BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13057 21. Wahlperiode 22.05.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 15.05.18 und Antwort des Senats Betr.: Überlastung der Justiz – Welche Verbesserung der Situation hat sich durch die Vollbesetzung für die Gerichtsvollzieher tatsächlich ergeben? Heute verkündete der Justizsenator in der Landespressekonferenz (LPK), dass die Gerichtsvollzieher in Vollbesetzung arbeiten und alle Gerichtsvollzieherbezirke in Hamburg uneingeschränkt arbeitsfähig seien. „Wir haben die Wende geschafft“, verkündete er vollmundig. Dabei wurden alle vakanten Stellen bereits zum 1. Mai 2017 besetzt, wie sich aus der Antwort des Senats auf meine Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/10013 ergibt. Lange Zeit wurden Hamburgs Gerichtsvollzieher weit über ihre Belastungsgrenze hinaus gefordert. Dies zeigen die Antworten des Senats auf die Große Anfrage Drs. 21/1741 sowie die Schriftlichen Kleinen Anfragen Drs. 21/4308, 21/5019, 21/6190, 21/7391, 21/8678, 21/10013 und 21/11828. Obwohl seit 1. Mai 2017 alle Stellen besetzt sind, lag die durchschnittliche Arbeitsbelastung der Gerichtsvollzieher im Jahre 2017 noch immer bei 113,84 Prozent; besonders betroffen waren die Gerichtsvollzieher beim Amtsgericht Harburg mit 122,32 Prozent und beim Amtsgericht Hamburg- Mitte mit 119,52 Prozent. Der Senator berichtete in der LPK zudem, dass der Beruf des Gerichtsvollziehers noch anspruchsvoller und deutlich attraktiver geworden sei. Umso wichtiger ist es, den gestiegenen Anforderungen Rechnung zu tragen und den Gerichtsvollziehern eine angemessene Vergütung zukommen zu lassen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Situation der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher (GVZ) hat sich erheblich entspannt, seitdem es durch die Ausbildungsinitiative gelungen ist, alle Stellen zu besetzen. Ein neues Personalbedarfssystem ist implementiert worden und mit den GVZ und deren Personalvertretung abgestimmt worden. Die Folgen dieser seit Ende April 2018 vorliegenden Ergebnisse sind Gegenstand der laufenden Haushaltsberatungen des Senats. Mit dem ausgewogeneren individuellen Arbeitsaufkommen sowie der Möglichkeit für externe Bewerber, in die GVZ-Ausbildung einzusteigen, sind bereits wichtige Schritte zur Verbesserung der Nachwuchsgewinnung erfolgt. Weitere Möglichkeiten zur Attraktivitätssteigerung des Berufsbildes werden geprüft. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Stellen für Gerichtsvollzieher gibt es aktuell an den einzelnen Amtsgerichten und wie viele davon sind jeweils besetzt? (Bitte zum Stichtag 1. Mai 2018 angeben.) Drucksache 21/13057 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 a. Wie viele Gerichtsvollzieherbezirke sind an jeweils welchem Amtsgericht gegebenenfalls aktuell aus welchen Gründen unbesetzt? b. Wie viele Gerichtsvollzieherbezirke müssen seit wann aus welchen Gründen vertreten werden? Daten zum Stichtag 01.05.2018* Planstellen Besetzte Planstellen Anzahl der besetzten Bezirke Bemerkungen AG Altona 11 11 11 - AG Barmbek 13 13 13 - AG Bergedorf 6 6 6 - AG Blankenese 3 5 3 Es gibt drei Bezirke. Zwei Bezirke sind z. Zt. doppelt besetzt. AG Hamburg (-Mitte) 22 22 21 Ein GVZ wechselt das Bundesland und wickelt den Bezirk ab. Eine Tauschkandidatin für den Hamburg verlassenden GVZ wird zum 1.7.2018 erwartet AG Harburg 17 17 17 Ehemalige Doppelbesetzung durch Ruhestand entfallen. AG Wandsbek 10 11 11 Ein 12. Bezirk wird aus organisatorischen Gründen vertreten**; ehemalige Doppelbesetzung eines Bezirks durch Ruhestand entfallen . AG St. Georg 19 19 19 - Zwischensumme 101 104 101 - Gerichtsvollziehervertretung aller Amtsgerichte 3 1 - 1 GVZ aus personalwirtschaftlichen Gründen z.Zt. im Innendienst eingesetzt. Gesamt 104 105 - - ** Hier wird der Neuschnitt der Bezirke geprüft. 