BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13507 21. Wahlperiode 26.06.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider und Cansu Özdemir (DIE LINKE) vom 20.06.18 und Antwort des Senats Betr.: Europaweite Durchsuchungen nach dem G20-Gipfel Am 29. Mai 2018 wurden in Frankreich, Spanien, Italien und der Schweiz neun Objekte durchsucht. Dabei wurden laut einer Pressemitteilung der Polizei Hamburg Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt, unter anderem zum Tatkomplex Elbchaussee. Zudem werde nach einem männlichen Tatverdächtigen des Elbchaussee-Komplexes gefahndet, gegen den ein EU-Haftbefehl bestehe. Insgesamt haben sich die Maßnahmen gegen sieben männliche Personen im Alter von 22 bis 32 Jahren gerichtet. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. In der Pressemitteilung wird verlautbart, dass die von den Ermittlungsmaßnahmen betroffenen Personen in dem Verdacht stünden, aus einer Gruppe heraus eine Vielzahl von schweren Straftaten begangen zu haben. Welche Straftaten werden den Beschuldigten jeweils vorgeworfen und auf welche Tatkomplexe (Tatort/Tatzeit) beziehen sich die Vorwürfe jeweils? Im Komplex „Elbchaussee“ (Tatzeit 7. Juli 2017) wird vier der sieben Beschuldigten, gegen die sich die im Ausland vollstreckten Maßnahmen richteten, Brandstiftung (Verbrechen mit einer Mindeststrafandrohung von einem Jahr Freiheitsstrafe) in Tateinheit mit Landfriedensbruch im besonders schweren Fall (Vergehen mit einer Strafandrohung von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe) gemäß §§ 125, 125a, 306 StGB, vorgeworfen. Gegen einen dieser Beschuldigten besteht zudem der Verdacht der gefährlichen Körperverletzung (§§ 223, 224 StGB) sowie des Verstoßes gegen das WaffG. Ihm werden insoweit drei weitere Taten vorgeworfen, alle begangen am Abend des 7. Juli 2017 an anderen Tatorten. Den drei anderen Beschuldigten werden Landfriedensbruch im besonders schweren Fall in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte im besonders schweren Fall gemäß §§ 113, 114, 125, 125a, 223, 224 StGB – jeweils begangen aus einer Gruppe heraus – zur Last gelegt (Tatzeiten: 7. Juli 2017, verschiedene Tatorte). Der Senat sieht unter Hinweis darauf, dass es sich um laufende Ermittlungsverfahren handelt, von weiteren Angaben zur Sache ab. 2. Auf welche Erwägungen stützt sich der Erlass eines europäischen Haftbefehls gegen den französischen Tatverdächtigen? Da der Beschuldigte sich nicht in Deutschland aufhält, war zur Durchführung der internationalen Fahndung und Auslieferung ein Europäischer Haftbefehl auszustellen. Drucksache 21/13507 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 3. Wurde nach den betroffenen Personen im Rahmen der Öffentlichkeitsfahndung in Deutschland oder im Rahmen der polizeiinternen Öffentlichkeitsfahndung bereits gefahndet? Wenn ja, in welcher Fahndung und mit welchem Ergebnis? Nach zwei der von den Maßnahmen betroffenen (anfangs unbekannten) Beschuldigten wurde zunächst erfolglos polizeiintern gefahndet. Anschließend wurden die Personen aufgrund eines richterlichen Beschlusses zur Öffentlichkeitsfahndung ausgeschrieben . Beide Beschuldigte wurden identifiziert. 4. Welche Erwägungen haben dazu geführt, dass elf Monate nach der vorgeworfenen Tat weiterhin eine hinreichende Auffindewahrscheinlichkeit für Beweismittel angenommen wird, die den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses rechtfertigt? Es war weiterhin davon auszugehen, dass die Beschuldigten die gesuchten Beweismittel in ihrem Besitz haben würden. 5. Wie viele Bedienstete der SoKo „Schwarzer Block“ waren bei den jeweiligen Durchsuchungen anwesend und um Bedienstete welcher Dienststellen (Hamburger LKA, BKA et cetera) handelte es sich dabei jeweils? Bei der Vollstreckung von Durchsuchungsbeschlüssen am 29. Mai 2018 betreffend G20-Verfahren waren deutsche Polizeibeamte wie folgt anwesend: Land Anzahl Beamte gesamt davon Frankreich 2 1 x LKA Hamburg 1 x Bundespolizei Italien 4 2 x LKA Hamburg 1 x Polizei Nordrhein-Westfalen 1 x Bundeskriminalamt Schweiz 2 2 x LKA Hamburg Spanien 4 3 x LKA Hamburg 1 x Polizei Niedersachsen 6. Auf Grundlage welcher bilateralen oder auf Ebene der Europäischen Union geschlossenen Vereinbarung zur Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres gründeten die mit Unterstützung „zahlreicher weiterer Polizeidienststellen sowie der EU-Justizbehörde Eurojust“ (vergleiche Pressemitteilung der Polizei vom 29.05.2018) durchgeführten Durchsuchungen und welche Maßnahmen im Nachgang des G20-Gipfles werden auf Grundlage von EU-Maßnahmen im Bereich Justiz und Inneres (auch Europol) durchgeführt? Sofern es sich um eine europäische Ermittlungsanordnung oder gemeinsame Ermittlungsgruppe handelt, bitte die die jeweils beteiligten Polizeidienststellen oder Agenturen nennen. Zur Umsetzung der Maßnahmen wurden durch die Staatsanwaltschaft Rechtshilfeersuchen gestellt. Dies geschah für die Schweiz und Spanien aufgrund von Artikel 3 des Europäischen Übereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen und für Italien und Frankreich in Form von Europäischen Ermittlungsanordnungen auf Grundlage der Richtlinie 2014/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen. Diese Rechtshilfeersuchen wurden über Eurojust an die jeweils zuständigen Behörden in Italien, Frankreich und Spanien gesteuert. Die Rechtshilfe mit der Schweiz wurde ohne Beteiligung von Eurojust vorgenommen.