BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1330 21. Wahlperiode 25.08.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Daniel Oetzel und Anna-Elisabeth von Treuenfels (FDP) vom 18.08.15 und Antwort des Senats Betr.: Aktueller Stand der Sprachförderung Das Beherrschen der deutschen Sprache ist in Deutschland auch ein wesentlicher Schlüssel für das Gelingen von sozioökonomischer Integration. Schulabbrecherkarrieren sind vorgezeichnet, wenn Kinder ohne ausreichende Deutschkenntnisse eingeschult werden und dem Unterricht nicht folgen können. Dabei betrifft dies häufig genug auch Kinder ohne Migrationshintergrund . Damit junge Menschen selbst über ihren Bildungserfolg entscheiden können, muss eine frühzeitige und ausreichende Sprachförderung sichergestellt werden. Die stark steigenden Flüchtlingszahlen geben Anlass, die aktuelle Situation zu beleuchten. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie viele Kinder haben im Schuljahr 2014/2015 an der Viereinhalbjährigen -Vorstellung teilgenommen? Für das Schuljahr 2014/2015 liegen dem Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung (IfBQ) aus dem Vorstellungsverfahren für Viereinhalbjährige Daten von 15.524 Kindern vor. 2. Bei wie vielen Kindern wurde ein „ausgeprägter“ Sprachförderbedarf bei der Vorstellung der Viereinhalbjährigen in den Jahren seit 2012 festgestellt ? Bitte in absoluten und in Prozentzahlen angeben. Die folgende Tabelle weist die absolute Anzahl und den prozentualen Anteil von Kindern mit ausgeprägtem Förderbedarf für die Schuljahre 2011/2012 bis 2014/2015 aus. Schuljahr Kinder mit ausgeprägtem Sprachförderbedarf Anzahl Anteil in Prozent 2011/12 1.609 11,3 2012/13 1.804 13,0 2013/14 1.986 13,5 2014/15 1.826 11,8 Quelle: Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung 3. Wie viele Kinder erhielten im Schuljahr 2014/2015 in der Kita und wie viele in der Vorschule eine additive Sprachförderung? Im Schuljahr 2014/2015 erhielten 371 Kinder in der Kita und 1.545 Kinder in der Vorschule additive Sprachförderung (Quelle: Schuljahresstatistik 2014). Drucksache 21/1330 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 4. Wie stellen sich die durchschnittlichen Gruppengrößen dar in der additiven Sprachförderung der Vorschulen im Schuljahr 2014/2015? Die durchschnittliche Gruppengröße für die vorschulischen additiven Sprachfördergruppen lag im Schuljahr 2014/2015 bei 9,2 Kindern (Stichtag 21. August 2014). 5. Wie viele Schüler in den Schuljahren 2013/2014 und 2014/2015 waren nach einem Jahr additiver Sprachförderung in der Vorschule nicht mehr förderbedürftig? Bitte in absoluten Zahlen angeben und prozentual im Verhältnis zur Gesamtzahl. Von den Kindern, die im Schuljahr 2013/2014 in Vorschulklassen additive Sprachförderung erhielten, liegen im Monitoring von 542 Kindern sowohl zum Schuljahresanfang als auch zum Schuljahresende längsschnittlich verknüpfbare Daten zum Sprachstand vor. 280 dieser Kinder waren am Ende des Schuljahrs nicht mehr förderbedürftig , dies entspricht einem Anteil von 51,7 Prozent. Für das Schuljahr 2014/2015 liegen der zuständigen Behörde die zur Auswertung erforderlichen Daten noch nicht vor. 6. Wie viele Kinder erhielten in der Grundschule eine additive Sprachförderung ? Bitte nach Jahrgängen aufschlüsseln für die Schuljahre 2012/2013 bis 2014/2015 und in absoluten sowie in Prozentzahlen angeben. Schülerinnen und Schüler (SuS) in staatlichen Grundschulklassen* mit additiver Sprachförderung für die Schuljahre 2012/2013 bis 2014/2015: Schuljahr SuS mit additiver Sprachförderung in Jahrgangsstufe 1 2 3 4 insgesamt Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil 2012/13 1.196 9,4% 2.263 17,6% 2.290 18,2% 2.264 18,5% 8.013 15,9% 2013/14 1.171 9,0% 2.204 17,4% 2.178 16,9% 2.199 17,4% 7.752 15,1% 2014/15 880 6,6% 1.881 14,5% 1.775 13,9% 1.901 14,6% 6.437 12,3% Quelle: Schuljahresstatistik 2012 bis 2014 * Ohne SuS in den Jahrgangsstufen 5 und 6 an sechsstufigen Grundschulen. 