BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13204 21. Wahlperiode 05.06.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 28.05.18 und Antwort des Senats Betr.: Staatsvertrag mit den Muslimen – Artikel 9 Gewährleistung der Vermögensrechte ; Errichtung von Moscheen, Versammlungsräumen, Bildungseinrichtungen und sonstigen Gemeindeeinrichtungen (II) Im November 2012 hat der Senat einen Staatsvertrag mit den islamischen Religionsgemeinschaften Hamburgs geschlossen. Nach mehr als fünf Jahren kann man feststellen, dass sich die von Politik und Zivilgesellschaft an den Vertrag gestellten Erwartungen nicht erfüllt haben. Unter dem Deckmantel „von gegenseitigem Respekt“ und „gesellschaftlicher Teilhabe“ ist es den in Hamburg ansässigen Islamverbänden gelungen, trotz ihres ethnischnationalen Charakters1 sowie ihrer fundamentalistischen Orientierung zu Partnern des Senats zu werden. Zuvor hatten Politik, Kirchen und Gesellschaft die auf Akzeptanz, nicht aber auf Integration ausgerichtete Strategie der Islamverbände nicht durchschaut, sondern deren Bekenntnissen zu Toleranz und Liberalismus geglaubt. An dieser Situation hat sich bis heute nichts geändert, obwohl die fundamentalistische Gesinnung der Islamverbände mittlerweile durch eine Vielzahl islamistischer Schmähungen Andersgläubiger (durch DITIB, SCHURA), der politischen Agitation im Dienste ausländischer Regierungen (DITIB) sowie antisemitischer Hetze (DITIB, SCHURA) längst offenkundig geworden ist und zudem auch in anderen Bundesländern offen zutage tritt. Anstatt liberalislamische Kräfte dabei zu unterstützen, das reaktionäre Establishment zu einer Annäherung an die Zivilgesellschaft zu drängen, hat der Senat im Staatsvertrag konservative Organisationen legitimiert, einzelne Teilbereiche der Gesellschaft im eigenen Sinne zu islamisieren. Dieser Geist hat sich auch in den Artikeln des Staatsvertrags manifestiert. Ferner hat der Senat die Verantwortung für die Integration in die Hände von Akteuren gelegt, deren vordringliches Ziel darin besteht, die eigenen Mitglieder dauerhaft in einem auf Abgrenzung gegenüber der Mehrheitsgesellschaft basierenden islamischen Bewusstsein zu halten, wobei diese mittels finanzieller Zuwendungen auch noch unterstützt werden. In diesem Sinne ist der Staatsvertrag kein Garant, sondern vielmehr ein Hindernis für die Integration der muslimischen Bevölkerungsteile der Hansestadt Hamburg, weshalb seine Artikel kritisch zu hinterfragen sind. In Artikel 9 des Staatsvertrages heißt es: (1) Die Freie und Hansestadt Hamburg gewährleistet den islamischen Religionsgemeinschaften das Eigentum und andere Rechte an ihrem Vermögen gemäß Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 138 Absatz 2 der Weimarer Reichsverfassung. 1 Dies gilt für DITIB sowie jeden einzelnen Moscheeverein, der Mitglied einer der drei im Staatsvertrag genannten muslimischen Glaubensgemeinschaften ist. Drucksache 21/13204 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 (2) Die Freie und Hansestadt Hamburg gewährleistet islamischen Religionsgemeinschaften das Recht, im Rahmen der geltenden Gesetze Moscheen, Gebets- und Versammlungsräume sowie Bildungseinrichtungen und sonstige Gemeindeeinrichtungen zu errichten und ihrer Bestimmung entsprechend zu betreiben. Dies schließt die Gewährleistung des Rechts ein, Moscheegebäude der islamischen religiösen Tradition entsprechend, insbesondere mit Kuppeln und Minaretten, auszustatten . (3) Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass Errichtung und Betrieb von Moscheen, Gebets- und Versammlungsräumen sowie Bildungseinrichtungen und sonstigen Gemeindeeinrichtungen der islamischen Religionsgemeinschaften zur Förderung eines gedeihlichen Miteinanders der muslimischen und der nicht muslimischen Bevölkerung von akzeptanzfördernden