BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13785 21. Wahlperiode 20.07.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jennyfer Dutschke (FDP) vom 12.07.18 und Antwort des Senats Betr.: Deutlich gestiegene Einheitswerte – Drohen den Hamburgerinnen und Hamburgern Nachforderungen bei der Grundsteuer? Aus einer Kleinen Anfrage der Bundestagsfraktion der GRÜNEN geht hervor, dass es in Hamburg – anders als in den anderen Bundesländern – zwischen 2011 und 2018 einen drastischen Anstieg des Volumens der sogenannten Einheitswerte gegeben hat.1 Diese stellen letztlich die Steuerbemessungsgrundlage der Grundsteuer B dar. Zum Stichtag 01.01.2011 lag dieses Volumen der Einheitswerte der Grundsteuer B in Hamburg noch bei circa 13 Milliarden Euro und zum 01.01.2018 bereits bei über 23,9 Milliarden Euro. Das entspricht nahezu einer Verdopplung innerhalb von sieben Jahren, während in allen anderen Bundesländern inklusive der anderen Stadtstaaten im selben Zeitraum Steigerungen um lediglich circa 5 – 10 Prozent zu beobachten waren. Besonders markant ist in Hamburg dabei ein Sprung von 8 Milliarden Euro alleine zwischen den Jahren 2013 und 2015. Der Hebesatz der Grundsteuer B ist in der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) seit 2011 konstant bei 540 v.H. geblieben. Während sich der oben genannte Wert der Bemessungsgrundlage der Grundsteuer seit 2011 um über 80 Prozent erhöht hat, ist das hiesige Grundsteuer-Aufkommen im selben Zeitraum trotz des konstanten Steuersatzes nur um rund 13 Prozent gestiegen.2 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Es handelt sich in den Jahren 2011 und 2013 um einen technischen Fehler bei der Erstellung der Statistik. Das tatsächliche Einheitswertvolumen der Grundsteuer B betrug in den Jahren 2011 und 2013 jeweils rund 21 Milliarden Euro. Es liegt somit keine gravierende Erhöhung des Einheitswertvolumens im Jahr 2015 vor. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Woraus resultierte der besonders markante Sprung im Volumen der Hamburger Einheitswerte von circa 14,5 Milliarden Euro im Jahr 2013 auf circa 22,5 Milliarden Euro im Jahr 2015? 2. In welchem Zusammenhang stehen die eingangs dargestellten Steigerungen des Volumens der Hamburger Einheitswerte zu den Untersuchungen und Feststellungen des Rechnungshofs, die er in seinem Jahresbericht 2018 dargelegt hatte?3 Wie passt dabei insbesondere der 1 Vergleiche BT.-Drs. 19/2659, Antwort zu Frage 9. 2 Vergleiche Drs. 20/5829 und Drs. 21/13535. 3 Vergleiche Drs. 21/12000, Tz. 792 fortfolgende. Drucksache 21/13785 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Befund des vom Rechnungshof monierten Defizits in der Kommunikation zwischen Bauaufsichtsbehörden, Stadtentwicklungsbehörde und Hamburg Port Authority (HPA) einerseits und Finanzamt andererseits ins Bild, wodurch eher zu geringe Wert- und Artfortschreibungen und folglich Einheitswertvolumina zu erwarten gewesen wären? Siehe Vorbemerkung. 3. In jeweils welchem Umfang wurden die Hamburger Einheitswerte seit 2011 fortgeschrieben? a. Um welchen Betrag erhöhte sich ihr Gesamtvolumen seit 2011 auf jeweils welche Summe? b. Welches Volumen der Hamburger Einheitswerte lag dem jährlichen Ist-Aufkommen der Grundsteuer B seit 2011 jeweils zugrunde? (Bitte für alle Fragen jahresweise auflisten.) Siehe Anlage 1. 4. Womit erklärt sich das eingangs dargestellte deutliche Auseinanderfallen zwischen der rasanten Entwicklung des Volumens der Einheitswerte und dem verglichen damit eher moderaten Anstieg des Aufkommens der Grundsteuer B? Inwieweit spielt hierbei die Grundsteuerbefreiung der öffentlichen Hand sowie von Religionsgemeinschaften gemäß §§ 3 und 4 GrStG eine Rolle? Siehe Vorbemerkung. 