2. Wie viele Langzeiterkrankungen (über 75 Tage) gab es bislang im Jahre 2018? (Bitte pro Amtsgericht und gesamt darstellen.) Langzeiterkrankte Gerichtsvollzieher (über 75 Tage) Amtsgericht 2018 AG Altona 0 AG Barmbek 0 AG Bergedorf 0 AG Blankenese *** AG Hamburg-Mitte 0 AG Harburg 1 AG St. Georg 0 AG Wandsbek 1 Gesamt 2 *** Das System zur Ermittlung der Fehlzeiten weist keine Werte aus, wenn die ausgewertete Gruppe fünf Personen nicht übersteigt. 3. Wie viele Überlastungsanzeigen von Gerichtsvollziehern gab es bislang im Jahre 2018? (Bitte pro Amtsgericht und gesamt darstellen.) Amtsgericht Überlastungsanzeigen 2018 Altona 0 Barmbek 0 Bergedorf 0 Blankenese 0 Hamburg 0 Harburg 0 St. Georg 0 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13057 3 Amtsgericht Überlastungsanzeigen 2018 Wandsbek 1 Gesamt 1 4. Wie viele Beschwerden aufgrund zu langer Verfahrensdauern der Zwangsvollstreckung von Gläubigern beziehungsweise Verfahrensbevollmächtigten gab es bislang im Jahre 2018? (Bitte pro Amtsgericht und gesamt darstellen.) Amtsgericht Dienstaufsichtsbeschwerden, Stand 16. Mai 2018 Altona 0 Barmbek 0 Bergedorf 0 Blankenese 0 Hamburg 3 Harburg 3 St. Georg 42 Wandsbek 10 Gesamt 58 5. Wie hat sich die Arbeitsbelastung der Gerichtsvollzieher im 1. Quartal 2018 an den einzelnen Amtsgerichten und insgesamt entwickelt? (Bitte pro Amtsgericht und insgesamt darstellen.) In den vorangehenden Parlamentarischen Anfragen ist die Belastung anhand des veralteten Hamburger Bemessungsschlüssels dargestellt worden. Dabei ist immer auf die Problematik der gemeldeten Daten hingewiesen worden. Nach der Systemumstellung wird der Personalbedarf nach dem neuen Verfahren (siehe Vorbemerkung) ermittelt. Zum Vergleich ist auch die Berechnung für das Jahr 2017 dargestellt. Aus technischen Gründen ist es nicht möglich, die Berechnung auch für weitere Vorjahre zu erstellen. Personalbedarf nach neuem Bemessungssystem 2017 Gesamt 2018 1.Quartal Altona 10,5 9,6 Barmbek 13,48 13,26 Bergedorf 5,98 6,44 Blankenese 2,46 3,58 Hamburg 23,6 24,08 Harburg 16,5 14,91 St. Georg 20,24 18,88 Wandsbek 10,43 11,42 GESAMT 103,19 102,17 6. Wie hat sich die durchschnittliche Fehlzeitenquote an den einzelnen Amtsgerichten seit November 2017 monatlich entwickelt? Vollkraftbereinigte krankheitsbedingte Fehlzeitenquote der Gerichtsvollzieher Amtsgericht November 2017 Dezember 2017 Januar 2018 Februar 2018 AG Altona 0% 0% 0% 5,0% AG Barmbek 1,5% 5,3% 2,3% 2,1% AG Bergedorf 0% 0% 0% 4,0% AG Blankenese *** *** *** *** AG Hamburg-Mitte 6,1% 2,3% 3,4% 1,0% AG Harburg 5,6% 5,6% 6,8% 0,3% AG St.Georg 4,5% 6,7% 2,3% 0% AG Wandsbek 12,1% 22,8% 18,6% 4,5% Gesamt 6,2% 7,1% 6,0% 2,8% *** Das System zur Ermittlung der Fehlzeiten weist keine Werte aus, wenn die ausgewertete Gruppe fünf Personen nicht übersteigt. Drucksache 21/13057 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 7. Wie hat sich die Anzahl der offenen Verfahren zum Stand 30. April 2018 entwickelt? (Bitte pro Amtsgericht und insgesamt darstellen.) Amtsgericht Offene Verfahren, Stand 31.3.2018* Altona 2.328 Barmbek 4.250 Bergedorf 1.696 Blankenese 939 Hamburg Mitte 5.267 Harburg 3.846 St. Georg 6.272 Wandsbek 3.942 Gesamt 28.540 * Die Daten liegen valide nur mit dem Stand 31.3.2018 vor. 8. Wie viele Gerichtsvollzieher werden bis zum Jahr 2025 jährlich wegen Erreichen der Altersgrenze aus dem Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg ausscheiden? (Bitte pro Jahr und Amtsgericht darstellen.) Altersbedingte Abgänge der Gerichtsvollzieher Amtsgericht 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 Gesamt AG Altona 0 0 0 0 1 1 0 2 AG Barmbek 0 0 0 2 0 0 1 3 AG Bergedorf 0 0 0 1 0 0 0 1 AG Blankenese 0 0 1 0 0 0 0 1 AG Hamburg-Mitte 0 0 1 0 1 0 0 2 AG Harburg 0 1 2 1 0 0 0 4 AG St.Georg 1 0 1 0 0 0 1 3 AG Wandsbek 0 0 0 0 2 0 0 2 9. Wie viele Gerichtsvollzieher werden bis zum Jahr 2025 voraussichtlich jährlich vor Erreichen der Altersgrenze aus dem Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg ausscheiden oder sich in den Innendienst versetzen lassen? Mit Stand 16. Mai 2018 sind es bis 2025 drei Gerichtsvollzieher, die signalisiert haben, vor Erreichen der Altersgrenze (65) in den Ruhestand gehen zu wollen. Zur Versetzung in den Innendienst gibt es derzeit keine Erkenntnisse. 