BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1304 21. Wahlperiode 21.08.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Ludwig Flocken und Dr. Joachim Körner (AfD) vom 14.08.15 und Antwort des Senats Betr.: Windkraftforschung in Bergedorf In unmittelbarer Nachbarschaft zum LZN (Laser Zentrum Nord) forscht Prof. Werner Beba als Leiter des CC4E (Competence Center für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz) über Windenergie in Bergedorf. In den Vierlanden entstehen Windräder von 180 m Höhe, wobei die in Flächenstaaten geforderten Abstände zu Wohnbebauung deutlich unterschritten werden. Wie aus Drs. 21/1185 hervorgeht, werden die Windriesen ohne Beteiligung der Bevölkerung errichtet, entgegen der Zusage von Prof. Beba im Umweltausschuss vom 21.11.2013 (Wortprotokoll). Leider ging der Senat in seiner Antwort nicht ein auf ein zentrales Anliegen des Fragestellers Herrn Abgeordneter Gladiator, nämlich auf den Wortbruch des Prof. Beba. In der Diskussion vor der Volksabstimmung (Juli 2013) im Bezirk Bergedorf (30 Prozent Wahlbeteiligung, davon zwei Drittel Ablehnung, ein Drittel Zustimmung) hieß es, dass Spitzenforschung nur im Zusammenhang mit real existierenden Windkraftanlagen in unmittelbarer Nähe möglich sei. Von anderer Seite wurde dies bestritten: die Messwerte seien problemlos auch über weite Entfernungen zu transportieren. Bisherige Arbeits- und Forschungsschwerpunkte von Prof. Beba sind Marketing und Medienmanagement. In einem Artikel aus dem „Hamburger Abendblatt “ vom 27.1.2015 über CC4E von Olaf Preuß heißt es: „In Sichtweite des Energie-Campus Hamburg, … will die HAW bis 2016 ein Windpark mit fünf Windkraftwerken errichten. Sie sollen insgesamt Strom für 15.000 bis 18.000 Haushalte erzeugen, vor allem aber auch Energie, Messdaten und Erkenntnisse für das neue Forschungszentrum für Energiewende und für Technologien wie Windkraft dienen“ „In den Laboratoren des Zentrums wiederum wollen die Mitarbeiter alle Facetten der Windkraft untersuchen: Wie lässt sich die Lärmentwicklung von Rotorblättern weiter verringern, wie die Zuverlässigkeit der Windturbinen erhöhen? Welche Techniken dienen dem besseren Schutz von Fledermäusen oder Vögeln an Windkraftwerken?…“ „Dieses Gewerbegebiet hier könnte so etwas werden wie unser norddeutsches Silicon Valley für erneuerbare Energien“, sagt Beba, der als früherer langjähriger Medienmanager genau weiß, wie man eingängige Botschaften vermittelt – und wie man Begeisterung weckt.“ Drucksache 21/1304 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Drei seiner Mitarbeiter sind Ingenieure, wobei nicht bekannt ist, ob diese in Vollzeit im CC4E arbeiten. Einige andere sind Medienfachleute. Allgemein stellt sich die Frage, ob physikalisch-technische Phänomene im Zusammenhang mit Windrädern beim CC4E im Vordergrund der Forschung stehen, oder die Nachbarn, die Bergedorfer Bevölkerung insgesamt und deren Akzeptanz oder Willkommenskultur für Windriesen. Dies vorausgeschickt fragen wir den Senat: Der zukünftige Windpark, der von der Firma ReTec Zweite Betriebs GmbH & Co. KG beantragt wurde, wird wesentlicher Teil der angewandten Forschung des CC4E am Technologiezentrum Energie-Campus sein, mit denen Lösungen für die Herausforderungen der Energiewende entwickelt werden sollen; die Ergebnisse hierzu sind allgemeingültig und nicht nur auf Bergedorf bezogen. Für die hier relevanten Forschungsprojekte des CC4E werden real existierende Windkraftanlagen in unmittelbarer Nähe benötigt, insbesondere Forschungsprojekte zum Thema Umwelt bedürfen der direkten Anbindung der Anlagen, zum Beispiel die Erstellung einer Sound-Datenbank mit Hilfe der akustischen Kamera, um perspektivisch Fehlerfrüherkennungen durch veränderte Geräuschverhältnisse an defekten Anlagenteilen zu ermöglichen. Derzeit läuft das Genehmigungsverfahren. Alle für die Beantragung der Windkraftanlagen notwendigen Umwelt- und Naturschutzgutachten wurden erstellt und sind Teil des Genehmigungsantrags. Eine Genehmigung für die Anlage wird nur erteilt werden, wenn alle gesetzlichen Vorgaben (Abstände, Emissionen et cetera) eingehalten werden . Im Übrigen siehe die Antworten des Senats in der Drs. 21/1185. