BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13539 21. Wahlperiode 29.06.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 22.06.18 und Antwort des Senats Betr.: Belastung der Hamburger Justiz – Situation am Verwaltungsgericht Hamburg? (V) Die Belastung der Hamburger Verwaltungsgerichtsbarkeit nimmt weiter zu. Die durchschnittliche Verfahrensdauer von Klagen beträgt mittlerweile 16,4 Monate und von Klagen in Asylsachen 13,5 Monate am Verwaltungsgericht. Da in der ersten Jahreshälfte 2017 die Zahl der neu eingehenden Asylklagen besonders groß war, bauten sich hohe Bestände auf. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die zuständige Behörde hält in Übereinstimmung mit der Präsidentin des Verwaltungsgerichts die Ausstattung des Gerichts und die organisatorischen Maßnahmen auch weiterhin für geeignet, mittelfristig die Bestände anhängiger Verfahren abzubauen . Die aktuelle Situation wird regelmäßig analysiert und der regelmäßige Austausch mit der Hamburger Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) fortgesetzt, um gegebenenfalls weitere Maßnahmen zeitnah ergreifen zu können. Auch die zuständige Behörde und das Verwaltungsgericht befinden sich in einem ständigen Austausch, in dem unter anderem Handlungsbedarfe im personellen Bereich identifiziert werden. Seit dem Jahr 2015 wurde das Verwaltungsgericht daraufhin bereits mehrfach personell deutlich verstärkt. In der Folge konnte das Verwaltungsgericht die Zahl der Erledigungen bei den Klagen in Asylsachen im Jahr 2017 gegenüber 2016 verdoppeln. Da in der ersten Jahreshälfte 2017 die Zahl der neu eingehenden Asylklagen besonders groß war, bauten sich trotzdem hohe Bestände auf. Bei mittlerweile niedrigeren Klageeingängen und gleichzeitig weiter gestiegenen Erledigungszahlen im 1. Quartal 2018 hat nunmehr ein substanzieller Abbau der hohen Bestände von Klagen in Asylsachen eingesetzt. Darüber hinaus hat die zuständige Behörde eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel der Änderung des Asylgesetzes zur Verfahrensbeschleunigung auf den Weg gebracht. Gegenstand des Gesetzesentwurfs ist im Wesentlichen die Einführung der dem Asylrecht bislang unbekannten Möglichkeit des Verwaltungsgerichts, Rechtsmittel gegen Entscheidungen in der Hauptsache sowie im Eilrechtsschutzverfahren – für das Oberverwaltungsgericht verbindlich – zuzulassen. Dem Verwaltungsgericht fehlen bislang infolge der sehr restriktiven Rechtsschutzmöglichkeiten gegen erstinstanzliche asylrechtliche Entscheidungen einheitliche obergerichtliche Maßstäbe, um der Menge an zum Teil den gleichen Lebenssachverhalt betreffenden Verfahren gerecht zu werden. Die bisherige Rechtslage hat zur Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung beigetragen und hierdurch Rechtsunsicherheit im Umgang mit tatsächlichen und rechtlichen Fragen hervorgerufen. Diese Entwicklung erschwert die prozessökonomische Erledigung asylrechtrechtlicher Verfahren. Ihr soll mit dieser Initiative begegnet und entgegengewirkt werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: Drucksache 21/13539 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wie viele Anträge in asylrechtlichen Eilverfahren sind von 2016 bis zum 1. Quartal 2018 am Hamburger Verwaltungsgericht eingegangen? Beim Verwaltungsgericht Hamburg sind 2016 insgesamt 933 Eilverfahren in Asylsachen eingegangen. 2017 waren es 902 und im 1. Quartal 2018 waren es 208 Eilverfahren . a. Aus welchen Herkunftsländern stammen die Antragsteller (bitte nach den zehn häufigsten Herkunftsändern differenziert sowie nach der Erfolgsquote der Asylverfahren darstellen)? Wie haben sich diese Faktoren im Vergleich zu den Jahren 2017 und 2016 verändert? In den vom Statistikamt Nord aus den Daten des Fachverfahrens aufbereiteten Statistiken werden die asylrechtlichen Eilverfahren nicht nach Herkunftsländern differenziert aufgeschlüsselt. Ferner wird bei den Dublin-III-Verfahren nicht auf den Herkunftsstaat, sondern auf den Staat, in den (möglicherweise) die Zurückführung erfolgen soll, abgestellt . Für die Beantwortung der Frage müssten daher mehrere Tausend Verfahrensakten durch das Verwaltungsgericht manuell ausgewertet werden, was in der zur Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich ist. In Bezug auf die Frage nach den Hauptherkunftsländern