BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13418 21. Wahlperiode 19.06.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Detlef Ehlebracht (AfD) vom 13.06.18 und Antwort des Senats Betr.: Verkehrsunterricht für Hamburger Schüler Die verkehrspolitischen Neuregelungen sind für viele Bürger gewöhnungsbedürftig und sorgen sogar bei Erwachsenen bisweilen für Unsicherheit und Verwirrung. Geltende Rechte und Pflichten, die ein Verkehrsteilnehmer zu beachten hat, sind des Öfteren nicht ausreichend bekannt. Insbesondere die Verlegung der Radwege auf die Straße hat aber auch entscheidende Relevanz für die jüngsten und unerfahrensten Teilnehmer am Straßenverkehr, unsere Kinder. Dies vorausgeschickt frage ich den Senat: 1. Wie ist Verkehrserziehung im Hamburger Lehrplan verankert? Wie viele Unterrichtseinheiten sind in welcher Jahrgangsstufe in Theorie und Praxis vorgeschrieben? Mobilitäts- und Verkehrserziehung ist als verbindlich zu unterrichtendes Aufgabengebiet in den Rahmenplänen des Bildungsplans Grundschule, des Bildungsplans Stadtteilschule Jahrgangsstufen 5 bis 11, des Bildungsplans Gymnasium Sekundarstufe I und des Bildungsplans gymnasiale Oberstufe verankert (alle unter www.hamburg.de/ bildungsplaene, siehe jeweils „Aufgabengebiete“). Für den Unterricht in den Aufgabengebieten gelten die Vorgaben gemäß § 37 Ausbildungs - und Prüfungsordnung für die Grundschule und die Jahrgangsstufen 5 bis 10 der Stadtteilschule und des Gymnasiums (APO-GrundStGy). Demgemäß wird der Unterricht in den Aufgabengebieten in die Unterrichtsstunden integriert, die auf die beteiligten Fächer oder Lernbereiche entfallen. Der Umfang des Unterrichts in den Aufgabengebieten umfasst in jeder Schulform mindestens ein Zehntel der Grundstunden . Die in den Rahmenplänen enthaltenen Vorgaben für den Unterricht im Aufgabengebiet Mobilitäts- und Verkehrserziehung sind nicht zeitlich quantifiziert; vielmehr sind dort verbindlich beziehungsweise ergänzend zu unterrichtende Themenfelder benannt. Die Schulen konkretisieren die Rahmenplanvorgaben schulindividuell im Rahmen ihrer schuleigenen Curricula. 2. Wie gut werden die Vorgaben der Stadt umgesetzt? Gibt es Leistungskontrollen ? Falls ja, wie sind diese in den letzten fünf Jahren ausgefallen? Wie hoch ist die Durchführungsquote der letzten fünf Jahre der geforderten Unterrichtseinheiten ? Die Durchführung einzelner Unterrichtseinheiten des Aufgabengebiets Mobilitäts- und Verkehrserziehung an Grundschulen, Stadtteilschulen und Gymnasien obliegt den Drucksache 21/13418 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Schulen im Rahmen der Vorgaben gemäß der geltenden Rechtsvorschriften und Rahmenpläne; sie wird von der zuständigen Behörde nicht zentral erfasst. Die durch die Hamburger Polizei durchgeführte Radfahrausbildung findet in der dritten und vierten Klasse der Grundschulen sowie in der Sekundarstufe I an Stadtteilschulen und Gymnasien statt. Schülerinnen und Schüler, die die Mindestvoraussetzungen zum Führen eines Fahrrades erfüllen, erhalten den Radfahrpass; die anderen eine Teilnahmebescheinigung . Eine statistische Erhebung/Dokumentation der Fähigkeiten und Erfolge erfolgt durch die für Bildung zuständige Behörde nicht. 