BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13656 21. Wahlperiode 06.07.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse und Dirk Nockemann (AfD) vom 29.06.18 und Antwort des Senats Betr.: Flüchtlinge und Kriminalität – Situation im Juni 2018 Im April 2018 lebten insgesamt 56.321 Flüchtlinge in Hamburg, von denen die meisten neben anderen Staaten aus Syrien, Afghanistan, Irak, Iran, Eritrea und der Russischen Föderation stammten. Infolge von monatelangelanger Bearbeitungsdauer ihrer Asylanträge, einer angespannten Unterbringungssituation und nicht selten auch ungünstigen Bleibeperspektiven haben sich manche Flüchtlinge immer wieder der Kriminalität zugewandt. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Mit dem Begriff des Flüchtlings werden in der öffentlichen Diskussion häufig nur die Personengruppen assoziiert, die seit 2015 nach Deutschland beziehungsweise Hamburg migriert sind. Diese dynamische Größe kann in einer bundesweit einheitlich geführten Massenstatistik wie der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) nicht abgebildet werden. Sie ergibt sich aus dem Ermittlungsvorgang selbst. In der PKS wird bei der Erfassung der Daten von Tatverdächtigen der Aufenthaltsstatus erhoben. Für die Erfassung des Aufenthaltsstatus/Grundes des Aufenthalts werden seit Januar 2018 die Tatverdächtigen mit Flüchtlingsstatus nur noch nach drei Unterkategorien wie folgt erfasst: o Asylbewerber, o Schutz- und Asylberechtigte, Kontingentflüchtlinge sowie o Duldung (Abschiebungshindernisse nach Abschluss des Asylverfahrens). Tatverdächtige mit dem vorstehend angegebenen Aufenthaltsstatus können zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten migriert sein; der Migrationszeitpunkt kann bereits langbis mittelfristig oder auch sehr kurz zurückliegen. Schlussfolgerungen auf die Anzahl der Tatverdächtigen, die erst seit 2015 migrierten, sind nicht angezeigt. Diese Tatverdächtigen können Teilmenge jeder der drei oben genannten Unterkategorien sein. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Flüchtlinge, die über einen der folgenden aufenthaltsrechtlichen Status verfügen, waren im Mai 2018 strafrechtlich in Erscheinung getreten (die Frage bitte auch in Hinblick auf Herkunftsland, Geschlecht und Alter beantworten): a) Aufenthaltserlaubnis aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen nach § 22 Satz 1 AufenthG nach § 22 Satz 2 AufenthG nach § 23 Absatz 1 AufenthG Drucksache 21/13656 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 nach § 23 Absatz 2 AufenthG nach § 23 Absatz 4 AufenthG nach § 23a AufenthG nach § 24 AufenthG nach § 25 Absatz 1 AufenthG nach § 25 Absatz 2 AufenthG (Flüchtlingseigenschaft zuerkannt) nach § 25 Absatz 2 AufenthG (subsidiärer Schutz gewährt) nach § 25 Absatz 3 AufenthG (Abschiebungshindernis) nach § 25 Absatz 4 Satz 1 AufenthG nach § 25 Absatz 4 Satz 2 AufenthG nach § 25 Absatz 4b AufenthG nach § 25 Absatz 5 AufenthG nach § 25a Absatz 1 AufenthG nach § 25a Absatz 2 Satz 1 AufenthG nach § 25a Absatz 2 Satz 2 AufenthG nach § 25a Absatz 2 Satz 3 AufenthG nach § 25b Absatz 1 Satz 1 AufenthG b) Aufenthaltserlaubnis aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen nach § 25b Absatz 4 AufenthG (Ehegatte/Lebenspartner) nach § 25b Absatz 4 AufenthG (Minderjähriges Kind) c) Niederlassungserlaubnis nach § 23 Absatz 2 AufenthG (besondere Fälle) nach § 23 Absatz 4 AufenthG (Resettlement) - NE nach § 26 Absatz 3 Satz 1 AufenthG nach § 26 Absatz 3 Satz 2 AufenthG nach § 26 Absatz 