BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13660 21. Wahlperiode 10.07.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Thering (CDU) vom 02.07.18 und Antwort des Senats Betr.: Mobilität in Hamburg – Welche Schlüsse zieht der Senat aus den mauen Zahlen beim Radverkehr und dem Rückgang bei den zu Fuß zurückgelegten Wegen? Der Senat hat vor wenigen Tagen die neuen Hamburger Zahlen der bundesweiten Referenzstudie „Mobilität in Deutschland" (MiD) veröffentlicht. Demnach nutzen im Vergleich zu den Vorgängererhebungen der Jahre 2008 und 2002 zwar weniger Menschen das eigene Auto, um in Hamburg von A nach B zu kommen. Allerdings legten die Menschen 2017 auch weniger Wege zu Fuß zurück (27 Prozent) als vor knapp zehn Jahren (28 Prozent). Und selbst der Radverkehrsanteil ist trotz der von den GRÜNEN seit 2015 betriebenen und einseitig auf das Rad fokussierten Verkehrspolitik seit 2008 nur von 12 Prozent auf 15 Prozent im vergangenen Jahr gestiegen. Nicht genannt hat der Senat hingegen die deutschlandweiten Vergleichszahlen oder Zahlen aus anderen Großstädten. Zudem sind die Hamburger Ergebnisse dem Anschein nach bereits vor der entsprechenden Senatspressemitteilung „durchgesickert“ beziehungsweise durchgestochen worden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Studie „Mobilität in Deutschland“ (MiD) ist eine bundesweite Befragung der Wohnbevölkerung zu ihrem alltäglichen Verkehrsverhalten im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). Städte, Landkreise, Verkehrsverbünde und weitere haben sich an der Befragung beteiligt Das BMVI hat am 29. Juni 2018 einen Kurzreport zur MiD 2017 mit den zentralen Ergebnissen des Bundes im Internet veröffentlicht (siehe www.mobilitaet-indeutschland .de). Darin sind die Modal-Split-Werte aller Bundesländer als ein Ergebnis der Studie enthalten. Die zuständige Behörde hat am 28. Juni 2018 vorläufige Tabellenbände mit ersten Ergebnissen der Hamburger Befragung erhalten. Diese enthalten Informationen zu Haushaltsstrukturen, zur Soziodemografie und zu den zurückgelegten Wegen (zum Beispiel genutztes Verkehrsmittel, Wegezwecke oder Wegelänge) auf der räumlichen Ebene der sieben Bezirke. Weitere Differenzierungen zum Beispiel nach Bevölkerungsgruppen oder der Anbindungsqualität in Verknüpfung mit einem konkreten Ortsbezug der befragten Haushalte und der Wege liegen bisher nicht vor. Sobald diese Informationen vorliegen, werden die Daten zunächst analysiert. Ein Ergebnisbericht und finale Tabellenbände werden voraussichtlich im Oktober des Jahres 2018 vorliegen . Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. In der Senatspressemitteilung vom 28. Juni 2018 steht unter anderem geschrieben: „Die Daten bilden eine wichtige Grundlage für die Ableitung Drucksache 21/13660 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 und die Bewertung von Maßnahmen im Verkehrs- und Mobilitätsbereich und Investitionsentscheidungen und sind für die Verkehrsplanung unverzichtbar .“ a) Welche Maßnahmen haben der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden aus den neuen Hamburger Ergebnissen von MiD 2017 bisher abgeleitet? Siehe Vorbemerkung. b) Inwiefern sind die neuen Hamburger Ergebnisse von MiD 2017 bereits i) in die Behördenabstimmung für die Aufstellung des Doppelhaushalts 2019/2020, ii) in den vom Senat am 13. Juni 2018 vorgestellten Haushaltsplan -Entwurf für die Jahre 2019/2020 eingeflossen? Bisher vorliegende Daten der MiD 2017 sind nicht in die entsprechenden Abstimmungen eingeflossen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. c) Wie bewerten der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden vor dem Hintergrund der neuen MiD-Ergebnisse i) die Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag, den Radverkehrsanteil in Hamburg „in den zwanziger Jahren auf 25 Prozent zu steigern“? Halten der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden das Erreichen der 25-Prozent-Zielmarke in diesem Zeitraum weiterhin für realistisch? ii) den bisherigen Umfang der Förderung des Fußgängerverkehrs in Hamburg? Im Erhebungszeitraum 2016/2017 der aktuellen MiD wurde das Bündnis für den Radverkehr geschlossen und damit die Struktur für eine umfangreiche und ganzheitliche Radverkehrsförderung für die nächsten Jahre in Hamburg aufgebaut. Die