BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13585 21. Wahlperiode 03.07.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse und Detlef Ehlebracht (AfD) vom 26.06.18 und Antwort des Senats Betr.: Interessenkonflikt mit der Hafenwirtschaft um die Nutzung des Kleinen Grasbrook Presseberichten zufolge gibt es um die zukünftige Nutzung des „Kleinen Grasbrook“ einen neuen Konflikt zwischen der Hafenwirtschaft und dem Senat. Danach werfen Hafenfirmen den Behörden vor, dass diese sich „nicht alle“ an eine – schriftlich in einem „Letter of Intent (LoI)“ festgehaltene – Übereinkunft halten würden. Diese sieht Presseberichten zufolge im Kern bislang vor, dass den dortigen Unternehmen Planungs- und Investitionssicherheit zugesichert wird und diese in dem betroffenen Gebiet nicht in ihrer Entwicklung behindert werden dürften. Ursache des neuen Konflikts scheint ein Kurswechsel in den städtischen Planungen zugunsten einer stärker in den Vordergrund gerückten Wohnbebauung zu sein. Der nach dem Weggang von Olaf Scholz nach links gedriftete Senat träumt offenkundig von einem weiter kräftigen Bevölkerungswachstum in der Hansestadt auf bis zu 2,2 Millionen Einwohner. Den erwarteten Zuwachs an Einwohnern führt der Senat einmal auf Migrationsdruck zurück. Darauf deutet jedenfalls die Aussage des SPD-Fraktionsvorsitzenden Dirk Kienscherf, der Merkels Grenzöffnung als Rechtfertigung für die neue Stadtplanung anführt („Wir müssen die Menschen unterbringen, die Frau Merkel geholt hat“, „Hamburger Abendblatt“ vom 19.06.2018). Gleichzeitig hofft der neue Bürgermeister offenkundig darauf, dass mehr als 300.000 Pendler aus dem Umland nach Hamburg ziehen werden, obgleich gerade attraktive Städte im Umland ihre Anziehungskraft entwickeln. Während der Senat von demografischer Größe träumt, ist der wirtschaftliche Motor der Stadt, der Hafen, heftig in die Krise geraten. Dafür ist nicht zuletzt auch der Senat verantwortlich, der in der Vergangenheit für die Hafenwirtschaft fatale Fehlentscheidungen getroffen und Unterlassungen zu verantworten hat und der auch sonst haftpolitisch auf weiten Strecken in Attentismus verharrte. Inzwischen spielt der Hafen, der zunehmend hinter die Hauptkonkurrenten Rotterdam und Antwerpen zurückgefallen ist, bei den neuen Planungen des deutlich nach links gerückten Senats offenkundig nur noch „zweite Geige“. Erstes Opfer der senatsseitigen Plan-Neuausrichtung scheinen die auf dem Kleinen Grasbrook angesiedelten Hafenfirmen zu werden. Umfassende Zusagen, die der Senat erst vor Jahresfrist gegeben hatte, sollen jetzt offenkundig kassiert werden. Damit würde der Hafenwirtschaft die nach langen Jahren der Ungewissheit im Jahre 2017 mit dem LoI in die Hand gegebene Planungsgrundlage entzogen werden und den Unternehmen auf der Elbe- Halbinsel kostenträchtige Belastungen aufgebürdet. Drucksache 21/13585 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dies vorausgeschickt fragen wir den Senat: Die Planungen zum neuen Stadtteil Grasbrook sehen eine Mischung aus Wohnen, Büronutzungen, gewerblicher und hafenwirtschaftlicher Nutzungen vor. Seit der Verkündung des Vorhabens im September 2017 sind diese Planungen im Grundsatz unverändert geblieben. Mit planungsbetroffenen Unternehmen werden Gespräche geführt, um ihre Belange zu regeln. Eine Verkürzung der Laufzeiten von Mietverträgen ist nicht beabsichtigt. Die Wassertiefen werden weiterhin im erforderlichen Umfang unterhalten. Im Übrigen siehe Drs. 21/13104. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1) Welche Behörden der Stadt im Einzelnen sind in den Konflikt mit der Hafenwirtschaft beziehungsweise in den LoI involviert und welche konfliktträchtigen Positionen genau bestehen im Verhältnis zur Hafenwirtschaft ? Bitte die Haupt-Konfliktlinien nach betroffenen/involvierten Behörden auflisten. 