5. Wie viele Grundsteuerfälle gab und gibt es in Hamburg insgesamt? (Bitte jahresweise seit 2011 auflisten.) a. In wie vielen beziehungsweise welchem prozentualen Anteil dieser Fälle wurden jeweils individuelle Grundsteuerbescheide ausgestellt? In circa welchem Umfang wurden diese Grundsteuerbescheide vorläufig ausgestellt? b. In wie vielen Fällen beziehungsweise in welchem prozentualen Anteil dieser Fälle wurde die Grundsteuer im Wege der öffentlichen Bekanntmachung festgesetzt? c. Setzt sich bei Anschlussfestsetzungen der Grundsteuer im Wege der öffentlichen Bekanntmachung automatisch auch die Vorläufigkeit eines in Vorjahren individuell erteilten, vorläufigen Steuerbescheids fort? Die Festsetzung im Wege der öffentlichen Bekanntmachung wird nicht gesondert statistisch erfasst. Die Ermittlung der erfragten Angaben würde eine Auswertung von mehreren Tausend Steuerakten erfordern, was in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich ist. Die durch öffentliche Bekanntmachung fortgeschriebenen Hebesätze der Grundsteuer führen nicht zur Aufhebung der Vorläufigkeit eines in den Vorjahren erteilten Steuerbescheides . Im Übrigen siehe Anlage 2. 6. Sind Hamburger Grundsteuerbescheide in Anbetracht der eingangs geschilderten Entwicklung der Einheitswertvolumina in den Jahren seit 2011 tendenziell zu niedrig ausgestellt werden? Wenn ja, warum und welche Jahre betrifft dies insbesondere? Siehe Vorbemerkung. 7. Können die Gemeinden beziehungsweise Finanzämter rückwirkend auch bereits rechtskräftige Grundsteuerbescheide ändern oder neu erstellen und damit die zu entrichtende Grundsteuer für Vorjahre neu festsetzen? Wenn ja, in welchen Fällen und auf welcher Rechtsgrundlage? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13785 3 8. Müssen die Hamburger Steuerpflichtigen mit Grundsteuer-Nachforderungen für das laufende sowie vergangene Jahre rechnen? a. Wenn ja, für welche Jahre und auf welcher Rechtsgrundlage? Für welche Jahre sind mögliche Ansprüche bereits verjährt oder anderweitig verfallen? b. In welcher maximalen Gesamthöhe können in Anbetracht des eingangs erwähnten Anstiegs des Volumens der Einheitswerte noch entsprechende Steuernachforderungen seitens der FHH entstehen? Ja, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 22 Bewertungsgesetz (BewG) ist eine rückwirkende Änderung eines bestandkräftigen Einheitswertbescheids und damit in der Folge des Grundsteuermess- und Grundsteuerbescheids möglich. Dies ist im Wesentlichen der Fall bei Überschreitung der Wertgrenzen wegen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse (zum Beispiel Neubau; Abriss; Umbau; Ausbau; Nutzungsänderung ) gemäß § 22 Absatz 1 BewG, die zu einer Änderung des Einheitswert- und damit in der Folge des Grundsteuermess- und Grundsteuerbescheids gemäß § 17 Absatz 1 i.V.m. Absatz 3 S. 2 Nummer 1 Grundsteuergesetz (GrStG) führt. Die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse kann ab dem Folgejahr der Veränderung rückwirkend bis zum Verjährungsstichtag berücksichtigt werden (§ 22 Absatz 4 S. 3 Nummer 1 BewG). Bei fehlerhafter rechtlicher Bewertung tatsächlicher Umstände im bisherigen Einheitswertbescheid ist eine Änderung der maßgeblichen Bescheide möglich, siehe § 17 Absatz 2 Nummer 2 i.V.m. Absatz 3 S. 2 Nummer 3 GrStG. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 9. Ist bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung der Grundsteuer durch den Bundesgesetzgeber in Anbetracht der eingangs geschilderten Entwicklung des Volumens der Hamburger Einheitswerte mit deutlich höheren Grundsteuerforderungen und somit auch Mietnebenkosten in Hamburg zu rechnen? Wenn ja, wie beabsichtigt der Senat dem zu begegnen? Siehe Vorbemerkung. Jahr Einheitswertvolumen in EUR 2011 20.697.321.122 2012 20.953.059.228 2013 21.225.760.025 2014 21.555.376.974 2015 21.901.679.010 2016 22.250.679.700 2017 22.675.897.164 2018 22.879.061.751 Drucksache 21/13785 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Anlage 1 Jahr Grundsteuerfälle davon individuelle Bescheide davon mit Vorläufigkeit 2011 379.671 26.334 1.930 2012 384.135 27.065 6.433 2013 388.975 27.975 25.366 2014 394.950 27.800 27.716 2015 400.046 26.203 26.147 2016 405.519 28.197 28.065 2017 410.784 27.639 27.399 2018¹ 413.453 23.456 22.882 ¹ Stand 18.07.2018 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13785 5 Anlage 2 13785ska_text 13785_Anlagen 13785ska_Antwort_Anlage1 Tabelle1 13785ska_Antwort_Anlage2 Tabelle1