BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13609 21. Wahlperiode 03.07.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 27.06.18 und Antwort des Senats Betr.: Hasskriminalität im Internet Am 14.06.2018 kam es zu einem koordinierten Einsatz mit Beteiligung von über 20 Polizeidienststellen in Deutschland. Durchgeführt wurden Wohnungsdurchsuchungen , Vernehmungen und weitere Maßnahmen gegen 29 Beschuldigte wegen des Verdachts, sogenannte Hasskommentare im Internet veröffentlicht zu haben.1 Laut Statistik vom BKA wurden im Jahr 2017 insgesamt 2.270 sogenannte Hasspostings registriert.2 In der veröffentlichten Twitter-Nachricht des BKA werden die Kategorien „PMK-rechts“, „PMK-links“, „PMK-sonstige“, „PMK-ausländische Ideologie“, „PMK-ausländische Religion“ und „Nicht zuzuordnen“ angeführt. Die Hamburger Justizbehörde will (laut einem Bericht des „Hamburger Abendblatts“) ab dem 1. Juli 2018 politisch motivierte Kriminalität noch genauer als bisher erfassen und zukünftig nach antisemitischen, antiislamischen und behindertenfeindlichen Vergehen differenzieren.3 Die Stadt Hamburg bietet die Möglichkeit, eine Onlinestrafanzeige aufzugeben.4 Der Nutzer akzeptiert eine Belehrung, mit der er sich bereit erklärt, dass die IP erfasst wird. Danach besteht die Möglichkeit, Angaben zur eigenen Person, zum Tatort, zur Zeit und zum Sachverhalt zu machen. Ein Extrafeld, in dem er den/die Täter/in beschreiben kann, gibt es nicht. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welche Kategorien wendet die Stadt Hamburg bei der Erfassung von sogenannten Hasspostings an? In Hamburg werden durch die Staatsanwaltschaft ab 1. Juli 2018 folgende Kriterien der Hasskriminalität dokumentiert: antisemitisch, antichristlich, antiislamisch, behindertenfeindlich , fremdenfeindlich und wegen sexueller Orientierung und mittels Internet . Derzeit werden rechtsextremistische und fremdenfeindliche Straftaten im Rahmen der sogenannten REX-Statistik erhoben. Die erforderliche händische Erhebung erfolgt in der Abteilung 71 nach Maßgabe der vom Bundesamt für Justiz vorgegebenen Kriterien . Eine gesonderte Erfassung einer Tatbegehung ist darin nicht vorgesehen. 1 https://www.bka.de/DE/Presse/Listenseite_Pressemitteilungen/2018/Presse2018/180614_ AktionstagHasspostings.html. 2 https://twitter.com/bka/status/1007155590026747904. 3 https://www.abendblatt.de/hamburg/article214638763/Hasskriminalitaet-in-Hamburg-wird-baldgenau -erfasst.html. 4 https://gateway.hamburg.de/HamburgGateway/Service/Entry/49. Drucksache 21/13609 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Erfasst werden Straftaten nach den Kriterien antisemitische Bestrebungen, aufgrund fremdenfeindlicher Motivation sowie mittels Internet. Die Polizei Hamburg erfasst politisch motivierte Kriminalität (PMK) auf der Grundlage der Kategorien und Kriterien des bundeseinheitlich verbindlichen Kriminalpolizeilichen Meldedienstes (KPMD). Ausgehend von den Umständen der Tat werden Straftaten der PMK nach dem Definitionssystem zunächst einem Themenfeld zugeordnet. Die phänomenologische Zuordnung, zum Beispiel zur PMK-links, erfolgt im Anschluss gegebenenfalls aufgrund weiterer Informationen zur Tat oder Täterschaft. Straftaten, die sich zum Beispiel gegen Personen allein aufgrund ihrer Nationalität oder ihres äußeren Erscheinungsbildes richten, werden aufgrund ihrer besonderen Bedeutung KPMD-PMK im Themenfeld „Hasskriminalität“ erfasst; seit dem 1. Januar 2017 ist ergänzend das Themenfeld „Hassposting“ eingeführt worden. Unter einem Posting wird ein Beitrag verstanden, der im oder über das Internet mehreren Nutzern gleichzeitig zugänglich gemacht wird. Politisch motivierten Hasspostings