BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1306 21. Wahlperiode 21.08.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels (FDP) vom 14.08.15 und Antwort des Senats Betr.: Verteilung von Informationsmaterial durch salafistische Gruppierungen in Hamburg Nach Angaben des Verfassungsschutzes Hamburg soll es sich bei den Gruppierungen „Deutschsprachiger Islamkreis im Norden“, „Siegel des Propheten “, „Hamburg Dawah Movement“ und „Jesus im Islam“ um salafistische Gruppierungen handeln, welche vermehrt Infostände in der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) organisieren. Diese Entwicklung sei vor allem deshalb besorgniserregend, da diese Stände als Rekrutierungspunkt für Jihadisten gelten. So äußerte sich der Amtsleiter des Hamburgischen Verfassungsschutzes gegenüber dem „Hamburger Abendblatt“ wie folgt: „Diese Stände sind keine harmlosen Info-Stände, sondern sie sind salafistisch geprägt – es sind Islamisten, die versuchen, über die Koranverteilung vor allem mit jungen Leuten ins Gespräch zu kommen“.1 Aus der Beantwortung der Drs. 21/1204 ergeben sich weitere Fragen zu den Hintergründen der Koranstände. Neben diesen Infoständen gibt es zudem gemäß Verfassungsschutz Nordrhein -Westfalen bundesweit größere Werbeveranstaltungen, die als Benefizveranstaltung für notleidende Menschen in Afrika oder Syrien getarnt sind. Tatsächlich werden die dort eingeworbenen Gelder jedoch teils gezielt für salafistische und/oder terroristische Zwecke verwendet.2 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele solcher Infostände wurden durch eine der oben genannten Gruppierungen in diesem Jahr bislang angemeldet? 2. Wie viele solcher Infostände wurden durch eine der oben genannten Gruppierungen in diesem Jahr bislang durchgeführt? 3. Wo wurden diese Stände durchgeführt? (Bitte aufschlüsseln nach Monat, Gruppierung und Ort.) Mit Stand 17. August 2015 sind dem Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg folgende Anmeldungen bekannt: 1 Vergleiche http://www.abendblatt.de/hamburg/article205556807/Salafisten-koedern-neueRekruten -in-Hamburg.html. 2 Vergleiche Verfassungsschutzbericht NRW 2014, Seite 142 folgende: http://www.mik.nrw.de/ fileadmin/user_upload/Redakteure/Verfassungsschutz/Dokumente/VS-Berichte/aktuell.pdf. Drucksache 21/1306 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2  durch die Gruppierung „DIIN – Deutschsprachiger Islamkreis im Norden e.V.“ der die „LIES!-Kampagne“ organisiert: 30 Stände,  durch die Gruppierung „Siegel der Propheten“: 52 Stände,  durch die Gruppierung „Hamburg Dawah Movement“: zwölf Stände (hier wurden keine Koranausgaben, sondern ausschließlich Flyer und Broschüren verteilt). Sechs der angemeldeten Infostände sind für Ende August angemeldet. Im Übrigen siehe Anlage. 4. Wurden für die Durchführung der Infostände oben genannter Gruppierungen Auflagen erteilt? Wenn ja, welche? Das zuständige Bezirksamt hat wegerechtliche Auflagen erteilt. Die rechtlichen Möglichkeiten zur Beschränkung oder Unterbindung von salafistisch geprägten DawahAktivitäten vor dem Hintergrund der grundrechtlich geschützten Versammlungs- und Religionsfreiheit sowie den geltenden straßenrechtlichen Vorschriften sind stark eingeschränkt . Infostände und Street-Dawah können, je nach Ausprägung, im Rahmen von wegerechtlichen Sondernutzungserlaubnissen unter Auflagen, nach versammlungsrechtlicher Anmeldung (Infostände) oder auch genehmigungsfrei (Street-Dawah) durchgeführt werden. Wegerechtliche Sondernutzungserlaubnisse, die beispielsweise im Rahmen der Anmeldung von Infoständen erteilt werden, können grundsätzlich nur aus wegerechtlichen Gründen versagt werden oder im Rahmen einer späteren Feststellung von Verstößen mit Bußgeld geahndet werden. Ansonsten sind die Genehmigungen nur zu verweigern, wenn strafbare Handlungen nachgewiesen werden können (zum Beispiel öffentliche Darstellung verbotener Symbolik terroristischer Vereinigungen) oder eine erkennbare Gefährdung für die Menschen dieser Stadt vorliegt. Im Übrigen siehe Drs. 21/114. 