Entwicklung des Radverkehrs in Hamburg liegt oberhalb des Deutschland-Trends. Dies wird sich in den kommenden Jahren durch die Radverkehrsförderung des Senats noch stärker ausprägen. Viele Maßnahmen der Radverkehrsförderung entwickeln, nach entsprechenden Vorlaufzeiten für Planung und Umsetzung, ihre Wirkung sukzessive. Mobilitätsverhalten ist stark von Routine und Gewohnheiten geprägt, hier werden unter anderem durch verbesserte Bedingungen neue Anreize geschaffen. Insofern ändern sich Mobilitätsgewohnheiten grundsätzlich über längere Zeiträume. Der jetzt belegte Anstieg entspricht den Erwartungen. In der zweiten Hälfte der 2020er-Jahre werden die Rahmenbedingungen für einen deutlicheren Anstieg des Radverkehrsanteils in Hamburg geschaffen sein und damit die Voraussetzungen getroffen sein, um das Entwicklungsziel von 25 Prozent zu erreichen. Die konzeptionelle Förderung des Fußverkehrs ist ein integraler Bestandteil der Hamburger Verkehrsentwicklungsplanung und wird durch verschiedene Ansätze verfolgt (siehe Drs. 21/7748 „Mobilität in Hamburg – Ziele“). d) Welche Investitionsentscheidungen plant der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde auf der Basis der neuen Hamburger MiD-Ergebnisse? Differenzierte Ergebnisse der Hamburger Vertiefungsstichprobe liegen bisher nicht vor. Informationen zum Mobilitätsverhalten können grundsätzlich einen Beitrag zur Unterstützung von Investitionsentscheidungen leisten, sind jedoch nicht der alleinige Faktor. Deswegen lösen Erkenntnisse über das Mobilitätsverhalten alleine keine Investitionsentscheidungen unmittelbar aus. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13660 3 e) Inwiefern unterscheiden sich speziell die auf der Basis von MiD 2017 errechneten neuen Modal-Split-Daten in Hamburg von denen in i) anderen deutschen Metropolen, ii) anderen deutschen Großstädten, iii) anderen Bundesländern und welche Schlussfolgerungen für das weitere Handeln des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörden, der Bezirksämter, der Landesbetriebe und/oder öffentlichen Unternehmen werden aus diesen Unterschieden gezogen? Bitte die Unterschiede und mögliche Rückschlüsse jeweils für die verschiedenen Verkehrsmittel ÖV, Rad, MIV und Fuß angeben. Die Modal-Split-Werte der Bundesländer sind in dem Kurzreport zur MiD 2017 des BMVI veröffentlicht (siehe Vorbemerkung). Der Vergleich des gesamtstädtischen Modal-Split-Wertes Hamburgs mit denen anderer Länder ist nicht zielführend. Im Vergleich zwischen Metropolen oder Großstädten bestehen vor allem hinsichtlich Stadtstrukturen und Mobilitätsangeboten Unterschiede, die einen direkten Vergleich erschweren. Im Übrigen liegen bisher nur die Ergebnisse des BMVI zu den länderbezogenen Modal-Split-Werten vor. Dementsprechend sind auf Städte bezogene Ergebnisse nur von Berlin, Bremen und Hamburg bekannt. 2. Seit welchem Tag liegen die Hamburger Daten/Ergebnisse von MiD 2017 der zuständigen Behörde in ausgewerteter Form vor? Siehe Vorbemerkung. 3. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Hamburg hat bereits in seinem am Donnerstag, den 28. Juni 2018, um kurz vor 16 Uhr verschickten Newsletter geschrieben: „Deren Ergebnisse (gemeint ist die Studie MiD), lange Zeit von Bundesautoverkehrsminister Andreas Scheuer unter Verschluss gehalten, sickern jetzt durch.“ Wann haben welche Vertreter des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörden vor der auf Donnerstag, den 28. Juni 2018, 17 Uhr datierenden Senatspressemitteilung „Auf der richtigen Spur: Bus und Bahn immer beliebter“ a) welche Vertreter der Regierungsfraktionen, b) Vertreter welcher Verbände, c) Vertreter welcher Unternehmen über die neuen Hamburger Ergebnisse von MiD 2017 informiert? Es sind vorab keine der unter a) bis c) genannten Stellen informiert worden. 4. Inwiefern hat Bundesverkehrsminister Scheuer nach Erkenntnis des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörden die neuen MiD- Daten persönlich als Verschlusssache (VS) einstufen lassen? Hierzu liegen der zuständigen Behörde keine Kenntnisse vor. 5. Inwiefern haben der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden die Hamburger Daten und Ergebnisse von MiD 2017 vor dem 28. Juni 2018, 17 Uhr, als VS eingestuft? Die bisher vorliegenden Daten wurden nicht als Verschlusssache eingestuft.