BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13216 21. Wahlperiode 05.06.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dennis Gladiator und Joachim Lenders (CDU) vom 29.05.18 und Antwort des Senats Betr.: Unanständiger Umgang mit Mitarbeitern durch die SPD – Senat verdient Millionen an Parksündern und will seine Knöllchen-Schreiber im Falle einer Kündigung zahlen lassen Seitdem das Parkraummanagement im Jahr 2014 auf den Landesbetrieb Verkehr (LBV) überging, wurde die Überwachung des ruhenden Verkehrs kontinuierlich verstärkt. Im vergangenen Jahr nahm die Stadt knapp 42 Millionen Euro mit Parkgebühren und Knöllchen ein. Laut Angaben des Senats in der Drs. 21/12532 waren im April 2018 74 Personen in verschiedenen Funktionen des LBV-Parkraum-Managements als Überwachungskräfte tätig. Der Senat will die bewirtschafteten Gebiete noch weiter ausweiten und sucht dafür laufend neue Mitarbeiter. Nunmehr wurde bekannt, dass die neuen Mitarbeiter, die rund 2.300 Euro brutto verdienen, im Falle einer Kündigung oder Entlassung binnen 24 Monaten ihre Ausbildungs- und Ausrüstungskosten gestaffelt zurückzahlen müssen ; dabei geht es um Summen von bis zu knapp 7.000 Euro. Erst nach mehr als zwei Jahren können Mitarbeiter ohne Rückzahlungsverpflichtung kündigen beziehungsweise entlassen werden. Diese Regelung ist nicht nur vollkommen unsozial, sondern auch rechtlich äußerst fragwürdig. Da durch die Vereinbarung von Rückzahlungsklauseln die grundgesetzlich garantierte Berufsfreiheit des Beschäftigten eingeschränkt wird, stellt die Rechtsprechung völlig zu Recht hohe Anforderungen an die Wirksamkeit derartiger Vereinbarungen. So müssen unter anderem die Vorteile der Ausbildung und die Dauer der Bindung in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Hier stellt sich die berechtigte Frage, welche Erhöhung des Marktwerts der Arbeitskraft der einzelnen Beschäftigten durch die Maßnahme tatsächlich eintritt: Es ist absolut inakzeptabel, dass der Staat, dem als Dienstherr die Fürsorgepflicht für seine Mitarbeiter obliegt, diese in derartige Abhängigkeiten bringt. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Auch im öffentlichen Dienst sind Rückzahlungsvereinbarungen durchaus üblich und keinesfalls per se ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht. Sie stellen sicher, dass Steuergelder, die in die Aus- und Fortbildung von Beschäftigten investiert worden sind, auch über deren dann qualifizierte Tätigkeit den Bürgerinnen und Bürger wieder zugutekommen. Grundlagen für derartige Rückzahlungsvereinbarungen sind für den Beamtenbereich zum Beispiel der Auflagenvorbehalt in § 67 Absatz 5 Hamburgisches Besoldungsgesetz, im Tarifbereich zum Beispiel § 5 Absatz 7 TV-L. Daher gibt es in Drucksache 21/13216 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 weiten Teilen der hamburgischen Verwaltung auch – unabhängig vom Status der Beschäftigten – dahin gehende Regelungen, wie sich insbesondere aus der mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften nach § 94 HmbPersVG a.F. vereinbarten Richtlinie über die Rückforderung von Fortbildungs- und Umschulungskosten in der Fassung vom 31.03.1987 zeigt. Der Landesbetrieb Verkehr (LBV) ist für die Aufgabenwahrnehmung im Bereich des Parkraummanagements auf den Aufbau eines ausreichenden Personalbestandes zur Sicherstellung einer ausreichenden Überwachung angewiesen. Hierzu hat der LBV in den letzten Jahren überwiegend externe Bewerberinnen und Bewerber eingestellt. In die Ausbildung hat der LBV dabei erheblichen Aufwand investiert. Die Beschäftigten sind dabei nicht nur für das reine Parkraummanagement qualifiziert worden, sondern haben auch eine Basiseinweisung in Verwaltungsaufgaben des LBV erhalten, die für entsprechende Verwendungen auch außerhalb des LBV von Vorteil ist. Dabei haben die Erfahrungen gezeigt, dass bereits kurze Zeit nach Abschluss der Ausbildung für das Parkraummanagement in größerem Umfang die Beschäftigten die Möglichkeit als jetzt interner Beschäftigter genutzt haben, sich auf andere Tätigkeiten im Bereich der Freien und Hansestadt Hamburg zu bewerben. Um die damit verbundenen hohen Personalabgänge aus dem Parkraummanagement auf einem für die Aufgabenwahrnehmung vertretbaren Niveau zu stabilisieren , wurde nach entsprechenden Prüfungen Bewerberinnen und Bewerbern im Rahmen des Einstellungsverfahrens ein Arbeitsvertrag mit Nebenabreden im oben genannten Sinne vorgelegt. Diese Vorgehensweise wird nach den ersten Erfahrungen aktuell im Zusammenwirken mit dem Personalamt überprüft. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Stellen sind im Parkraum-Management des LBV vorhanden und wie viele sind davon aktuell unbesetzt? Derzeit sind 93 Stellen vorhanden, die alle besetzt sind. 2. Welchen Personalbedarf sehen die zuständigen Stellen vor dem Hintergrund der angestrebten Ausweitung der bewirtschafteten Gebiete für die Jahre 2019/2020? Entsprechende Prüfungen sind noch nicht abgeschlossen beziehungsweise stehen noch aus. Ein weiterer Personalaufwuchs ist jedoch für eine adäquate Überwachung bei einer Ausweitung bewirtschafteter Gebiete erforderlich. 3. Wie viele Mitarbeiter/-innen des LBV-Parkraum-Managements haben seit dem Jahre 2014 jährlich gekündigt? 2014 (ab 01.05.): 0 2015: 0 2016: 1 2017: 0 2018 (bis 30.05.): 0 Der Rekrutierung von 150 Beschäftigten steht in den letzten Jahren eine Fluktuation von 59 Beschäftigten gegenüber. Dies entspricht einer Fluktuationsquote von 39 Prozent , stellt für LBV Parkraummanagement und die internen Dienstleister beim LBV eine erhebliche Belastung dar und schränkt die Überwachungsmöglichkeiten ein. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Wie viele Mitarbeiter/-innen wurden seit dem Jahre 2014 jährlich neu im Bereich des LBV-Parkraum-Managements eingestellt? a. Wie viele davon wurden aus jeweils welchen Gründen befristet eingestellt ? b. Wie viele davon wurden unbefristet eingestellt? c. Wie viele Entfristungen wurden vorgenommen? Die erfragten Daten sind in der folgenden Tabelle dargestellt, die befristeten Einstellungen erfolgten sachgrundlos (vor April 2017): Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13216 3 Jahr Anzahl Einstellungen davon unbefristet davon befristet davon nicht entfristet 2014 40 0 40 3 2015 23 0 23 2 2016 49 0 49 4 2017 16 0 16 3 2018 22, davon 10 ab 01.07.2018 22 0 - 5. Wie viele Mitarbeiter/-innen sind aktuell aus jeweils welchen Gründen noch befristet eingestellt? 6. Sollen diese Befristungen aufgehoben werden und in unbefristete Arbeitsverhältnisse überführt werden? Wenn nein, warum nicht (Angabe der Gründe)? Derzeit befinden sich noch 31 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem noch sachgrundlos , vor April 2017 geschlossenen, befristeten Beschäftigungsverhältnis. Die Befristungen sollen zum 1. Juni 2018 vorzeitig aufgehoben werden, soweit keine verhaltens - oder personenbedingten Gründe entgegenstehen. 7. Ist es richtig, dass die neuen Arbeitsverträge Nebenabreden mit Rückzahlungsverpflichtungen hinsichtlich Ausbildungs-, Qualifizierungs- und Ausrüstungskosten beinhalten? Falls ja: a. Wie sind diese konkret ausgestaltet? b. Bestehen die Rückzahlungsverpflichtungen auch, wenn die Mitarbeiter innerhalb der Freien und Hansestadt Hamburg an eine andere Dienststelle wechseln? c. Wer hat dies wann weshalb entschieden? Inwiefern wurde das Personalamt an dieser Entscheidung beteiligt? d. Seit wann enthalten die Arbeitsverträge derartige Klauseln? e. Inwiefern wurden auch bereits angestellten Mitarbeitern Änderungsverträge mit dieser Nebenabrede vorgelegt? f. Wie beurteilen die zuständigen Stellen diese Klausel im Hinblick auf das grundgesetzlich verankerte Recht auf Berufsfreiheit? g. Ist der zuständige Personalrat beim LBV in diese Maßnahme mit eingebunden gewesen? Falls ja, hat er dieser Maßnahme zugestimmt? Nebenabreden mit Rückzahlungsverpflichtungen wurden vom LBV in 22 im Jahr 2018 geschlossenen Arbeitsverträgen verwandt; vor 2018 eingestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurden keine Änderungsverträge mit dieser Nebenabrede vorgelegt. Der Personalrat des LBV hatte Kenntnis von den Inhalten der Nebenabreden. Eine Mitbestimmungspflicht lag nicht vor. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. h. Wie beurteilen die zuständigen Stellen die Erhöhung des Marktwertes der Arbeitskraft durch die Qualifizierungsmaßnahme? i. Inwiefern stehen die Klauseln im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts? j. Aus welchem Grund müssen auch die Kosten für Ausrüstungsgegenstände vom ausscheidenden Mitarbeiter übernommen werden? Gehen diese bei Überlassung ins Eigentum der Mitarbeiter über? Drucksache 21/13216 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 k. In welchen Bereichen des öffentlichen Dienstes gibt es entsprechende Nebenabreden mit Rückzahlungsverpflichtungen? Nachfolgend genannte Dienststellen der Freien und Hansestadt Hamburg haben mitgeteilt , dass die Möglichkeit der Rückforderung von Ausbildungs-, Fortbildungs- und Umschulungskosten aktuell vorgesehen wird; in der Regel im Zusammenhang mit kostenintensiven Zusatzqualifikationen. Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz , Bezirksamt (BA) Harburg, BA Wandsbek, BA Altona, BA Eimsbüttel, BA Hamburg -Nord, SBH | Schulbau Hamburg (SBH), Hochschule 21, Landesbetrieb Erziehung und Beratung, Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer. Daneben können die während des Vorbereitungsdienstes erhaltenen Anwärterbezüge zurückgefordert werden, wenn eine durch Auflage verfügte Mindestdienstzeit unterschritten wird. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.