10. Wie viele Anwärter befinden sich aktuell in der Ausbildung zum Gerichtsvollzieher und wann werden sie ihre Ausbildung voraussichtlich abschließen? Derzeit befinden sich drei Gerichtsvollzieher in der Ausbildung. Ab dem 1. Juli 2018 befinden sich fünf Gerichtsvollzieher in der Ausbildung. Die Ausbildung beenden werden voraussichtlich am 30. Mai 2019 drei und am 30. April 2020 zwei Gerichtsvollzieheranwärterinnen und -anwärter. 11. Welche Ausbildungslehrgänge starten dieses Jahr noch mit jeweils wie vielen Plätzen? Wie viele Bewerbungen sind darauf bislang eingegangen und wie viele Anwärter wurden bereits eingestellt? Zum 1. Juli 2018 startet ein Ausbildungslehrgang mit zwei Teilnehmern. Hiervon nimmt ein externer Bewerber bereits seit 1. Januar 2018 an dem vorgeschalteten Eignungslehrgang teil. Das Bewerbungsverfahren ist abgeschlossen. Zur Anzahl der Bewerbungen siehe Drs. 21/11828. 12. Baden-Württemberg hat die Ausbildung der Gerichtsvollzieher aufgrund der gestiegenen Anforderungen zum 1. September 2016 auf eine Fachhochschulausbildung umgestellt. Wie beurteilt die zuständige Behörde diese Entwicklung? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13057 5 Die Überlegungen der zuständigen Behörde sind noch nicht abgeschlossen. Sie verfolgt aber die Entwicklung in Baden-Württemberg aufmerksam und wird zu gegebener Zeit die Evaluationsergebnisse des ersten Studienganges und die dortigen Praxiserfahrungen bewerten. 13. In der Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/11828 gab der Senat an, dass „ein realitätsnahes Personalbemessungssystem derzeit in Anlehnung an zwei umfassende Organisationsuntersuchungen der Länder Bayern und Baden-Württemberg erarbeitet wird.“ In der heutigen Landespressekonferenz wurde berichtet, dass das Personalbemessungssystem überarbeitet worden sei. a. Wann wurde das Personalbemessungssystem fertig entwickelt? b. Welche Änderungen des Personalbedarfs haben sich daraus ergeben ? c. Inwiefern werden diese gegebenenfalls bei der Aufstellung des Haushaltsplan-Entwurfs 2019/2020 berücksichtigt? 14. In den Antworten auf meine Schriftlichen Kleinen Anfragen Drs. 21/7391 und 21/8678 gab der Senat auf meine Frage zu einer etwaigen Änderung der Vollstreckungsvergütungsverordnung nach dem Vorbild Sachsen -Anhalts zur Aufhebung der Deckelung des Höchstbetrages hin an, dass die Entwicklung in Sachsen-Anhalt von der zuständigen Behörde aufmerksam beobachtet werde und zu gegebener Zeit die dortigen Praxiserfahrungen bewertet und gegebenenfalls eine entsprechende Maßnahme ergriffen würde. In der Drs. 21/11828 teilte er auf meine Nachfrage hin mit: „Der Sachstand ist unverändert. Die Entscheidung wird voraussichtlich im Kontext mit der Festlegung auf das Bedarfsbemessungsverfahren getroffen werden.“ a. Wie ist der Sachstand? b. Wurde bereits eine Entscheidung getroffen? Falls ja, wann und welche? Falls nein, warum nicht und wann ist mit einer Entscheidung zu rechnen? 15. In der Drs. 21/1741 gab der Senat an: „Die Dienstposten des Gerichtsvollzieherdienstes sind zuletzt 1980 mit A 9 (ehemals mittlerer Dienst, jetzt Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt) bewertet worden. Eine aktualisierte Bewertung der Tätigkeit der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher würde die damalige Bewertung bestätigen.“ In der heutigen Landespressekonferenz wurde eingeräumt, dass der Beruf des Gerichtsvollziehers vor allem aufgrund der Zwangsvollstreckungsreform von 2013 noch anspruchsvoller geworden ist. a. Ist geplant eine neue Dienstpostenbewertung vorzunehmen? b. Falls ja, wann? Falls nein, weshalb nicht? Siehe Antwort zu 5. und im Übrigen siehe Vorbemerkung.