5. Wie viele Verteilaktionen ohne Infostand sind dem Senat in diesem Jahr bekannt? (Bitte aufschlüsseln, soweit bekannt nach Monat, Gruppierung und Ort.) Siehe Drs. 21/1278. 6. Kam es zu Verteil- beziehungsweise Informationsaktionen der oben genannten Gruppierungen vor sensiblen Punkten wie Schulen, Flüchtlingsheimen , Haftanstalten oder ähnlichen? Wenn ja: Wie reagiert die zuständige Behörde beziehungsweise die Polizei oder das LfV in solchen Fällen? Der zuständigen Behörde liegen keine Erkenntnisse vor, dass es derartige Verteilaktionen oder Infostände an den genannten Örtlichkeiten gab. 7. Wie stellt die zuständige Behörde sicher, dass Salafisten in Flüchtlingsheimen und Justizvollzugsanstalten keinen Zutritt erhalten unter dem Deckmantel der Seelsorge beziehungsweise Religionsausübung, so wie es zum Beispiel versucht wurde in der JVA Rheinbach3? f & w fördern und wohnen AöR duldet in ihren Einrichtungen keine religiös motivierten Veranstaltungen und hat keine Erkenntnisse, dass es solche gegeben haben könnte. Der Justizvollzug stellt durch anlassbezogene Überprüfungen sicher, dass Salafisten keinen Zutritt in Justizvollzugsanstalten erhalten. Zudem arbeitet der Justizvollzug im 3 Vergleiche http://www.swp.de/ulm/nachrichten/politik/Salafisten-draengen-inGefaengnisseelsorge ;art4306,2243078. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1306 3 Bereich der Prävention eng mit der Polizei und dem LfV Hamburg zusammen und ist in das behördenübergreifende Netzwerk gegen religiös motivierten Extremismus eingebunden . Im Übrigen siehe Antwort zu 9. 8. Wie viele als Benefizveranstaltungen für notleidende Menschen in Syrien und Afrika getarnte Veranstaltungen sind in Hamburg abgehalten worden unter verdeckter Beteiligung von Salafisten seit dem Jahr 2012? Dem LfV sind vier von Salafisten organisierte Benefizveranstaltungen bekannt geworden . 9. Aus welchem Grund wurde der Strafvollzug außerplanmäßig in den Prozess der Prävention gegen Salafismus einbezogen4? Gibt es salafistische Aktivitäten in den Justizvollzugsanstalten? Wenn ja: Welche genau und was unternimmt die zuständige Behörde dagegen? Die Konzeption des Beratungsnetzwerks umfasst die Weiterentwicklung des Netzwerks . Bereits seit Dezember 2014 ist die Justizbehörde in einer Netzwerk-Arbeitsgruppe vertreten, da die AG die frühe Einbeziehung des Justizvollzugs im Sinne eines ganzheitlichen und behördenübergreifenden Präventionsansatzes als sinnvoll erkannt hatte. Derzeit gibt es in Hamburger Justizvollzugsanstalten keine Hinweise auf salafistische Bestrebungen. Bezüge zum Salafismus gibt es in Einzelfällen bisher nur dann, wenn eine Person mit entsprechender bereits vorhandener Gesinnung inhaftiert wurde . Im Übrigen siehe Drs. 20/13460. 4 Vergleiche Drs. 21/476, Seite 6. Drucksache 21/1306 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Anlage Info-Stände „Siegel der Propheten Team Hamburg“: (bisher 52 Stände bekannt) Datum Ort 1 07.03.2015 Mönckebergstraße 2 14.03.2015 Mönckebergstraße 3 21.03.2015 Ballindamm / Europapassage 4 28.03.2015 Ballindamm / Europapassage 5 04.04.2015 Ballindamm / Europapassage 6 17.04.2015 Ballindamm / Europapassage 7 18.04.2015 Gänsemarkt 8 24.04.2015 Reesendammbrücke 9 25.04.2015 Reesendammbrücke 10 02.05.2015 Gerhart-Hauptmann-Platz 11 08.05.2015 Reesendammbrücke 12 09.05.2015 Spitaler Straße 13 15.05.2015 Reesendammbrücke 14 16.05.2015 Glockengießerwall / Hauptbahnhof 15 22.05.2015 