BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13596 21. Wahlperiode 03.07.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Norbert Hackbusch (DIE LINKE) vom 26.06.18 und Antwort des Senats Betr.: Rettung der Reformsynagoge in der Poolstraße Nur wenige Schritte vom Johannes-Brahms-Platz entfernt lässt die Stadt ein weltberühmtes Baudenkmal verfallen. Im Jahr 1844 errichtete der liberale Neue Israelitische Tempel-Verein in der Poolstraße eine Reformsynagoge. Von dem einst dreischiffigen, neogotischen Gotteshaus sind heute nur noch die Reste der westlichen Vorhalle und das östliche Apsisgebäude als Kriegsruinen erhalten. Durch einen Gang in dem Doppelhaus Poolstraße 12/13 ist dieser bedeutende Rest des Tempels von der Straße her zu erreichen. Im Dezember 2017 trafen sich hier mehr als 200 jüdische Menschen aus aller Welt, um den 200. Jahrestag der Gründung des „Neuen Israelitischen Tempelvereins“ zu feiern. „Das Ensemble Poolstraße 11, 12, 13, 14, (Stadtteil Neustadt, Bezirk Hamburg Mitte) mit dem Rest der ehemaligen Synagoge des Israelitischen Tempelverbandes sowie vier Wohnhäusern steht unter Denkmalschutz. Als Zeugnis der Geschichte der jüdischen Gemeinde in Hamburg besitzt das Ensemble eine besondere geschichtliche Bedeutung; sie wird ergänzt durch die architekturhistorische und künstlerische Bedeutung der Anlage im Zusammenhang der Hamburger Baugeschichte der Mitte des 19. Jahrhunderts und insbesondere im Rahmen des weitgehend verlorenen Werkes des Architekten Johann Hinrich Klees-Wülbern.“ (http://www.hamburg.de/bkm/ auswahl/177588/poolstrasse-11-14/.) Obwohl die Ruine des Tempels unter Denkmalschutz steht und ein bedeutendes Zeugnis der jüdischen Geschichte Hamburgs ist, befindet sich die Gebäudesubstanz in einem besorgniserregenden Zustand, und die Zukunft dieser Stätte ist überaus ungewiss. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Synagoge in der Poolstraße wurde seit 1931 nicht mehr als solche genutzt, da der Neue Israelitische Tempelverband eine neue Synagoge erbaut hatte. Das Gebäude wurde 1937 verkauft und durch Bombentreffer im Zweiten Weltkrieg zerstört. Die Dachdeckung der ruinösen Ostteile der ehemaligen Synagoge ist seit Jahren schadhaft. Die für den Denkmalschutz zuständige Behörde hat die Eigentümer wiederholt aufgefordert, Abhilfe zu schaffen. Da es Planungen zu einer Neubebauung des Grundstücks unter Einbeziehung der Ruinenteile gibt, wurde bislang auf eine Ersatzvornahme verzichtet. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: Drucksache 21/13596 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Zu welchem Zeitpunkt, aus welchem Anlass und durch wen wurde zuletzt der Zustand der Gebäudereste der Reformsynagoge in der Poolstraße untersucht? 2. In welchem Zustand befindet sich nach aktuellen Erkenntnissen des Senats die erhaltene Gebäudesubstanz der Reformsynagoge in der Poolstraße? (Bitte gegebenenfalls den Zustand einzelner Gebäudeteile (zum Beispiel Apsisgebäude, westliche Torhalle, Mauerwerk einzeln beschreiben.) 3. Bei welchen Gebäudeteilen sieht der Senat akuten Handlungsbedarf zur Rettung der Substanz? (Beispielsweise das offene Dach des Apsisgebäudes .) Im Rahmen der Prüfung eines Vorbescheidantrags zu einem Neubauprojekt auf dem Grundstück hat sich zuletzt im Dezember 2017 ein Vertreter des Denkmalschutzamts die baulichen Reste der Synagoge angesehen. Das Dach über dem Chorbereich ist schadhaft und reparaturbedürftig, das Mauerwerk ist entsprechend durchfeuchtet. Alle anderen Bauteile sind unter Dach und intakt. Das Apsisgebäude im Innern ist unzugänglich. 4. Welche Maßnahmen ergreift der Senat, um akut gefährdete Gebäudesubstanz zu retten? 5. Trifft es zu, dass der Grundeigentümer plant, auf dem Grundstück einen Neubau zu errichten? Wenn ja, a) wie stellt sich der aktuelle Planungsstand hinsichtlich einer Neubebauung dar? b) ist ein Abriss der Gebäudereste bereits beantragt worden? (Wann?) c) ist bereits ein Bauantrag gestellt worden? (Wann?) Siehe Vorbemerkung. Zurzeit finden Abstimmungsgespräche zwischen den für Stadtentwicklung und Denkmalschutz zuständigen Behörden, dem zuständigen Bezirksamt und dem Vorhabenträger statt. Ein Bauantrag für das Vorhaben wurde bisher nicht gestellt. 6. Ist ein möglicher Abriss der Gebäudereste der Reformsynagoge mit dem Denkmalschutz vereinbar? Wenn ja, unter welcher Maßgabe? Nein. Das Denkmalschutzgesetz sieht die Möglichkeit vor, Eingriffe oder gar den Abriss von Denkmälern zu genehmigen, wenn überwiegende öffentliche Interessen dies verlangen oder die Kosten der Erhaltung und Bewirtschaftung dauerhaft nicht durch die Erträge oder den Gebrauchswert des Denkmals aufgewogen werden können . Beides ist im Hinblick auf die Reformsynagoge nicht der Fall. 7. Welche Maßnahmen ergreift der Senat, um langfristig einen Erhalt der Tempel-Ruine in der Poolstraße zu gewährleisten? Siehe Vorbemerkung.