BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13509 21. Wahlperiode 26.06.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 20.06.18 und Antwort des Senats Betr.: Der islamische Gebetsruf in Hamburg Im Islam ist vorgesehen, dass der Muezzin die Gläubigen fünfmal täglich sowie freitags zum Gebet ruft. Der islamische Gebetsruf (arabisch aḏān) wird grundsätzlich in arabischer Sprache artikuliert und öffentlich ausgestrahlt. Bei großen Moscheen erklingt er gewöhnlich über die Minarette, welche zu diesem Zweck mit Lautsprecheranlagen ausgestattet sind. Da in den vier sunnitischen Rechtsschulen ein Konsens darüber besteht, dass der Ruf zum Gebet verpflichtend ist, möchten Muslime diesen auch in Deutschland verwirklicht sehen. Man kann konstatieren, dass gegenwärtig verschiedene Auffassungen darüber existieren, ob diese Forderung durch Artikel 4 GG gedeckt ist. Nachdem eine Moscheegemeinde im nordrhein-westfälischen Oer-Erkenschwick zunächst die Genehmigung der Stadtverwaltung zur öffentlichen Ausstrahlung des Gebetsrufs erhalten hatte, erklärte das Verwaltungsgericht diese Entscheidung 2014 für unzulässig. Zuvor hatte ein Anwohner Klage eingereicht, der sich durch den islamischen Gebetsruf in seiner religiösen Identität als Christ diskriminiert fühlte. Bei seiner Urteilsbegründung argumentierte das Verwaltungsgericht, der Kläger habe faktisch keine Möglichkeit, sich dem Gebetsruf zu entziehen, weshalb man ihn nicht nötigen könne, diesen gegen seinen Willen auszuhalten. Auf diese Entscheidung reagierte die betroffene Moscheegemeinde mit einem Revisionsverfahren . Im Gegensatz dazu sind jedoch auch Städte bekannt, in denen der islamische Gebetsruf längst zum Alltag gehört, wie zum Beispiel in Düren, wo dieser seit 20 Jahren öffentlich ausgestrahlt wird. Auch in Hamburg, wo gegenwärtig etwa 130.000 Muslime leben, existieren repräsentative Moscheen. Zu den bedeutsamsten von ihnen zählen etwa die Blaue Moschee an der Außenalster sowie die Centrum-Moschee in St. Georg, welche beide über jeweils zwei Minarette verfügen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Moscheen in Hamburg verfügen gegenwärtig über Minarette? Bitte nicht nur die betroffene Moscheegemeinde, sondern auch die Höhe der Minarette angeben. Siehe Drs. 21/9104. 2. In wie vielen Moscheen erklingt gegenwärtig der islamische Gebetsruf? Die Frage bitte in Hinblick auf nachfolgend genannte Aspekte beantworten : a) Anzahl der Gebetsrufe pro Tag b) Zeiten der Gebetsrufe Drucksache 21/13509 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 c) Standort der Lautsprecher am Gebäude (Minarette, Hauswand, Türen) Auf Befragen haben die drei islamischen Verbände DITIB, SCHURA und VIKZ das Folgende mitgeteilt: DITIB In den Moscheegemeinden werden Gebetsrufe nicht nach Außen ausgerufen . SCHURA Von den Minaretten erfolgt kein Gebetsruf und auch sonst besteht kein elektronisch verstärkter Gebetsruf bei einer Moschee. VIKZ Der Ezan (Gebetsruf) in den Moscheen wird ausschließlich intern/ innerhalb des Gebäudes ausgerufen. Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen dem Senat nicht vor. 3. Welche gesetzlichen Regelungen normieren die öffentliche Ausstrahlung des islamischen Gebetsrufs in Hamburg? 4. Welche Voraussetzungen müssen für die öffentliche Ausstrahlung des islamischen Gebetsrufs erfüllt sein? Bitte auch auf Aspekte wie Lautstärke in Dezibel/Entfernung und Tageszeit eingehen. Grundsätzlich sind die Rufe eines Muezzin – ebenso wie beispielsweise liturgisches Glockengeläut – durch das Recht auf ungestörte Religionsausübung (Artikel 4 Absatz 2 des Grundgesetzes) geschützt. Dieser Schutz ist jedoch nicht schrankenlos. Für eine Bewertung sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. 5. Inwieweit werden die ansässigen Bürger in einen Entscheidungsprozess zur Genehmigung des islamischen Gebetsrufs eingebunden? 6. Sind gemäß geltendem Recht in Hamburg auch öffentliche Gebetsrufe zu den geltenden Ruhe- beziehungsweise Nachtzeiten möglich? Falls ja, unter welchen Voraussetzungen? 7. Hat es in der Vergangenheit bereits gerichtliche Klagen gegen die öffentliche Ausstrahlung des islamischen Gebetsrufes gegeben? Falls ja, wann haben diese stattgefunden und wie sind sie beschieden worden? 8. In wie vielen Fällen ist die öffentliche Ausstrahlung des islamischen Gebetsrufs in der Vergangenheit gerichtlich durch Moscheegemeinden erwirkt worden? Welche Voraussetzungen waren dabei gegeben? 9. Wie viele Moscheegemeinden beabsichtigen gegenwärtig nach Kenntnis des Senats, in Zukunft öffentlich zum Gebet rufen zu lassen? 10. Unter welchen Bedingungen können vormals erteilte Genehmigungen zur öffentlichen Ausstrahlung des islamischen Gebetsrufes wiederrufen werden? 11. In wie vielen Fällen ist dies in der Vergangenheit passiert? Dem Senat liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass der Gebetsruf in Hamburg außerhalb von Moscheeräumen praktiziert wird. Daher konnte auch kein derartiges Genehmigungsverfahren ermittelt werden. Es liegen auch keine Genehmigungsanträge vor. Auch entsprechende gerichtliche Verfahren sind dem Senat daher nicht bekannt. Für die Rücknahme und den Widerruf einer entsprechenden Genehmigung würden die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen (vergleiche §§ 48, 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes) gelten.