BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13496 21. Wahlperiode 26.06.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jennyfer Dutschke und Daniel Oetzel (FDP) vom 19.06.18 und Antwort des Senats Betr.: Gesundschreibungen in Kinderkrippen, Kindergärten, Kindertagesstätten , Kinderhorten, Schulen oder sonstigen Ausbildungseinrichtungen In einigen Einrichtungen, wie Kinderkrippen, Kindergärten, Kindertagesstätten , Kinderhorten, Schulen oder sonstigen Ausbildungseinrichtungen, werden von den Eltern Atteste darüber eingefordert, dass die Kinder nach einem Infekt diese wieder besuchen können. Dies geschieht bei einigen Erkrankungen auf Basis des § 34 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG). Im Hamburger Kinderbetreuungsgesetz (KibeG) beispielsweise ist eine etwaige Pflicht zur Gesundschreibung von Kindern nicht explizit kodifiziert. Auch in § 36 in Verbindung mit § 33 des Infektionsschutzgesetzes ist zwar bestimmt, dass Kinderkrippen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Kinderhorte , Schulen oder sonstige Ausbildungseinrichtungen, Heime, Ferienlager und ähnliche Einrichtungen innerbetriebliche Verfahrensweisen zur Infektionshygiene festzulegen haben, nicht jedoch, wie diese auszusehen haben. Mit ihrem Antrag Drs. 21/12654 – Entwicklung eines Leitfadens für Kindertagesstätten zur Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes und zum Umgang mit Infektionskrankheiten in Zusammenarbeit mit den Kita-Verbänden – fordert die Bürgerschaft den Senat mit den Stimmen von SPD, GRÜNEN, FDP und AfD auf, ergänzend zum „Rahmen-Hygieneplan gemäß § 36 Infektionsschutzgesetz für Kindereinrichtungen“ (Kinderkrippen, -gärten, -tagesstätten, auch integrativ, und Kinderhorte) einen Leitfaden für Kindertagesstätten zur Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes und zum Umgang mit Infektionskrankheiten in Zusammenarbeit mit den Kita-Verbänden zu entwickeln“.1 Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Gemäß des Bürgerschaftlichen Ersuchens aus Drs. 21/12654 hat die für Gesundheit zuständige Behörde mit der Entwicklung eines Kita-Gesundheitsleitfadens begonnen. In diesem Rahmen soll auch die Frage des Umgangs mit Infektionskrankheiten geklärt werden. Ziel ist es dabei, eine einheitliche Praxis in Kitas in der Handhabung mit und der Bekämpfung von Infektionskrankheiten weiter zu fördern und zu erreichen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Kinderkrippen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Kinderhorte, Schulen oder sonstige Ausbildungseinrichtungen der Freien und Hansestadt Hamburg verlangen momentan für welche Krankheiten von Eltern eine Gesundschreibung ihrer Kinder für Erkrankungen, die nicht im § 34 1 Vergleiche Drs. 21/12654. Drucksache 21/13496 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen aufgeführt sind? (Bitte aufschlüsseln nach Anzahl der Kinderkrippen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Kinderhorte, Schulen oder sonstigen Ausbildungseinrichtungen.) 2. Wie viele Kinderkrippen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Kinderhorte, Schulen oder sonstige Ausbildungseinrichtungen verlangen keinerlei Gesundschreibungen für Krankheiten, die nicht im § 34 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen aufgeführt sind? (Bitte aufschlüsseln nach Anzahl der Kinderkrippen , Kindergärten, Kindertagesstätten, Kinderhorte, Schulen oder sonstigen Ausbildungseinrichtungen.) Die für Kindertagesbetreuung zuständige Behörde verfügt nicht über die zur Beantwortung dieser Fragestellung erforderlichen Informationen. Sie hat deshalb die Vertragspartner des Landesrahmenvertrages „Kinderbetreuung in Tageseinrichtungen“ (Arbeiterwohlfahrt Landesverband Hamburg e.V.; Caritasverband für Hamburg e.V.; Deutsches Rotes Kreuz Landesverband Hamburg; Der PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband Hamburg e.V. Landesverband Hamburg; Diakonisches Werk Hamburg e.V., Kindermitte e.V. – Bündnis für soziales Unternehmertum und Qualität in der Kindertagesbetreuung e.V.; SOAL – Alternativer Wohlfahrtsverband e.V. Landesverband Hamburg, Elbkinder – Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten gGmbH) und die nicht organisierten Träger von Kindertageseinrichtungen gebeten, die entsprechenden Auskünfte zu erteilen. In der für die Beantwortung dieser Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit hat die für Kindertagesbetreuung zuständige Behörde von neun Trägern mit insgesamt 202 Kindertageseinrichtungen Antworten erhalten. 