BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13702 21. Wahlperiode 10.07.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 04.07.18 und Antwort des Senats Betr.: Staatliche Maßnahmen gegen Moscheen Seit dem 11. September 2001 ist klar, dass das Hamburg ein strukturelles Problem mit salafistischen Moscheen hat. Folglich ist kein Zufall, dass das Landesamt für Verfassungsschutz seither explizit vor deren Aktivitäten warnt. Die Lektüre seiner Jahresberichte offenbart, dass in der Vergangenheit fortwährend neue Moscheen eröffnet worden sind, während nur in Ausnahmefällen Schließungen erfolgten. Dies war etwa im Falle der Al-Quds-Moschee am Steindamm der Fall, welche auch die Angehörigen der Hamburger Terrorzelle des 11. September besucht hatten. Darüber hinaus hat die Polizei auch Razzien durchgeführt, wie etwa 2010 und 2016 in der Harburger Taqwa- Moschee. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat stellt fest, dass der Fragesteller seine in der Vorbemerkung enthalte Feststellung („strukturelles Problem mit salafistischen Moscheen“) für einen Zeitraum von fast 17 Jahren weder qualitativ noch quantitativ belegt. In den Verfassungsschutzberichten sind keine entsprechenden Aussagen enthalten. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Gegen wie viele Moscheen hat der Senat seit dem 1. Januar 1990 eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen ergriffen (bitte jeweils auch Namen und Anschrift der Moschee, den verantwortlichen Betreiber sowie Datum und Grund der durchgeführten Maßnahmen nennen): a) polizeiliche Durchsuchung im Rahmen der Vollstreckung einer vereinsrechtlichen Verbotsverfügung; b) polizeiliche Durchsuchung zur Vollstreckung eines Haftbefehls, c) polizeiliche Durchsuchung zur akuten Gefahrenabwehr, d) polizeiliche Durchsuchung aus sonstigen Gründen, e) Durchsuchung durch Spezialeinheiten der Polizei, Siehe Drs. 21/10722. Darüber hinaus ist aus Erinnerungen von langjährigen Mitarbeitern der Abteilung Staatsschutz des Landeskriminalamts (LKA 7) heraus bekannt, dass vor etwa zehn Jahren die damalige Al-Quds-Moschee im Steindamm und die Zentrums-Moschee in der Böckmannstraße zeitgleich im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft München durchsucht wurden. f) Schließung, Eine, vergleiche hierzu Drs. 20/5741. Die Moschee befand sich am Steindamm. g) Beobachtung durch das Landesamt für Verfassungsschutz. Drucksache 21/13702 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Gemäß § 4 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) beobachtet das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Spezielle Gebäude sind dabei kein Ordnungskriterium des Verfassungsschutzes. Im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags verarbeitet das LfV gegebenenfalls anfallende Informationen über Örtlichkeiten. In diesem Kontext wird im Verfassungsschutzbericht 2016 die Taqwa-Moschee in Hamburg -Harburg als zentraler Anlaufpunkt der salafistischen Szene genannt (Verfassungsschutzbericht 2016, http://www.hamburg.de/contentblob/8873924/ 38b7f14ba1da5dd3693b6b1a833d9c43/data/verfassungsschutzbericht-2016-lfvhh .pdf). 2. Wie hoch beziffert der Senat die Gesamtzahl aller Moscheen, gegen die seit dem 1. Januar 1990 eine oder mehrere der in Frage 1. genannten Maßnahmen durchgeführt wurden? Siehe Antwort zu 1. a) – e). 