BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13685 21. Wahlperiode 10.07.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Rath (CDU) vom 03.07.18 und Antwort des Senats Betr.: Wie weit ist die Umsetzung des Konsens mit der Volksinitiative „Hamburg für gute Integration!“ vorangekommen? (IV) Am 12. Juli 2016, vor nunmehr zwei Jahren, hat Rot-Grün mit der Volksinitiative „Hamburg für gute Integration!“ eine umfangreiche Vereinbarung (Drs. 21/5231) geschlossen. Doch diese wird in vielen Aspekten vom Senat nicht eingehalten. So wurde zugesagt, dass der Betrieb von öffentlichen-rechtlichen Unterkünften „nicht ausschließlich durch städtische Gesellschaften wie fördern & wohnen geschehen“ solle. „Vielmehr sollten im Rahmen rechtskonformer , möglichst zügiger Vergabeverfahren auch erfahrene und anerkannte Hilfsorganisationen, wie zum Beispiel ASB, Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter oder Malteser, die Möglichkeit erhalten, den Betrieb von Einrichtungen übernehmen können.“ In Drs. 21/13044 betont der Senat allerdings, dass weitere Vergabeverfahren „nicht vorgesehen“ seien. Und für die zentrale Frage der „Vorweggenehmigungsreife“ „sieht der Senat davon ab, … konkrete Termine zu benennen.“ Reduzierungen bei der Belegung der öffentlichrechtlichen Unterkunft (örU) am Mittleren Landweg mit rund 2.500 Flüchtlingen hängen also in der Luft. Zudem verzichtet der Senat auf die Information, dass Flüchtlinge inzwischen durchschnittlich mehr als drei Jahre in örU wohnen , weil sie keine reguläre Wohnung finden, was die Integration der Menschen massiv erschwert. Auch wird eine Kernforderungen des Konsenses missachtet: Keine Kita in örU! Doch das Gegenteil geschieht. Der Fortschrittsbericht führt aus: „Am Standort „Mittlerer Landweg“ werden insgesamt vier Kitas auf dem Gelände betrieben.“ Auch fehlt noch immer eine Entscheidung , ob nun der Zentrale Koordinierungsstab Flüchtlinge (ZKF) zu einem Zentralen Koordinierungsstab Integration (ZKI) samt Masterplan wird oder, wie von der CDU gefordert, in die Sozialbehörde eingegliedert wird (Drs. 21/10775). Stattdessen lässt der Senat den ZKF weiter als Sondereinrichtung zwischen zwei Behörden fortexistieren, ohne dass eine klare inhaltliche Schwerpunktsetzung dessen erkennbar wäre. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften von f & w fördern und wohnen AöR (f & w) wie folgt: 1. „Weitere Vergabeverfahren sind nicht vorgesehen“, heißt es auf Seite 5 der Drs. 21/13044. Hat die für den Standort Suurheid durchgeführte Vergabe nicht auch gezeigt, dass dieser einen Mehrwert bezüglich der Vielfalt beim Angebot bringt und möglicherweise auch preislich attraktiv ist? Wenn ja, warum schätzt der Senat diese Aspekte nicht? Drucksache 21/13685 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Vergaben des Betriebs der Flüchtlingsunterkunft mit der Perspektive Wohnen Suurheid an die Arbeiterwohlfahrt Landesverband Hamburg e.V. sowie der öffentlich rechtlichen Unterkunft (örU) Am Röhricht (ehemals Am Aschenland II) an das Deutsche Rote Kreuz Landesverband Hamburg e.V., Kreisverband Hamburg-Harburg e.V. sind auf Basis der Drs. 21/5231 erfolgt. Darüber hinaus gibt es jedoch aus Sicht des Senats vielfältige Gründe, f & w als Betreiber einzusetzen, siehe hierzu Drs. 21/8600 und Drs. 21/13044. 2. Wie lange wohnen Flüchtlinge aktuell durchschnittlich in örU? Ende Mai hatten 15.468 Flüchtlinge in örU eine Wohnberechtigung. Wann und wie gedenkt der Senat, die „Überresidenten“ in den Folgeunterkünften in regulären Wohnraum zu vermitteln? Die örU ist ein Ort selbständiger Lebensführung. Die Daten zur Dauer des Aufenthaltes der Bewohnerinnen und Bewohner (Zuwanderer und Wohnungslose) in den örU werden nicht regelhaft erfasst und nicht getrennt bezogen auf die untergebrachten Personengruppen erhoben. Über die genannten Personengruppen hinweg beträgt die durchschnittliche Aufenthaltsdauer zum Zeitpunkt der Erhebung (4.7.2018) 601 Tage in der aktuellen Unterkunft. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass die Anzahl der Zuwanderer mit Wohnberechtigung laut Drs. 21/13466 15.522 Personen betrug. Die Wohnungsversorgung aller wohnberechtigten öffentlich untergebrachten Haushalte erfolgt sowohl über die bezirklichen Fachstellen für Wohnungsnotfälle und die mit der Wohnungswirtschaft abgeschlossenen Vereinbarungen als auch über die Zuhilfenahme von Dritten (zum Beispiel ehrenamtlichen Paten und dort bestehenden Kontakten zu Wohnungsgebern). Darüber hinaus werden die öffentlich untergebrachten Haushalte mit Dringlichkeitsbestätigungen ausgestattet, mittels derer sie sich selbständig um Wohnraum bemühen können, sofern dieser im Rahmen der Kosten der Unterkunft angemessen ist. Das Wohnen in einer örU ist gesetzlich nicht befristet. Gleichwohl wird das Ziel verfolgt, die Integration in Wohnraum zügig zu umzusetzen. Der Erfolg der Bemühungen aller Beteiligter hängt vom bestehenden Angebot an Wohnraum und der Bewerberlage um freie Wohnungen ab. Weiterhin geht der Zentrale Koordinierungsstab Flüchtlinge davon aus, dass die Zahl der Überresidenten in den Erstaufnahmeeinrichtungen bis Ende August 2018 insbesondere durch Verlegung in örU im Wesentlichen abgebaut sein wird. 3. Wie bewertet der Senat die Auswirkungen des langen Verbleibs in örU auf den Integrationserfolg? Das Hamburger Integrationskonzept legt einen phasenorientierten Ansatz der Integration zugrunde. Danach umfasst die Phase der Erstintegration maximal drei Jahre. In dieser Zeit sollen die Geflüchteten das Wissen und die Orientierung erhalten, um ihr Leben in Deutschland selbstständig führen zu können. Gelingende Integration in Form von Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und an den Regelangeboten wird von verschiedenen Aspekten geprägt. Hierzu zählen in dieser Phase das Erlernen der deutschen Sprache, die Einbindung in Kindertagesbetreuung und Schule, die Aufnahme von Ausbildung oder Arbeit sowie die Einbindung im Sozialraum, durch Kontakte zur Nachbarschaft und die Wahrnehmung von Angeboten im Stadtteil. Siehe auch Drs. 21/10281. Das Unterkunfts- und Sozialmanagement in den Unterkünften und die ehrenamtlich Engagierten können gerade in dieser Phase wichtige Brückenbauer zu den Regelsystemen und sozialräumlichen Angeboten sein. Der Wohnort örU stellt somit kein Hindernis für den Integrationserfolg dar. 4. „Das vorrangige Ziel ist die Betreuung von Kindern aus öffentlichrechtlicher Unterbringung in umliegenden Kitas“, heißt es auf Seite 19 im Konsens. In vielen örU sind auf Kitas auf dem Gelände entstanden. Hat der Senat vorab immer regelhaft geprüft, wie die Kapazitäten der Kitas im Umfeld sind? Wenn nein, warum nicht? Und warum werden im Fall der örU Suurheid erst nach Inbetriebnahme die Kapazitäten geprüft (Drs. 21/13464) und bei welchen anderen örU war das auch der Fall? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13685 3 Es wurden und werden regelhaft bereits bei Bekanntwerden der Standorte für die örU die Kita-Träger im Umfeld der Unterkünfte in Form von sogenannten Runden Tischen informiert und gebeten, über den örtlichen Bedarf hinaus freie oder frei werdende Plätze Familien aus der Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus wurde angeregt, bestehende Raumkapazitäten zu nutzen beziehungsweise bauliche Erweiterungen zur Schaffung neuer Plätze zu initiieren. Dies trifft auch für die örU Suurheid zu. Bereits am 17.03.2016 fand im Bezirksamt Altona ein Kita-Planungstreffen für Sülldorf und Rissen statt. Die dabei von den Trägern angestellten Überlegungen zum Ausbau von Platzkapazitäten schienen zu dem Zeitpunkt ausreichend, konnten bisher aber nur zum Teil realisiert werden. Darüber hinaus siehe Drs. 21/13053 und Drs. 21/13464. 