Maßnahmen begleitet werden sollen. Deshalb 1. werden die Vertragsparteien Bedacht darauf nehmen, dass sich Moscheegebäude unbeschadet des Rechts der islamischen Religionsgemeinschaften , sie der islamischen religiösen Tradition entsprechend auszustatten, in ihre jeweilige Umgebung einfügen, 2. wird sich die Freie und Hansestadt Hamburg im Rahmen des geltenden Rechts und unter Beachtung der staatlichen Pflicht zu weltanschaulich -religiöser Neutralität in der Bevölkerung für die Akzeptanz des Errichtens und Betreibens von Moscheen, Gebets- und Versammlungsräumen sowie Bildungseinrichtungen und sonstigen Gemeindeeinrichtungen einsetzen, 3. werden die islamischen Religionsgemeinschaften bei Errichtung und Betrieb von Moscheen, Gebets- und Versammlungsräumen sowie Bildungseinrichtungen und sonstigen Gemeindeeinrichtungen die Ziele von Transparenz und Öffnung verfolgen. (4) Die Freie und Hansestadt Hamburg wird den Bedarf der islamischen Religionsgemeinschaften an Grundstücken beziehungsweise grundstücksgleichen Rechten, insbesondere bei Erschließung neuer Stadtteile und Aufsiedlung neuer Gebiete, nach Maßgabe des geltenden Rechts berücksichtigen. Macht die Freie und Hansestadt Hamburg einen dringenden öffentlichen Bedarf an Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten der islamischen Religionsgemeinschaften, ihrer Einrichtungen oder Gemeinden geltend, werden die islamischen Religionsgemeinschaften darauf hinwirken, dass die Freie und Hansestadt Hamburg Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte, soweit sie nicht für religiöse Zwecke benötigt werden, zu angemessenen Bedingungen erwerben kann. (5) Im Rahmen der allgemeinen Gesetze wird die Freie und Hansestadt Hamburg bei der Anwendung enteignungsrechtlicher Vorschriften auf die Belange der islamischen Religionsgemeinschaften Rücksicht nehmen und im Falle eines Eingriffs bei der Beschaffung gleichwertiger Ersatzgrundstücke Hilfe leisten. Bei der Stellung von Ersatzgrundstücken gelten die für die Enteignung maßgeblichen Grundsätze. Protokollerklärung zu Artikel 9 Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass die Regelungen dieses Artikels die Rechte der islamischen Religionsgemeinschaften an ihrem Eigentum und sonstigem Vermögen nicht beschränken. Dies gilt insbesondere für das Recht, Immobilien, welche sie in Eigentum oder gemietet haben, im Rahmen der geltenden Gesetze für religiöse, soziale, Bildungs-, kulturelle, sportliche und gewerbliche Zwecke zu nutzen oder zu vermieten. Die Vertragsparteien stimmen ebenfalls darin überein, dass die Gewährleistungen des Absatzes 4, wonach die Freie und Hansestadt Hamburg den Bedarf der islamischen Religionsgemeinschaften an Grundstücken beziehungsweise Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13204 3 grundstücksgleichen Rechten berücksichtigen wird, nicht die Rechte der islamischen Religionsgemeinschaften auf gewerbliche Einrichtungen und Betätigungen einschließen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat teilt die Wahrnehmungen und Bewertungen des Fragestellers nicht. Die Verträge schaffen eine Grundlage für die weitere Zusammenarbeit. Dadurch werden vorhandene Probleme nicht negiert, sondern es werden Möglichkeiten für Dialoge geschaffen, die ohne die Verträge nicht bestünden, siehe Drs. 21/9040. Dies schließt auch substanzielle Kritik nicht aus, siehe Drs. 21/8100. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele der folgenden in Artikel 9 Absatz zwei genannten Einrichtungen haben die islamischen Religionsgemeinschaften bis Mai 2018 errichtet? Bitte bei der Beantwortung auch die Daten der Inbetriebnahme angeben. a) Moscheen b) Gebets- und Versammlungsräume c) Bildungseinrichtungen d) Sonstige Gemeindeeinrichtungen 2. Haben die islamischen Religionsgemeinschaften hierfür staatliche Zuschüsse erhalten? Falls ja, wie viel Geld ist dabei gezahlt worden und woher stammt dieses ? 