BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13180 21. Wahlperiode 01.06.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 24.05.18 und Antwort des Senats Betr.: Polizeiliche Entfernung von Transparenten zum Tod von Oury Jalloh In den vergangenen Wochen haben sich die Meldungen darüber gehäuft, dass Transparente, die den Tod von Oury Jalloh 2005 in einer Arrestzelle der Polizei Dessau thematisieren, von der Polizei abgehängt wurden. Mit dem Spruch auf dem Transparent wurden Berichte aufgegriffen, wonach der langjährige Ermittler der Dessauer Staatsanwaltschaft konkrete Anhaltspunkte dafür hat, das Oury Jalloh in der Zelle getötet wurde, und wonach er auch konkrete Personen aus den Reihen der Dessauer Polizei verdächtigt. Zudem hatte bereits 2006 das Oberverwaltungsgericht Magdeburg die Parole „Oury Jalloh – das war Mord“ – die dem Spruch auf dem Transparent sehr ähnlich ist – für von der Meinungsfreiheit nach Artikel 5 GG gedeckt angesehen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Transparente zum Thema Oury Jalloh hat die Polizei Hamburg seit dem 01.01.2018 an welchen Orten jeweils entfernt? Die erfragten Sachverhalte werden nicht gesondert statistisch erfasst. Die erforderliche Auswertung aller Hand- und Ermittlungsakten für den erfragten Zeitraum ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Ungeachtet vollständiger Auswertungen ist jedoch bekannt, dass im erfragten Zeitraum die in der nachfolgenden Tabelle aufgeführten Transparente entfernt wurden. Datum Ort Anzahl Transparente 07.01.2018 Harburger Chaussee / Georg-Wilhelm-Straße 2 26.01.2018 Ölmühle 2 2 11.02.2018 Bernhard-Nocht-Straße 26 1 10.05.2018 Balduintreppe 1 11.05.2018 St. Pauli-Hafenstraße 110 1 11.05.2018 Chemnitzstraße 3 1 GESAMT 8 2. Ausweislich der Antwort auf meine Antrage vom 28.11.2017 (Drs. 21/11061) wird als Rechtsgrundlage für die Entfernung der Transparente der § 94 StPO sowie der § 14 des HambSOG herangezogen. Wird die Entfernung der Transparente seit dem 01.01.2018 auch jeweils auf diese Rechtsgrundlage gestützt? Bitte jeweils benennen. Wenn nein, auf welcher Rechtsgrundlage erfolgt die Entfernung der Transparente? Ja. Drucksache 21/13180 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 3. Inwieweit stellt das Transparent aus Sicht des Senates beziehungsweise der zuständigen Behörde eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung dar? 4. Gegen welchen Straftatbestand wurde durch das Erstellen beziehungsweise das Aufhängen der Transparente nach Auffassung des Senats verstoßen? 5. Sofern durch das öffentliche Zeigen des Transparents nach Auffassung des Senats der Verdacht einer Straftat nach § 186 StGB besteht: Bei dem § 186 StGB handelt es sich nach § 194 StGB um ein absolutes Antragsdelikt. Die (vermeintliche) Straftat wird also nur auf Antrag des Verletzten verfolgt. Existiert ein entsprechender Strafantrag? Wenn ja, von wem und von wann? Wenn nein, warum werden die Transparente von der Polizei trotzdem abgehängt? Siehe Drs. 21/11061. Die in der Antwort zu 1. genannten Transparente wurden wegen des Verdachts einer Straftat gemäß § 94 Strafprozessordnung als Beweismittel sichergestellt beziehungsweise beschlagnahmt. 6. Am 11.05.2018 wurden in der Hafenstraße mehrere Oury-Jalloh-Plakate entfernt. Bei diesem Einsatz twitterte die Polizei Hamburg: „Nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft besteht bei dieser Behauptung der Verdacht einer Straftat“ und verweist auf einen Tweet vom 23.11.2017. Eine Journalistin twittere wenig später, dass eine Nachfrage bei der Pressestelle der Staatsanwaltschaft ergeben habe, dass die Staatsanwaltschaft nicht involviert gewesen sei. War die Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Abhängens des Transparentes am 11.05.2018 involviert? Wenn ja, inwieweit? Wenn nein, warum behauptet die Polizei Hamburg etwas Gegenteiliges? 7. Inwieweit war in den anderen Fällen die Staatsanwaltschaft involviert? Die erfragten Sachverhalte sind ungeachtet jedes Einzelfalles Gegenstand regelmäßiger Konsultationen zwischen Landeskriminalamt (LKA) und Staatsanwaltschaft (StA). Mit dem zitierten Tweet wurde eine Bürgeranfrage beantwortet, dies unter Bezug auf den genannten anlassunabhängigen regelmäßigen Austausch. Das Thema wurde zwischen den beteiligten Stellen zuletzt Mitte Mai erörtert. 8. Durch welche Stelle wurde die Entfernung der Transparente jeweils veranlasst ? In den in der Antwort zu 1. aufgeführten Fällen wurde die Sicherstellung durch den jeweiligen Einsatzführer angeordnet. 9. Ausweislich der Bilder in sozialen Medien kam bei dem Abhängen des Transparents am 11.05.2018 unter anderem die Feuerwehr zum Einsatz. Welche technischen Hilfsmittel wurden bei der Entfernung der Transparente insgesamt eingesetzt? Die Feuerwehr Hamburg hat vor Ort auf Anordnung der Polizei eine Drehleiter eingesetzt ; darüber hinaus liegen keine Informationen zum Einsatz weiterer technischer Hilfsmittel vor. Im Übrigen berührt die Fragestellung die polizeiliche Einsatztaktik, zu der in regelmäßiger Praxis keine Angaben gemacht werden. 10. Wurden im Rahmen der polizeilichen Maßnahmen gegen die Oury- Jalloh-Transparente private Wohnungen durch die Polizei betreten? Wenn ja, wie oft, warum und auf welcher Rechtsgrundlage? Nein. 11. Wurden im Zusammenhang mit dem Aufhängen und dem polizeilichen Abhängen der Transparente Strafverfahren eingeleitet? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13180 3 Falls ja, gegen wen und wie viele? Die Polizei Hamburg hat für das Jahr 2018 (Stand 25. Mai 2018) insgesamt 41 Strafverfahren unter dem Rubrum „Schriftzüge/Transparente Oury Jalloh“ registriert. Die weiteren erfragten Sachverhalte sind in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu ermitteln. Nach kursorischer Betrachtung handelt es sich bei der Mehrzahl der vorliegenden Verfahren um sogenannte Unbekanntsachen. In sämtlichen Fällen wurden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Auch im Vorgangsverwaltungs- und Vorgangsbearbeitungssystem MESTA der StA wird nicht erfasst, ob ein Ermittlungsverfahren Transparente zum Gegenstand hat, die im Zusammenhang mit dem Tod von Oury Jalloh stehen. Die erforderliche Einzelauswertung von Akten ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 12. Ausweislich meiner Anfrage vom 28.11.2017 (Drs. 21/11061) wurde im Zusammenhang mit einem Transparent mit demselben Wortlaut an der Roten Flora ein Strafverfahren gegen Unbekannt eingeleitet. Wie ist der Stand des Verfahrens? Das erfragte Verfahren wurde Ende Mai 2018 als Teil eines Sammelverfahrens an die StA abgegeben und befindet sich noch auf dem Postweg.