BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13167 21. Wahlperiode 01.06.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Rath (CDU) vom 24.05.18 und Antwort des Senats Betr.: Zu wenig Geld für eine deutliche Verbesserung der Teilhabe behinderter Menschen? Fünf barrierefreie Türen zu kundenrelevanten Büros sowie die Übernahme der Kosten für Gebärdendolmetscher und Schriftdolmetscher bei Beiratstagungen , Bezirksversammlungen und Ausschüssen – für mehr Engagement im Bereich der Teilhabe von Menschen mit Behinderung hat beispielsweise der Bezirk Wandsbek laut Betroffenen keine weiteren Mittel zur Verfügung. Und bei der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) findet sich folgender Satz im Halbjahresbericht 2017: „In der Produktgruppe 253.04 Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen zeichnet sich hinsichtlich der Auskömmlichkeit der verfügbaren Mittel ein Risiko ab. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.“ Gleichzeitig findet sich im Hamburgischen Gesetz zur Ausführung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (Drs. 21/11558) der Hinweis: „Das Ausführungsgesetz führt zu keinem Anstieg der Haushaltsausgaben .“ Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Maßnahmen des barrierefreien Bauens und etwa der Einsatz von Gebärden- und Schriftdolmetschern im Verwaltungshandeln werden nicht in der Produktgruppe 253.04 Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen veranschlagt, sondern in allen Behörden durch Eigenmittel erbracht. Die Produktgruppe 253.04 beinhaltet im Wesentlichen die Ausgaben für die Leistungen der Eingliederungshilfe und die Kosten des Personals der ministeriellen Steuerung, des Integrationsamtes und der Senatskoordinatorin für behinderte Menschen. Der Abschluss des Haushaltsjahres 2017 ist noch nicht erfolgt, deshalb liegen noch keine endgültigen Zahlen vor. Die vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wieso gab es zum Halbjahr 2017 ein Risiko bezüglich der Auskömmlichkeit der Produktgruppe 253.04 Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen? 2. War die Produktgruppe 253.04 im Jahr 2017 dann doch noch auskömmlich ? Wenn nein, in welcher Höhe mit welchem Hintergrund sind Mehrbedarfe entstanden und aus welcher Quelle wurden sie finanziert? Wegen der zum Zeitpunkt der Haushaltsveranschlagung noch nicht vorhersehbaren finanziellen Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes waren für den Fall eines nicht in der Einzelplanveranschlagung berücksichtigten Kostenanstiegs zentrale Mittel im Einzelplan 9.2 im Ansatz für Haushaltsrisiken und Budgetaufstockungen eingeplant (siehe Drs. 21/8740). Drucksache 21/13167 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Zum Halbjahresbericht 2017 zeichnete sich ein Risiko ab, dass die vorhandenen Ermächtigungen nicht ausreichen und die zusätzlichen Mittel voraussichtlich in Anspruch genommen werden müssten. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Zeichnet sich auch für das Jahr 2018 in der PG 235.04 ein Engpass ab? Wenn ja, aus welchen Gründen? Aufgrund des frühen Zeitpunkts ist für das Jahr 2018 eine valide Prognose noch nicht möglich. Nach dem aktuellen Bewirtschaftungsstand könnte sich für das Jahr 2018 ein nahezu ausgeglichenes Ergebnis ergeben. 4. Für welche verschiedenen Maßnahmen wurden die Mittel der PG 235.04 jeweils im Jahr 2017 verwendet? Siehe Vorbemerkung. 5. In welcher Höhe haben die Bezirke im Jahr 2017 jeweils Mittel für die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen erhalten? Wofür wurden diese jeweils verwendet? 6. In welcher Höhe erhalten die Bezirke im Jahr 2018 jeweils Mittel für die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen? Wofür sollen diese jeweils verwendet werden? Die Bezirksämter erhalten keine eigenen Ermächtigungen für Leistungen der Eingliederungshilfe . Die Kosten der bewilligten Leistungen fallen direkt zulasten der Produktgruppe 253.04 an. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 7. In welcher Höhe insgesamt und für welche verschiedenen Maßnahmen jeweils für die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen erhielt Hamburg im Jahr 2017 Bundesmittel und welche Höhe wird für das Jahr 2018 erwartet? Hamburg erhält keine Bundesmittel zur Erstattung von Leistungen für die Rehabilitation und Teilhabe. Hamburg erwartet ab 2018 Bundesmittel ausschließlich für die BTHG-Modellprojekte und den Aufbau der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung : Jahr Maßnahme Höhe der erwarteten Bundesmittel 2018 Aufbau und Förderung der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung 840.000 Euro 2018 Modellprojekt zur Umsetzung des Rangverhältnisses von Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen der Pflege 122.945,21 Euro 2018 Modellprojekt zur Abgrenzung der neuen Leistungen der Eingliederungshilfe nach Artikel 1 Teil 2 von den Leistungen nach dem 4. Kapitel SGB XII (existenzsichernde Leistungen) 105.374,94 Euro 8. Erhält Hamburg für die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen auch EU-Mittel? Wenn ja, in jeweils welcher Höhe für die Jahre 2017 und 2018 für jeweils welche Maßnahmen? Hamburg erhält keine EU-Mittel zur Finanzierung von Leistungen für die Rehabilitation und Teilhabe, sondern ausschließlich zur Förderung von ESF-Projekten. Im Operationellen Programm der Freien und Hansestadt Hamburg für die Umsetzung des Europäischen Sozialfonds in der Förderperiode 2014-2020 (ESF-OP) wurde auch die Investitionspriorität (IP) B 3 „Bekämpfung aller Formen der Diskriminierung und Förderung der Chancengleichheit“ ausgewählt. Mit dieser IP verfolgt der Senat das spezifische Ziel die Situation von Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13167 3 zu verbessern. Seit 01.01.2014 wurden beziehungsweise werden in der IP B 3 die folgenden ESF-Projekte gefördert: Aktionsbündnis Inklusive Arbeit (01.01.2014 – 31.12.2016), http://www.esfhamburg .de/projekte-neu/4635546/aktionsbuendnis-inklusive-arbeit/ Kompetenzzentrum Disability Studies an Hochschulen und in der beruflichen Weiterbildung (01.04.2014 – 31.03.2017); http://www.esf-hamburg.de/projekte-neu/ 4635750/disability-studies/ Aktionsbündnis Inklusive Arbeit Hamburg (01.01.2017 – 31.12.2020), http://www.esf-hamburg.de/projekte-neu/8557030/aktionsbuendnis-inklusive-arbeit- 2017/ Darüber hinaus werden in der Investitionspriorität „Zugang zu hochwertiger Früherziehung sowie Grund- und Sekundarbildung“ zwei Projekte gefördert, die darauf abzielen , jungen Menschen mit Behinderungen die gleichberechtigte Teilhabe an den dualen Bildungsangeboten im Übergang von der Schule in den Beruf zu ermöglichen: Dual & inklusiv: Berufliche Bildung in Hamburg (01.01.2014 – 31.07.2019), http://www.esf-hamburg.de/projekte-neu/4635594/dual-inklusiv/ Ausbildungsvorbereitung für Migranten – AvM dual & inklusiv (01.02.2017 – 31.07.2020); http://www.esf-hamburg.de/projekte-neu/8558868/ ausbildungsvorbereiten-fuer-migranten/ Für diese ESF-Projekte stehen in den Jahren 2017 und 2018 die folgenden Mittel zur Verfügung: Projekt Jahr Zuwendungssumme davon ESF Aktionsbündnis Inklusive Arbeit Hamburg 2017 157.100 73.700 2018 161.400 76.500 Kompetenzzentrum Disability Studies an Hochschulen und in der beruflichen Weiterbildung * 2017 92.024 51.136 2018 0 0 Dual und inklusiv – Berufliche Bildung in Hamburg** 2017 1.200.000 1.200.000 2018 91.423 91.423 Ausbildungsvorbereitung für Migranten: dual & inklusiv*** 2017 124.500 71.470 2018 634.900 425.900 * Das Projekt wurde wie geplant nach dreijähriger Laufzeit zum 31.03.2017 beendet. ** Ab 2018 ist für die Unterstützung der Überleitung dieses Ansatzes in das Regelsystem nur noch für wenige ausgewählte Aspekte des Projektes Finanzierungsbedarf aus dem ESF gegeben. *** Projekt ist zum 01.02.2017 mit einer sechsmonatigen Konzeptionsphase gestartet. Mit dem Beginn der operativen Arbeit, also der Erprobung inklusiver Angebote und dem Coaching der Schulen steigt der Mittelbedarf in der Folge an. 9. Aus welchen weiteren Quellen, wie beispielsweise der Ausgleichsabgabe , flossen im Jahr 2017 weitere Mittel für die Teilhabe behinderter Menschen in jeweils welcher Höhe? Bitte zusätzlich die verschiedenen, auf diese Weise finanzierten Maßnahmen mit den jeweiligen Beträgen aufzeigen . In 2017 wurden folgende Maßnahmen für die Teilhabe behinderter Menschen aus Mitteln der Ausgleichsabgabe durch das Integrationsamt finanziert: Arbeitsmarktprogramme zur Förderung der Einstellung schwerbehinderter Menschen 96.625,31 € Leistungen an schwerbehinderte Menschen zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben (einschließlich Arbeitsassistenz) 4.287.931,50 € Leistungen an Arbeitgeber ohne Integrationsprojekte 2.429.625,39 € Leistungen an Integrationsprojekte 952.477,27 € Integrationsfachdienste 1.091.150,00 € Leistungen für Einrichtungen 50.000,00 € Drucksache 21/13167 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Arbeitsmarktprogramme zur Förderung der Einstellung schwerbehinderter Menschen 96.625,31 € Schulung und Öffentlichkeitsarbeit 576.723,40 € Modell- und Forschungsvorhaben 489.588,54 € Sonstige Leistungen 407.385,34 € Ausgaben insgesamt 10.381.506,75 € 10. Wieso spricht Drs. 21/11558 von einer Verbesserung bei der Teilhabe behinderter Menschen, ohne jedoch zusätzliche Mittel zu benötigen? In Umsetzung des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen vom 23. Dezember 2016 (Bundesteilhabegesetz, Bundesgesetzblatt Jahrgang 2016 Teil I Nummer 66, S. 3234, vom 29. Dezember 2016) soll mit Drs. 21/11558 insbesondere der Träger der Eingliederungshilfe für Hamburg bestimmt werden. Außerdem soll der Senat ermächtigt werden, die maßgeblichen Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen zu bestimmen, die zukünftig nach § 131 Absatz 2 SGB IX bei der Erarbeitung und Beschlussfassung der Rahmenverträge zur Erbringung von Leistungen mitwirken. Damit wird die Position der leistungsberechtigten Menschen mit Behinderungen im Vertragsrecht gestärkt. Zusätzliche Mittel sind für die in Drs. 21/11558 dargestellten Regelungen nicht erforderlich.