BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13056 21. Wahlperiode 22.05.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 15.05.18 und Antwort des Senats Betr.: Umzug der Clearingstelle „Zweite Chance“ an den Jugendparkweg – Was kommt auf Langenhorn zu? Nach der Schließung der Haasenburg-Heime in Brandenburg im Jahr 2013 ist Hamburg auf der Suche nach einer Lösung zur geschlossenen Unterbringung von intensivpädagogisch zu betreuenden Jugendlichen, die überwiegend vielfach delinquent sind. An der Hammer Straße betreibt der Landesbetrieb Erziehung (LEB) seit dem Jahr 2015 die Clearingstelle „Zweite Chance“ mit zwölf Plätzen und einem eigenen Sicherheitsdienst. In der Einrichtung sind junge Flüchtlinge untergebracht, die „in anderen Einrichtungen aufgrund ihres Verhaltens keinen Platz fanden oder dort nicht Fuß fassen konnten.“ Einem Bericht der taz vom 14. Mai 2018 zufolge soll die vom Landesbetrieb Erziehung (LEB) betriebene Clearingstelle „Zweite Chance“ zum 30. Juni von der Hammer Straße in den Jugendparkweg 58 nach Langenhorn verlagert werden. Der jetzige Standort eigne sich nicht. Zudem soll die Einrichtung allgemeiner Teil der Jugendhilfe werden und für männliche Jugendliche von 14 bis 17 und junge Volljährige bis 21 Jahre zur Verfügung stehen. Am Jugendparkweg 58 befindet sich zurzeit eine betreute Einrichtung mit 24 Plätzen für „normale“ männliche unbegleitete minderjährige Ausländer. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Im Zuge hoher Zuzugzahlen unbegleiteter minderjähriger Ausländer (UMA) in den Jahren 2014 und 2015 war der Landesbetrieb Erziehung und Beratung (LEB) gezwungen, mit einem hohen Kraftaufwand Plätze für die Erstaufnahme während der Inobhutnahme nach §§ 42 und 42a zu schaffen. Zum Teil war er hierbei auch gezwungen, Objekte mit einer hohen Platzkapazität zu nutzen, die für eine späterer Nutzung im Rahmen erzieherischer Hilfen nicht oder nur bedingt geeignet waren. Bedingt durch einen stark rückläufigen Bedarf an Betreuungs- und Erstversorgungsplätzen für UMA beim LEB wurde seit der zweiten Jahreshälfte 2017 begonnen, Einrichtungsstandorte zu schließen. Die Schließungsentscheidung für einen bestimmten Standort wird dabei jeweils nach den Kriterien der Wirtschaftlichkeit und der Nachnutzungsmöglichkeit für andere Jugendhilfekonzepte getroffen. Der Umzug der Einrichtung „2. Chance“ in den Jugendparksweg ist bedingt durch die Schließungsentscheidung für das Gesamtobjekt Hammer Straße. Eine konzeptionelle Änderung des bisherigen Betreuungskonzeptes ist hiermit nicht verbunden. Insofern besteht ein in der Vorbemerkung vom Fragesteller suggerierter Zusammenhang mit geschlossener Unterbringung nicht. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie stellt sich die Auslastung der Drucksache 21/13056 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 a. Einrichtung an der Hammer Straße, b. Einrichtung am Jugendparkweg 58 seit deren jeweiliger Errichtung dar? Bitte jeweils zum Stichtag 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober eines Jahres angeben. Hammer Straße – Erstversorgung Sollplatzzahl Belegung Auslastung 01.01.2017 75 78 104% 01.04.2017 38 50 132% 01.07.2017 38 26 68% 01.10.2017 38 41 108% 01.01.2018 38 46 121% 01.04.2018 38 22 58% Hammer Straße „2.Chance“ Sollplatzzahl Belegung Auslastung 01.01.2017 01.04.2017 01.07.2017 01.10.2017 9 6 67% 01.01.2018 9 7 78% 01.04.2018 9 9 100% Jugendparksweg Sollplatzzahl Belegung Auslastung 01.01.2017 24 22 92% 01.04.2017 24 20 83% 01.07.2017 24 19 79% 01.10.2017 24 14 58% 01.01.2018 24 11 46% 01.04.2018 außer Betrieb Wegen der vor dem 1. Januar 2017 zum Teil wesentlich anderen Nutzung der Gesamtobjekte und dem Betriebstart der Einrichtung „2. Chance“ zum 1. Oktober 2017 wird die Belegung der Objekte erst ab 1. Januar 2017 dargestellt. 