BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13205 21. Wahlperiode 05.06.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 28.05.17 und Antwort des Senats Betr.: Staatsvertrag mit den Muslimen – Artikel 8 Rundfunkwesen (II) Im November 2012 hat der Senat einen Staatsvertrag mit den islamischen Religionsgemeinschaften Hamburgs geschlossen. Nach mehr als fünf Jahren kann man feststellen, dass sich die von Politik und Zivilgesellschaft an den Vertrag gestellten Erwartungen nicht erfüllt haben. Unter dem Deckmantel „von gegenseitigem Respekt“ und „gesellschaftlicher Teilhabe“ ist es den in Hamburg ansässigen Islamverbänden gelungen, trotz ihres ethnischnationalen Charakters1 sowie ihrer fundamentalistischen Orientierung zu Partnern des Senats zu werden. Zuvor hatten Politik, Kirchen und Gesellschaft die auf Akzeptanz, nicht aber auf Integration ausgerichtete Strategie der Islamverbände nicht durchschaut, sondern deren Bekenntnissen zu Toleranz und Liberalismus geglaubt. An dieser Situation hat sich bis heute nichts geändert, obwohl die fundamentalistische Gesinnung der Islamverbände mittlerweile durch eine Vielzahl islamistischer Schmähungen Andersgläubiger (durch DITIB, SCHURA), der politischen Agitation im Dienste ausländischer Regierungen (DITIB) sowie antisemitischer Hetze (DITIB, SCHURA) längst offenkundig geworden ist und zudem auch in anderen Bundesländern offen zutage tritt. Anstatt liberalislamische Kräfte dabei zu unterstützen, das reaktionäre Establishment zu einer Annäherung an die Zivilgesellschaft zu drängen, hat der Senat im Staatsvertrag konservative Organisationen legitimiert, einzelne Teilbereiche der Gesellschaft im eigenen Sinne zu islamisieren. Dieser Geist hat sich auch in den Artikeln des Staatsvertrags manifestiert. Ferner hat der Senat die Verantwortung für die Integration in die Hände von Akteuren gelegt, deren vordringliches Ziel darin besteht, die eigenen Mitglieder dauerhaft in einem auf Abgrenzung gegenüber der Mehrheitsgesellschaft basierenden islamischen Bewusstsein zu halten, wobei diese mittels finanzieller Zuwendungen auch noch unterstützt werden. In diesem Sinne ist der Staatsvertrag kein Garant, sondern vielmehr ein Hindernis für die Integration der muslimischen Bevölkerungsteile der Hansestadt Hamburg, weshalb seine Artikel kritisch zu hinterfragen sind. In Artikel 8 des Staatsvertrages heißt es: (1) Die Freie und Hansestadt Hamburg wird sich bei künftigen Verhandlungen über Änderungen der rundfunk- und medienrechtlichen Staatsverträge dafür einsetzen, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die privaten Rundfunkveranstalter den islamischen Religionsgemeinschaften angemessene Sendezeiten zum Zwecke der Verkündungen und Seelsorge sowie für sonstige religiöse Sendungen gewähren. 1 Dies gilt für DITIB sowie jeden einzelnen Moscheeverein, der Mitglied einer der drei im Staatsvertrag genannten muslimischen Glaubensgemeinschaften ist. Drucksache 21/13205 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 (2) Sie wird unter Wahrung der verfassungsrechtlich garantierten Staatsferne des Rundfunks darauf bedacht sein, dass in allen Rundfunkprogrammen die sittlichen und religiösen Überzeugungen der Bevölkerung einschließlich der muslimischen Bevölkerung geachtet werden. (3) Die Freie und Hansestadt Hamburg wird sich bei künftigen Verhandlungen über die Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (im Rahmen der Diskussion über die Neubesetzung der Aufsichtsgremien) dafür einsetzen , dass die islamischen Religionsgemeinschaften in den Aufsichtsgremien (NDR-Rundfunkrat, ZDF-Fernsehrat, DLR-Hörfunkrat und den entsprechenden Ausschüssen) angemessen vertreten sind. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat teilt die Wahrnehmungen und Bewertungen des Fragestellers nicht. Die Verträge schaffen eine Grundlage für die weitere Zusammenarbeit. Dadurch werden vorhandene Probleme nicht negiert, sondern es werden Möglichkeiten für Dialoge geschaffen, die ohne die Verträge nicht bestünden, siehe Drs. 21/9040. Dies schließt auch substanzielle Kritik nicht aus, siehe Drs. 21/8100. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:“ 1. Wie viel Sendezeit wird den islamischen Glaubensgemeinschaften gegenwärtig im Sinne von Absatz 1 zur Verfügung gestellt? Bitte jeweils auch das Programm und deren Urheber nennen. 2. Ist eine Ausweitung des „islamischen“ Programms für die Zukunft geplant? Falls ja, inwiefern? 3. Was versteht der Senat unter „Verkündungen“ und „sonstige religiöse Sendungen“ beziehungsweise wann haben solche bis heute stattgefunden ? 4. Welche Inhalte sind dem Senat zufolge nicht von diesen Begriffen abgedeckt ? 5. Unter welchen Voraussetzungen kann eine islamische Gemeinde von dem in Absatz 1 definierten Engagement des Senats profitieren? 6. Was genau ist mit der Formulierung „sittliche und religiöse Überzeugungen “ in Absatz 2 gemeint? Bitte auch darstellen, was sinngemäß nicht unter diese Formulierung fällt. 7. Wer ist in Absatz 2 mit „muslimische Bevölkerung“ gemeint? a) Wie hat sich diese in den letzten fünf Jahren verändert? b) Bezieht der Senat auch Flüchtlinge in diesen Begriff mit ein? 8. Wie hat der Senat bis heute sichergestellt beziehungsweise überprüft, dass die von einzelnen Gemeinden definierten „sittlichen und religiösen Überzeugungen“ auch von anderen Muslimen in Hamburg geteilt werden ? 9. Inwiefern werden die „sittlichen und religiösen Überzeugungen“ der muslimischen Bevölkerung seit November 2012 geachtet? Was versteht der Senat hier aktuell unter „Achtung“? 10. In welchen der in Absatz 3 genannten Gremien sind gegenwärtig Muslime vertreten? Gibt es bereits Pläne, künftig weitere Muslime zu berufen? 11. Hätte die Berufung eines oder mehrerer muslimischer Mitglieder eine Aufstockung der Mitgliedssitze zur Folge? Falls ja, gibt es dabei ein Limit? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13205 3 Zu Veränderungen der muslimischen Bevölkerung liegen dem Senat keine Daten vor. Im Übrigen siehe Drs. 21/8941.