3. Welche praktischen Unterrichte gibt es? Wer führt diese durch und sind die Unterrichtsinhalte stadtweit einheitlich? Wenn nicht, warum nicht und worin unterscheiden sich diese? Die Polizeiverkehrslehrer (PVKL) und mobile Jugendverkehrsschulen der Polizei vermitteln Inhalte auf Grundlage der Rahmenpläne (siehe www.hamburg.de/ bildungsplaene, „Aufgabengebiete“). Die Unterrichtsinhalte sind hamburgweit einheitlich , das verwendete Material wie „Der Schulwegtrainer“ und „Das Fahrradtagebuch“ werden einheitlich genutzt und sind mit der für Bildung zuständigen Behörde abgestimmt . Die für die einzelnen Klassenstufen vorgesehenen Unterrichtsinhalte sind nachstehend aufgeführt: Vorschulklassen: Kind als Fußgänger im Straßenverkehr Benutzung des Gehwegs Überqueren der Fahrbahn an Lichtzeichenanlagen (LZA)/Fußgängerüberwegen (FGÜ) Verhältnis zu Radfahrern und Kraftfahrern 1. Klasse: Schulwegtraining/Schulwegsicherheit und Kind als Fußgänger im Straßenverkehr (im Schulumfeld – helle Jahreszeit) Gehweg, Gehweg/Radweg, Partnerschaft zum Radfahrer Überqueren der Fahrbahn an LZA, FGÜ, ungesichert Hindernisse (Umwege in Kauf nehmen) Aus-/Einfahrten, Kraftfahrzeuge als Abbieger Witterungsverhältnisse Rücksichtnahme (Verständnis entwickeln für die Situation anderer) 2. Klasse: Kind als Fußgänger im Straßenverkehr (im Schulumfeld – dunkle Jahreszeit ) Verkehrsbeobachtungen, insbesondere Fußgänger, Rad-, Autofahrer an LZA/FGÜ Verständigung durch Zeichen (geben und deuten) Überqueren der Fahrbahn an unübersichtlichen Stellen Verhalten an Ein-/Ausfahrten, Einmündungen, Kreuzungen Sehen und gesehen werden Kind als Mitfahrer im Pkw Kind als Radfahrer (Vorübungen) 3. Klasse: Kind als Radfahrer im Straßenverkehr (Schonraum/Turnhalle – Winterprogramm ) Fahrgeschicklichkeitsübungen Einfahren/Anfahren (der Blick nach hinten über die linke Schulter) Rechts fahren Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13418 3 Vorbeifahren an Hindernissen/ausweichen/bremsen Vorfahrt: rechts vor links/an Verkehrszeichen Links abbiegen (im rechten Winkel) 4. Klasse: Kind als Radfahrer im Straßenverkehr (Realverkehr in der Regel Schulumfeld ) Verlassen des Schulhofes, Einfahren in den öffentlichen Straßenverkehr Rechts fahren auf der Fahrbahn/Radweg/Verlassen des Radweges Vorbeifahren an Hindernissen Vorfahrt/Grünpfeil Gegebenenfalls Einbahnstraße/verkehrsberuhigter Bereich Links abbiegen im rechten Winkel 5./6. Klasse: Kind als Radfahrer im Straßenverkehr (Fahrradprojekte) praxisorientierte Wiederholung der Inhalte 4. Klasse o Fahren bei Dunkelheit o Verkehrssicheres Fahrrad/insbesondere Bremsen o Richtige Kleidung, Fahrradhelm o Benutzung Geh-/Radweg/Fahrbahn o Besondere Verkehrssituationen o Fahrrad und Kraftfahrzeug/der „tote“ Winkel (ausführlich)/Grünpfeil Veränderte Schulwege Verändertes Freizeitverhalten Veränderte Mobilität Einzelverhalten/Gruppendruck Risiko – „Gefahr als Kick“ (beginnende Pubertät) Direktes Linksabbiegen Abknickende Vorfahrt Praktisch/technische Gefahrenlehre (wie funktioniert eine LZA) Gruppenfahrten (Verband § 27 Straßenverkehrs-Ordnung) 8. bis 10. Klasse: Mofa-Projekte Abnahme der fahrpraktischen Mofa-Prüfung 4. Welche Inhalte hat der Lehrplan der Hamburger Schulen zur Verkehrserziehung ? Siehe Antworten zu 3. und 8. 5. Inwieweit haben die Änderungen der Verkehrsgestaltung auch den Lehrplan geändert? Wird auf Schutzstreifen, Radfahrstreifen, Aufstellflächen et cetera gesondert eingegangen? Die verbindlich beziehungsweise ergänzend zu unterrichtenden Themenfelder der Hamburger Bildungspläne sind so formuliert, dass jeweils aktuelle Änderungen des Straßenverkehrsrechts, der Verkehrsgestaltung et cetera im Unterricht berücksichtigt werden können. Die den Schulen für den Unterricht im Aufgabengebiet Verkehrserziehung zur Verfügung stehenden Materialien werden kontinuierlich auf Aktualität geprüft und bei Bedarf überarbeitet. Im Übrigen ist auch durch die im Rahmen der Verkehrserziehung bestehende enge Kooperation mit den Hamburger Polizeiver- Drucksache 21/13418 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 kehrslehrerinnen und -lehrern gesichert, dass die jeweils aktuellen Änderungen des Verkehrsrechts und der Verkehrsgestaltung im Unterricht Berücksichtigung finden. 