sei deshalb auch auf die veröffentlichten Statistiken des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hingewiesen. Nach einer Auswertung der zuständigen Behörde sind zu folgenden zehn Herkunftsländern bei der BAMF Außenstelle Hamburg die meisten Verfahren erledigt worden: 2016 2017 1. Quartal 2018 Platz Herkunftland Platz Herkunftland Platz Herkunftland 1 Syrien 1 Afghanistan 1 Afghanistan 2 Afghanistan 2 Syrien 2 Syrien 3 Irak 3 Irak 3 Irak 4 Eritrea 4 Iran 4 Russische Föderation 5 Iran 5 Russische Föderation 5 Iran 6 Albanien 6 Eritrea 6 Eritrea 7 Kosovo 7 Somalia 7 Somalia 8 Serbien 8 Albanien 8 Georgien 9 Sonst. asiatische Staaten 9 Sonst. asiatische Staaten 9 Albanien 10 Mazedonien 10 Ägypten 10 Mazedonien Die Erfolgsquoten der asylrechtlichen Eilverfahren über alle Herkunftsländer lassen sich folgender Tabelle entnehmen: 2016 2017 1. Q. 2018 Durch Beschluss erledigte Verfahren 977 875 241 davon Stattgabe 167 254 54 teilweise Stattgabe/teilweise Ablehnung 19 14 5 Ablehnung 715 522 162 Zurücknahme 46 60 8 Verweisung an ein anderes Gericht 1 5 5 Hauptsacheerledigung 26 20 6 Verbindung mit einer anderen Sache 3 0 1 Quelle: Statistikamt Nord b. Wie viele der Antragsteller strebten ein Hauptsacheverfahren an? In der Regel erheben die Antragsteller ein vom asylrechtlichen Eilverfahren unabhängiges Klageverfahren, da die Klagefristen recht kurz sind und andernfalls die Bestandskraft der Bescheide des BAMF droht. Nur in Ausnahmefällen passiert das nicht oder nicht zeitgleich. Eine detaillierte Auswertung ist sowohl mangels einer bestehenden Statistik im Sinne der Fragestellung als auch aufgrund erfassungstechnischer Gründe nicht möglich. Die Durchsicht Tausender Akten und entsprechender Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13539 3 Zuordnungen ist im Rahmen der zur Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 2. Wie entwickelte sich die durchschnittliche Verfahrensdauer für Anträge in asylrechtlichen Eilverfahren am Verwaltungsgericht von 2017 bis zum Juni 2018? Wie war die durchschnittliche Verfahrensdauer für Anträge in asylrechtlichen Eilverfahren am Verwaltungsgericht im Jahr 2016? Die Verfahrensdauern werden quartalsweise ermittelt. Die Ergebnisse für das 2. Quartal 2018 liegen noch nicht vor. Eilverfahren Asylsachen 2016 2017 1.Quartal 2018 Durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 2,4 2,2 2,4 3. Wie viele anhängige Verfahren lagen seit 2016 bis zum 1.Quartal 2018 am Hamburger Verwaltungsgericht bezogen auf a. Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in „Dublin-III-Verfahren“, b. Klagen bei „Dublin-III-Verfahren“ vor? Die differenzierte Auswertung der Dublin-Verfahren ist erst mit dem Jahr 2018 in die bundeseinheitliche Statistik aufgenommen worden. Deshalb können für die Jahre 2016 und 2017 lediglich die Erledigungen von Dublin-Verfahren, nicht aber die Bestände ermittelt werden. Hilfsweise werden im Folgenden auch die Erledigungen mitgeteilt: Anhängige Asylsachen/Dublin-Verfahren Ende 2016 Ende 2017 Ende 1. Quartal 2018 Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz k.A. k.A. 52 Klagen k.A. k.A. 376 Erledigte Asylsachen/Dublin-Verfahren 2016 2017 1. Quartal 2018 Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz 104 254 105 Klagen 42 297 106 4. Wie viele beschleunigte Verfahren nach § 30a Asylgesetz sind über die zentrale Außenstelle des BAMF in Hamburg von 2016 bis zum Juni 2018 durchgeführt worden? a. Wie viele solcher Verfahren sind von 2016 bis zum Juni 2018 erfolgreich beendet worden? b. Wie vieler solcher Verfahren sind von 2016 bis zum Juni 2018 erfolglos geblieben (bitte begründen)? c. Hat sich dieses beschleunigte Verfahren aus Sicht des Senats bewährt? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Das BAMF hat mitgeteilt, es sei grundsätzlich nicht verpflichtet und auf freiwilliger Grundlage aufgrund der anhaltenden Arbeitsbelastung aktuell nicht in der Lage, Parlamentarische Anfragen aus Hamburg zu beantworten. Hamburger Behörden liegen zu diesen Fragen keine eigenen Erkenntnisse vor. 5. Wie stellt sich die durchschnittliche Verfahrensdauer für die Bearbeitung von beschleunigten Verfahren nach Asylgesetz dar? Wie war die durchschnittliche Verfahrensdauer dazu im Vergleich im Jahr 2016 und in 2017? Siehe Antwort zu 2.