BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13107 21. Wahlperiode 25.05.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 18.05.18 und Antwort des Senats Betr.: Staatsvertrag mit den Muslimen – Artikel 1 Glaubensfreiheit und Rechtsstellung (II) Im November 2012 hat der Senat einen Staatsvertrag mit den islamischen Religionsgemeinschaften Hamburgs geschlossen. Nach mehr als fünf Jahren kann man feststellen, dass sich die von Politik und Zivilgesellschaft an den Vertrag gestellten Erwartungen nicht erfüllt haben. Unter dem Deckmantel „von gegenseitigem Respekt“ und „gesellschaftlicher Teilhabe“ ist es den in Hamburg ansässigen Islamverbänden gelungen, trotz ihres ethnischnationalen Charakters1 sowie ihrer fundamentalistischen Orientierung zu Partnern des Senats zu werden. Zuvor hatten Politik, Kirchen und Gesellschaft die auf Akzeptanz, nicht aber auf Integration ausgerichtete Strategie der Islamverbände nicht durchschaut, sondern deren Bekenntnissen zu Toleranz und Liberalismus geglaubt. An dieser Situation hat sich bis heute nichts geändert, obwohl die fundamentalistische Gesinnung der Islamverbände mittlerweile durch eine Vielzahl islamistischer Schmähungen Andersgläubiger (durch DITIB, SCHURA), die politische Agitation im Dienste ausländischer Regierungen (DITIB) sowie antisemitische Hetze (DITIB, SCHURA) längst offenkundig geworden ist und zudem auch in anderen Bundesländern offen zu Tage tritt. Anstatt liberalislamische Kräfte dabei zu unterstützen, das reaktionäre Establishment zu einer Annäherung an die Zivilgesellschaft zu drängen, hat der Senat im Staatsvertrag konservative Organisationen legitimiert, einzelne Teilbereiche der Gesellschaft im eigenen Sinne zu islamisieren. Dieser Geist hat sich auch in den Artikeln des Staatsvertrags manifestiert. Ferner hat der Senat die Verantwortung für die Integration in die Hände von Akteuren gelegt, deren vordringliches Ziel darin besteht, die eigenen Mitglieder dauerhaft in einem auf Abgrenzung gegenüber der Mehrheitsgesellschaft basierenden islamischen Bewusstsein zu halten, wobei diese mittels finanzieller Zuwendungen auch noch unterstützt werden. In diesem Sinne ist der Staatsvertrag kein Garant, sondern vielmehr ein Hindernis für die Integration der muslimischen Bevölkerungsteile der Hansestadt Hamburg, weshalb seine Artikel kritisch zu hinterfragen sind. In Artikel 1 des Staatsvertrages heißt es: (1) Die Freie und Hansestadt Hamburg gewährleistet der Freiheit, den islamischen Glauben zu bekennen und auszuüben, den Schutz durch Verfassung und Gesetz. Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass die Achtung des religiösen Bekenntnisses untrennbar mit der Achtung und Toleranz gegenüber anderen Religionen und Weltanschauungen 1 Dies gilt für DITIB sowie jeden einzelnen Moscheeverein, der Mitglied einer der drei im Staatsvertrag genannten muslimischen Glaubensgemeinschaften ist. Drucksache 21/13107 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 und abweichenden Anschauungen und Handhabungen der eigenen Religion verbunden ist. (2) Die islamischen Religionsgemeinschaften ordnen und verwalten ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Die Vertragsparteien bekennen sich zum Grundsatz der Neutralität des Staates gegenüber Religionen und Weltanschauungen und zur vollständigen Geltung und Achtung der staatlichen Gesetze. Sie werden hierfür entschieden eintreten, auf entgegenstehende Äußerungen verzichten sowie sich gegen widersprechende Anschauungen wenden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie definiert der Senat in Hinblick auf die in der Vergangenheit durch die DITIB begangenen islamischen Verfehlungen, wie etwa den Skandal um die Wilhelmsburger Muradiye-Moschee, das Prinzip von „Achtung und Toleranz gegenüber anderen Religionen und Weltanschauungen“? 2. War dem Senat zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bekannt, dass einzelne Funktionäre der DITIB Islamisten sind? Falls ja, war dies der Grund dafür, dass sich die muslimischen Glaubensgemeinschaften in Artikel 1 explizit zur „Achtung und Toleranz gegenüber anderen Religionen und Weltanschauungen“ bekennen mussten? 3. Inwiefern sieht der Senat den in Artikel 2 explizit festgeschriebenen Grundsatz mit Blick auf die schwerwiegenden, islamistischen Verfehlungen aus den Reihen der DITIB und der SCHURA als erfüllt an, demzufolge „abweichende Anschauungen und Handhabungen“ mit Achtung und Toleranz begegnet werden soll? 4. Inwieweit sind die islamischen Glaubensgemeinschaften bisher entschieden gegen Äußerungen eingetreten, die sich gegen andere Weltanschauung sowie die Geltung und Achtung der staatlichen Gesetze wenden? Bei der Antwort bitte jeweils Bezug nehmen auf: a) Die jüngsten Verfehlungen der DITIB-Nord „Weihnachten und Sylvester sind Feste der Ungläubigen“ beziehungsweise „Wir sind nur an den Koran gebunden“; b) Die Gemeinde der Imam-Ali-Moschee, deren Vorsitzender Reza Ramezani jährlich (so auch 2017) an der Begehung des Al-Quds- Tages in Berlin teilnimmt2, wo gegen die „unrechtmäßige Besatzung Israels“ demonstriert wird und der öffentlich erklärt, der Islam und ein säkularer beziehungsweise laizistischer Staat seien nicht miteinander vereinbar.3 Dem Senat liegen keine Erkenntnisse über einzelne Funktionäre vor. DITIB-Nord war damals und ist heute kein Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes. Im Übrigen siehe Drs. 21/9040 und 21/9833. 2 Confer Drs. 21/7609. 3 Confer Verfassungsschutzbericht 2015. Seite 58.