durchgeführt , ein Ergänzungslehrgang mit 960 Stunden läuft derzeit. Über weitere Ergänzungslehrgänge hat der Senat keine Kenntnisse. Die Inhalte orientieren sich an der NotSan-APrV und umfassen insbesondere die in der Antwort zu 6. aufgeführten Themenbereiche. 8. Müssen die Ergänzungslehrgänge in einem Umfang von 480 Stunden oder 960 Stunden in Vollzeitform absolviert werden? Ergänzungslehrgänge sind grundsätzlich auch in Teilzeitform möglich, die Feuerwehr führt ihre internen Ergänzungslehrgänge jedoch nur in Vollzeitform durch. 9. Werden die Kosten für die Vorbereitungslehrgänge und Ergänzungsprüfungen zur Nachqualifizierung vom Rettungsassistenten zum Notfallsanitäter vom Arbeitgeber übernommen? Die Kosten der internen Lehrgänge der Feuerwehr werden durch die Feuerwehr getragen, darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen dem Senat nicht vor. 10. Wie werden die NotSan derzeit eingesetzt? Die Feuerwehr setzt Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter insbesondere als taktische Fahrzeugführer (keine Fahrzeuglenker beziehungsweise Fahrzeugführer im Sinne der StVO) von Rettungswagen ein. Ansonsten werden Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter nach Kenntnis der für Gesundheit zuständigen Behörde wie Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten auf Einsatzmitteln des Rettungsdienstes eingesetzt . 11. Welches Entgelt ist für NotSan vorgesehen? Die bei der Feuerwehr im Angestelltenverhältnis tätigen Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter sind nach dem Tarifvertrag der Länder in die Entgeltgruppe 6 eingruppiert . Darüber hinausgehende Informationen liegen dem Senat nicht vor. 12. Wurde das Rettungsdienstgesetz aufgrund des NotSanG angepasst? Drucksache 21/1297 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Wenn nein, in welchem Zeitraum soll das Landesrettungsdienstgesetz im Hinblick auf den Einsatz der Notfallsanitäter geändert werden und welche Anpassungen sind vorzunehmen? Das Hamburgische Rettungsdienstgesetzes wurde aufgrund des Notfallsanitätergesetzes bisher nicht geändert und ein Zeitraum für seine Änderung wurde noch nicht festgelegt. Im Rahmen der Änderungen wäre der § 21 entsprechend anzupassen. An die Stelle der Qualifikation Rettungsassistent tritt dann die Qualifikation Notfallsanitäter . 13. Gibt es in Hamburg einen Rahmenlehrplan oder Ausführungsbestimmungen für die Ausbildung zum NotSan? Wenn ja, bitte als Anlage beifügen. Wenn nein, wie wird eine einheitliche Umsetzung der Ausbildung in Hamburg sichergestellt? Es gibt keinen Rahmenlehrplan. Die Umsetzung der bundesrechtlichen Vorgaben der NotSan-APrV wird über regelmäßige Besprechungen der zuständigen Behörde mit den Notfallsanitäterschulen und die gemeinsame Entwicklung der schriftlichen Abschlussprüfungen unter Federführung der für Gesundheit zuständigen Behörde gewährleistet. 14. Die Frage, welche Kompetenzen die in § 4 NotSanG aufgeführten Begrifflichkeiten der „eigenverantwortlichen Durchführung“ sowie „eigenständigen Mitwirkung von invasiven Maßnahmen“ für NotSan umfasst, hat zu bundesweiten Diskussionen geführt. a) Sind einheitliche Grundsätze für Maßnahmen gemäß § 4 NotSanG in Hamburg festgelegt worden? b) Wenn ja, welche Maßnahmen? c) Welche Medikamenten sind für ärztliche Maßnahmen für NotSan freigegeben und werden diese in der Ausbildung vermittelt? Mit den Notfallsanitäterschulen wurde vereinbart, dass die Auszubildenden in Hamburg sehr weitgehend zur Ausführung aller in § 4 Notfallsanitätergesetz benannten Maßnahmen ausgebildet werden, unabhängig davon, ob diese dann tatsächlich in Hamburg regelmäßig zur Anwendung kommen. Für die Feuerwehr wird durch deren Ärztlichen Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) gegenwärtig ein Konzept nach §4 Notfallsanitätergesetz erarbeitet. Es soll Regelungen zum eigenständig Durchführen von heilkundlichen Maßnahmen enthalten, die vom ÄLRD oder entsprechend verantwortlichen Ärztinnen oder Ärzten bei bestimmten notfallmedizinischen Zustandsbildern und -situationen standardmäßig vorgegeben, überprüft und verantwortet werden. 15. Wie hoch waren die Kosten im Jahr 2014 zur Umsetzung des NotSanG? Der Feuerwehr entstanden im Jahr 2014 durch die Umsetzung des Notfallsanitätergesetzes Kosten in Höhe von circa 1,6 Millionen Euro. Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen dem Senat nicht vor. 16. Welche Kosten zur Umsetzung des NotSanG werden für 2015 erwartet und wie hoch sind jeweils die Kosten für die Ausbildung und für die Ergänzungsprüfungen? Die Feuerwehr rechnet für das Jahr 2015 durch die Umsetzung des Notfallsanitätergesetzes mit Gesamtkosten in Höhe von circa 5,9 Millionen Euro. Davon entfallen alleine circa 4,3 Millionen auf die Kompensation der Freistellung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Teilnahme an Ergänzungslehrgängen. Eine weitere Untergliederung der internen Kosten der Feuerwehr im Sinne der Fragestellung ist nicht möglich. Nach Auskunft einer anderen Notfallsanitäterschule belaufen sich die Schulkosten pro Auszubildendem über drei Jahre auf etwa 14.800 Euro sowie 3.060 Euro für die prak- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1297 5 tischen Einsätze im Krankenhausbereich. Für die freiwilligen Vorbereitungskurse mit Ergänzungsprüfung werden 1.200 Euro veranschlagt. Die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz erhebt für die Abnahme der Ergänzungsprüfungen keine Gebühren. Über weitere Kosten liegen der für Gesundheit zuständigen Behörde keine Kenntnisse vor.