200 Kitas der neun Träger verlangen momentan keinerlei Gesundschreibungen für Krankheiten, die nicht im § 34 IfSG aufgeführt sind, wobei die Elbkinder – Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten gGmbH sich in ihren 185 Kitas an den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts zum Ausschluss aus der Gemeinschaftsbetreuung und zur Wiederzulassung für alle üblicherweise vorkommenden Infektionskrankheiten orientieren . Zwei Kitas verlangen derzeit bei allen ansteckenden Krankheiten von Eltern eine Gesundschreibung ihrer Kinder. Für die Schulen werden diese Informationen von der für Bildung zuständigen Behörde statistisch nicht erfasst. Grundsätzlich ist laut Richtlinie für den Umgang mit Schulpflichtverletzungen (siehe http://www.hamburg.de/contentblob/64418/ 8fdd0027639651eaa88bc8583bc8f633/data/bbs-hr-schulpflichtverletzungen-pdf- 2013.pdf) ein regelhafter Schulbesuch durch Beratung der Sorgeberechtigten und Schülerinnen und Schüler sicherzustellen. Diese Beratung liegt in Hand der Einzelschule . Gespräche des Referats Gesundheit des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung mit um Unterstützung bittenden Lehrkräften zeigen, dass es sich bezogen auf den dargelegten Sachverhalt um einzelfallspezifische Situationen handelt. Im Übrigen siehe Drs. 21/29 und 21/8357. 3. Auf welcher gesetzlichen Basis verlangen Kinderkrippen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Kinderhorte, Schulen oder sonstige Ausbildungseinrichtungen aktuell Gesundschreibungen von Eltern für Erkrankungen, die nicht im § 34 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen aufgeführt sind? Die Schule hat nach § 31 Hamburgisches Schulgesetz die Schülerinnen und Schüler vor Selbst- und Fremdgefährdungen zu schützen. Ist ein Kind nicht gesund, kann die Teilnahme am Unterricht eine Beeinträchtigung der Gesundheit dieses Kindes bedeuten . Diese Gefahr kann die Schule ausschließen, indem sie eine „Gesundschreibung“ verlangt. Eine solche Anweisung ist jedoch nur dann verhältnismäßig, wenn die Schule Kenntnis von einer entsprechend schweren Erkrankung hat und Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Kind zu früh den Belastungen des Schulbesuches ausgesetzt wird. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13496 3 Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) stellt eine bundesrechtliche spezialgesetzliche Lösung der Gefahrenabwehr in Bezug auf die von einem Infektionsträger ausgehende Ansteckungsgefahr dar. Eine „Gesundschreibung“ kann deshalb nach den allgemeinen Grundsätzen des Polizeirechtes nicht mit dem Argument verlangt werden, diese müsse zur Abwehr der den anderen Schülerinnen und Schülern drohenden Infektionsgefahr verlangt werden, wenn die entsprechende Erkrankung nicht vom IfSG erfasst wird. Der Landesrahmenvertrag „Kinderbetreuung in Tageseinrichtungen“ legt fest, dass Kinder während einer Krankheit grundsätzlich nicht in der Kita betreut werden. Über den § 34 des IfSG hinaus gibt es keine gesetzliche Grundlage für Kitas, Gesundschreibungen von den Eltern einzufordern. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Wie beurteilt der Senat das Risiko einer erneuten Infektion von Kindern bei einem verpflichtenden Besuch eines gesundeten Kindes in einer Kinderarztpraxis zum Zwecke der Gesundschreibung? Das Risiko wird als sehr gering angesehen. 5. Wie beurteilt der Senat die Möglichkeit der Gesundschreibung von Kindern zum Beispiel über Videotelefonie, um ein etwaiges Infektionsrisiko zu minimieren? Zum Infektionsrisiko siehe Antwort zu 4. Ansonsten gelten die standesrechtlichen Einschränkungen des Fernbehandlungsverbots in der jeweilig aktuellen Fassung. 6. Welche Bindungswirkung wird voraussichtlich der geplante Leitfaden auf die Kindereinrichtungen entfalten? 7. Wer wurde und wer wird voraussichtlich bei der Erstellung des Leitfadens aus welchem Grunde zu Rate gezogen? Die Planungen zum Kita-Gesundheitsleitfaden sind noch nicht abgeschlossen. Es ist vorgesehen, die relevanten Akteure bei der Erstellung des Kita-Gesundheitsleitfadens einzubeziehen. Im Übrigen siehe Drs. 21/12654.