BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13537 21. Wahlperiode 29.06.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 22.06.18 und Antwort des Senats Betr.: Kategorisierung der Straftaten in der PMK zum Thema „Antisemitismus “ Antisemitische Angriffe von Muslimen auf Juden häufen sich in letzter Zeit und sind mittlerweile auch in der öffentlichen Wahrnehmung angekommen. In Berlin wurde ein Kippa-tragender Israeli am Prenzlauer Berg von dem Geflüchteten mit syrisch-palästinensischer Herkunft Knaan Al S. bedroht, mit einem Gürtel angegriffen und verletzt.1 Im Juni bedrohten drei Araber einen Juden am Berliner-Bahnhof Zoo und drohten ihm damit, ihn auf brutalste Weise umzubringen.2 Häufig kommt es auch zum Zeigen des Hitlergrußes, wie etwa am 9. Juni 2018 auf der alljährlich stattfinden “Al-Quds Demo” in Berlin.3 Diese Aufzählung ließe sich noch erweitern um jüdische Schüler, die von ihren muslimischen Mitschülern in der Schule gemobbt wurden. Derartige Tatbestände werden jedoch nicht in der Statistik für Politisch motivierte Kriminalität – (PMK) abgebildet. Die PMK-Antisemitismus gliedert sich in die Kategorien „PMK-rechts”, „PMK-links”, „PMK-sonstige” und „PMK- Ausländer“, wobei letztere seit Januar 2017 noch in die Unterkategorien „PMK-ausländische Ideologie” und „PMK-ausländische Religion” differenziert wurde. Die Zahl antisemitischer Angriffe wird nicht selten fälschlicherweise der rechts motivierten politischen Kriminalität zugeordnet. Darauf weist auch der Bericht des unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus hin: „Fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten werden grundsätzlich immer dann dem Phänomenbereich PMK-Rechts zugeordnet, wenn keine weiteren Spezifika erkennbar sind (z.B. nur der Schriftzug »Juden raus«) und zu denen keine Tatverdächtigen bekannt geworden sind. Damit entsteht möglicherweise ein nach rechts verzerrtes Bild über die Tatmotivation und den Täterkreis.”4 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Im Jahr 2017 wurde das der Erfassung der Politisch Motivierten Kriminalität (PMK) zugrunde liegende Definitionssystem überarbeitet. Der Begriff „Politisch motivierte Ausländerkriminalität (PMAK)“ wird seit dem 1. Januar 2017 nicht mehr verwendet, sondern es werden die Phänomenbereiche „PMK -ausländische Ideologie-“ und „PMK -religiöse Ideologie-“ bei der Erfassung zugrunde gelegt; siehe Drs. 21/11620. 1 https://www.bild.de/regional/berlin/antisemitismus/anklage-gegen-berliner-antisemit- 55739650.bild.html. 2 https://www.bild.de/regional/berlin/antisemitismus/wegen-israelischer-musik-geschlagen- 55892780.bild.html. 3 https://jfda.de/blog/2018/06/14/auswertung-al-quds-marsch-2018/, Abbildung 9. 4 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/119/1811970.pdf, Seite 34. Drucksache 21/13537 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele antisemitische Straftaten sind in Hamburg 2015, 2016, 2017 und 2018 in der PMK gemeldet worden? Bitte nach den Kategorien „rechts”, „links”, „sonstige” und „Ausländer” mit den Unterkategorien PMK-ausländische Ideologie und PMK-ausländische Religion aufschlüsseln . a. Wie viele davon wurden als „PMK-links” erfasst? b. Wie viele davon wurden als „PMK-rechts” erfasst? c. Wie viele davon wurden als „PMK-sonstige” erfasst? d. Wie viele davon wurden als „PMK-Ausländer” erfasst? e. Wie viele von „PMK-Ausländer” wurden den Unterkategorien „PMKausländische Ideologie” und „PMK-ausländische Religion” zugeordnet ? In der folgenden Tabelle sind die Zahlen der im