BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13538 21. Wahlperiode 29.06.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Carsten Ovens (CDU) vom 22.06.18 und Antwort des Senats Betr.: Flugtaxi im Anflug? Wie will der Senat Hamburg zur Drohnenmetropole ausbauen? Nach Angaben des in Hamburg ansässigen Bundesverbandes für unbemannte Systeme – BUVUS e.V. und des Instituts für unbemannte Systeme (IuS) sind in Deutschland derzeit rund 400.000 Drohnen im Einsatz. Ein Großteil davon entfällt auf die Nutzung im Freizeitbereich. Darüber hinaus werden Drohnen im professionellen Bereich unter anderem für Einsätze in der Landwirtschaft, der Bauindustrie, der Immobilienwirtschaft, der Film- und Werbebranche sowie für Rettungseinsätze genutzt. Der Senat verwies in seiner Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/1897 zu möglichen Auswirkungen, Gefahren und notwendigen Maßnahmen in Bezug auf die sich rapide entwickelnde Drohnentechnologie noch auf den Kompetenzbereich des Bundes und konnte in seiner Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/6932 im Dezember 2016 noch nicht einmal alle in Hamburg ansässigen Institutionen im Bereich der Drohnen- Forschung benennen. Somit überrascht es, dass Hamburg nach jüngster Ankündigung des Senats nun zur Drohnenstadt ausgebaut und sogar EU-Modellregion werden soll. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften des ZAL Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung GmbH (ZAL) wie folgt: 1. Wie viele Drohnen gibt es nach Erkenntnissen des Senats derzeit in Hamburg? 2. Welcher Anteil entfällt auf den Freizeitbereich, welcher auf den professionellen Bereich? Der Senat hat hierzu keine Erkenntnisse, da es keine Registrierungspflicht für Drohnen gibt. 3. Aufstiegsgenehmigungen a. Wie viele Aufstiegsgenehmigungen wurden im Jahr 2017 erteilt? b. Wie hat sich die Zahl der Genehmigungen in den letzten fünf Jahren entwickelt? Jahr Einzel- erlaubnisse Allgemeinerlaubnisse 2017 302 45 2016 678 97 Drucksache 21/13538 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Jahr Einzel- erlaubnisse Allgemeinerlaubnisse 2015 648 - 2014 379 - 2013 146 - Durch die Novellierung der gesetzlichen Regelungen zu Drohnen im April des Jahres 2017 sind viele der gewerblichen Aufstiege erlaubnisfrei geworden, wodurch sich die Zahl der Aufstiegserlaubnisse bis heute reduziert hat. c. Wie viele Aufstiegsgenehmigungen wurden im Jahr 2017 verweigert und was waren die Gründe dafür? Keine. d. Wie hat sich die Zahl der Verweigerungen in den letzten fünf Jahren entwickelt? In den Jahren 2013 bis 2015 wurden keine Anträge abgelehnt. Im Jahr 2016 wurden drei Anträge abgelehnt, alle für Aufstiege beim Hafengeburtstag. Für den Bereich des Hafens werden aufgrund des Ersuchens des Einsatzstabes Sicherheit grundsätzlich keine Erlaubnisse erteilt. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. c. 4. Experten gehen von einer zunehmenden Autonomisierung von Drohnen- Flügen aus. Dabei führen Drohnen innerhalb einer festgelegten Mission selbständig Aufgaben aus. a. Welche Strategie verfolgt der Senat bei der Einbindung autonom fliegender Drohnen in den Luftverkehr? Der Senat unterstützt die Vernetzung der Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung mit dem Ziel, die Potenziale der Technologie für die Stadt nutzbar zu machen. Bei der Einbindung von Drohnen in den Luftverkehr plant der Senat, Anwendungen mit einem gesellschaftlichen Nutzen oder solche mit einem Nutzen für die Stadt selbst zu fördern. Hierzu zählen unter anderem der Transport von medizinischen Gütern (unter anderem Blutkonserven) oder die Inspektion von Brücken, Gebäuden und Hafenanlagen. b. Bewertet der Senat die bisherigen Gesetzesgrundlagen und Genehmigungsverfahren auch für autonome Drohnen als ausreichend ? Autonome Drohnen-Flüge sind im zivilen Bereich derzeit nur nach strenger Prüfung der Gegebenheiten und einer Sicherheitsbewertung durch die zuständige Landesluftfahrtbehörde erlaubnisfähig. Dies vorausgesetzt unterstützt die zuständige Behörde Projekte wie die „Urban Air Mobility Initiative“ im Rahmen der European Innovation Partnership on Smart Cities and Communities, deren Zielsetzung es ist, sichere autonome Drohnenflüge über städtischen Gebieten