BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13165 21. Wahlperiode 01.06.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Thilo Kleibauer (CDU) vom 24.05.18 und Antwort des Senats Betr.: Warum ignoriert die Schulbehörde die Raumsituation der Stadtteilschule Walddörfer und beschließt für das neue Schuljahr die Siebenzügigkeit ? Zum neuen Schuljahr 2018/2019 sollen an der Stadtteilschule Walddörfer erstmals sieben neue fünfte Klassen eingerichtet werden. Der Schulentwicklungsplan (SEPL) geht allerdings nur von einer Sechszügigkeit der Schule aus. Offenbar hat die Schulbehörde die Einrichtung einer zusätzlichen Klasse in der diesjährigen Anmelderunde ohne Berücksichtigung der Belange der Schule getroffen. Rückmeldungen und Hinweise der Schule bezüglich der angespannten Raumsituation blieben folgenlos. So verweist jetzt der Elternrat darauf, dass die Schule erst einen Tag vor dem Versand der Briefe an die Eltern von der Entscheidung der Schulbehörde erfahren hat. Eine Folge dieser behördlichen Entscheidung ist jetzt unter anderem, dass die gemeinsame Klassenreise aller neuen fünften Klassen zu Beginn des Schuljahres im September aufgrund der größeren Schülerzahl bereits abgesagt werden musste. Der Elternrat hat sich einstimmig gegen die Entscheidung der Schulbehörde ausgesprochen, da dadurch das pädagogische Konzept der Schule – die auch eine Schwerpunktschule für Inklusion ist – gefährdet wird. Nach dem Hamburgischen Schulgesetz ist bei der Einschulung im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten der einzelnen Schulen der Elternwunsch maßgeblich , weiter heißt es dort aber: „Übersteigt die Zahl der Anmeldungen für eine Schule deren Aufnahmefähigkeit, werden Schülerinnen und Schüler in anderen Schulen aufgenommen“ (§ 42 Absatz 7 HmbSG). So wurden auch bei der Anmelderunde im letzten Jahr nicht alle Erstwünsche an der Stadtteilschule Walddörfer angenommen und stattdessen planmäßig sechs neue fünfte Klassen eingerichtet (163 Erstwünsche und 141 Aufnahmen in die fünfte Klasse nach den Angaben in Drs. 21/8830). Auch bei zahlreichen anderen weiterführenden Schulen konnten in der diesjährigen Anmelderunde „aufgrund ausgelasteter Raumkapazitäten“ (so die Pressemitteilung der Schulbehörde vom 18.04.2018) viele Erstwünsche nicht erfüllt werden. Vor diesem Hintergrund ist das Vorgehen der Schulbehörde in diesem Fall fragwürdig , zumal benachbarte Stadtteilschulen im Vergleich zum SEPL und den vorhandenen Kapazitäten unterzügig starten. Ich frage den Senat: Trotz der gestiegenen Zahl der Fünftklässler war es in den letzten Jahren stets möglich , eine hohe Anzahl an Erstwünschen zu erfüllen. So ist es mit der Organisation des Schuljahres 2018/2019 gelungen, 95 Prozent der angemeldeten Kinder an ihrer Wunschschule einzuschulen. Dies wird unter anderem dadurch ermöglicht, dass zur Drucksache 21/13165 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Abdeckung von Spitzenbedarfen in einzelnen Jahren überzählige Klassenräume genutzt werden. Viele Schulen verfügen nämlich über mehr Klassenräume, als es ihre Einstufung im Schulentwicklungsplan vermuten lässt. Der Schulentwicklungsplan gibt keineswegs die Aufnahmekapazität einer Schule an, sondern stellt eine Prognose der zu erwartenden Schülerzahlen dar. Viele Schulen verfügen über großzügigere Raumbestände und können bei entsprechenden höheren Anmeldungen auch einmal mehr Klassen aufnehmen. Das geschieht in jeder Anmelderunde und gehört zum Routineverfahren . Damit ist keine dauerhafte und durchgängige Anhebung der Zügigkeit einer Schule verbunden. Für die Stadtteilschule Walddörfer ist allein für den Jahrgang 5 die Einrichtung von sieben Klassen zum Schuljahr 2018/2019 beschlossen worden, um möglichst vielen Kindern den Start an der Wunschschule zu ermöglichen. Die Schule verfügt über genügend Klassenräume, um eine zusätzliche Klasse aufnehmen zu können. Es wurde keine grundsätzliche Entscheidung für eine