4 AufenthG Statistische Daten im Sinne der Fragestellung werden bei der Polizei nicht erhoben. Die Polizei erfasst Straftaten gemäß dem Straftatenkatalog der Richtlinien für die Erfassung und Verarbeitung der Daten in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Die Auswertung von PKS-Daten in Tabellenform als standardisierte Ergebnistabellen unterliegt einem bundesweit abgestimmten Prozess. Darin wird fachlich beschrieben, wie die PKS-Daten zu erheben sind und wie sie in den jeweiligen Ergebnistabellen ausgewertet werden. Bei der Berechnung der Tatverdächtigen wird in der PKS eine echte Tatverdächtigenzählung vorgenommen. Dabei wird ein Tatverdächtiger nur einmal gezählt, auch wenn er mehrfach registriert wurde. Dieses Prinzip wird sowohl für die Anzahl der Tatverdächtigen insgesamt als auch für die Anzahl der Tatverdächtigen für jedes Delikt angewendet. Wird ein Tatverdächtiger mit zwei verschiedenen Delikten registriert, wird er für das jeweilige Delikt als Tatverdächtiger gezählt. Für Tatverdächtige insgesamt wird er dagegen nur einmal gezählt. Daher ist es nach der echten Tatverdächtigenzählung regelwidrig, die Summe der Tatverdächtigen aus den erfragten Delikten zu errechnen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13656 3 In der PKS wird nicht das Herkunftsland des Tatverdächtigen, sondern die Staatsangehörigkeit erhoben. Eine direkte Verknüpfung vom Aufenthaltsstatus zur Staatsangehörigkeit , zum Alter und zum Geschlecht des Tatverdächtigen ist nicht möglich, da es sich um getrennte Datenbestände handelt. Die PKS ist auf Jahresauswertungen ausgelegt. Innerhalb eines Berichtsjahres unterliegt der PKS-Datenbestand einer ständigen Pflege, zum Beispiel durch Hinzufügen von nachträglich ermittelten Tatverdächtigen oder der Herausnahme von Taten, die sich im Nachhinein nicht als Straftat erwiesen haben. Ein Fall wird in der PKS in dem Monat gezählt, in dem er erfasst wurde. Die Tatzeit bleibt dabei unberücksichtigt. Wird dieser Fall in einem Folgemonat im Sinne der vorstehend beschriebenen ständigen Pflege geändert, führt das in diesem Folgemonat zu einer erneuten Zählung, weil eine Datensatzänderung im rechnerischen Sinne eine neue Erfassung ist. In den sogenannten kumulativen Tabellen, die vom ersten bis zum aktuellen Monat des Jahres berichten, wird immer nur der eine Fall mit der letzten Änderung gezählt. Das hat zur Folge, dass die Summe von Monatszahlen regelmäßig größer ist als die kumulativen Zahlen dieser Monate. Änderungen in der PKS oder spezielle Kriminalitätsaufkommen , auch in Verbindung mit entsprechenden Qualitätssicherungsmaßnahmen, können dazu führen, dass monatliche Fallerfassungen beträchtlicher Größenordnung in Folgemonaten erneut gezählt werden. Auf einzelne Monate aufgegliederte Fallzahlen sind in der PKS daher nicht valide. Zum Erhalten der größtmöglichen Validität wurde hier das erste Halbjahr 2018 gewählt. In der nachfolgenden Tabelle ist die Anzahl der in der PKS im ersten Halbjahr 2018 registrierten Tatverdächtigen mit Flüchtlingsstatus mit dem dazugehörigen Aufenthaltsstatus angegeben: Asylbewerber Schutz- und Asylberechtigte , Kontingentflüchtlinge Duldung (Abschiebungshindernisse nach Abschluss des Asylverfahrens) 2.093 532 828 2. Wie viele der Angehörigen oben genannter Personengruppen sind gegenwärtig Beschuldigte in einem Ermittlungsverfahren? Die Frage bitte anhand der oben stehenden Systematik beantworten sowie Herkunftsland , Alter und Geschlecht nennen. Statistiken im Sinne der Fragestellung