6. Ist Verkehrsunterricht für Hamburger Schüler verpflichtend? Falls ja, wie lauten die genauen Vorgaben? Ja, siehe Antwort zu 1. 7. Wie viel Personal, Unterrichtszeit und finanzielle Mittel werden für den Verkehrsunterricht bereitgestellt? Bitte die jährlich zur Verfügung gestellten Mittel der letzten fünf Jahre einzeln aufführen. Unterricht im Aufgabengebiet Verkehrserziehung erfolgt zunächst durch die zuständigen Lehrkräfte in Kooperation insbesondere mit den Polizeiverkehrslehrern (PVKL). Eine Quantifizierung der Lehrkräfte, soweit sie Unterricht im Aufgabengebiet Verkehrserziehung erteilen, ist aufgrund des querschnittlichen Charakters der Aufgabengebiete nicht möglich (siehe § 37 Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Grundschule und die Jahrgangsstufen 5 bis 10 der Stadtteilschule und des Gymnasiums (APO-GrundStGy)). Im Übrigen siehe Antwort zu 1. In der für Bildung zuständigen Behörde ist die Stelle eines Fachreferenten für das Aufgabengebiet Mobilitäts- und Verkehrserziehung mit einem Stellenanteil von 0,75 besetzt. Für Maßnahmen der Mobilitäts- und Verkehrserziehung stehen pro Jahr Haushaltsmittel in Höhe von 60.000 Euro zur Verfügung. Die Anzahl der PVKL unterliegt Schwankungen durch Zu- und Abgänge. In der nachfolgenden Tabelle werden die Anzahl der jeweils zum 31. Dezember eines Jahres tätigen PVKL und die Anzahl der im jeweiligen Jahr durchgeführten Unterrichtsstunden dargestellt: Jahr 2013 2014 2015 2016 2017 Anzahl PVKL* 61 61 61 65 64 Unterrichtsstunden 35.655 37.944 35.238 34.341 33.069 * unabhängig vom Beschäftigungsumfang Die der Polizei im Sinne der Fragestellung entstandenen Kosten werden nicht gesondert erhoben und sind von den im Haushalt der Polizei zur Verfügung stehenden Mitteln gedeckt. 8. Wird bereits oder ist es angestrebt, den Verkehrserziehungsunterricht mit Ökologie beziehungsweise Naturschutz zu verbinden? Falls ja, welche Inhalte werden diesbezüglich vermittelt beziehungsweise sollen künftig gelehrt werden und mit welcher Gewichtung? Im Bildungsplan Stadtteilschule Jahrgangsstufen 5 bis 11 und im Bildungsplan Gymnasium Sekundarstufe I sind für den Unterricht in den Jahrgangsstufen 7 bis 10 beziehungsweise 11 „Fahrrad und Umwelt“ sowie „Klimawandel, Klimafolgen und Klimaschutz“ als zu behandelnde Themenfelder mit Bezug zu ökologischen beziehungsweise Naturschutzaspekten genannt (siehe www.hamburg.de/bildungsplaene, „Aufgabengebiete“). Der Bildungsplan gymnasiale Oberstufe weist im Aufgabengebiet Verkehrserziehung/Nachhaltige Mobilität als zu unterrichtende Themenfelder ebenfalls „Klimawandel, Klimafolgen und Klimaschutz“, des Weiteren „Ökonomische und ökologische Aspekte der Mobilität“ sowie als Beispiel für eine selbst gestellte Aufgabe „Einflüsse von Raum- und Verkehrsplanung auf energiesparende und verkehrseffiziente Mobilitätsformen“ aus. Vorgaben hinsichtlich einer quantitativen Gewichtung der gemäß Rahmenplan zu behandelnden Themenfelder bestehen nicht. Es obliegt den Schulen im Rahmen ihrer schuleigenen Curricula, diese gegebenenfalls vorzunehmen.