5. Wie plant der Senat für den Haushalt 2019/2020, den ZKF aufzustellen? Was ist aus der Zusage, ein ZKI zu schaffen, geworden? Es ist vorgesehen, das Personal des Zentralen Koordinierungsstabs Flüchtlinge (ZKF) bis Ende 2018 auf 48 Personen zu reduzieren. Die benötigten Mittel sind im vom Senat beschlossenen Haushaltsplan-Entwurf berücksichtigt. Darüber hinaus siehe Drs. 21/9389, Drs. 21/10281 und Drs. 21/11471. 6. Und was ist der Stand der Umsetzung bezüglich eines Masterplans Integration? Siehe Drs. 21/10281. 7. Auf Seite 8 wird bezüglich des „Koordinierenden Zentrums für Beratung und Betreuung von Folteropfern und traumatisierten Flüchtlingen“ erwähnt, konzeptionelle und finanzielle Fragen würden geklärt. Wie ist der aktuelle Stand der Planungen? Welche Größenordnung hat das geplante Zentrum, welche Träger sind mit welchen Konzepten in der Endauswahl und wann ist mit Inbetriebnahme zu rechnen? Zum aktuellen Stand der Umsetzung des Bürgerschaftlichen Ersuchens Drs. 21/3816 siehe Drs. 21/7325 und Drs. 21/13141. Darüber hinaus ist die Konzeptabstimmung mit den potenziellen Trägern noch nicht abgeschlossen. 8. Auf Seite 10 wird die personelle Aufstockung im Bereich Wohnungsbaugenehmigung erwähnt. Hier heißt es, die Bezirksämter hätten Bedarf angemeldet. Doch „angemeldet“ heißt nicht zugleich, dass sie das Personal auch schon erhalten hätten. Wann sollen sie das zusätzlich Personal erhalten? Der Senat hat 2016 zur Weiterführung der Wohnungsbauoffensive mit den Bezirksämtern den „Vertrag für Hamburg – Wohnungsneubau“ geschlossen. Hierin sind unter anderem die neuen Wohnungsbaugenehmigungszahlen sowie die Anpassung an die aktuellen Rahmenbedingungen und Herausforderungen im Bereich Wohnungsbau und Effizienzsteigerung der Verfahrensabläufe geregelt. Zur Gewährung zeitnaher Genehmigungsverfahren dürfen die Bezirksämter Stellen befristet neu schaffen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden aus erhöhten Gebühreneinnahmen finanziert. Im März 2016 wurde vom Personalamt die zentrale Einstellungsoffensive „Hamburg wächst“ gestartet, um das erforderliche Personal zu gewinnen. Auf dieser Grundlagen haben die Bezirksämter die Bereiche Wohnungsbaugenehmigungen (19 VZÄ), Erschließung (8,75 VZÄ), Stadt- und Landschaftsplanung (10,25 VZÄ) sowie weitere mit dem Wohnungsbau fachlich verbundenen Fachbereiche (Naturschutz , Grünanlagen, Umwelt, Sondernutzungen, Wasserbau, Rechtsamt; zusammen 25 VZÄ) – insgesamt mit 63 VZÄ – personell verstärkt. 9. Auf Seite 14 wird die Auswertung von AvM-Dual mit 92 Abgängern erwähnt. Wird der weitere Fortgang dieser Gruppe erneut ermittelt und erfolgt auch eine Auswertung anderer Absolventen-Jahrgänge von AvM- Dual? Wenn nein, warum nicht? Drucksache 21/13685 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Alle Ausbildungsjahrgänge von AvM-Dual werden zum 1. November ausgewertet. Es fehlen die datenschutzrechtlichen Grundlagen, um den weiteren Verbleib der 92 Abgängerinnen und Abgänger über die Ausbildung hinaus aus dem zweiten Durchgang des Piloten AvM statistisch zu erfassen. Die Auswertung der folgenden Absolventenjahrgänge wird jedes Jahr zum 1. November erfolgen. 10. Auf Seite 17 wird erwähnt, dass die 400 Plätze der Berufsqualifizierung für 18- bis 25-Jährige aufgestockt werden sollen. Ist die Aufstockung möglich? Wenn ja, zu wann auf wie viele Plätze? Wenn nein, warum nicht? Nach Absprache zwischen den Partnern der Jugendberufsagentur hat die zuständige Behörde dem Träger mitgeteilt, dass eine Aufstockung auf 600 Plätze erfolgen soll. Der Träger hat inzwischen einen entsprechenden Änderungsantrag vorgelegt. Es wird von einer Aufstockung noch im 3. Quartal 2018 ausgegangen. 