BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13267 21. Wahlperiode 08.06.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Ralf Niedmers und Joachim Lenders (CDU) vom 31.05.18 und Antwort des Senats Betr.: Sozialleistungsbetrug und illegale Vermietung in Wandsbek (II) Die Antwort des Senats auf die Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/12780 wirft Nachfragen auf. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften von Jobcenter team.arbeit.hamburg (Jobcenter) wie folgt: 1. Bezüglich der Mietpreise, zu denen die Appartements in der Walddörfer Straße 122 vermietet wurden, gibt der Senat an, die Auswertung der Ergebnisse der konzentrierten behördlichen Aktion sei noch nicht abgeschlossen . Wann ist mit einer abschließenden Auswertung zu rechnen und wo ist diese einzusehen? 2. Laut Drs. 21/12780 wurden in 34 Fällen Bedarfe im Rahmen der Angemessenheitsgrenzen nach dem SGB II übernommen. Die Angemessenheit der Kostenübernahme ist gestaffelt nach der Haushaltsgröße beziehungsweise der Anzahl der in einem Haushalt lebenden Personen. Für welche Haushaltsgrößen wurden Bedarfszahlungen in diesen 34 Fällen übernommen? 3. Wann ist mit Ergebnissen dazu zu rechnen, ob die tatsächliche Quadratmeter mit den Mietvertragsangaben der Walddörfer Straße 122 übereinstimmen ? Die am Aktionstag eingeleiteten Prüfungen und Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen . Die Ergebnisse und getroffenen Maßnahmen wurden und werden von der koordinierenden Behörde bei den beteiligten Behörden und Ämtern regelmäßig abgefragt. Erste Ergebnisse wurden bereits im Rahmen einer Pressemitteilung veröffentlicht (siehe http://www.hamburg.de/basfi/pressemeldungen/10940382/2018-04-19-basfiaktionstag -sozialleistungsmissbrauch/) sowie unter http://www.hamburg.de/ aktionstage/. Eine Mietkostenüberprüfung erfolgte bei Beziehern von Sozialleistungen nach dem SGB II und SGB XII. Für die beiden Einpersonenhaushalte von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII haben sich im Rahmen des Aktionstages keine Hinweise für einen weitergehenden sozialhilferechtlichen Überprüfungsbedarf ergeben. Im Übrigen siehe hierzu Drs. 21/12780. Drucksache 21/13267 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die 13 Bedarfsgemeinschaften (BG) nach dem SGB II umfassen insgesamt 34 leistungsberechtigten Personen. Zu den Mietpreisen und Haushaltsgrößen siehe nachfolgende Tabelle: Bedarfsgemeinschaft Anzahl der Personen in der BG Höhe der tatsächlichen Grundmiete Höhe der vom Jobcenter anerkannten Grundmiete Nr.1 1 395,00 EUR 316,00 EUR Nr.2 3 450,00 EUR 450,00 EUR Nr.3 1 2 420,00 EUR 420,00 EUR Nr.4 4 450,00 EUR 450,00 EUR Nr.5 1 220,00 EUR 220,00 EUR Nr.6 3 400,00 EUR 400,00 EUR Nr.7 4 450,00 EUR 450,00 EUR Nr.8 1 350,00 EUR 350,00 EUR Nr.9 1 5 800,00 EUR 800,00 EUR Nr.10 1 330,00 EUR 330,00 EUR Nr.11 4 495,00 EUR 495,00 EUR Nr.12 4 690,00 EUR 690,00 EUR Nr.13 1 360,00 EUR 360,00 EUR 1 Soweit die Tabellenwerte nur auf jeweils eine Bedarfsgemeinschaft zutreffen, sind die Angaben bestimmten Bedarfsgemeinschaften und damit den dazugehörigen Personen zuzuordnen . Die Personen wären damit identifizierbar. Es handelte sich bei diesen Angaben damit um Sozialdaten (§ 67 Absatz 2 S. 1 SGB X). Dies betrifft die Bedarfsgemeinschaften Nr. 3 und 9. Sozialdaten darf der Senat gemäß § 67 b Absatz 1 SGB X nur bei Vorliegen einer gesetzlichen Übermittlungsbefugnis im SGB oder gemäß Artikel 6 Absatz 1 S. 1 Buchst. a DS-GVO mit Einwilligung der Betroffenen weitergeben. Das SGB enthält keine Übermittlungsbefugnis zugunsten der Beantwortung Parlamentarischer Anfragen. Eine Einwilligung der Betroffenen zur Datenübermittlung liegt nicht vor. Der Senat ist deshalb aus Gründen des Sozialdatenschutzes nach § 35 SGB I, §§ 61 ff SGB VIII, §§ 67 ff SGB X an der Angabe von Tabellenwerten , die nur eine Bedarfsgemeinschaft enthalten, gehindert. Eine erste Auswertung der Messergebnisse hat ergeben, dass die durch den Außendienst von Jobcenter ermittelten Wohnungsgrößen in mindestens vier Fällen zulasten der leistungsberechtigten Personen von den Angaben in den Mietverträgen abweichen . Die Prüfungen von Jobcenter sind noch nicht abgeschlossen. Im Übrigens siehe auch Drs. 21/11357 und 21/9779. 