zukünftig zu ermöglichen. Grundsätzlich steht der Senat der Entwicklung von sicheren, autonomen Systemen offen gegenüber und wird sich weiterhin für die Gestaltung eines forschungs- und wirtschaftsfreundlichen Rechtsrahmens einsetzen. Die Kompetenz zur Regulierung des Rechtsrahmens betreffend die Verwendung von Drohnen soll im Zuge der Novellierung der EU-VO 216/2008 zukünftig jedoch auf die European Aviation Safety Agency übergehen. Die im Entwurf der entsprechenden Regelungen für autonome Drohnenflüge enthaltenen Rahmenbedingungen sind ähnlich gestaltet wie die zurzeit geltenden deutschen Vorschriften. Diese werden unter Berücksichtigung aktueller technischer Voraussetzungen von der zuständigen Behörde für hinreichend sicher und flexibel gehalten, um auch Anträge auf autonome Drohnenflüge prüfen und gegebenenfalls genehmigen zu können. Den zu erwartenden künftigen Entwicklungen und europaweit zu harmonisierenden Erlaubnisgrundlagen werden sie aufgrund des Fehlens weitergehender einheitlicher Sicherheitsbewertungsgrundlagen jedoch noch nicht gerecht. Aus diesem Grund wird der unbemannte Luftverkehr ein zentrales Thema der nächsten Verkehrsministerkonferenz unter Vorsitz Hamburgs im Herbst werden. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13538 3 c. Wie bewertet der Senat die zunehmend autonom fliegenden Drohnen vor dem Hintergrund zunehmender Cyber-Kriminalität? Cyberangriffe sind nicht ausgeschlossen; entsprechende Fälle sind der Polizei Hamburg bisher nicht bekannt. 5. Hamburg ist Standort des EU-Projekts „Urban Air Mobility“, das Anfang Juni 2018 gestartet wurde. a. Wer sind die Partner dieses Projekts seitens der Stadt, der Wirtschaft , sowie seitens Wissenschaft und Forschung? Die Behörde für Wirtschaft Verkehr und Innovation (BWVI), das ZAL, mehrere große und kleine Unternehmen aus dem Bereich der Luftfahrt, die Technische Universität Hamburg (TUHH), die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW), die Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr (HSU), die HafenCity Universität Hamburg (HCU), das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) sind Partner dieses Projektes. b. Wie viel Budget wird dazu seitens der Freien und Hansestadt Hamburg zur Verfügung gestellt, um das Thema in Wirtschaft und Wissenschaft zu fördern? Aus welchen Etats wird dies finanziert? Von der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) werden zum aktuellen Zeitpunkt keine gesonderten Mittel zur Verfügung gestellt. c. Welche Strategie verfolgt der Senat bei der Einbindung unbemannter Systeme für den Personentransport („Flugtaxi“) in den öffentlichen Nahverkehr und den Individualverkehr? Die zuständige Behörde beobachtet die Entwicklung im Bereich des manntragenden, unpilotierten städtischen Luftverkehrs („Flugtaxi“). Konkrete Projekte sind derzeit nicht geplant. 6. Wo finden die meisten Flüge im Stadtgebiet statt? Inwiefern sind Bürger unmittelbar durch diese Flüge betroffen? Drohnenaufstiege sind innerhalb eines durch die Luftverkehrsordnung vorgegebenen Rahmens erlaubnisfrei und anzeigefrei. Insofern hat die zuständige Behörde keine Kenntnis, wo im Stadtgebiet die meisten Aufstiege stattfinden. Die Betrachtung der Einzelerlaubnisse, die größtenteils für gewerbliche Aufstiege erteilt werden, zeigt eine Häufung in der HafenCity und entlang der Elbe, weil hier häufig Aufnahmen des Stadtpanoramas angefertigt werden. Bürgerinnen und Bürger können hier als Anwohnerinnen und Anwohner oder Nutzerinnen und Nutzer der Wege in Elbnähe betroffen sein. 7. Wo werden auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg besondere Gefahrenpotenziale durch die Nutzung von unbemannten Luftfahrtsystemen gesehen? Was unternimmt der Senat, um hier schützende Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen? In Hamburg ist ein entsprechend der luftrechtlichen Regelungen zulässiger Drohnenaufstieg aufgrund der urbanen Bebauung, des kontrollierten Luftraums im Zusammenhang mit dem Flughafen Hamburg sowie der in § 21b LuftVO aufgelisteten sonstigen Verboten eingeschränkt möglich. Zur Kenntnis gelangte Zuwiderhandlungen werden von den zuständigen Behörden verfolgt. Der Senat hat im Jahr 2017 die Öffentlichkeit in einer Kampagne über die geänderten Regelungen zum