BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13492 21. Wahlperiode 26.06.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Cansu Özdemir (DIE LINKE) vom 19.06.18 und Antwort des Senats Betr.: Ausstellung von Schwerbehindertenausweisen beziehungsweise Schwer-in-Ordnung-Ausweisen Im November 2017 ging der Fall der 14-jährigen Schülerin durch die Medien, die anstelle eines Schwerbehindertenausweises einen Schwer-in-Ordnung- Ausweis beantragte. Ihr folgte ein Junge, der dies auch beantragte. Sozialsenatorin Melanie Leonhard gab an, dass es möglich sei, diese Bezeichnung zu wählen. Allerdings sei dies nur ein Begleitdokument, der offizielle und weiterhin so bezeichnete Schwerbehindertenausweis bestehe fort. Zudem wolle sich Hamburg dafür einsetzen, dass mehr Menschen den Schwer-in-Ordnung -Ausweis beantragen können. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Menschen mit Schwerbehinderungen gibt es aktuell in Hamburg ? Bitte auflisten nach Anzahl und Art der Behinderung (ob geistig, seelisch, körperlich, sinnlich) sowie Prozentzahl zur Einwohner-/-innenanzahl in Hamburg angeben. Art der Behinderung Anzahl Bevölkerungsanteil Geistig-seelisch einschl. zerebraler Störungen (ohne Querschnittslähmungen)* 34.712 1,85 % Körperlich (einschl. Querschnittslähmungen ) 83.937 4,46 % Sinnlich 14.772 0,79 % Ohne Zuordnung 10.602 0,56 % Gesamt 144.023 7,66 % * Eine statistische Trennung zwischen geistigen und seelischen Behinderungen erfolgt nicht. 2. Wie viele Anträge auf Schwerbehindertenausweise wurden seit 2015 gestellt? Bitte nach Jahren und Behinderungsgrad aufgliedern. Grad der Behinderung (GdB)/Jahr 2015 2016 2017 50 7208 6703 6545 60 3901 3523 3513 70 3136 2843 2690 80 4002 3704 3394 90 1505 1360 1286 100 6787 6521 5973 Gesamt 26539 24654 23401 3. Wie viele Anträge auf Ausweise mit alternativen Bezeichnungen dazu wurden seit 2015 gestellt? Bitte nach Jahren zur Bewilligung, Ablehnung, Behörde und Bezeichnungswünschen für die Alternativen angeben. Drucksache 21/13492 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Aus der Zeit Januar 2015 bis November 2017 sind keine Anträge auf Ausweise mit alternativer Bezeichnung bekannt. Ausweishüllen mit der Bezeichnung „Schwer-in Ordnung-Ausweis“ wurden ab Dezember 2017 an bislang 86 Einzelpersonen übersandt . Hinzu kommen 200 Hüllen, die zum Beispiel von Schwerbehindertenvertretungen abgefordert wurden. Ablehnungen gab es nicht. 4. Wie läuft das Prozedere genau bei Beantragung eines Schwer-in- Ordnung-Ausweises? Bitte nach Funktion des Ausweises, Auftrag aufnehmender und Antrag ausstellender Behörde angeben. Die Anfragen gehen schriftlich oder telefonisch beim Versorgungsamt Hamburg ein. Die zuständige Behörde fertigt ein Anschreiben und verschickt die Hüllen am selben Tag über die Post. 5. Wie lange dauert durchschnittlich die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises seit 2015? Bitte nach Jahren und Zeitspannen von Antragsbeginn bis Aushändigung des fertigen Ausweises angeben. 6. Wie lange dauert durchschnittlich die Ausstellung eines Schwer-in-Ordnung -Ausweises? 7. Wie verläuft das Prozedere der Ausstellung von Behinderungsgraden? Der Antrag zur Feststellung einer Behinderung kann online oder schriftlich beim Versorgungsamt Hamburg gestellt werden. Ein persönliches Erscheinen ist nicht erforderlich . Um prüfen zu können, in welchem Umfang eine Behinderung vorliegt, werden entsprechende medizinische Unterlagen benötigt. Diese Unterlagen werden von den behandelnden Ärzten, bei Krankenhäusern und Reha-Kliniken angefordert, soweit eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht erfolgt ist. Die medizinischen Unterlagen werden durch ärztliche Gutachter geprüft und die Funktionsstörungen je nach der Schwere ihrer Auswirkungen mit einem GdB bewertet. Eine persönliche Untersuchung ist nur in Ausnahmefällen erforderlich. Nach Abschluss der medizinischen Begutachtung teilt das Versorgungsamt seine Entscheidung in einem Feststellungsbescheid mit. Darin wird über den GdB sowie die zugrunde liegenden Gesundheitsstörungen entschieden und zugleich festgestellt, ob und welche gesundheitlichen Merkmale (Merkzeichen) für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen vorliegen. Der Antragsteller oder die Antragstellerin kann nun noch entscheiden, ob ein Schwerbehindertenausweis ausgestellt werden soll. Die Herstellung und Zusendung auf dem Postwege dauert etwa zehn Arbeitstage. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer insgesamt, von der Antragstellung bis zur Ausstellung des Ausweises, betrug insbesondere aufgrund der Begutachtungserfordernisse beziehungsweise der Anforderung von Unterlagen 110 Tage in 2015, 109 Tage in 2016 und 117 Tage im Jahr 2017. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. 8. Nach welchen Kriterien werden die Behinderungsgrade vergeben und wer oder was kontrolliert das nach welchen Kriterien? Art und Umfang der Gesundheitsstörungen, die Bezeichnung der Behinderung und die Angabe des GdB erfolgen nach der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) herausgegebenen Versorgungsmedizin-Verordnung. 9. Inwiefern wurde der Inklusionsbeirat des Bundes zu Rate gezogen bei der Frage der Neubenennung von Schwerbehindertenausweisen? Bitte auflisten nach Anzahl der Treffen dazu, Datum, Angabe der Teilnehmenden und Zusammenfassung der Ergebnisse der Treffen. Wenn nicht, warum nicht? 10. Inwiefern wird die Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen in Hamburg zur Frage der Ausstellung und Bezeichnung von Schwerbehindertenausweisen oder deren Alternativbenennung in Hamburg zu Rate gezogen? Bitte auflisten nach Anzahl der Treffen dazu, Datum, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13492 3 Angabe der Teilnehmenden und Zusammenfassung der Ergebnisse der Treffen. Wenn nicht, warum nicht? Die Bezeichnung und das Layout des Ausweises nach § 152 Absatz 5 SGB IX über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch sind in der Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV) bundeseinheitlich geregelt. Im Sinne des behinderungspolitischen Grundsatzes „Nichts über uns, ohne uns!“ hat sich die Präses der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration im Dezember 2017 bei der damaligen Behindertenbeauftragten des Bundes dafür eingesetzt, dass die Diskussion um eine Neubezeichnung ergebnisoffen in den Inklusionsbeirat des Bundes getragen wird, um hierüber eine qualifizierte Empfehlung für eine bundeseinheitliche Bezeichnung zu erzielen, die im Sinne der Menschen mit Behinderung ist. Eine weitere Beratung in der Sache mit der Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen in Hamburg war insofern nicht angezeigt.