BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13597 21. Wahlperiode 03.07.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 26.06.18 und Antwort des Senats Betr.: Straftaten mit möglicherweise rechtsextremem Hintergrund (III) Als eine Lehre aus den Verbrechen des NSU und der Verkennung des rechtsextremen Hintergrundes dessen Taten durch die Strafverfolgungsbehörden , wurde 2011 begonnen, ungeklärte Fälle auf einen möglichen rechtsextremistischen Hintergrund zu überprüfen. 2012 wurde dafür im „Gemeinsamen Abwehrzentrum Rechts“ (GAR) ein bundeseinheitliches Erhebungsraster zur Feststellung weiterer möglicher Verdachtsfälle rechtsterroristischer Aktivitäten entwickelt, das seitdem in den Ländern eingesetzt wurde. Das Erhebungsraster umfasst unterschiedliche Phasen und soll für alle Fälle ab 1990 angewendet werden. Phase 1: ungeklärte – auch versuchte – Tötungsdelikte Phase 2: ungeklärte Brand- und Sprengstoffdelikte Phase 3: ungeklärte Raubüberfälle auf Banken und Sparkassen Phase 4: ungeklärte Straftaten gegen das Waffen-, Sprengstoff- und Kriegswaffenkontrollgesetz Phase 5: ungeklärte Vereinigungsdelikte gemäß § 129 StGB Aus meinen bisherigen Anfragen zu dem Thema (Drs. 21/4139 und 21/7469) ergibt sich folgendes Bild: Auf Grundlage des GAR-Rasters hat das Landeskriminalamt ab dem 13.August 2012 im Rahmen der Phase 1 insgesamt 200 ungeklärte vollendete oder versuchte Tötungsdelikte seit 1990 überprüft. In 29 Fällen konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Tat aus möglicher rechter Motivation begangen wurde. Die Phase 1 war am 26. Oktober 2012 abgeschlossen und die 29 Fälle wurden der Arbeitsgruppe Fallanalyse im GAR übermittelt. Nach Abschluss der Phase 1 in allen Bundesländern sollte die Phase 2 beginnen. Seit 2016 wurde in einer Arbeitsgruppe des Bundes und der Länder eine grobe Zahl der aufgeklärten Tötungsdelikte einschließlich Versuche ermittelt. Für Hamburg wurden 400 Fälle ermittelt. Diese sollen, nachdem die Überprüfung der unaufgeklärten Tötungsdelikte einschließlich Versuche in der Phase 1a nunmehr abgeschlossen sei, in einer Phase 1b auf mögliche rechte Motive untersucht werden. Die Phase 2 hatte bis zum Stand Januar 2017 noch nicht begonnen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Drucksache 21/13597 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Seit der letzten Anfrage der Fragestellerin hat die zuständige Gemeinsame Arbeitsgruppe Justiz/Polizei (GAG) sich im November 2017 erneut mit praktischen Fragen der Bewältigung des hohen Fallvolumens befasst. Im Vordergrund sieht das zuständige Gremium der Justizministerkonferenz dabei weiterhin die Klärung der Frage, ob und wie die für die retrograde Überprüfung aufgeklärter Tötungsdelikte erforderliche Einbindung der Justiz in rechtlich zulässiger Weise sowie mit vertretbarem Aufwand erfolgen kann. Im April 2018 hat das zuständige Fachgremium der Innenministerkonferenz zudem eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt, die bis Herbst 2018 einen Bericht zur Umsetzung der Empfehlungen aus Bundestags-Untersuchungsausschusses NSU für den Bereich der Polizei erarbeiten soll. Zu den erfragten Phasen 2 bis 5 ist der Sachstand gegenüber Drs. 21/7469 sowie 21/4139 unverändert; siehe auch Antwort der Bundesregierung auf die aktuelle Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag, BT.-Drs. 19/2369 vom 29. Mai 2018. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Ist die vereinbarte Überprüfung in fünf Phasen mittlerweile abgeschlossen ? Wenn nein, warum nicht, in welcher Phase wird derzeit ermittelt und wann wird sie voraussichtlich abgeschlossen sein? Siehe Vorbemerkung. 2. Nach Auskunft des Senates in Drs. 21/7469 ist die Phase 1a (also unaufgeklärte Tötungsdelikte einschließlich Versuche) abgeschlossen. In dieser Phase 1a seien 29 Fälle an die AG Fallanalyse des GAR übermittelt worden. a. Sind über die 29 Fälle hinaus weitere unaufgeklärte Tötungsdelikte einschließlich von Versuchen bekannt geworden, bei denen eine rechte Motivation nicht ausgeschlossen werden konnte? Nein. Im Übrigen siehe Drs. 21/4139 zu den übermittelten 29 Fällen. b. Zu welchen Ergebnis hat die Überprüfung der 29 Fälle durch die AG Fallanalyse des GAR geführt? Auf welchen Erwägungen basiert dieses Ergebnis? Zu dem erfragten Ergebnis siehe Drs. 21/4139. Zuständig für die erfragten Erwägungen der zu Phase 1a gemeldeten Fälle ist die Arbeitsgruppe (AG) Fallanalyse des Bundeskriminalamtes (BKA). Diese hat auf Nachfrage des Landeskriminalamtes Hamburg mitgeteilt, dass der entsprechende Bericht noch nicht fertiggestellt ist. 3. Sofern mittlerweile eine weitere Phase abgeschlossen ist, bitte für die einzelnen Phasen jeweils angeben: a. Zeitraum der Überprüfung b. Kriterien der Überprüfung c. Straftaten, die überprüft wurden d. Straftaten, bei denen sich Anhaltspunkte für eine mögliche politisch rechte Motivation ergeben haben. Bitte aufschlüsseln nach Deliktart und Jahr des Delikts. Siehe Vorbemerkung. 4. Sofern die Phase 2 noch nicht begonnen wurde: Beabsichtigt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Fortführung der Überprüfung von Fällen seit 1990 auf mögliche rechte Tatmotivation? Wenn ja, liegt dafür ein Zeitplan vor und wie sieht die Planung aus? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13597 3 Wenn nein, aus welchen Gründen hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Überprüfung abgebrochen? Siehe Vorbemerkung. 5. Wie bewertet der Senat den Umstand, dass seit mittlerweile sechs Jahren die Überprüfung von Altfällen auf mögliche rechte/rechtsextreme Hintergründe nur schleppend vorankommt? Der Senat hat sich mit der Frage nicht befasst.