BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13525 21. Wahlperiode 29.06.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 21.06.18 und Antwort des Senats Betr.: Mietpreisbremse gegen den Baum gesetzt? Der Senat und die ihn tragenden Parteien SPD und GRÜNE gefallen sich in der Rolle, beachtenswerte Schritte im Wohnungsbau zu gehen. Doch unwirsch wird von deren Seite reagiert, wenn es, wie in der Bürgerschaftsdebatte zur Deckelung der SAGA-Mieten, um die Kritik an der Mietenexplosion in Hamburg geht. Schließlich baue man doch alljährlich tausende Wohnungen … Angesichts der galoppierenden Mietenentwicklung ist es mehr als nur eine vergessene Hausarbeit, wenn der Senat jetzt einräumen muss, die nötige Veröffentlichung der Begründung für die „Mietpreisbremse“ monate- wenn nicht jahrelang unterlassen zu haben. Sicher sind bestimmte Äußerungen in den Medien, von wegen die Mietpreisbremse in Hamburg sei „praktisch tot“ oder das „Gericht kippt Mietpreisbremse in der jetzigen Form“ („Hamburger Abendblatt“, 15.6.2018), durchaus fragwürdig und tragen dazu bei, die um ihre Rechte kämpfenden Mieter/-innen zu verunsichern und Mietentreiber/ -innen zu ermuntern. Es bleibt jedoch unzweifelhaft, dass die Realisierung der sowieso schon höchst beschränkten Mietpreisbremse, mithin die Arbeit der zuständigen Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, mangelhaft war und nun den ersten Mietern/-innen auf die Füße fällt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat hat bei Erlass der Mietpreisbegrenzungsverordnung im Jahr 2015 die gesetzlichen Vorschriften, insbesondere die Regelungen der Ermächtigungsgrundlage § 556d BGB und die landesrechtlichen Regelungen zur Ausfertigung und Verkündung von Rechtsverordnungen, eingehalten. Eine Begründung der Verordnung lag bei ihrem Erlass vor und wurde durch den Senat im Einzelfall herausgegeben. Diese Praxis hat das Landgericht Hamburg in seinem Urteil zu einem Fall für unzureichend erachtet und aus der Begründungspflicht eine Veröffentlichungspflicht abgeleitet. Dabei hat das Gericht nicht darüber entschieden, ob infolge der vom Senat im Jahr 2017 nachgeholten Veröffentlichung der Begründung die Wirksamkeitsvoraussetzungen der Mietpreisbremse seit Veröffentlichung vorliegen. Anlässlich der Gerichtsentscheidung bereitet der Senat derzeit im Interesse der Rechtssicherheit von Mieterinnen und Mietern sowie Vermieterinnen und Vermietern den Neuerlass der Mietpreisbegrenzungsverordnung vor. Nach Sichtung der Urteilsgründe der Entscheidung des Landgerichts ist ein zeitnaher Neuerlass beabsichtigt. 1. Zum 1. Juli 2015 hat die Freie und Hansestadt Hamburg die durch Bundesrecht geschaffene Möglichkeit einer „Mietpreisbremse“ für ganz Hamburg in Kraft gesetzt. Warum ist damals nicht gleich eine Begründung für die zunächst auf fünf Jahre (bis zum 30.6.2020) befristete Mietpreisbremse geliefert worden? Drucksache 21/13525 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Siehe Vorbemerkung. 2. Welche Diskussionen beziehungsweise Konflikte gab es zu diesem Thema im „Bündnis für das Wohnen in Hamburg“ seit 2015? Welche Positionen wurden seitens der Eigentümer- und Vermieterverbände bezogen, wie hat der Senat darauf reagiert? 3. „Die Welt“ vom 11. Juni 2015 berichtete über die Drohung des Grundeigentümer -Verbandes, aus diesem Bündnis auszusteigen, wenn die Mietpreisbremse für ganz Hamburg verkündet würde. Weiter hieß es, quasi als Versöhnungsangebot des Senats: „So hat die Stadtentwicklungsbehörde gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft ein Gutachten zur Wohnungsmarktlage in Auftrag gegeben.“ Um welches Gutachten handelt es sich dabei, wo beziehungsweise wann ist es veröffentlicht worden und was sind die wichtigsten Erkenntnisse? Im Rahmen des Bündnisses für das Wohnen in Hamburg wurde die Einführung der Mietpreisbremse in Hamburg mit den Verbänden der Wohnungswirtschaft diskutiert. Die Verbände hatten sich dabei gegen eine flächendeckende Einführung der Mietpreisbremse ausgesprochen. In der Drs. 21/860 wurde der Bürgerschaft mitgeteilt, dass zur Hälfte der 21. Legislaturperiode eine Evaluation der Auswirkungen der Mietpreisbegrenzungsverordnung erfolgen soll. Die Evaluation wird derzeit durch einen externen Gutachter durchgeführt. Ein Gutachten zur Wohnungsmarktlage wird in Abstimmung mit den Partnern des Bündnisses für das Wohnen in Hamburg hingegen nicht mehr verfolgt. 