2) Soll es bei der bisher noch vorgesehenen gemischten Nutzung des Überseezentrums (Wohnen/Arbeiten) bleiben? Falls ja, sollen dabei jedoch zukünftig neue Schwerpunkte gesetzt werden und wie sehen diese voraussichtlich aus? Falls nein, warum nicht? Und was sieht die neue Planung stattdessen vor? 3) Soll es für den Kleinen Grasbrook bei der bislang vorgesehenen ausschließlich wirtschaftlichen Nutzung bleiben? Falls nein, warum nicht und welche zukünftige Nutzung wird – in welcher Form und in welchem Umfang – erwogen? Bitte detailliert erläutern. 4) Welche Einschränkungen genau könnten aufgrund der neuen Planungs- Ideen für betroffenen Unternehmen auf dem Kleinen Grasbrook durch Änderungen der Nutzungsplanungen auf dem Überseezentrum resultieren ? Bitte die einzelnen möglichen Einschränkungen detailliert erläutern. 5) Sind bei sich zusätzlich ergebenden Einschränkungen für die betroffenen Unternehmen seitens des Senats Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen ? Falls ja, wie würden diese etwa aussehen? Falls nein, warum nicht? 6) Wird die Stadt bei eventuell notwendigen Standortverlagerungen von Hafenfirmen sämtliche dabei anfallenden Kosten übernehmen? Falls ja, bitte nach Hafenfirmen und Projekten auflisten, die voraussichtlich betroffen sein werden. Falls nein, warum nicht und welche teilweisen Ausgleichsmaßnahmen wären dann vorgesehen? 7) Bleibt es bei der Gewährleistung einer langfristigen Standortperspektive, die den Unternehmen auf dem Kleinen Grasbrook zugesichert worden ist? Falls nein, welche Ausgleichs- und Entschädigungsmaßnahmen werden als Nachteilsausgleich für die Unternehmen erwogen? 8) Welche neuen Abstands-, Lärmschutz- und sonstigen Maßnahmen kommen aufgrund der sich für die Zukunft abzeichnenden Stadtplanung voraussichtlich auf die Hafenwirtschaft zu? Mit welchen zusätzlichen einmaligen oder regelmäßigen Folgekosten für die Hafenwirtschaft ist zu rechnen? Bitte detailliert und getrennt nach Überseezentrum und Kleinem Grasbrook auflisten. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13585 3 9) Welche Strategie genau verfolgt die – jetzt publik gewordene – Forderung der Hafenbehörde HPA mit ihrer – offenkundig von bisherigen Zusagen abweichenden – Forderung nach einer Verkürzung der Mietdauer bei Hafenfirmen und der Anhebung von Mietpreisen auf dem Grasbrook? Bitte detailliert erläutern. 10) Kann ausgeschlossen werden, dass mit den unter 9) genannten Maßnahmen seitens der Hafenbehörde Voraussetzungen geschaffen werden sollen, um auf mittlere und lange Sicht Hafenfirmen zugunsten anderer Nutzungsformen – zum Beispiel Wohnungsbau – auf dem Überseezentrum beziehungsweise dem Kleinen Grasbrook (weiter) zurückzudrängen ? 11) Ein – gegenüber bisherigen Planungen – weiterer Ausbau des Wohnnutzungsanteils auf dem Überseezentrum beziehungsweise eine Wohnbebauung auf dem Kleinen Grasbrook würde auch einen deutlichen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur – insbesondere beim ÖPNV – erfordern. Gibt es dazu konkrete Planungen oder erste Überlegungen? Falls ja, bitte detailliert erläutern. Falls nein, warum nicht? 12) Besteht begründetes Risiko, dass sich durch unter 11) genannte Verkehrs -Infrastrukturplanungen für auf dem Kleinen Grasbrook oder dem Überseezentrum ansässige Unternehmen Einschränkungen ergeben, die ihre Planungs- und Investitionsstrategien zusätzlich behindert könnten ? Falls ja, wo sieht der Senat eventuelle Risiken und wie will er diesen begegnen? Falls nein, warum sind durch weitere Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen keine Risiken für die betroffenen Unternehmen absehbar? 13) Wird die HPA auch bei einer eventuell stärkeren wohnungsbaulichen Nutzung von Überseezentrum beziehungsweise Kleinem Grasbrook auch weiterhin für die ansässigen Unternehmen die erforderlichen Wassertiefen gewährleisten und die seewärtige Erreichbarkeit für die Hafenunternehmen sicherstellen? Falls nein, warum und in welchem Umfang nicht? 14) Gibt es neue Akteure oder sind solche absehbar, die in die bisherige Vereinbarung (LoI oder Folgevereinbarung) zwischen Senat und Hafenwirtschaft einbezogen werden sollen? Falls ja, welche sind diese und welche Rolle genau nehmen sie dabei ein? Siehe Vorbemerkung.