Spitaler Straße / Lange Mühren 16 23.05.2015 Reesendammbrücke 17 29.05.2015 Reesendammbrücke 18 30.05.2015 Gerhart-Hauptmann-Platz 19 05.06.2015 Gerhart-Hauptmann-Platz 20 06.06.2015 Gerhart-Hauptmann-Platz 21 12.06.2015 Reesendammbrücke 22 13.06.2015 Reesendammbrücke 23 19.06.2015 Gerhart-Hauptmann-Platz 24 20.06.2015 Gerhart-Hauptmann-Platz 25 26.06.2015 Reesendammbrücke 26 27.06.2015 Reesendammbrücke 27 03.07.2015 Gerhart-Hauptmann-Platz 28 04.07.2015 Gerhart-Hauptmann-Platz 29 10.07.2015 Spitaler Straße / Glockengießerwall 30 11.07.2015 Spitaler Straße / Glockengießerwall 31 14.07.2015 Glockengießerwall / vor der Bahnhofsmission 32 15.07.2015 Glockengießerwall / vor der Bahnhofsmission 33 17.07.2015 Spitaler Straße / Kurze Mühren 34 18.07.2015 Spitaler Straße / Kurze Mühren 35 20.07.2015 Spitaler Straße / Kurze Mühren 36 21.07.2015 Spitaler Straße / Kurze Mühren 37 22.07.2015 Spitaler Straße / Kurze Mühren 38 24.07.2015 Glockengießerwall 39 25.07.2015 Glockengießerwall 40 27.07.2015 Gerhart-Hauptmann-Platz / Seite zu Karstadt 41 28.07.2015 Gerhart-Hauptmann-Platz / Seite zu Karstadt 42 29.07.2015 Gerhart-Hauptmann-Platz / Seite zu Karstadt 43 31.07.2015 Reesendammbrücke 44 01.08.2015 Reesendammbrücke 45 07.08.2015 Gerhart-Hauptmann-Platz / Juwelier Christ 46 08.08.2015 Gerhart-Hauptmann-Platz / Juwelier Christ 47 14.08.2015 Gänsemarkt / Am Lessingdenkmal 48 15.08.2015 Gänsemarkt / Am Lessingdenkmal 49 21.08.2015 Spitaler Straße / Glockengießerwall 50 22.08.2015 Spitaler Straße / Glockengießerwall 51 28.08.2015 Gerhart-Hauptmann-Platz / Juwelier Christ 52 29.08.2015 Gerhart-Hauptmann-Platz / Juwelier Christ Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1306 5 Info-Stände der Gruppierung „Deutschsprachiger Islamkreis im Norden e.V.“, der die „LIES!-Kampagne“ organisiert: (bisher 30 Stände bekannt) Datum Ort 1 10.01.2015 Reesendammbrücke 2 17.01.2015 Spitaler Str. / Glockengießerwall 3 24.01.2015 Spitaler Str. / Glockengießerwall 4 31.01.2015 Spitaler Str. / Glockengießerwall 5 07.02.2015 Glockengießerwall 6 14.02.2015 Glockengießerwall 7 21.02.2015 Spitaler Str. / Glockengießerwall 8 28.02.2015 Spitaler Str. / Glockengießerwall 9 07.03.2015 Spitaler Str. / Glockengießerwall 10 14.03.2015 Spitaler Str. / Glockengießerwall 11 21.03.2015 Spitaler Str. / Glockengießerwall 12 23.03.2015 Ballindamm / Ecke Jungfernstieg 13 28.03.2015 Spitaler Str. / Kurze Mühen 14 18.04.2015 Spitaler Str. / Glockengießerwall 15 25.04.2015 Glockengießerwall vor Abgang U-Bahn-Treppe 16 09.05.2015 Reesendammbrücke 17 16.05.2015 Reesendammbrücke 18 23.05.2015 Spitaler Straße / Kurzer Mühen 19 30.05.2015 Glockengießerwall U-Bahn Abgang 20 06.06.2015 Glockengießerwall U-Bahn Abgang 21 13.06.2015 Glockengießerwall U-Bahn Abgang 22 20.06.2015 Glockengießerwall U-Bahn Abgang 23 11.07.2015 Reesendammbrücke 24 18.07.2015 Ballindamm 25 25.07.2015 Reesendammbrücke 26 01.08.2015 Spitaler Str. / Glockengießerwall 27 08.08.2015 Gänsemarkt 28 15.08.2015 Spitaler Str/ Glockengießerwall 29 22.08.2015 Colonnaden 30 29.08.2015 Reesendammbrücke Drucksache 21/1306 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Info-Stände „Hamburg Dawah Movement“: (bisher zwölf Stände bekannt) Datum Ort 1 17.01.2015 vor der Europapassage, Ausgang Ballindamm / Jungfernstieg 2 23.01.2015 vor der Europapassage, Ausgang Ballindamm / Jungfernstieg 3 14.02.2015 Spitaler Straße 4 28.02.2015 Ballindamm, vor Europapassage 5 07.03.2015 Ballindamm, vor Europapassage 6 14.03.2015 Ballindamm, vor Europapassage 7 28.03.2015 Ballindamm, vor Europapassage 8 04.04.2015 Spitaler Straße, vor Nike 9 18.04.2015 Ballindamm, vor Europapassage 10 06.06.2015 Reesendammbrücke 11 13.06.2015 Gerhart-Hauptmann-Platz, vor Karstadt 12 20.06.2015 Gänsemarkt