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen zum Teil auf der Grundlage von Zulieferungen der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW Hamburg) wie folgt: 1. Welche physikalisch-technischen Forschungsprojekte sind abgeschlossen , welche begonnen? Es gibt noch keine abgeschlossenen Forschungsprojekte. Die folgenden Forschungsprojekte wurden begonnen: – Windmessungen und Datenauswertungen in Bergedorf seit 2012, – Forschung zur Bauteilermüdung an Komponenten von Windenergieanlagen, – forschungsvorbereitende Tätigkeiten zur akustischen Vermessungen von Windkraftanlagen , – studentisches Entwicklungsprojekt von Kleinwindenergieanlagen, – Integration von Windstrom in das Stromnetz und die Ermöglichung des Schwankungsausgleichs durch Lastmanagement und Speicherkomponenten. 2. Welche Projekte zu Werbung und Akzeptanz sind abgeschlossen, welche begonnen? Der Internetauftritt des CC4E der HAW Hamburg dokumentiert laufend die proaktive Vermittlung des Projekts Energie-Campus und des geplanten Windparks Curslack. Die folgenden Projekte zu Werbung und Akzeptanz wurden abgeschlossen: – Akzeptanzstudie zu erneuerbaren Energien, dem Technologiezentrum EnergieCampus sowie Windenergie in Bergedorf mit Beiträgen verschiedener Bachelorund Masterarbeiten im April/Mai 2013, – Verteilung von Informationsflyern zum Projekt Energie-Campus als auch zum geplanten Windpark an 35.000 Haushalte in Bergedorf im November 2013, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1304 3 – Veröffentlichung der Broschüre Technologiezentrum Energie-Campus im Oktober 2013. 3. Lässt sich feststellen, wie viel Geld in die technische Forschung und wie viel in die Akzeptanzforschung gesteckt wurde? Die unter 2. genannte Akzeptanzstudie wurde aus Eigenmitteln der HAW Hamburg finanziert. Die Bereiche Akzeptanzforschung und technische Forschung werden in der Buchhaltung der HAW Hamburg jedoch nicht separat erfasst, da eine klare Differenzierung aufgrund inhaltlicher Verflechtungen nur mit erheblichem Aufwand möglich ist. 4. Hat CC4E bereits überregional gültige Empfehlungen ausgesprochen, wie man Widerstand gegen Windriesen bricht? Nein. 5. Ist die Bergedorfer Bevölkerung darüber informiert worden, dass sie selbst Gegenstand der Forschung ist? 6. Sind aktiv Maßnahmen ergriffen worden, um zu verschleiern, dass die Bergedorfer Gegenstand der Forschung sind? Im Rahmen verschiedener Bachelor- und Masterarbeiten an der HAW Hamburg wurde im April und Mai 2013 eine Befragung bei der Bergedorfer Bevölkerung durchgeführt . Die Bürgerinnen und Bürger wurden von den Studierenden darüber informiert, dass die Ergebnisse in die wissenschaftlichen Ausarbeitungen einfließen. Die Befragung war freiwillig und wurde anonym durchgeführt. 7. Empfiehlt CC4E, dass die Politik der Bevölkerung versichert, man nehme ihre Ängste und Sorgen ernst? Es gab in den vergangenen Jahren zu der Thematik zahlreiche Veranstaltungen mit Bürgerinnen und Bürgern. 8. Werden konkrete Marketingziele definiert, zum Beispiel dass die indigene Bevölkerung und die Migranten, darunter Störche und Gänse, die Riesen mehrheitlich als Bereicherung der Landschaft erlebt? 9. Attestiert CC4E den Bergedorfern eine zufriedenstellende Willkommenskultur für Riesen? 10. Sind weitere Werbemaßnahmen geplant, um in Bergedorf die Willkommenskultur für Riesen zu verbessern? Der Senat ist von der Notwendigkeit des Windparks in Bergedorf überzeugt und wird auch weiterhin mit den Beteiligten im konstruktiven Dialog bleiben.