BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13777 21. Wahlperiode 20.07.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 11.07.18 und Antwort des Senats Betr.: Geht bei der Ticketverlosung der Elbphilharmonie alles mit rechten Dingen zu? Pressemeldungen zufolge entwickelt sich die Nachfrage nach Veranstaltungs -Tickets der Elbphilharmonie überaus erfreulich. Für die abgelaufene Saison 2017/2018 seien rund 900.000 Besucher des Konzerthauses registriert worden. Für die neue Saison 2018/2019 seien trotz (moderater) Preissteigerungen und reduzierter Abo-Ermäßigungen fast 100 Prozent der Abonnements verlängert worden; 5.000 zusätzliche Abonnementsplätze sollen geschaffen worden sein. Laut NDR soll auch beim Freiverkauf die „enorme Nachfrage das verfügbare Kartenkontingent bei Weitem“ überstiegen haben. Wie von der AfD-Fraktion in der Vergangenheit schon mehrfach vorgetragen worden ist, zeigt dies in aller Deutlichkeit, dass die Stadt über diese Form von nicht marktgerechten Niedrigpreisen sehr viel Geld verschenkt, ohne dass so die vom Senat immer wieder hervorgehobene „soziale Funktion“ verbilligter Eintrittspreise erfüllt werden kann. Denn die Abonnements sind weitestgehend in „festen Händen“. Wenn „fast 100 Prozent der Abonnements verlängert werden“, haben andere, neue Interessenten praktisch keine Chance, wenn die bisherigen Abo-Inhaber ihre Abos problemlos erneuern könnten und damit von einem Losverfahren ausgenommen, das heißt privilegiert sind. Denn die Ticket-Zuteilung soll angesichts des sich regelmäßig einstellenden „enormen Nachfrageüberhangs“ (NDR) nach dem Zufallsprinzip erfolgen. Dies gilt sowohl für die frei gewordenen beziehungsweise neu geschaffenen Abonnements zum Saisonauftakt als auch für die Freiverkaufs-Tickets zu den einzelnen Veranstaltungen. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Elbphilharmonie heißt es dazu, dass „Eintrittskarten … aufgrund hoher Nachfrage nach dem Zufallsprinzip vergeben (werden)“, soweit der Kunde innerhalb der Bestellfrist auf der Ticket-Webseite „den Button “ anklickt. Nach der Vergabe der Karten sollen die Teilnehmer per E-Mail entsprechend benachrichtigt werden. „Der Rechtsweg (sei) ausgeschlossen.“ Über die Art und Weise der Zufallszuteilung und die Sicherstellung der Ordnungsmäßigkeit der „Vergabe der Karten nach dem Zufallsprinzip“ schweigen sich die AGBs der Elbphilharmonie jedoch aus. Dies vorausgeschickt, frage ich den Senat: Die zuständige Behörde begrüßt, dass mit dem Losverfahren eine Alternative zum sogenannten Windhundverfahren angeboten und damit eine bessere Verteilungsge- Drucksache 21/13777 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 rechtigkeit ermöglicht wird. Neben dem Präsenzverkauf an den Konzertkassen werden Karten für die von der HamburgMusik GmbH in der Elbphilharmonie veranstalteten Konzerte im Onlineverfahren verkauft. Der Onlineverkauf findet in der Regel per Bestellverfahren statt, wenn absehbar ist, dass die Nachfrage deutlich höher als das zur Verfügung stehende Angebot sein wird. In diesem Fall werden die Tickets nach dem Zufallsprinzip zugeteilt. Zudem wird das Ticket-Schwarzmarktgeschäft durch das Zufallsverfahren eingeschränkt. Die folgenden Antworten betreffen ausschließlich die von der HamburgMusik gGmbH im Kleinen und Großen Saal der Elbphilharmonie durchgeführten rund 130 Veranstaltungen , die zum Vorverkaufsbeginn 2018/2019 in den Verkauf gelangt sind. Das Verfahren der Ticketvergabe wird von der Elbphilharmonie und Laeiszhalle Betriebsgesellschaft mbH (ELBG) durchgeführt, die hierfür von der HamburgMusik gGmbH beauftragt wurde. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der HamburgMusik gGmbH und der ELBG wie folgt: 1. Wie viele Abonnements der Elbphilharmonie wurden für die Saison 2018/2019 bislang per Zufallsprinzip zugeteilt (absolut und in Prozent aller Abonnements)? Wie groß war der Anteil der Abonnement- Nachfrage, der nicht befriedigt werden konnte? 2. Wie viele Freiverkaufs-Tickets sind für die Saison 2018/2019 bislang über das Zufallsprinzip zugeteilt worden (absolut und in Prozent der Bestellungen)? Wie viele Tickets (ohne Abonnements) sind für die Saison 2018/2019 bislang insgesamt verkauft worden? Wie viele Tickets wurden darüber hinaus gesondert kostenlos oder vergünstigt abgegeben ? Für die Saison 2018/2019 wurden insgesamt 3.314 Abonnements nach dem Zufallsprinzip zugeteilt, dies entspricht 24,12 Prozent aller Abonnements. 5.887 Anfragen konnten nicht berücksichtigt werden. Für die Saison 2018/2019 wurden insgesamt 25.432 Tickets über das Zufallsprinzip zugeteilt, dies entspricht 33,9 Prozent aller bestellten Tickets. Insgesamt wurden in dieser Saison bisher rund 75.015 Tickets (ohne Abonnements) vertrieben. Davon sind 474 Freikarten und 17.418 vergünstigte Karten. Die zuständige Behörde weist darauf hin, dass Interessenten gezielt einzelne Abonnements und einzelne Konzerte bestellt haben und diese jeweils einzeln nach dem Zufallsprinzip vergeben worden sind. Dies ist bei der Bewertung der erfragten aggregierten Gesamtzahlen zu Abonnements und Konzerten zu berücksichtigen. 3. Wie genau läuft das Zuteilungsverfahren nach dem „Zufallsprinzip“ ab? Bitte das Verfahren/den Ablauf detailliert erläutern. 4. Wie wird sichergestellt, dass die Zuschläge tatsächlich nach dem Zufallsprinzip erfolgen? Wie wird weiterhin sichergestellt, dass keinerlei Manipulationen – bei der Vorbereitung der Zuteilung, während der Zuteilung und danach – erfolgen können? Nach der Anmeldung zum Vergabeverfahren, die sowohl online als auch offline möglich ist, wird die Bestellung aufgegeben: gewünschte Anzahl der Tickets je Konzert/ Abonnement, gewünschte Preiskategorie (optional können auch andere Preiskategorien akzeptiert werden), gegebenenfalls Angabe zu einem benötigten „Rollstuhlplatz“. Das Zuteilungsverfahren selbst erfolgt automatisiert: Dabei werden die jeweiligen Bestellungen nach dem Zufallsprinzip und unabhängig vom Zeitpunkt ihres Eingangs fortlaufend aufsteigend durchnummeriert. Diese Nummerierung stellt zugleich die Gewinnerreihenfolge dar. Die so entstandene Gewinnerliste wird persistent in der Datenbank gespeichert und ist nicht mehr veränderbar. Sie ist Grundlage für alle weiteren Schritte. Die Benachrichtigung der Gewinnerinnen und Gewinner erfolgt entsprechend der aufsteigenden Nummerierung bis zum Erreichen der jeweiligen Saalkapazität . Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13777 3 Der Zufallsalgorithmus der verwendeten Software wurde vorab intensiv und erfolgreich auf Gleichverteilung getestet. Die Software wurde eigens für die von der Hamburg Musik gGmbH in der Elbphilharmonie durchgeführten Veranstaltungen entwickelt und wird von der ELBG verwaltet. Eine mutwillige Änderung der Zuteilungsreihenfolge auf Datenbankebene würde vom System dokumentiert und angezeigt werden. 