7. Wie viele Schulen sind in das Monitoring der Sprachförderung derzeit einbezogen? Im Schuljahr 2014/2015 waren insgesamt 264 Schulen (190 Grundschulen, 59 Stadtteilschulen und 15 Gymnasien) einbezogen. 8. Welche Ergebnisse hatten die Evaluationen beziehungsweise das Monitoring zur Sprachförderung seit den Berichten in den Drs. 20/7674 und 20/7956? In den beiden Transfer-Programmen zur Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund (FörMig) „Diagnosegestützte durchgängige Sprachbildung an der Schnittstelle zwischen Elementar- und Primarbereich“ beziehungsweise „Durchgängige Sprachbildung an der Schnittstelle zwischen Grundschule und weiterführenden Schulen“ wurden in den eingerichteten Entwicklungspartnerschaften von Kitas und Grundschulen beziehungsweise Grundschulen und weiterführenden Schulen standortspezifische Konzepte für eine durchgängige Sprachbildung entwickelt, umgesetzt und dokumentiert. Die Konzepte wurden als Anregung für die Arbeit weiterer Kitas und Schulen durch das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung veröffentlicht (siehe http://li.hamburg.de/contentblob/4268920/data/pdf-broschueredurchgaengige -sprachbildung-foermig-transfer-hamburg-kita-grundschule.pdf sowie http://li.hamburg.de/contentblob/4332742/data/pdf-handreichung-durchgaengigesprachbildung .pdf). Bei der Evaluation der TheaterSprachCamps (TSC) 2013 und 2014 konnten wie in den Vorjahren insbesondere im Bereich Leseverstehen Verbesserungen durch den Campaufenthalt nachgewiesen werden. Die Evaluation der TheaterSprachKurse sowie der Sprachförderkurse durch das Kinderkulturzentrum Lohbrügge (KIKU) ergab positive Ergebnisse in Abhängigkeit von folgenden Voraussetzungen: eine enge Abstimmung zwischen den Schulen und den Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1330 3 außerschulischen Fachkräften hinsichtlich einheitlicher Standards der Durchführung der Maßnahmen zur Sprachförderung und der sinnvollen Zusammenstellung der Kurse ; Weitergabe von Informationen zu Förderschwerpunkten und Lernergebnissen der teilnehmenden Kinder; Qualifikation der Kursleitungen durch das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung. Die Ergebnisse des Monitorings der schulischen Sprachfördermaßnahmen aus den letzten Jahren zeigen, dass das Hamburger Sprachförderkonzept in den meisten Schulen in weiten Teilen gut umgesetzt wird. So erfolgt die Sprachförderung der Kinder und Jugendlichen in der Regel diagnosebasiert auf Basis standardisierter Testinstrumente und in zusätzlicher Lernzeit. Auch die Qualifikation der Förderlehrkräfte und Sprachlernberaterinnen und -berater ist in den meisten Schulen gewährleistet: An nahezu allen Schulen gibt es mindestens eine Lehrperson, die die ein- oder zweijährige Ausbildung zur Sprachlernberaterin beziehungsweise zum Sprachlernberater absolviert hat. Weitere Verbesserungen ergaben sich in den letzten Jahren hinsichtlich der Umsetzung der integrativen Förderung und der Einbeziehung der Eltern. Hinsichtlich des Fördererfolgs zeigte sich im Schuljahr 2013/2014 im Vergleich zum Vorjahr eine leichte Steigerung. Der Anteil der additiv geförderten Schülerinnen und Schüler, die nach einem Jahr die Sprachförderung erfolgreich verlassen konnten, ist im Vergleich zum Vorjahr (28,5 Prozent) wieder leicht gestiegen und liegt bei 30,1 Prozent. 9. Plant der Senat angesichts der mittlerweile erheblich gestiegenen Flüchtlingszahlen besondere Maßnahmen zur Sprachförderung für Flüchtlingskinder in Kitas?1 Nein. Kinder aus Flüchtlingsfamilien profitieren wie alle anderen Kita-Kinder von den in der Kita vorgehaltenen frühkindlichen Bildungsangeboten. Der spezifische Förderbedarf dieser Kinder wird im Rahmen einer fachlich fundierten Sprachstandfeststellung erfasst. Die alltagsintegrierte sprachliche Bildung oder gezielte Sprachfördermaßnahmen beruhen neben der Sprachstandfeststellung auf kontinuierlichen Beobachtungen der Entwicklungsfortschritte der Kinder. Im Übrigen siehe Antwort zu 11. 