BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13605 21. Wahlperiode 03.07.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Daniel Oetzel (FDP) vom 27.06.18 und Antwort des Senats Betr.: Platznachweisverfahren Seit dem 1. August 2013 wurde der Rechtsanspruch auf eine täglich fünfstündige Kindertagesbetreuung auf alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr erweitert. Dieser Rechtsanspruch ist von einer möglichen Berufstätigkeit der Eltern unabhängig. Erklärtes Ziel des Senats ist es, allen Kindern einen entsprechenden Betreuungsplatz zu garantieren und Wahlfreiheit für die Eltern. Aufgrund der derzeit ungünstig organisierten Verfahrensstruktur suchen sich viele Eltern zunächst einen Kita-Platz und beantragen erst dann einen Kita- Gutschein. Dadurch sind die Zahlen der möglichen Bedarfe verzerrt. Da keine offiziellen Wartelisten geführt werden und sich Rot-Grün weigert, ein Verfahren zur realistischen Bedarfsermittlung einzuführen1, ist ein sogenanntes Platznachweisverfahren aktuell leider der einzige Indikator, um feststellen zu können, ob hinreichend Kita-Plätze vorgehalten werden. In diesem Zusammenhang muss man sich aber darüber im Klaren sein, dass auch ein genauerer Aufschluss über das Platznachweisverfahren nicht endgültig Klarheit über den realen Bedarf in der Kindertagesbetreuung schaffen kann, solange das Verfahren zur Beantragung eines Kita-Gutscheins nicht angepasst wird. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Im nachfrageorientierten Hamburger Kita-Gutschein-System erfolgt keine zentrale Angebotsplanung seitens des öffentlichen Jugendhilfeträgers. Eine zentrale Bedarfsermittlung durch den öffentlichen Jugendhilfeträger hat sich in der Vergangenheit als nicht zielführend erwiesen. Die Träger der Kindertageseinrichtungen passen mit ihrer Kenntnis der örtlichen Bedarfslage eigenverantwortlich die bestehenden Angebotsstrukturen in ihren Kitas an oder richten neue Kitas ein. Sie können vor Ort schneller auf die regionale Nachfrage reagieren. Diese Planungsfreiheit der Kita-Träger war für den erfolgreichen Ausbau der Kindertagesbetreuung in Hamburg von entscheidender Bedeutung und hat zu einem produktiven Qualitätswettbewerb zwischen den Anbietern und zu einer bedarfsgerechten Ausgestaltung der Angebote geführt. Ergänzend steuert die für Kindertagesbetreuung zuständige Behörde den Kita-Ausbau bei größeren Wohnungsneubauvorhaben, die im Rahmen neuer Bebauungspläne geplant werden . Eine vergleichbare Vorgehensweise gilt auch für die Planung von Festbauten mit der Perspektive Wohnen in öffentlicher Unterbringung. Darüber hinaus koordiniert die für Kindertagesbetreuung zuständige Behörde bei Bedarf regionale Planungsaktivitäten der Kita-Träger insbesondere im nahen Umfeld der Wohnunterkünfte. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1 Vergleiche Plenarprotokoll Nummer 21/67. Drucksache 21/13605 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wie viele Platznachweisverfahren wurden in Hamburg seit 2015 angestrengt ? (Bitte jährlich nach Bezirk aufschlüsseln.) Die Platznachweisverfahren werden in den Bezirksämtern nicht statistisch erfasst. Hierfür wäre eine Einzelauswertung der dazugehörigen Akten notwendig, mit zwischen 11.000 und 30.000 erlassenen Bescheiden je Bezirk und Jahr. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Folgende Angaben zur Anzahl der Platznachweisverfahren wurden von den Bezirksämtern hierzu gemacht: Bezirk 2015 2016 2017 2018 Hamburg-Mitte 3 3 15 7 Altona - - - - Eimsbüttel - - - 6 Hamburg-Nord 3 10 50 17 Wandsbek - - 36 29 Bergedorf 0 0 0 3** Harburg - - 28 32 GESAMT 6 13 129 94 - = keine Daten vorhanden ** seit April 2018 Derzeit wird von der für Kindertagesbetreuung zuständigen Behörde in Zusammenarbeit mit den Abteilungen Kindertagesbetreuung der Bezirksämter eine systematische monatliche Erfassung der Platznachweisverfahren vorbereitet. Die Planungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen. 2. In wie vielen Fällen konnte im Platznachweisverfahren abgeholfen werden ? (Bitte jährlich nach Bezirk aufschlüsseln.) Folgende Angaben wurden von den Bezirksämtern hierzu gemacht: Bezirk 2015 2016 2017 2018 Hamburg-Mitte 3 3 13 4 Altona - - - - Eimsbüttel - - - 3** Hamburg-Nord 3 6 40 6 Wandsbek - - 9 6 Bergedorf 0 