4. An anderer Stelle, in der „Vereinbarung“ des Bündnisses für das Wohnen in Hamburg von 2015, heißt es, „der Senat wird prüfen, ob eine Bundesratsinitiative zur Ertüchtigung des § 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes wiederaufgegriffen werden soll und sich dazu mit Wohnungswirtschaft und Mietervereinen beraten, um eine möglichst einvernehmliche Lösung anzustreben.“ Was ist aus diesem Vorhaben geworden, welche Initiative hat der Senat wann und wo genau ergriffen? Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. 5. Nachdem das Landgericht in einem konkreten Fall am 14. Juni 2018 die Mietpreisbremse für ungültig erklärt hatte, weil die Begründung dafür nicht rechtzeitig vorgelegen habe, erklärte der ehemalige stadtentwicklungspolitische Sprecher und jetzige Vorsitzende der SPD-Bürgerschaftsfraktion großmundig, am 19. Juni würde der Senat „eine juristisch wasserdichte Neufassung der Mietpreisbremse beschließen“. Daraus ist allerdings so gar nichts geworden. Wann wird der Senat eine Neufassung der Mietpreisbremse vorlegen und welche Eckpunkte wird sie haben? Siehe Vorbemerkung. 6. Für welche Personen- beziehungsweise Mieter-/-innengruppen genau hat die lange verzögerte Begründung für die Mietpreisbremse potenziell negative Auswirkungen? 7. Für welche Mieter-/-innenhaushalte hat die verzögerte Begründung für die Mietpreisbremse keine negativen Konsequenzen, wenn sie vor Gericht gehen, um die Einhaltung der Mietpreisobergrenze einzuklagen? Siehe Vorbemerkung. 8. Wie gedenkt der Senat im konkreten Fall des klagenden Mieters der Bleickenallee vorzugehen, der sich ja im festen Vertrauen auf die Rechtswirksamkeit der vom Senat verkündeten Mietpreisbremse vor Gericht begeben hat, nun mit der juristischen Niederlage und Gerichtskosten in vierstelliger Größenordnung konfrontiert ist und zudem mit einer eher unfreundlichen Reaktion des Vermieters rechnen muss? Hat der Senat an eine Unterstützung des betreffenden Mieters gedacht, gegebenenfalls an die Übernahme der Gerichtskosten? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13525 3 Wenn nein, warum nicht? Es ist dem Senat sehr wichtig, die Hamburger Mieterinnen und Mieter vor überhöhten Mieten zu schützen. Das ist in dem durch das Landgericht entschiedenen Fall leider nicht gelungen. Das zivilrechtliche Prozesskostenrisiko im Einzelfall kann dennoch nicht durch den Senat übernommen werden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 9. Was plant der Senat, um dem dramatischen Umstand entgegenzuwirken , dass „bei 60 bis 70 Prozent der Neu- oder Wiedervermietungen eine Miete verlangt wird, die gegen die Mietpreisbremse verstößt“ (Mietervereinschef Chychla im „Hamburger Abendblatt“ vom 12.6.2018)? Der Senat sieht in ständiger Praxis davon ab, die Presseberichterstattung zu kommentieren . 10. Wie viel Personal ist auf Ebene des Senats und der sieben Bezirke damit beschäftigt, die Einhaltung der Mietpreisbremse zu kontrollieren beziehungsweise durchzusetzen? Die Durchsetzung von entsprechenden Ansprüchen geschieht im Zivilrechtswege, gegebenenfalls vor den ordentlichen Gerichten. 11. Wie steht der Senat zum Gesetzentwurf zur Modernisierung des sozialen Mietrechts (Mietrechtsmodernisierungsgesetz), den der Berliner Senat am 29. Mai 2018 beschlossen hat und der dem Bundesrat vorgelegt worden ist? 11.1. Wie steht der Senat im Einzelnen zur Aufhebung der Befristung der Mietpreisbremse? Festlegung, dass zukünftig die Mietpreisbremse auch im Falle einer höheren Vormiete und bei umfassend modernisierten Wohnungen Gültigkeit erlangt? Begrenzung des Möblierungszuschlages bei einer möblierten oder teilmöblierten Wohnung auf einen angemessenen Betrag? Verschärfung der Gesetzeslage bei einem Verstoß gegen die Mietpreisbremse qua Erklärung zu einer verfolgbaren Ordnungswidrigkeit im Wirtschaftsstrafgesetz? Der Senat hat sich hiermit nicht befasst.