werden bei der Polizei nicht geführt. Zur Beantwortung dieser Frage wäre eine Durchsicht aller noch nicht abgeschlossenen Hand- und Ermittlungsakten bei der Polizei erforderlich. Die Auswertung von mehreren Zehntausend Akten ist in der für die Beantwortung Parlamentarischer Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Das ausländerbehördliche Fachverfahren ermöglicht keine Auswertungen im Sinne der Fragestellungen. Es kann nicht erfasst werden, ob jemand „strafrechtlich in Erscheinung getreten“, „Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren“ oder „in einem strafrechtlichen Verfahren verurteilt“ ist. Diese Informationen sind in den elektronischen Ausländerakten enthalten. Eine Auswertung würde jedoch eine händische Durchsicht erfordern und ist in der für die Beantwortung Parlamentarischer Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 3. Wie viele der Angehörigen oben genannter Personengruppen sind in der Vergangenheit in einem strafrechtlichen Verfahren verurteilt worden? Die Frage bitte anhand der oben stehenden Systematik beantworten sowie Herkunftsland, Alter, Geschlecht und prozessualen Sachverhalt nennen. Eine Antwort ist nicht möglich. Weder im Vorgangserfassung- und Vorgangsverwaltungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft noch in der Strafverfolgungsstatistik ist eine Recherche danach möglich, ob ein Verurteilter einen aufenthaltsrechtlichen Status nach dem AufenthG besitzt beziehungsweise aufgrund welcher aufenthaltsrechtlicher Norm ein Aufenthaltstitel erteilt wurde. Abgesehen davon enthält die Fragestellung weder eine zeitliche Einschränkung noch eine Einschränkung auf Verurteilungen durch hamburgische Strafgerichte, sodass Drucksache 21/13656 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 eine Antwort auch aus diesen Gründen nicht möglich ist. Vergleiche im Übrigen Drs. 21/10765. 4. Wie viele der Angehörigen oben genannter Personengruppen befinden sich gegenwärtig in Haft oder haben in der Vergangenheit eine Haftstrafe verbüßt? Die Frage bitte anhand der oben stehenden Systematik beantworten sowie Herkunftsland, Alter, Geschlecht und das zugrunde liegende Urteil nennen. Eine Statistik über den ausländerrechtlichen Status von Straf- und Untersuchungsgefangenen wird nicht geführt. Es müssten daher sämtliche Gefangenenpersonalakten händisch ausgewertet werden. Dies ist bei einer täglichen Belegung mit circa 2.000 Gefangenen in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Angaben zur Haft können von der Sachbearbeitung für ausländerbehördliche Fachverfahren in das System eingegeben werden. Dies erfolgt jedoch nicht in allen Fällen und ist stets von der zeitnahen Zulieferung dieser Information seitens der Haftanstalten abhängig. Eine Auswertung hierzu wäre nicht aussagefähig. 5. Wie viele der Angehörigen oben genannter Personengruppen werden gegenwärtig vom Verfassungsschutz beobachtet? Die Frage bitte anhand der oben stehenden Systematik beantworten sowie Herkunftsland , Alter und Geschlecht nennen. Gemäß § 4 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz beobachtet das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Der Begriff Flüchtling ist kein Erfassungskriterium des LfV Hamburg. Insofern wird eine Statistik im Sinne der Fragestellung nicht geführt. 6. Wie viele der Angehörigen oben genannter Personengruppen gelten gegenwärtig als Gefährder? Die Frage bitte anhand der oben stehenden Systematik beantworten sowie Herkunftsland, Alter und Geschlecht nennen . Keine.