0 0 3 Harburg 0 0 26 2 GESAMT 6 9 88 24 - = keine Daten vorhanden ** seit April 2018 3. In wie vielen Fällen konnte im jeweiligen Bezirk selbst abgeholfen werden und in wie vielen Fällen musste die BASFI einbezogen werden? Folgende Angaben wurden von den Bezirksämtern hierzu gemacht: Bezirk Abhilfe im Bezirk Einbeziehung der zuständigen Behörde Hamburg-Mitte 28 4 Altona - - Eimsbüttel 0 6 Hamburg-Nord - - Wandsbek - 27 Bergedorf 3 0 Harburg 16 12 GESAMT 47 49 - = keine Daten vorhanden Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13605 3 Darüber hinaus erledigen sich einige Platznachweisverfahren, ohne dass dies dem Bezirksamt oder der für Kindertagesbetreuung zuständigen Behörde bekannt wird (zum Beispiel finden Eltern selbst einen Betreuungsplatz oder die Familie zieht um). Eine Berechnung der in 1. bis 3. genannten Zahlen ist deshalb irreführend. 4. Wie lange dauern aktuell Platznachweisverfahren? (Bitte Durchschnitt und Extremwerte nach Bezirk angeben.) Die Anträge auf Platznachweisverfahren werden von allen Bezirksämtern unverzüglich bearbeitet. Sofern das zuständige Bezirksamt keinen Platz nachweisen kann, wird die für Kindertagesbetreuung zuständige Behörde einbezogen. Die Dauer der Platznachweisverfahren wird in den Bezirksämtern statistisch nicht erfasst. Das Bezirksamt Bergedorf gibt an, dass Platznachweisverfahren durchschnittlich innerhalb von vier Tagen bearbeitet werden. Das Bezirksamt Altona gibt an, dass die Verfahren durchschnittlich circa zwei Wochen dauern. Über den Extremwert kann vom Bezirksamt Altona wegen fehlender statistischer Erfassung keine Angabe gemacht werden. Das Bezirksamt Hamburg-Mitte gibt an, dass die Bearbeitung von Platznachweisverfahren von einer Woche bis zu neun Monate dauert, im Durchschnitt drei Monate. 5. Sind dem Senat beziehungsweise den zuständigen Behörden andere Beschwerden über den Kitaplatzmangel bekannt? Wenn ja, in welchem Umfang und wie viele seit 2015? (Bitte jährlich nach Bezirk aufschlüsseln.) Beschwerden werden von der für Kindertagesbetreuung zuständigen Behörde und den Bezirksämtern systematisch nicht erfasst. Der für Kindertagesbetreuung zuständigen Behörde sind einzelne Anfragen von Familien zu Schwierigkeiten bei der Suche nach einem Kita-Platz bekannt. In den Bezirksämtern sind keine Beschwerden bekannt. Manche Eltern machten in den Antrags- und Beratungsgesprächen im Bezirksamt deutlich, dass sie sich eine größere Auswahl wohnortnaher Betreuungsangebote wünschen. Darüber hinaus nimmt die für Kindertagesbetreuung zuständige Behörde Hinweise von Institutionen und bezirklichen Dienststellen auf Nachfrageüberhänge auf. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antwort zu 1. 6. Wie lange dauert die Beantragung eines Kita-Gutscheins aktuell? (Bitte nach Bezirk aufschlüsseln.) Die Beantragung eines Kita-Gutscheins obliegt den Eltern. Dem Senat liegen keine Informationen darüber vor, wie lange Eltern für die Beantragung benötigen. Dies wird auch davon abhängen, ob es sich um einen Kita-Gutschein im Rahmen des allgemeinen Rechtsanspruchs im Umfang von fünf Stunden täglich handelt oder um einen Betreuungsumfang darüber hinaus, bei dem bedarfsbegründende Nachweise und Einkommensunterlagen vorzulegen sind. Folgende Angaben zur Bearbeitungszeit von Anträgen auf Kita-Gutscheine, bei denen alle erforderlichen Unterlagen vorliegen, wurden von den Bezirksämtern hierzu gemacht: Bezirk Bearbeitungszeit Kita- Gutschein Hamburg-Mitte bis zu 3 Monate Altona 4 bis 6 Wochen Eimsbüttel 6 Wochen Hamburg-Nord 6 Wochen Wandsbek 6 Wochen Bergedorf 2 Wochen Harburg 6 Wochen 7. Ist angedacht, die Bearbeitungszeit zu senken? Wenn ja, mit welchen Maßnahmen? (Bitte nach Bezirk aufschlüsseln.) Drucksache 21/13605 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Im Rahmen der Senatsstrategie „Digital First“ soll geprüft werden, ob und inwieweit die Beantragung und Inanspruchnahme von Leistungen der Kindertagesbetreuung vereinfacht und/oder digitalisiert werden kann. Im Bezirksamt Harburg ist geplant, aufgrund des zu erwartenden höheren Antragsaufkommens im Sommer Kolleginnen und Kollegen aus dem Eingangsbereich des Sozialen Dienstleistungszentrums für die Unterstützung bei der Antragsbearbeitung in der Abteilung Kindertagesbetreuung zusätzlich einzusetzen.