2. Wie viele unbegleitete minderjährige Ausländer sind aktuell als Intensivtäter ausgeschrieben? Wie viele davon leben in der Unterkunft an der Hammer Straße? Mit Stichtag 16. Mai 2018 sind bei der Polizei 13 unbegleitete minderjährige Ausländer als Intensivtäter erfasst. Nach Erkenntnissen der Polizei ist keine dieser Personen in der Unterkunft in der Hammer Straße wohnhaft. 3. Wie viele unbegleitete minderjährige Ausländer befinden sich aktuell in der Zuständigkeit des FIT? Wie viele davon leben in der Unterkunft an der Hammer Straße? Am Stichtag 16. Mai 2018 befanden sich zehn unbegleitete minderjährige Ausländer in FIT Zuständigkeit, keiner dieser jungen Menschen lebt in der Einrichtung „2. Chance “. 4. Wie hat sich die Anzahl der Polizeieinsätze in der Einrichtung an der Hammer Straße seit dem Jahre 2015 jährlich entwickelt? Die Frage erfolgt auf Grundlage des Hamburger Einsatzleitsystems (HELS). Hinsichtlich der Besonderheiten der Daten des HELS siehe Drs. 21/2108. Die Einsatzzahlen wurden anhand der postalischen Anschrift (Hammer Straße 124, 22043 Hamburg) recherchiert. Eine Unterscheidung, ob sich die Einsätze in der Einrichtung „2. Chance“, der dort ebenfalls ansässigen Erstversorgungseinrichtung oder beispielsweise vor dem Grundstück ereignet haben, ist nicht möglich. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13056 3 Jahr Anzahl Polizeieinsätze 2015 176 2016 67 2017 134 2018 50 * (bis Stichtag 15.05.2018) 5. Wer hat wann aus welchem Grund entschieden, dass die Einrichtung in der Hammer Straße an den Jugendparkweg 58 verlagert wird? Die Geschäftsführung des LEB hat den Umzug der Einrichtung „2.Chance“ vom Standort Hammer Straße 122 in den Jugendparkweg 58 entschieden. Die Standortbedingungen am Jugendparkweg sind aufgrund der Lage, der angemessenen Größe und Überschaubarkeit der Gebäude wesentlich besser geeignet als der alte Standort. Die vielfältigen Möglichkeiten für pädagogisch sinnvolle Betätigungen auf dem Gelände (Werkstatt, Sport- und Spielmöglichkeiten) sind ein qualitativer Gewinn für die pädagogische Arbeit mit den jungen Menschen. 6. Aus welchem Grund eignet sich der Standort Hammer Straße nicht mehr zur Unterbringung von besonders auffälligen Minderjährigen? Der Standort Hammer Straße wird aufgegeben, im Übrigen siehe Vorbemerkung. 7. Wie viele Plätze sollen künftig im Jugendparkweg 58 zur Verfügung stehen ? Es sind zwölf Plätze vorgesehen. 8. Wie wird die Minderjährigen-Betreuerrelation ausgestaltet? Die Betreuer-Betreuten-Relation im Rund-um-die-Uhr-Schichtbetrieb beträgt 1:1,25. Sie bezieht sich auf das pädagogische Personal einschließlich der pädagogischen Hilfskräfte, nicht jedoch auf Hauswirtschaftskräfte und dem Sicherheitsdienst. 9. Welches pädagogische Konzept und welches Sicherheitskonzept liegen der künftigen Einrichtung zugrunde? Das Konzept der Einrichtung ist zu finden unter: http://www.hamburg.de/contentblob/3862250/98312f5545636ca7452ac44f4c90010b/d ata/cs-zweite-chance.pdf. 10. Welche konkreten Vorkehrungen treffen die zuständigen Behörden zur Gewährleistung der Sicherheit der Nachbarschaft in Langenhorn? Im Konzept der Einrichtung sind die Vermittlung und das Erlernen deeskalierender Verhaltensweisen angelegt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind für diese deeskalierende pädagogische Arbeit vorbereitet. Gleichwohl baut die Einrichtung einen engen Kontakt zur örtlichen Polizei auf, sodass im Bedarfsfall auch polizeiliche Präventions - und Interventionsmaßnahmen für das Umfeld der Einrichtung ergriffen werden können.