3. Wie viele islamische Gemeinschaften, die über die Rechtsform des eingetragenen Vereins verfügten, sind in Hamburg seit dem 1. Januar 1990 verboten worden? Über Vereinsverbote der Behörde für Inneres und Sport als Verbotsbehörde nach § 3 Absatz 2 Nummer 1 des Gesetzes zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz ) hat der Senat zuletzt mit Drs. 20/5741, 20/11615, 20/13511, 21/334, 21/5385, 21/10598 berichtet. Darin sind Verbote im Zeitraum 2001 bis 2017 (Stichtag 30.9.2017) erfasst. In dem erfragten Zeitraum vor 2001 sowie in dem erfragten Zeitraum ab Oktober 2017 erfolgten durch die zuständige Behörde keine Vereinsverbote von islamischen Gemeinschaften, die über die Rechtsform des eingetragenen Vereins verfügten. Das Bundesministerium des Innern ist nach § 3 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Vereinsgesetz zuständige Verbotsbehörde, wenn sich Organisationen oder Tätigkeiten von Vereinen oder Teilvereinen über das Gebiet eines Landes hinaus erstrecken. Entsprechende Verbote durch das Bundesministerium gelten mithin auch in Hamburg. Zu Verbotsmaßnahmen des Bundesministerium des Innern im Zeitraum 1990 bis 2016 vergleiche (Stand 05.07.2018) Anhang des Verfassungsschutzberichtes 2016, Seite 304 fortfolgende, die Übersicht über Verbotsmaßnahmen gegen eingetragene Vereine für den Bereich Islamismus/islamistischer Terrorismus (https://www.verfassungsschutz.de/embed/vsbericht-2016.pdf). 4. Wie viele islamische Gemeinschaften, die über die Rechtsform des eingetragenen Vereins verfügten, haben in Hamburg seit dem 1. Januar 1990 Moscheen betrieben? 5. Wie viele Moscheen sind in Hamburg seit dem 1. Januar 1990 eröffnet worden, wie viele von ihnen stellten ihren Betrieb später ein? Die erfragten Daten werden nicht systematisch erfasst. 6. Wie hoch beziffert der Senat die Gesamtkosten, die das Land Hamburg seit dem 1. Januar 1990 zur Überwachung sowie zur Durchführung von Maßnahmen im Sinne von Frage 1. aufgewandt hat? Die erfragten Kosten werden nicht gesondert erfasst, sondern aus dem Haushalt der Polizei gedeckt. 7. Wie viele Stellen unterhält das Landesamt für Verfassungsschutz gegenwärtig? 177,5 Stellen. 8. Welches Budget steht dem Landesamt für Verfassungsschutz seit dem 1. Januar 2001 für die Arbeit im Bereich „Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern“ beziehungsweise „Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten“ zur Verfügung (bitte jeweils gesondert antworten)? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13702 3 Der Gesamthaushaltsansatz für das LfV lag im Jahr 2001 bei 8.718.000,00 Euro. Die Entwicklung der weiteren Budgetansätze des LfV sind ab dem Jahr 2002 den Haushaltsbeschlüssen , Einzelplan 8.1, Aufgabenbereich Verfassungsschutz, veröffentlicht unter http://www.hamburg.de/fb/fruehere-haushalte/ beziehungsweise http://www.hamburg.de/fb/doppelhaushalt-2017-2018/ zu entnehmen. Darüber hinaus wurde durch mehrere Maßnahmen (unter anderem Drs. 21/3031, Drs. 21/5039, Drs. 21/7026 und 21/9259) das Budget des LfV Hamburg fortlaufend den aktuellen Entwicklungen angepasst. Im Übrigen ist das Budget für den Aufgabenbereich 273 entsprechend der Haushaltssystematik in Produktgruppen veranschlagt, die eine Differenzierung entsprechend der Fragestellung nicht enthalten. 9. Inwiefern hat sich der Personalbestand des Landesamtes für Verfassungsschutz seit dem 1. Januar 1990 verändert (bitte mindestens die Anzahl vorhandener Stellen angeben)? Die personelle Ausstattung des Landesamtes für Verfassungsschutz, gemessen an der Stellenzahl, hat sich (ausweislich der Haushaltspläne der Freien und Hansestadt Hamburg/Erhebung der Personalsollstärken der Verfassungsschutzbehörden) wie folgt entwickelt: Jahr Stellen 1990 211 1991 k. A. 1992 188 1993 167,5 1994 163 1995 158 1996 148 1997 145 1998 136 1999 133 2000 125 2001 122 2002 135 2003 134,5 2004 140 2005 140 2006 144 2007 144 2008 151,5 2009 151,5 2010 154 2011 154 2012 154 2013 154 2014 154 2015 150 2016 169 2017 176,5 Durch temporäre Veränderungen und Betrachtungen wurden in den Verfassungsschutzberichten teils abweichende Zahlen genannt. Für das Jahr 1991 konnte in der zur Verfügung stehenden Zeit keine Zahl ermittelt werden. In den Angaben für 2016 und 2017 wurden die aus den zu Ziffer 8) benannten Drucksachen unterjährig resultierenden Stellenanpassungen berücksichtigt. Darüber hinaus sind weitere personelle Zuwächse für das LfV eingeleitet.