11. Auch soll es eine Art AvM-Dual für die Altersgruppe geben. Hier würden Mittel für ein Modellprojekt eingeworben. Wurden die Mittel eingeworben ? Wenn ja, in welcher Höhe und wie viele Plätze können damit geschaffen werden? Wenn nein, warum nicht? Der Regionaldirektion Nord der Agentur für Arbeit liegt ein Konzept zur Bewilligung vor. Die Maßnahme soll bei Vorliegen eines positiven Bescheides in der Erprobung mit bis zu sieben Gruppen à 14 Teilnehmerinnen und Teilnehmern starten. Frühestmöglicher Starttermin wäre der 1. August 2018. 12. Für Billwerder wird auf Seite 33 erwähnt, dass es um die örU bisher keine Vertragsärzte gibt. Welche Lösungsvorschläge gibt es? Siehe Drs. 21/13044. Der Sachstand ist unverändert. Erst mit einer Realisierung von Neubauvorhaben in Billwerder kann ein Bevölkerungsanstieg auch im Rahmen der ambulanten Bedarfsplanung der KVH berücksichtigt werden. 13. Zu Rehagen findet man auf Seite 34 den Hinweis: „Bei Bedarf und Eignung für den Standort wird die BSW über Kooperationsvereinbarungen mit Bedarfsträgern (u.a. Studierendenwerk, Azubiwerk) eine gemischte Belegung unterstützen.“ Bestehen nun Bedarf und Eignung? Und wenn nicht, warum nicht? Siehe Drs. 21/13563. 14. „Im Hinblick auf die Schulsituation soll Sorge dafür getragen werden, dass insbesondere die neu zugezogenen Kinder im Grundschulalter wohnortnah beschult werden, ohne die einzelnen Schulen zu überfordern “ (S. 32 zum Mittleren Landweg). Wer hat bereits wann überprüft, ob es nicht bereits eine Situation der Überforderung gibt und welche Maßnahmen wurden daraufhin eingeleitet? Die für Bildung zuständige Behörde hat frühzeitig und in Abstimmung mit den Grundschulen in Bergedorf Lösungsstrategien entwickelt, um die Grundschulkinder aus der Unterkunft Mittlerer Landweg auf möglichst viele Grundschulen im Bezirk zu verteilen. Dabei wird dem Grundsatz Rechnung getragen, dass in keiner Klasse mehr als vier neu zugewanderte Schüler unterrichtet werden und damit eine gute Integration ermöglicht wird. Dieses wird unter anderem durch tägliche Bustransporte unterstützt, siehe auch Drs. 21/11219. Im Übrigen begleiten und steuern die regionale Schulaufsicht sowie die Koordination der Beschulung für IVK und Basisklassen kontinuierlich den Beschulungsprozess in Absprache mit den Grundschulen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13685 5 15. In welcher Form wurden bisher im Jahr 2018 der Dachverband der Initiativen für erfolgreiche Integration Hamburg und die Initiatoren der vormaligen Volksinitiative „Hamburg für gute Integration!“ bei der Umsetzung des Konsenses beteiligt und informiert? Wann und in bei welchen Themen ist das erfolgt? Zwischen dem Dachverband der Initiativen für erfolgreiche Integration Hamburg und dem ZKF finden regelmäßige Austausche statt, bei denen zu aktuellen Themen und der Entwicklung der Unterbringung berichtet wird. Bisher hat ein Treffen am 1. Februar 2018 (Themen: Langfristiger Unterbringungsbedarf sowie die aktuelle Prognoseplanung ) stattgefunden. Darüber hinaus erhält der Dachverband regelmäßig einen standardisierten Quartalsbericht . Im Rahmen des Beteiligungsprozesses für das Hamburger Integrationskonzepts „Wir in Hamburg!“ (siehe Drs. 21/10281) wie auch zu dessen Nachbereitung hat es im vergangenen Jahr mehrere Gespräche mit der Volksinitiative gegeben. Dabei wurden auch weitere themenbezogene Gespräche zu einzelnen Fachthemen für 2018 verabredet . Ein in diesem Jahr für das Thema Kindertagesbetreuung bereits terminiertes Gespräch wurde seitens des Vorsitzenden mangels Bedarf abgesagt. Außerdem wurde der Dachverband der Initiativen für erfolgreiche Integration Hamburg am 14. Februar 2018 in einem Gespräch über die Eckpunktevereinbarung Hörgensweg zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg, vertreten durch die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, f & w und der Fewa Mobil Verwaltungs GmbH informiert . Darüber hinaus führen die Bezirke Gespräche mit den jeweiligen Initiativen vor Ort.