4. Wann und durch wen wurde der Antrag auf Nutzungsänderung (für ein Wellness- und Fitness-Studio mit Bar im Erdgeschoss und Kellergeschoss sowie für ein Hotel im rückwärtig gelegenen Gebäude im Erdgeschoss und Obergeschoss) eingereicht? Wie lautet der aktuelle Bearbeitungsstand in der Bauprüfabteilung? Der Antrag auf Nutzungsänderung wurde am 16.01.2018 eingereicht. Eine Entscheidung über den Antrag steht noch aus, da die Bauvorlagen noch nicht vollständig vorliegen . Eine Namensnennung erfolgt nicht, da es sich um personenbezogene Daten nach dem Bundesdatenschutzgesetz handelt. 5. Weshalb wird auf Frage 12. in Drs. 21/12780 nicht angegeben, ob es sich bei dem Eigentümer des Gebäudes in der Walddörfer Straße 122 um eine oder mehrere Privatperson(en) oder um eine Firma beziehungsweise ein Gewerbe handelt und lediglich auf den Eintrag im Grundbuch verwiesen? Welche weiteren Ermittlungen dazu laufen derzeit und durch wen? Für das Grundstück Walddörferstraße 122/124 sind zwei Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Aus datenschutzrechtlichen Gründen wurden die Namen der Eigentümer nicht veröffentlicht. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. und Drs. 21/12780. 6. Zur künftigen Bekämpfung von organisiertem Missbrauch von Sozialleistungen wurden vom Deutschen Städtetag zwei Unterarbeitsgruppen Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13267 3 (UAG) eingerichtet. Wer sind die Mitglieder dieser UAGs, wie oft tagen sie und wo sind die jeweiligen Arbeitsergebnisse einsehbar? Auf der Fachtagung „AG Zuwanderung von Menschen aus Rumänien und Bulgarien“ des Deutschen Städtetages im Februar 2018 wurde die Bildung mehrerer Unterarbeitsgruppen (U-AGen) beschlossen. Unter anderem wird sich eine U-AG unter der Leitung Hamburgs mit möglichen gesetzgeberischen Maßnahmen befassen und eine weitere U-AG sieht den fachlich-praktischen Austausch zu den sogenannten Aktionstagen vor. Die erste UAG hat bereits getagt; eingeladen beziehungsweise teilgenommen haben Vertreterinnen und Vertreter der Städte Dortmund, Duisburg, Saarbrücken , Köln, Gelsenkirchen, Berlin und Hamburg. Die Ergebnisse werden in der nächsten Sitzung der „AG Zuwanderung von Menschen aus Rumänien und Bulgarien“ präsentiert und anschließend in den Fachausschüssen des Deutschen Städtetags behandelt. Über das weitere Vorgehen wird dort entschieden. 7. Bei Verstößen gegen §§ 3 und 4 HmbWoSchG kann, sofern Erforderlichkeit und Zulässigkeit der Gegebenheiten im Einzelfall vorliegen, der Wohnraum für unbewohnbar erklärt werden. Planen der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden hier eine entsprechende Maßnahme ? Bei den geräumten „Wohnungen“ handelt es sich nicht um Wohnungen im Sinne des HmbWoSchG, da entsprechende Genehmigungen zur Wohnnutzung nicht vorlagen beziehungsweise vorliegen. In Bezug auf die bereits als Wohnraum genehmigten Räume im 1. Obergeschoss sowie die übrigen ohne Genehmigung zu Wohnzwecken genutzten Appartements im 2. bis 4. Obergeschoss der beiden Gebäude liegen dem Bezirksamt zur Zeit keine Erkenntnisse vor, die eine sofortige Unbewohnbarkeitserklärung rechtfertigen würden. Im Übrigen wurde dem Eigentümer aufgegeben, ein Gutachten über den festgestellten Schimmelbefall (Ausmaß) beizubringen und einen darauf beruhenden Sanierungsplan vorzulegen. 8. Wurde das Gebäude in der Walddörfer Straße 122 regelmäßig durch fachkundige Sachverständige hinsichtlich seines baulichen Zustands sowie den entsprechenden Anforderungen, wie die Vorgaben zur Brandschutzverordnung , überprüft? Wenn ja, in welchen zeitlichen Abständen wurden solche Prüfungen durch wen und mit welchen jeweiligen Ergebnissen abgenommen? Wenn nein, warum nicht? Entsprechende Mängel waren der zuständigen Bauprüfabteilung bis zum Aktionstag nicht bekannt. Die am Aktionstag festgestellten akuten baulichen Mängel sind vom Eigentümer beseitigt worden. 