BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13021 21. Wahlperiode 22.05.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 14.05.18 und Antwort des Senats Betr.: Kein Platz für Kinder? Seit Anfang 1998 ist der Kinderladen „Tüdelband e.V.“ im Haus Lippmannstraße 71 angesiedelt. Ein entscheidender Beweggrund für den Umzug von der Stresemannstraße an diese Adresse war damals die Bereitstellung eines nahe gelegenen Grundstücks an der Eifflerstraße. Dort können die Kinder seitdem herumtoben, unterhalten Bienenstöcke, pflegen Hochbeete und erleben so Wachstums- und Veränderungsprozesse in der Natur, was ansonsten in der zubetonierten Stadt nur selten zu haben ist. Der Kinderladen Tüdelband teilt sich das frei zugängliche Außengelände mit der „Mädchenoase “ des Vereins „Dolle Deerns e.V.“, einer weiteren Einrichtung für Kinder, speziell für Mädchen ab sechs Jahren. Auch in diesem Fall ermöglicht das Areal Umwelterfahrungen, die gerade für Kids in einer Großstadt unverzichtbar sind. Dieses Idyll inmitten von Wohnhäusern und Straßen ist bedroht, da die Freie und Hansestadt Hamburg hier offenbar Wohnungsbau plant und dafür das über Jahrzehnte per Nutzungsvertrag überlassene Gelände wieder in die „eigenen Hände“ zurücknehmen will. Dieses Ansinnen trägt jedenfalls die steg Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft Hamburg mbH vor, die damit allerdings nicht nur auf naheliegenden Widerspruch bei den Einrichtungen Tüdelband und Mädchenoase trifft, sondern auch eine eindeutige Ablehnung im Stadtteilbeirat Sternschanze und in der Bezirksversammlung Altona erfahren hat. Gehen die zuständige Stadtentwicklungsbehörde und in ihrem Windschatten die steg also einmal mehr den Weg, eine seit Jahrzehnten vor allem von Kindern , aber auch der Nachbarschaft genutzte Frei-, Grün- und Erholungsfläche für Wohnungsbau in Beschlag zu nehmen? Trotz hoher Verdichtung, wie sie in diesem Bereich des Stadtteils Sternschanze eh schon festzustellen ist? Nach eigenen Angaben ist die Sternschanze schließlich der am drittstärksten verdichtete Sozialraum unter den insgesamt 25 Sozialräumen des Bezirks Altona! Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Um den dringend benötigten Wohnungsneubau in Hamburg zu intensivieren, sollen die Voraussetzungen für mindestens 10.000 neue Wohnungen im Jahr, davon 3.000 geförderte Mietwohnungen für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen geschaffen werden. Aufgrund knapper werdender Freiflächen rücken auch städtische Flächen in den Fokus, die sich aufgrund anderer planerischer Vorgaben und/oder vorhandener Nutzungen nicht auf den ersten Blick für eine Wohnungsbauentwicklung anbieten. Drucksache 21/13021 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 An dieser Stelle sind neue Ansätze gefragt, die in einer Projektentwicklung Bestehendes mit Neuem verknüpfen soll. Zu diesem Zweck hat der Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) für mit der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) abgestimmte Flächen mit vermutetem Potenzial für Wohnungsbau Projektentwickler als Dienstleister eingesetzt. Ihre Aufgabe ist der Ausgleich der Interessen vor Ort. Dabei wird darauf geachtet, Lösungen zu finden, die ein Miteinander der Ziele des Wohnungsneubaus und geförderter erhaltenswerter Einrichtungen ermöglichen. In dem vorliegenden Fall ist für das städtische Grundstück Eifflerstraße 5 – 7/Lippmannstraße 71 eine Projektentwicklung durch die steg Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft Hamburg mbH (steg) beauftragt. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften der steg wie folgt: 1. Wie groß ist das betreffende Grundstück an der Eifflerstraße, seit wann wird es als Frei- und Spielfläche genutzt und welche Einrichtungen und Gruppen nutzen es? 2. Welche aktuellen Nutzungsverträge gibt es und wie sehen die jeweiligen Konditionen und Kündigungsfristen aus? Das circa 1.997 m² große Grundstück wird seit dem 1. Januar 1999 als Frei- und Spielfläche genutzt. Die Fläche ist unentgeltlich an den Schülerladen Koppel e.V. (circa 1.256 m²) als Spielplatz für Kita und an Dolle Deerns e.V. Förderung feministischer Mädchenarbeit (circa 741 m²) als Spielplatz für das Projekt „Mädchenoase“ mit jeweils einer Kündigungsfrist von drei Monaten auf jeden Monatsletzten vermietet. Im Übrigen äußert sich der Senat mit Blick auf seine Verhandlungsposition sowie zur Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse seiner Vertragspartner in ständiger Praxis grundsätzlich nicht zu Mietkonditionen. 3. Welche Vorstellungen oder gar Pläne hat die Stadtentwicklungsbehörde für dieses Areal? 