3. Wie viele der oben genannten Einrichtungen werden gegenwärtig von den islamischen Religionsgemeinschaften betrieben? Bitte die einzelnen Standorte jeweils gesondert angeben. 4. Der Senat hat in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es so etwas wie „den Islam“ nicht gebe; daher ist nicht klar, was er unter „der islamischen Tradition“ verstanden wissen will. Was beziehungsweise welche Tradition ist mit diesem Begriff gemeint? 5. Wie viele Moscheen in Hamburg verfügen im Mai 2018 über Minarette und wie hoch sind diese? Bitte jeweils in Bezug auf die einzelnen Standorte antworten. 6. Wie viele Moscheen haben nach dem Abschluss des Staatsvertrages Minarette erhalten? Haben sie dabei staatliche Subventionen erhalten? Falls ja, wie hoch fielen diese aus? 7. In der Soziologie wird Akzeptanz definiert als die „Eigenschaft einer Innovation, bei ihrer Einführung positive Reaktionen der davon Betroffenen zu erreichen.“2 Warum hält der Senat es für nötig, den Bau von Moscheen mit „akzeptanzfördernden Maßnahmen“ zu begleiten? Soll dadurch eine positive Reaktion der nicht muslimischen Bevölkerung bewirkt werden? Bitte vor dem Hintergrund der zurückliegenden Verfehlungen durch DITIB und SCHURA beantworten. Siehe Drs. 21/4035, 21/9040 und 21/9104. 8. Was versteht der Senat in Hinblick auf das Recht, Moscheen und Kuppeln zu errichten, unter „sich in ihre jeweilige Umgebung einfügen“? Siehe Drs. 21/9104. 2 Confer Endruweit, G., Trommsdorff, G.: Wörterbuch der Soziologie. Konstanz: UVK-Verl. 2014. Drucksache 21/13204 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 9. Wird sich die Al-Nour-Moschee beziehungsweise ehemalige Kapernaum Kirche in ihre Umgebung einfügen? Die Al-Nour-Moschee fügt sich städtebaulich in die Umgebung ein, da es sich um die Nutzung eines bereits vorhandenen Kirchengebäudes handelt. Der Umbau der ehemaligen Kapernaumkirche zu einer Moschee wird weitgehend im Inneren der ehemaligen Kirche stattfinden, nur der Eingangsbereich wird äußerlich verändert. 10. Wie will sich der Senat konkret für die Akzeptanz des Errichtens und Betreibens von Moscheen, Gebets- und Versammlungsräumen sowie Bildungseinrichtungen und sonstigen Gemeindeeinrichtungen einsetzen ? 11. Welche Maßnahmen hat der Senat diesbezüglich bis heute auf den Weg gebracht? 12. Wie passt das erklärte Ziel, die Akzeptanz für den Islam in der Bevölkerung gezielt zu fördern, zu der grundgesetzlich festgeschriebenen Neutralitätspflicht des Staates gegenüber Weltanschauungen und Religionen ? Bitte ausführlich antworten und nicht auf indifferente „Vorbemerkungen “ beziehungsweise andere Drucksachen verweisen. Siehe Drs. 21/9104, 21/10281, Drs. 21/12446 und Drs. 21/13054. 13. Inwieweit bemüht sich der Senat gegenwärtig darum, die Akzeptanz für die folgenden Religionsgemeinschaften in der Bevölkerung zu fördern: a) Russisch-orthodoxe Kirche; b) Griechisch-orthodoxe Kirche; c) Rumänisch-orthodoxe Kirche; d) Serbisch-orthodoxe Kriche; e) Syrisch-orthodoxe Kirche; f) Koptische Kirche; g) Äthiopisch-orthodoxe Tewahedo-Kirche; h) Armenische Apostolische Kriche; i) Judentum; j) Buddhismus; k) Hinduismus? 14. Was bedeuten die „Ziele von Transparenz und Öffnung“ heute konkret? a) Ist deren Einhaltung mit Verpflichtungen verbunden? Falls ja, mit welchen? b) Welche Konsequenzen hat die Nichtumsetzung dieser Ziele? 15. Welche Grundstücke haben die islamischen Religionsgemeinschaften im Zeitraum von November 2012 bis Mai 2018 von der Freien und Hansestadt Hamburg erworben? 16. Zu welchem Zwecke ist dieser Grundstückserwerb im Einzelnen erfolgt? 17. Was versteht der Senat unter „angemessenen Bedingungen“? Was für Bedingungen wären im Analogieschluss „unangemessen“? Siehe Drs. 21/9104.