werden Straftaten zugerechnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/ oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen eine Person/Gruppe wegen ihrer zugeschriebenen oder tatsächlichen politischen Haltung, Einstellung und/oder Engagements, Nationalität, ethnischen Zugehörigkeit, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, Weltanschauung, physischen und/oder psychischen Behinderung oder Beeinträchtigung, sexuellen Orientierung und/oder sexuellen Identität, ihres sozialen Status oder äußeren Erscheinungsbildes gerichtet sind und die Tathandlung im Kausalzusammenhang steht beziehungsweise sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet. 2. Wie viele sogenannte Hasspostings wurden in Hamburg registriert? Bitte für die Jahre 2016, 2017 und 2018 und nach den in Ziffer 1 erfragten Kategorien aufschlüsseln. Bei der Staatsanwaltschaft wird nicht erfasst, ob eine Straftat durch ein Posting im Internet begangen wurde. Es müssten daher sämtliche Verfahren der Abteilung 71 mit politisch motiviertem Hintergrund (Register 7101 Js und 7120 Js) ausgewertet werden . Allein für den Aktenzeichenjahrgang 2018 handelt es sich für das Register 7101 Js um über 500 Verfahren. Dies ist im Rahmen der für die Beantwortung einer Parlamentarischer Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Ausweislich der im Rahmen der Berichterstattung zur REX-Statistik der Justizbehörde übermittelten Zahlen wurden 262 Ermittlungsverfahren im Jahr 2016 und 181 Ermittlungsverfahren im Jahr 2017 erfasst (für 2018 liegt noch keine Statistik vor), die unter Verwendung des Internets begangen wurden. Ob es sich um Postings handelt, ist nicht bekannt. Eine Auswertung der Verfahren ist nicht möglich, da die Aktenzeichen nicht erfasst werden. Zu den im Themenfeld „Hassposting“ erfassten Fällen der PMK siehe folgende Tabelle ; die Angaben für 2018 sind vorläufig: Jahr 2017 2018* PMK gesamt im Themenfeld „Hassposting“ 82 19 davon PMK-rechts 56 14 davon PMK-links 3 4 davon PMK-religiöse Ideologie 4 0 davon PMK-ausländische Ideologie 1 0 davon PMK-nicht zuzuordnen 18 1 * Stichtag 28. Juni 2018 Im Übrigen siehe Antwort zu 1. 3. Beim Ausfüllen einer Onlinestrafanzeige ist zu lesen, dass die „IP- Adresse des Absenders für fünf Tage protokolliert“ wird. Weiter muss Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13609 3 man sich „mit der Speicherung seiner IP-Adresse einverstanden erklären .5 a. Wie lange wird die IP-Adresse genau gespeichert? Die IP-Adresse des Absenders wird für sieben Tage gespeichert und anschließend automatisiert gelöscht. Der abweichende Eintrag zur Speicherfrist auf der Startseite zur Onlinewache von fünf Tagen wird korrigiert. b. Weshalb wird die IP-Adresse gespeichert? Die IP-Adresse des Absenders wird zur Nachverfolgung widerrechtlich gestellter Strafanzeigen gespeichert. 4. In der „PMK-Antisemitismus“ werden Taten automatisch „rechts“ zugeordnet , wenn es keine näheren Angaben zum Täter gibt.6 Die Stadt Hamburg bietet einen Umfang von 10.000 Zeichen an, um den kompletten Sachverhalt darzustellen, jedoch kein extra Feld, um den/die Täter zu beschreiben. a. Nach welchen Kriterien werden Anzeigen zugeordnet, wenn es keine näheren Angaben zum Täter gibt? b. Insbesondere: Wie schließt der Senat es aus, dass antisemitische Straftaten als „rechts“ eingeordnet werden, obwohl Angaben zu dem Täter/den Tätern nicht vorliegen und es sich genauso gut um ein Hassposting mit islamischem/islamistischem Hintergrund handeln kann? Siehe hierzu Drs. 21/13537. 5 https://gateway.hamburg.de/hamburggateway/fvp/fv/Polizei/Onlinewache/?sid=49. 6 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/119/1811970.pdf, Seite 34.