Sinne der Fragestellungen im erfragten Zeitraum in Hamburg registrierten antisemitischen Straftaten dargestellt; die Daten für 2018 sind vorläufig: antisemitische Straftaten 2015 2016 2017 2018* gesamt 30 35 44 30 davon PMK-links- - - - 2 davon PMK-rechts- 24 33 41 13 davon PMK-sonstige/nicht zuzuordnen- 3 2 - 15 davon PMAK 3 - entfällt davon PMK-ausländische Ideologie- entfällt - - davon PMK-religiöse Ideologie- entfällt 3 - * Stichtag: 25. Juni 2018 2. Nach welchen Kriterien ordnet der Senat Straftaten der PMK-Antisemitismus in die verschiedenen Kategorien ein? 3. Wie ordnet der Senat Straftaten in die PMK-Antisemitismus ein, wenn keine näheren Angaben zum Täter bekannt sind? Die statistische Erfassung Politisch motivierter Kriminalität (PMK) erfolgt auf der Grundlage des bundeseinheitlichen Kriminalpolizeilichen Meldedienstes (KPMD). Ausgehend von den Umständen der Tat werden Straftaten der PMK nach dem Definitionssystem zunächst einem Themenfeld zugeordnet. Die phänomenologische Zuordnung , zum Beispiel zur PMK –links-, erfolgt im Anschluss gegebenenfalls aufgrund weiterer Informationen zur Tat oder Täterschaft. Ist der Sachverhalt nicht unter die Phänomenbereiche PMK -links-, PMK -rechts-, PMK -ausländische Ideologie- oder PMK -religiöse Ideologie- zu subsumieren, so ist er im Phänomenbereich PMK -nicht zuzuordnen- einzuordnen. Darüber hinaus sieht die ebenfalls bundeseinheitlich verbindliche „Ausfüllanleitung zur Kriminaltaktischen Anfrage in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KTA-PMK)“ derzeit vor: „Fremdenfeindliche sowie antisemitische Straftaten sind dem Phänomenbereich PMK -rechts- zuzuordnen, wenn keine gegenteiligen Tatsachen zur Tätermotivation vorliegen.“ Auch im Rahmen dieser Vorgaben erfolgt bereits bisher in einzelnen Fallkonstellationen, so etwa bei nachweislich fehlender politischer Motivation bei einem sogenannten echten Staatsschutzdelikt, eine Zuordnung antisemitischer Straftaten zur Kategorie PMK -nicht zuzuordnen-. Um dennoch eine denkbare Verzerrung der Statistik auszuschließen beziehungsweise Erkenntnisse über deren Ausmaß zu gewinnen, überprüft das Bundeskriminalamt (BKA) im Rahmen einer Sonderauswertung derzeit rund 1.500 antisemitische Straftaten aus 2017. Laut einem Zwischenbricht haben erste Stichproben und Bewertungen keinen Hinweis darauf ergeben, dass die oben genannten geltenden Vorschriften zu einer sachfremden Zuordnung antisemitischer Straftaten in der polizeilichen Praxis zu Phänomenbereichen der PMK führen. Die abschließende Bearbeitung des Vorgangs im Bundesministerium des Innern dauert an. Ungeachtet dessen wurde auf der letzten Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren im Juni 2018 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13537 3 ebenfalls die Frage erörtert, ob die oben genannten Erfassungsvorschriften zu überarbeiten seien. Mit den erforderlichen ergebnisoffenen Prüfungen sind die zuständigen Fachgremien der IMK beauftragt worden. 4. Die RIAS hat einen Vorfall eines Teilnehmers der Gegenproteste der Al-Quds-Demo dokumentiert: „…der Betroffene hatte zwei kleine Israel- Fahnen bei sich, als eine Frau, die der Betroffene aufgrund ihres Kopftuches als Muslima identifizierte, kurz vor dem Aussteigen“ den Betroffenen aufs übelste antisemitisch beleidigte. Wie ordnet der Senat diesen Vorfall in die PMK-Antisemitismus ein?“5 Die Einordnung des geschilderten Falls obliegt der zuständigen Polizei Berlin. 5 https://jfda.de/wp-content/uploads/2018/06/Auswertung-des-Qudstag-Marsches-2018.pdf, Seite 6.