4. Wie wurden und werden diese Vorstellungen beziehungsweise Pläne mit den Nutzern/-innen kommuniziert und welche Rolle spielt dabei die steg? 5. Wie wurden und werden diese Vorstellungen beziehungsweise Pläne mit der Nachbarschaft, den Stadtteilbewohnern/-innen, der Bezirksversammlung Altona und ihren Ausschüssen kommuniziert? Siehe Vorbemerkung. Als beauftragter Dienstleister hat die steg im ersten Schritt Gespräche mit den aktuellen Nutzern Schülerladen Koppel e.V. und Dolle Deerns e.V. geführt. Hierbei wurden die Nutzer einerseits über die angestrebte Zurverfügungstellung der städtischen Flächen für Wohnungsneubau informiert und andererseits die Möglichkeiten beziehungsweise Optionen zum Verbleib der Nutzungen innerhalb des potenziellen Bauvorhabens sowie den verbleibenden Außen- und Dachflächen erörtert . Die Möglichkeit die Nutzungen auf Alternativstandorte zu verlagern, wurde ebenfalls erörtert. Im Übrigen liegt die Zuständigkeit für die Bauleitplanung beziehungsweise die Lenkung der städtebaulichen Entwicklung für die Fläche beim Bezirksamt Altona. Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen hat darüber hinaus keine Planungen für diese Fläche. 6. Gibt es bereits Zeitpläne für die Umnutzung des Geländes, die Kündigung der Nutzungsverträge, den Abriss bestehender Gebäude, die Zerstörung vorhandener Beete et cetera sowie des Neubaus? Wenn ja, welche? Wenn nein, wann ist damit zu rechnen? Nein. Zeitliche Vorgaben hierfür bestehen nicht. 7. Wie hat die Stadt darauf reagiert, dass es eine Ablehnung des Bauvorhabens a) durch den Stadtteilbeirat Sternschanze und Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13021 3 b) der Bezirksversammlung Altona gegeben hat? Bitte die Reaktionen der Stadt mit Blick auf diese beiden Institutionen gesondert aufführen . Der zuständigen Behörde ist eine Ablehnung des Stadtteilbeirats nicht bekannt. Gegenüber der Bezirksversammlung haben die Finanzbehörde und das Bezirksamt Altona eine Stellungnahme abgegeben, siehe Drs. 20-4406.1 beziehungsweise 20-4169. 8. Wie steht insbesondere das Jugendamt Altona zu dem einschneidenden Plan, die betreffende Grün- und Spielfläche zu bebauen und damit den so wichtigen Freiraum für viele Kinder zu zerstören? Grundsätzlich befasst sich das Fachamt Jugend- und Familienhilfe nicht mit der Bebauung von Grün- und Spielflächen. Jedoch wird davon ausgegangen, dass bei der Entscheidung zur Bebauung von Flächen, die für die offene Kinder- und Jugendarbeit/ Jugendsozialarbeit genutzt werden, eine Beteiligung des Jugendamtes und des Jugendhilfeausschusses sichergestellt wird. Darüber hinaus erwartet das Jugendamt, dass bei der Bebauung von Grünflächen vergleichbare und quartiersnahe Ersatzflächen für die offene Kinder- und Jugendarbeit zur Verfügung gestellt werden. 9. Wie verträgt sich die angestrebte Zerstörung dieses Areals mit der Sozialraumanalyse für die Sternschanze, in der konstatiert wird, dass dieser Stadtteil einen erheblichen Mangel an Frei-, Grün- und Spielflächen hat? 10. In der „Sozialraumbeschreibung. Planungsraum 10. Sternschanze“ des Bezirksamtes Altona, hinsichtlich der qualitativen Bewertungen zuletzt ergänzt im Juli 2017, heißt es auf Seite 40, es gebe einen „Mangel an Grün-, Spiel- und Freiflächen“. Und weiter: „Für diesen Planungsraum ist in den verdichteten Bereichen die Sicherstellung ausreichender Spiel-, Frei- und Grünflächen in guter Qualität zum Erhalt der Lebensqualität für die Wohnbevölkerung – sei sie jung, im Erwerbsalter oder älter – erforderlich .“ Was hat sich in der Einschätzung der Lage seit Juli 2017 geändert , dass die „Sicherstellung ausreichender Spiel-, Frei- und Grünflächen “ im Sozialraum Sternschanze heute offensichtlich keinen Stellenwert mehr hat? Aus der Perspektive des Bezirksamtes Altona ist für Kinder und Jugendliche aufgrund kleiner Wohnungen und dem starken Nutzungsdruck von öffentlichen Frei- und Bewegungsflächen die Bereitstellung eines niedrigschwelligen Freizeit-, Bewegungs- und Bildungsangebotes notwendig (siehe http://www.hamburg.de/contentblob/10120576/ 64fe84a1667f8274cd79e9ee633fbf5b/data/sozialraumbeschreibung.pdf). Daher werden derzeit von der steg zum einen Optionen zum Verbleib der Nutzungen innerhalb eines Neubauvorhabens und zum anderen die Bereitstellung von Ausweichflächen im Projektumfeld geprüft und mit den Beteiligten erörtert. 11. Wer entscheidet darüber und mit welcher Berechtigung, was mit dem betreffenden Grundstück geschieht, allemal, wenn der Stadtteilbeirat und die zuständige Bezirksversammlung ihr Veto eingelegt haben? Grundstücke für den Wohnungsbau im Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg werden vom Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) für einen Verkauf vorbereitet. Die Entscheidung über die Nutzung und die Rahmenbedingungen einer Grundstücksausschreibung erfolgen dann unter Beteiligung der fachlich zuständigen Behörden und des Bezirksamtes; die Beschlusszuständigkeit liegt bei der Kommission für Bodenordnung. Derzeit werden für das Grundstück zunächst jedoch verschiedene Optionen mit allen Beteiligten im Dialog diskutiert mit dem Ziel, einen Konsens zu finden. Siehe hierzu auch Vorbemerkung sowie Antwort zu 3. bis 5. Im Übrigen siehe Drucksache 20-4406.1. Drucksache 21/13021 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 12. Welche Alternativen zur Zerstörung der Freifläche an der Eifflerstraße hat der Senat geprüft beziehungsweise den Betreibern/-innen der oben angegebenen Einrichtungen angeboten? Siehe Antworten zu 3. bis 5. sowie zu 9. und 10.