9. Soll der offiziell als Hotel angemeldete Betrieb in dem Gebäude der Walddörfer Straße 122 geschlossen werden? Wenn ja, wann und für wie lange? Wenn nein, warum nicht? Es erfolgt zurzeit keine Hotelnutzung mehr. Derzeit laufen noch Gespräche mit den Eigentümern. Das zuständige Bezirksamt geht nicht von einer Wiederaufnahme einer Hotelnutzung aus. 10. Welche Gewerbe, Firmen, Gesellschaften und/oder Unternehmen wurden wann von wem in der Walddörfer Straße 122 und 124 angemeldet? Ist es derzeit in Planung, die Erlaubnis eines oder mehrerer Gewerbe zu widerrufen? Wenn ja, welche betrifft dies? Tätigkeit: Anmeldung: Trockenbau 18.12.2007 Lagertätigkeiten (Ware auffüllen) sowie damit verbundene Tätigkeiten (ausgenommen Tätigkeiten im Sinne der Handwerksordnung) 01.02.2009 Drucksache 21/13267 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Tätigkeit: Anmeldung: Gebäudereinigerhandwerk 29.10.2009 Reinigung nach Hausfrauenart (ausgenommen Tätigkeiten im Sinne der Handwerksordnung) 01.03.2008 Trockenbau Abbrucharbeiten Akustikarbeiten Garten- und Landschaftsbau Hausmeistertätigkeiten (ausgenommen sind handwerkliche Tätigkeiten) 28.12.2006 Hausmeisterservice Logistik (ausgenommen erlaubnispflichtige/handwerkliche Tätigkeiten). 20.07.2007 Handelsvertreter für Versicherungen und Bausparverträge unter Ausschluss von Tätigkeiten nach dem § 34 c der Gewerbeordnung 01.01.2013 Reinigung nach Hausfrauenart Gastronomieservice sowie Küchenhilfe 20.08.2008 Container be- und entladen 09.02.2010 Fliesen- Platten- und Mosaiklegerhandwerk Raumausstatterhandwerk Gewerbe zum Einbau von genormten Baufertigteilen Holz- und Bautenschutzgewerbe Kabelverlegergewerbe im Hochbau 02.09.2010 Einzelhandel mit gebrauchten Kfz-Zubehörteilen 11.01.2011 Bauhelfer (ausgenommen Tätigkeiten im Sinne der Handwerksordnung) Container be- und entladen 01.08.2012 Trockenbau Abbrucharbeiten Lagerarbeiten 21.09.2016 Haushaltshilfe 01.10.2017 Be- und Entladen von Containern und damit verbundene Dienstleistungen im Lager 01.06.2011 Garten- und Landschaftsbau 22.08.2011 Lagerarbeiten Containerbe- und Entladen Baustellenhelfer (ausgenommen sind erlaubnispflichtige Tätigkeiten und Tätigkeiten im Sinne der Handwerksordnung) 01.02.2013 Container be- und entladen 29.06.2012 Trockenbau 06.10.2014 Keines der derzeit im Gewerberegister gemeldeten Gewerbe würde zu seiner Ausübung einer Erlaubnis bedürfen. Insofern ist ein Erlaubniswiderruf weder geplant noch möglich. Ein Gewerbeuntersagungsverfahren wegen Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden ist für die unter den Adressen Walddörferstraße 122 und 124 gemeldeten Betriebe nicht anhängig. Es liegen hierfür keine Erkenntnisse vor, die ein derartiges Verfahren erforderten. Im Übrigen siehe Antworten zu 4. und 5. 11. Unmittelbar neben dem Gebäude, in dem offensichtlich unerlaubte Handlungen – wie das Betreiben eines unangemeldeten Bordells – vollzogen wurden, befindet sich eine Kindertagesstätte (Walddörfer Straße 120). Wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Tatsache, dass diese unmittelbare räumliche Nähe zwischen Kindern und kriminellen Personen beziehungsweise unerlaubten Machenschaften über Jahre unentdeckt blieb und somit nicht unterbunden werden konnte? Nach Angaben des Kita-Trägers ist es bisher zu keinerlei Beeinträchtigungen des Kita-Betriebes gekommen. Auch liegen keine diesbezüglichen Anzeigen oder Beschwerden vor. Der unangemeldete Gewerbebetrieb im Haus 124 war durch einen hohen Zaun und verwinkelte Eingangsführung nicht einsehbar. Im Übrigen wurde der Bordellbetrieb untersagt und zwischenzeitlich eingestellt. 12. Welches sind nach Auffassung des Senats und der zuständigen Behörden die zentralen Gründe dafür, dass die unerlaubten Handlungen in der Liegenschaft nicht weitaus früher aufgedeckt werden konnten? Ein ordnungswidriger Zustand war weder der zuständigen Bauprüfabteilung noch dem Verbraucherschutzamt des zuständigen Bezirksamtes bekannt. Es lagen auch keine Beschwerden vor. Siehe zudem Antworten zu 1. bis 3., 8. und 11. Im Übrigen ermöglichen die konzertierten behördlichen Maßnahmen (Aktionstage) der beteiligten Behörden und Ämter die Aufklärung und Bekämpfung von organisiertem Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13267 5 Sozialleistungsmissbrauch und ausbeuterischen Strukturen. Siehe auch Drs. 21/11806 und 21/11357.