5. Gibt es bei den Zuteilungsverfahren Unterschiede hinsichtlich von Abonnements auf der einen und Tickets im Freiverkauf auf der anderen Seite, und wenn ja, worin genau bestehen diese? Nein. 6. Welche Personen/Gremien welcher Organisationen genau führen die Zuteilung nach dem „Zufallsprinzip“ durch? Wer zeichnet hauptverantwortlich ? Wechselt die Zusammensetzung, und falls ja, nach welchen Regeln? 7. Wer genau kontrolliert den ordnungsgemäßen Ablauf des Zuteilungsverfahrens ? Wird über den Ablauf (von wem) Protokoll geführt? 8. Wer beziehungsweise welche Gremien bestimmen über die Zusammensetzung des Teams, das die Zufallsauswahl durchführt? Wer bestimmt – falls vorhanden – den „Aufsichtsbeamten“ beziehungsweise den Notar? 9. Gibt es eine „Satzung“, die den Ablauf des Zuteilungsverfahrens nach dem Zufallsprinzip regelt? Falls ja, wer hat diese (wann) beschlossen? Falls nein: warum nicht? Siehe Antwort zu 3. und 4. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung liegt bei der Geschäftsführung der ELBG. Eine Protokollierung erfolgt dergestalt, dass die jeweiligen Prozessschritte mit einem Zeitstempel dokumentiert und die Daten der ausführenden Personen gespeichert werden. Eine „Satzung“ ist daher obsolet. 10. Welche Software genau wird eingesetzt? Handelt es sich um Software der Elbphilharmonie? Falls nein, wessen Software wird eingesetzt? Zur Durchführung wird Software der ELBG eingesetzt, die von der spiritec GbR im Auftrag erstellt wurde. Weitere Fremdsoftware wird nicht eingesetzt. 11. Welche technischen und/oder organisatorischen Probleme haben sich bislang im Zusammenhang mit der Durchführung der Vergabe nach dem Zufallsprinzip ergeben? Welche Schlussfolgerungen/Maßnahmen sind daraus gezogen worden? Bitte genau erläutern. Es sind keine Störungen bekannt, die eine Änderung der beschriebenen Abläufe erforderlich gemacht haben. 12. Schon in der vorausgegangenen Saison 2017/2018 wurden Tickets nach dem Zufallsprinzip vergeben. Welche „externen“ und „internen“ Erfahrungen (zum Beispiel Zufriedenheit im Interessentenkreis, bekannt gewordene Verstöße gegen das Zufallsprinzip, Erfahrungen zu den Auswirkungen auf das Schwarzmarktgeschäft mit Tickets) liegen dazu bislang vor und welche Schlussfolgerungen sind daraus gezogen worden oder sollen daraus gezogen werden? Bitte detailliert erläutern. Siehe Vorbemerkung. 13. Wie genau wird weiter verfahren, wenn nach dem Zufallsprinzip vergebene Ticket-Zuteilungen von den „Gewinnern“ nicht abgerufen werden? Werden diese erneut gepoolt? Gibt es dazu jeweils genau Terminvorgaben ? Falls das Verfahren von der zuerst durchgeführten „Vergabe nach dem Zufallsprinzip“ abweicht: Wie wird Ordnungsmäßigkeit gewährleistet ? Bitte detailliert erläutern. Drucksache 21/13777 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Die Tickets werden dem Freiverkauf zugeführt. 14. Was versteht der Senat unter „sozialen Zielen“ bei der Ticketvergabe? Was bedeutet in diesem Zusammenhang die Formulierung „Haus für alle“? Wie ist dieses Ziel operationalisiert? In welchem Umfang wurde es bisher erreicht? Das Zitat ist einer Stellungnahme des Kulturausschusses an den Haushaltsausschuss entnommen, siehe Drs. 21/3696. Zu Angelegenheiten anderer Verfassungsorgane äußert sich der Senat im Rahmen der Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage nicht. Zum „Haus für alle“ siehe Drs. 21/2839.