dauerhafte Siebenzügigkeit an der Stadtteilschule Walddörfer getroffen. Die im Rahmen der Schulorganisation zu treffenden Einzelfallentscheidungen berücksichtigen die umfangreichen gesetzlichen Vorgaben in den §§ 87 Absatz 1, 42 Absatz 7 und 13 Absatz 2 a des Hamburgischen Schulgesetzes (HmbSG). Ziel der Organisation ist neben einer möglichst hohen Erfüllung von Elternwünschen die Versorgung der Schülerinnen und Schüler mit Schulplätzen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wer hat wann genau die Entscheidung getroffen, dass an der Stadtteilschule Walddörfer eine Aufnahmekapazität für sieben neue Klassen der Jahrgangsstufe 5 zum nächsten Schuljahr vorhanden ist? Der Prozess der Schulorganisation für die Eingangsklassen 1 und 5 findet in jedem Jahr nach Abschluss der Anmelderunden in den Monaten Februar bis April im Zusammenwirken von Schulleitungen, Schulaufsicht und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Referate für Schulorganisation sowie für Schulentwicklung und Standortplanung der zuständigen Behörde statt. Eine abschließende Entscheidung über alle Maßnahmen der Schulorganisation für den Jahrgang 5 zum Schuljahr 2018/2019 wurde auf Vorschlag der Fachebene von der Behördenleitung in der 15. KW getroffen. 2. Wann genau und in welcher Form wurden die Schule und ihre Gremien davon unterrichtet? Am 26.3.2018 wurde die Abteilungsleitung von der zuständigen Schulaufsicht über die mögliche Einrichtung einer zusätzlichen fünften Klasse informiert. Weiterhin wurde der Schule am 18.04.2018 durch den Verwaltungsservice der Schulaufsicht die Anzahl der aufzunehmenden Schüler und Schülerinnen mitgeteilt, hierbei war die Einrichtung einer zusätzlichen Klasse bereits berücksichtigt. Die Schulleitung hat die Lehrerkonferenz am 3. Mai 2018 informiert, den Elternrat am 7. Mai. 3. Lagen der zuständigen Behörde bei der Entscheidung der Einrichtung von sieben neuen Klassen der Jahrgangsstufe 5 Hinweise vor, dass das pädagogische Konzept der Schule dadurch nicht mehr vollständig umgesetzt werden kann? Wenn ja, wie hat die Behörde darauf reagiert? Die Schulaufsicht stand im Austausch mit der zuständigen Abteilungsleitung der Schule . Die von der Schule genannten Argumente gegen die Einrichtung einer zusätzlichen Klasse wurden im Zuge der Schulorganisation erörtert. In der Abwägung wurde dann zugunsten der Schülerinnen und Schüler sowie ihrer Eltern entschieden, die die Stadtteilschule Walddörfer als Erstwunsch angegeben hatten. Siehe Vorbemerkung. 4. Lagen der zuständigen Behörde bei der Entscheidung der Einrichtung von sieben neuen Klassen der Jahrgangsstufe 5 Hinweise vor, dass die Raumsituation der Schule dies gar nicht zulässt? Wenn ja, wie hat die Behörde darauf reagiert? Nein. Am Standort Vörn Barkholt, der für die Jahrgänge 5 und 6 genutzt wird, stehen inklusive eines mobilen Klassenraums 14 Klassenräume sowie sechs Fachräume zur Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13165 3 Verfügung. Zum Schuljahr 2018/2019 sind am Standort 13 Klassen untergebracht. Damit besteht am Standort auch weiterhin die räumliche Möglichkeit, eine Lernwerkstatt entsprechend des pädagogischen Konzepts der Schule zu betreiben. 5. Ab wann genau sah der Planungsstand der zuständigen Behörde in der diesjährigen Anmelderunde vor, dass an der Stadtteilschule Walddörfer abweichend von Schulentwicklungsplan und vom Vorjahr sieben neue Klassen der Jahrgangsstufe 5 eingerichtet werden? Siehe Antworten zu 1. und 2. 6. Inwiefern hat die zuständige Behörde bei der Entscheidung der Einrichtung einer weiteren Klasse geprüft und sichergestellt, dass das pädagogische Konzept der Stadtteilschule Walddörfer, das der Anmeldeentscheidung der Eltern zugrunde lag, auch mit einer über den Schulentwicklungsplan hinausgehenden Siebenzügigkeit umgesetzt werden kann? Siehe Antworten zu 3., 4. sowie Vorbemerkung. 