BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13454 21. Wahlperiode 22.06.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 14.06.18 und Antwort des Senats Betr.: Verlegung in den offenen Vollzug – Ein Risiko für Strafvollzugsbedienstete ? In der vergangenen Woche hat das Landgericht Limburg zwei Strafvollzugsbedienstete wegen fahrlässiger Tötung jeweils zu Freiheitsstrafen von neun Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. Die Beamten gewährten einem bereits vielfach insbesondere einschlägig wegen verschiedener Straßenverkehrsdelikte vorbestraften Häftling die Unterbringung im offenen Vollzug beziehungsweise Vollzugslockerungen. In der Pressemitteilung des LG Limburg heißt es: „Das Landgericht hat die seitens der beiden verurteilten Angeklagten getroffenen Entscheidungen der Unterbringung im offenen Vollzug und der Gewährung von Lockerungen aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles für fehlerhaft und unvertretbar erachtet. Bei der Prüfung durch die Angeklagten seien hiernach eine Vielzahl offenkundiger Anzeichen nicht beachtet worden, welche die erhebliche Gefahr weiterer Straftaten durch den Häftling begründeten. So wurde nach den Ausführungen des Landgerichts beispielsweise bei der Prognoseentscheidung nicht berücksichtigt, dass der Häftling bereits zuvor mehrere allgemeingefährliche Straftaten im Straßenverkehr begangen hatte. Dies auch im Rahmen hochgefährlicher Fluchtfahrten vor der Polizei. So beruhe etwa die Haftstrafe unter anderem auf einem Vorfall, bei dem der Häftling im Rahmen einer Fluchtfahrt bewusst auf eine Polizistin zugefahren war. Bei sorgfaltsgemäßer Prüfung hätte deshalb weder die Verlegung in den offenen Vollzug erfolgen noch hätten Vollzugslockerungen gewährt werden dürfen.“ Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wer trifft in Hamburgs Justizvollzugsanstalten die Entscheidung, ob Gefangene im offenen Vollzug untergebracht werden? Wer trifft die Entscheidung über die Gewährung von Vollzugslockerungen? Die Entscheidung über die Verlegung in den offenen Vollzug und über die Erstgewährung einer Lockerung trifft grundsätzlich die Anstaltsleitung. Diese kann die Entscheidung in einfacher gelagerten Fällen oder bei Folgeentscheidungen betreffend Lockerungen delegieren. Die Feststellung der Eignung von Gefangenen für die Unterbringung im offenen Vollzug sowie für die Gewährung von Lockerungen wird in einer Konferenz der an der Behandlung maßgeblich beteiligten Personen vorbereitet. 2. Nach welchen Kriterien werden diese Entscheidungen getroffen? Inwiefern wird die Rückfallgefahr mit in die Beurteilung einbezogen? Die Kriterien, nach denen Entscheidungen über die Eignung für den offenen Vollzug beziehungsweise für die Gewährung von Lockerungen getroffen werden, ergeben sich aus den für die jeweilige Haftart geltenden gesetzlichen Bestimmungen. Bei Strafge- Drucksache 21/13454 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 fangenen setzt eine Unterbringung im offenen Vollzug voraus, dass die Gefangenen dafür geeignet sind und nicht zu befürchten ist, dass sie sich dem Vollzug entziehen oder die Möglichkeiten des offenen Vollzuges zu Straftaten missbrauchen werden. Für die Gewährung von Lockerungen ist zu prüfen, ob verantwortet werden kann zu erproben, dass sich die Gefangenen dem Vollzug der Freiheitsstrafe nicht entziehen oder die Lockerungen nicht zu Straftaten missbrauchen werden. Die Rückfallgefahr ist somit ein zentraler Bestandteil der im Rahmen der Entscheidung vorzunehmenden Prüfung. Dies gilt für alle Arten der Strafhaft entsprechend. 3. Wie viele Gefangene wurden seit Beginn des Jahres 2018 aus jeweils welchen Gründen aus dem offenen Vollzug sowie der Außenstelle der Sozialtherapeutischen Anstalt Bergedorf zurückverlegt? Bitte pro Monat angeben. Im Abfragezeitraum hat es ausschließlich aus der JVA Glasmoor und aus der Außenstelle Bergedorf Rückverlegungen gegeben. Außenstelle Bergedorf: Jan 18 Feb 18 Mrz 18 Apr 18 Mai 18 Juni 18* Fluchtgefahr: 2 1 1 Missbrauchsgefahr: 1 2 Wegfall der Eignung: 1 1 2 JVA Glasmoor: Jan 18 Feb 18 Mrz 18 Apr 18 Mai 18 Juni 18* Fluchtgefahr: 2 2 3 1 1 Missbrauchsgefahr: 5 7 7 Wegfall der Eignung: 4 1 2 2 1 3 * bis 15.06.2018 4. Wie viele Gefangene aus dem offenen Vollzug sowie der Außenstelle der Sozialtherapeutischen Anstalt in Bergedorf sind seit Beginn des Jahres 2018 erneut mit der Begehung von Straftaten a. während ihrer Zeit im offenen Vollzug/Außenstelle Bergedorf b. während der Gewährung von Vollzugslockerungen in Erscheinung getreten? Bitte pro Monat angeben. Im Abfragezeitraum sind ausschließlich Gefangene der JVA Glasmoor mit der Begehung neuer Straftaten in Erscheinung getreten. Bei den in der Tabelle aufgeführten Fällen handelt es sich zunächst um Verdachtsfälle neuer Straftaten. Ob diese tatsächlich von den Verdächtigen begangen wurden, ergibt sich erst nach Abschluss des jeweiligen Strafverfahrens.   Jan 18  Feb 18  Mrz 18  Apr 18  Mai 18  Juni 18*  a.  7  0  6  6  4  1  b.  6  0  3  3  3  0  * bis 15.06.2018 5. Beabsichtigt die zuständige Behörde aufgrund des Urteils des Landgerichts Limburg, Änderungen hinsichtlich der Verfahrensweise bei Verlegungen in den offenen Vollzug vorzunehmen? Falls ja, welche? Falls nein, weshalb nicht? Das Urteil ist laut Informationen des Landgerichts Limburg noch nicht abgesetzt. Die zuständige Behörde hat es beim Gericht angefordert und wird die Notwendigkeit von Maßnahmen prüfen, sobald es vorliegt. Akuter Handlungsbedarf aufgrund der Pressemitteilung des Gerichts besteht nicht.