Betrieb von unbemannten Luftfahrzeugen (UAV) informiert. Die Luftfahrtbehörde informiert im Internet über die Besonderheiten des Drohnenbetriebes in Hamburg. Des Weiteren wertet sie die gemeldeten Vorfälle aus und lässt hieraus gewonnene Erkenntnisse in die Auflagen künftiger Erlaubnisse einfließen. Der Senat hält diese Maßnahmen derzeit für ausreichend und beteiligt sich an den Rechtsetzungsverfahren zu neuen Regelungen. Die Polizei Hamburg trifft in ihrem Zuständigkeitsbereich alle erforderlichen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung; darüber hinaus berührt die Fragestel- Drucksache 21/13538 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 lung die Polizeitaktik, zu der aus grundsätzlichen Erwägungen zur Aufrechterhaltung der Wirksamkeit der Maßnahmen keine Angaben gemacht werden. 8. Wie viele Zwischenfälle mit Drohnen wurden in den Jahren 2016 und 2017 in Hamburg registriert? Der Polizei Hamburg sind im Sinne der Fragestellung im Jahr 2016 insgesamt zehn Vorfälle und im Jahr 2017 insgesamt 43 Vorfälle bekannt. a. Ist bekannt, aus welchen Gründen die Flüge durchgeführt wurden? b. Handelte es sich dabei um wirtschaftliche Anwendungen oder Hobbydrohnenflieger ? Der Polizei Hamburg sind in zehn Fällen Gründe für die Flüge bekannt geworden: In je einem Fall aus den Jahren 2016 und 2017 handelte es sich um eine wirtschaftliche Anwendung; acht Flüge im Jahr 2017 wurden zu Freizeitzwecken durchgeführt. 9. Welche wirtschaftlichen Anwendungen sind für die Entwicklung der Metropolregion besonders relevant? Siehe Antwort zu 4. a. 10. Wie viele Hamburger Unternehmen setzen diese Technologien im Gebiet der Freien und Hansestadt ein? Eine genaue Zahl an Unternehmen ist der zuständigen Behörde nicht bekannt. Es gibt diverse UAV-Hersteller und -Serviceanbieter (vornehmlich Klein-, Kleinst- und mittelständige Unternehmen), UAV-spezialisierte Konzernsparten und Forschungsinstitute sowie UAV-Anwender in verschiedenen Branchen. Einen ersten Eindruck vermittelt zum Beispiel die öffentlich zugängliche „Drone Industry Map“ der Firma Dronemasters in Kooperation mit dem Hamburger Startup Drone Industry Insights. 11. Wie viele Arbeitsplätze gibt es bereits in Hamburg in dieser Branche? Eine genaue Anzahl an Arbeitsplätzen ist nicht bekannt. 12. Inwiefern plant die Stadt, das wirtschaftliche Potenzial der unbemannten Luftfahrtsysteme zu nutzen und zu fördern? Siehe Antwort zu 4. a. 13. Über welche Expertisen verfügen die zuständigen Behörden? Wo genau ist diese jeweils angesiedelt? Die in Betracht kommende Expertise im Bereich der Anwendungen ist über die Hamburger Behörden verteilt. Die Expertise aus luftverkehrlicher Sicht ist bei der BWVI gebündelt. 14. Welche Unternehmen unterstützen die Behörden bei der Bewältigung der Herausforderungen in diesem dynamisch wachsenden Umfeld? Der Senat wird unterstützt durch das ZAL sowie das Luftfahrtcluster Hamburg Aviation . 15. Inwiefern kooperiert die Stadt dazu bereits mit Forschungseinrichtungen und inwiefern sind den Behörden Studien und Forschungsbeiträge zu unbemannten Luftfahrtsystemen zugänglich? Die in Hamburg ansässigen Hochschulen TUHH, HAW, HCU und HSU, das ZAL sowie das DLR sind Partner in der Initiative. 16. Welche weiteren Forschungseinrichtungen in der Metropolregion beschäftigen sich mit gesellschaftswissenschaftlichen Fragen in dieser Thematik? Das Institut für unbemannte Systeme der Northern Business School (Hamburg) zusammen mit Taylor Wessing Partnerschaftsgesellschaft mbB hat in einer Studie für das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz die gesellschaftliche Akzep- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13538 5 tanz sowie Gefahren- und Missbrauchspotenziale von Drohnen untersucht. Die Studie liegt der BWVI vor. 17. Mit welchen Fördermaßnahmen will die Stadt die weitere Entwicklung der Drohnentechnologie fördern? Der Senat unterstützt das Netzwerk, welches sich im durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt WiNDroVe – Wirtschaftliche Nutzung von Drohnen in einer Metropolregion gegründet hatte und dessen weitergehende Arbeit insbesondere durch aktive Teilnahme an Netzwerkaktivitäten und die Koordinierung seitens des ZAL. Im Übrigen siehe Antworten zu 4. a., 14. und 15.