7. Wann und mit welchem Ergebnis wurde durch wen geprüft, ob statt der Einrichtung einer zusätzlichen Klasse an der Stadtteilschule Walddörfer gegebenenfalls vorhandene Aufnahmekapazitäten an benachbarten Stadtteilschulen genutzt werden können? Siehe Antwort zu 1. 8. Wie bewertet die zuständige Behörde derzeit die Raumkapazität an der Stadtteilschule Walddörfer im Einzelnen? Nach Abschluss eines Neubaus am Standort Ahrensburger Weg 30 mit sechs Klassenräumen , Differenzierungsflächen und einem Ganztagsbereich verfügt die Schule insgesamt über 71 allgemeine Unterrichts- und Fachräume sowie zusätzliche Differenzierungsräume . Damit sind gute Voraussetzungen für ein anspruchsvolles pädagogisches Bildungsangebot an der Stadtteilschule gegeben, das von den Eltern und Kindern in der Region geschätzt wird. 9. Ist es zutreffend, dass für eine über die Sechszügigkeit hinausgehende Klasse gar kein Klassenraum vorhanden ist und stattdessen ein Werkraum umgenutzt werden soll, der damit allen anderen Schülern nicht mehr zur Verfügung steht? Nein, siehe Antwort 4. 10. Sind an der Stadtteilschule ausreichend Differenzierungs- und Gruppenräume sowie Rückzugsräume für den Inklusionsbedarf vorhanden? 11. Bis wann soll der mit Drs. 21/11428 festgelegte Raumbedarf von 8 Quadratmetern pro Schulkind mit einer Behinderung für Inklusionsmaßnahmen an der Stadtteilschule Walddörfer umgesetzt werden? 12. Welche Pläne für zusätzliche Räumlichkeiten gibt es derzeit konkret über den fast fertiggestellten Zubau mit Mensa, Cafeteria und Klassenräumen hinaus für die Stadtteilschule Walddörfer? Die Schule verfügt über ausreichende Differenzierungs- und Gemeinschaftsflächen, siehe auch Antwort zu 8. Die Planungen zur Umsetzung des umfangreichen Maßnahmenpakets zur „Guten Inklusion“ sind noch nicht abgeschlossen. 13. Ein Bestandteil des pädagogischen Konzeptes der Schule ist eine gemeinsame Klassenreise aller neuen fünften Klasse wenige Wochen nach Schuljahresbeginn. Kann diese Klassenreise auch mit der Einrichtung einer zusätzlichen Klasse durchgeführt werden? Wenn nein, warum nicht und seit wann ist dies der zuständigen Behörde bekannt? Grundsätzlich ist es problematisch und bisher noch nicht vorgekommen, dass eine Schule bereits vor der Anmelderunde und ohne Kenntnis der künftigen Schülerzahlen Drucksache 21/13165 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 eine Klassenreise mit limitierter Platzzahl bucht und anschließend bei der Schulbehörde eine Schülerzuweisung entsprechend der gebuchten Klassenreise verlangt. Wenn sich jede Hamburger Schule so verhalten würde, wäre das Elternwahlrecht abgeschafft. Die Klassenreise kann auch mit sieben Klassen im Jahrgang durchgeführt werden, allerdings nicht am ursprünglich geplanten Ort. Die für Bildung zuständige Behörde hat der Schule deshalb am 14.05.2018 folgende alternative Angebote von Jugendherbergen unterbreitet: Für den ursprünglich anberaumten Reisetermin vom 17.09.2018 bis 21.09.2018 stand zum Zeitpunkt dieser Parlamentarischen Anfrage, inmitten des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst gelegen, die Jugendherberge Ibenhorst zur Verfügung. Die Jugendherberge Prora auf Rügen bietet Plätze in ausreichender Zahl ab dem 12.10., dem 15.10. und dem 22.10.2018. Ab dem 15.10.2018 bestünde die Möglichkeit , die Jugendherberge Borgwedel in der Nähe von Schleswig zu besuchen. Ab dem 22.10.2018 wäre diese ebenfalls frei, sowie die Jugendherberge am Burgtor in Lübeck. Kapazitäten ab dem 29.10.2018 haben die Jugendherbergen in Bad Malente, Borgwedel, Cuxhaven, Fehmarn, Kiel, Lübeck „Burgtor“, Plön, Schönberg und Wingst. 14. Wann und in welcher Form wird die zuständige Behörde die jetzt aufgetretenen Fragen der Weiterentwicklung und der Raumsituation der Stadtteilschule Walddörfer mit der Schule und ihren Gremien erörtern? Die Schulleitung als Teil der für Bildung zuständigen Behörde wird die pädagogische Umsetzung der Organisationsentscheidung an der Stadtteilschule Walddörfer wie an anderen Schulen auch verantwortlich steuern.