BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13153 21. Wahlperiode 29.05.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 23.05.18 und Antwort des Senats Betr.: Staatsvertrag mit den Muslimen – Artikel 5 Hochschulausbildung (II) Im November 2012 hat der Senat einen Staatsvertrag mit den islamischen Religionsgemeinschaften Hamburgs geschlossen. Nach mehr als fünf Jahren kann man feststellen, dass sich die von Politik und Zivilgesellschaft an den Vertrag gestellten Erwartungen nicht erfüllt haben. Unter dem Deckmantel „von gegenseitigem Respekt“ und „gesellschaftlicher Teilhabe“ ist es den in Hamburg ansässigen Islamverbänden gelungen, trotz ihres ethnischnationalen Charakters1 sowie ihrer fundamentalistischen Orientierung zu Partnern des Senats zu werden. Zuvor hatten Politik, Kirchen und Gesellschaft die auf Akzeptanz, nicht aber auf Integration ausgerichtete Strategie der Islamverbände nicht durchschaut, sondern deren Bekenntnissen zu Toleranz und Liberalismus geglaubt. An dieser Situation hat sich bis heute nichts geändert, obwohl die fundamentalistische Gesinnung der Islamverbände mittlerweile durch eine Vielzahl islamistischer Schmähungen Andersgläubiger (durch DITIB, SCHURA), die politische Agitation im Dienste ausländischer Regierungen (DITIB) sowie antisemitische Hetze (DITIB, SCHURA) längst offenkundig geworden ist und zudem auch in anderen Bundesländern offen zutage tritt. Anstatt liberalislamische Kräfte dabei zu unterstützen, das reaktionäre Establishment zu einer Annäherung an die Zivilgesellschaft zu drängen, hat der Senat im Staatsvertrag konservative Organisationen legitimiert, einzelne Teilbereiche der Gesellschaft im eigenen Sinne zu islamisieren. Dieser Geist hat sich auch in den Artikeln des Staatsvertrags manifestiert. Ferner hat der Senat die Verantwortung für die Integration in die Hände von Akteuren gelegt, deren vordringliches Ziel darin besteht, die eigenen Mitglieder dauerhaft in einem auf Abgrenzung gegenüber der Mehrheitsgesellschaft basierenden islamischen Bewusstsein zu halten, wobei diese mittels finanzieller Zuwendungen auch noch unterstützt werden. In diesem Sinne ist der Staatsvertrag kein Garant, sondern vielmehr ein Hindernis für die Integration der muslimischen Bevölkerungsteile der Hansestadt Hamburg, weshalb seine Artikel kritisch zu hinterfragen sind. In Artikel 5 des Staatsvertrages heißt es: Die Freie und Hansestadt Hamburg fördert eine Ausbildungsstätte für islamische Theologie und Religionspädagogik an der Universität Hamburg. Protokollerklärung zu Artikel 5 1 Dies gilt für DITIB sowie jeden einzelnen Moscheeverein, der Mitglied einer der drei im Staatsvertrag genannten muslimischen Glaubensgemeinschaften ist. Drucksache 21/13153 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass die Förderung einer Ausbildungsstätte für islamische Theologie und Religionspädagogik in ihrem Schwerpunkt zunächst auf die Gewinnung in Deutschland ausgebildeter schulischer Lehrkräfte für den Religionsunterricht zielen soll. Sie teilen die Überzeugung, dass das Aufgreifen der Glaubensvorstellungen praktizierender Muslime eine wesentliche Voraussetzung für die wünschenswerte Akzeptanz des Unterrichts bei den muslimischen Schülerinnen und Schülern und ihren Eltern sein wird. Die Freie und Hansestadt Hamburg wird sich deshalb unter Beachtung der Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre dafür einsetzen, dass: - die islamischen Religionsgemeinschaften vor der Berufung einer Hochschullehrerin oder eines Hochschullehrers die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten; - ihnen Gelegenheit gegeben wird, sich zu Lehrinhalten zu äußern, soweit sie schwerwiegende Abweichungen von den islamischen Glaubensgrundsätzen geltend machen, und - sie in die Erarbeitung von Grundsätzen für eine Akkreditierung von Studiengängen und Formulierung von Prüfungsanforderungen einbezogen werden. Die islamischen Religionsgemeinschaften erklären, dass sie Stellungnahmen einheitlich abgeben werden. Stellungnahmen, die nicht einheitlich abgegeben werden, lösen keine Verpflichtungen der Freien und Hansestadt Hamburg im Sinne des vorstehenden Absatzes aus. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat teilt die Wahrnehmungen und Bewertungen des Fragestellers nicht. Die Verträge schaffen eine Grundlage für die weitere Zusammenarbeit. Dadurch werden vorhandene Probleme nicht negiert, sondern es werden Möglichkeiten für Dialoge geschaffen, die ohne die Verträge nicht bestünden, siehe Drs. 21/9040. Dies schließt auch substanzielle Kritik nicht aus, siehe Drs. 21/8100. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Universität Hamburg (UHH) wie folgt: 1. Wie weit ist es mit der Förderung einer Ausbildungsstätte für islamische Theologie an der Universität Hamburg bis heute gediehen? 2. Was für Voraussetzungen muss eine in Deutschland ausgebildete schulische Lehrkraft erfüllen, um im Sinne von Artikel 5 für den Religionsunterricht geeignet zu sein? 3. Sollen diese Positionen vorzugsweise mit Muslimen versehen werden? Falls ja, warum? Falls nein, warum nicht? 4. Was versteht der Senat konkret unter dem indifferenten Begriff „Glaubensvorstellungen “ praktizierender Muslime? 5. Warum glaubt der Senat, dass eine Lehrkraft, die Glaubensvorstellungen praktizierender Muslime aufgreift, größere Akzeptanz bei muslimischen Schülern und Eltern hervorruft? Gibt es wissenschaftliche Belege für diese These? 6. In wie vielen Fällen haben die islamischen Religionsgemeinschaften vor der Berufung eines Hochschullehrers bereits eine Stellungnahme abgegeben ? Bitte die Einzelfälle jeweils gesondert angeben und sowohl Stellungnahme als auch Entscheidung darstellen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13153 3 7. Welches sind die Implikationen einer „Stellungnahme“? Geht es dabei womöglich um ein Veto-Recht? 8. In wie vielen Fällen haben die islamischen Religionsgemeinschaften bereits Äußerungen zu Lehrinhalten gemacht? 9. Waren dabei Abweichungen von den islamischen Glaubensgrundlagen ausschlaggebend? Bitte jeweils die einzelnen Fälle gesondert aufführen. 10. Sind die islamischen Religionsgemeinschaften bereits in die Erarbeitung von Grundsätzen für eine Akkreditierung von Studiengängen et cetera einbezogen worden? Bitte auch hier jeweils die Einzelfälle gesondert nennen. 11. Warum sieht der Senat darin keinen Eingriff in die Freiheit von Wissenschaft und Forschung? Siehe Drs. 21/9044.