10. Ist der zuständigen Behörde bekannt, ob es in der Alltagskommunikation zwischen Eltern, die nicht Deutsch sprechen, und dem Personal in Kitas zu Verständigungsproblemen kommt? Wenn ja: Wie reagiert die zuständige Behörde hierauf? Ja. In der Alltagskommunikation kann es zwischen Eltern, die nicht Deutsch sprechen, und dem pädagogischen Personal in Kitas zu Verständigungsproblemen kommen. Um die Sprachbarrieren zu überbrücken, kommen unter anderem Dolmetscherinnen und Dolmetscher – zum Teil ehrenamtlich – in Kitas zum Einsatz. Häufig findet die Kommunikation mithilfe deutschsprechender Personen aus dem jeweiligen Familien-, Freundes- oder Bekanntenkreis der Eltern statt. Darüber hinaus beschäftigen viele Kitas pädagogische Fachkräfte mit Migrationshintergrund, die bei Verständigungsproblemen hinzugezogen werden können. Grundsätzlich geht die für Kindertagesbetreuung zuständige Fachbehörde davon aus, dass Verständigungsprobleme von den Akteuren vor Ort gelöst werden können. Spezielle Reaktionen sind derzeit nicht geplant. 11. Wie bewertet der Senat die jetzigen Programme zur Sprachförderung? Plant er eine Ausweitung? Rund 280 Kitas mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil von Kindern mit nicht deutscher Familiensprache oder aus sozial benachteiligten Familien erhalten eine zusätzliche Personalausstattung im Rahmen des 2013 gestarteten Programms KitaPlus . Rund 100 weitere Kitas erhalten eine zusätzliche Personalressource für eine intensivierte Sprachförderung. Ebenfalls rund 100 Hamburger Kitas nehmen seit 2011 1 In Drs. 20/9683, Beantwortung der Frage 12., teilte der Senat mit, dass es keine besonderen Programme zur Sprachförderung für Flüchtlingskinder in Kitas gebe. Drucksache 21/1330 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 oder 2012 zusätzlich am Bundesprogramm Schwerpunkt-Kitas Sprache & Integration teil. Die Programme werden vom Senat positiv bewertet. Die Landesprogramme Kita-Plus und zur intensivierten Sprachbildung beziehungsweise -förderung werden für den Förderzeitraum 2016 bis 2019 weiterentwickelt und fortgeführt. Alle Kitas, die einen überdurchschnittlich hohen Anteil von Kindern mit einer nicht deutschen Familiensprache aufweisen, kommen grundsätzlich für eine Teilnahme infrage. Darüber hinaus wird es für Kitas, die neu gegründet wurden oder in denen der Anteil der Kinder mit einer nicht deutschen Familiensprache, zum Beispiel durch die Aufnahme von Flüchtlingskindern, während der Programmlaufzeit den Hamburger Durchschnitt übersteigt, die Möglichkeit geben, nachträglich in die Landesprogramme aufgenommen zu werden. Die konkrete Zahl der von den Programmen profitierenden Kitas beziehungsweise Kinder steht noch nicht abschließend fest. Darüber hinaus wird das Bundesprogramm „Schwerpunkt-Kitas Sprache & Integration “ ab 2016 durch das Nachfolgeprogramm des Bundes – „Sprach-Kitas“ – abgelöst. Daran werden circa 90 Hamburger Kitas teilnehmen können. Sprachliche Bildung in der Bildungssprache Deutsch und die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit besonderem Sprachförderbedarf gehören zu den Regelaufgaben von Schulen, die dafür bedarfsgerecht ausgestattet werden. Aufgrund der vermehrten Zuwanderung, insbesondere von Flüchtlingen, ist seit 2012 das Aufnahmesystem von neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern ohne ausreichende Deutschkenntnisse, das mit Basisklassen, Internationalen Vorbereitungsklassen und besonderen Vorbereitungsmaßnahmen im berufsbildenden Bereich vor allem eine intensive Förderung des Deutscherwerbs vorsieht, massiv ausgeweitet worden. Eine weitere dem jeweiligen Bedarf entsprechende Ausweitung ist geplant.