BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13814 21. Wahlperiode 27.07.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christel Nicolaysen (FDP) vom 19.07.18 und Antwort des Senats Betr.: Rundfunkbeitrag für beruflich genutzte Zweitwohnungen (II) Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 18.07.2018 geurteilt, dass die Ausgestaltung des Rundfunkbeitrags im Wesentlichen verfassungskonform sei. Dies gelte jedoch nicht für die Erhebung von Rundfunkbeiträgen für Zweitwohnungen von Beitragszahlern. Die Länder haben nun bis Mitte 2020 Zeit, eine entsprechende Neuregelung vorzunehmen. Mit Drs. 21/1071 hatte die FDP-Bürgerschaftsfraktion bereits Fragen zur Rundfunkbeitragspflicht für Zweitwohnungen an den Senat gerichtet. Damals lagen offenbar weder ihm noch dem NDR Erkenntnisse dazu vor, in welchem Umfang sich das erhobene Rundfunkbeitragsvolumen aus Zahlungen für Zweit- oder gar Drittwohnungen speist. Diese Kenntnisse sollten im Idealfall zwischenzeitlich vorliegen oder abschätzbar sein, zumal sie für eine solide Neukalkulation der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nach dem Urteil des BVerfG unerlässlich sind. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Im Bestand des Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio gibt es keine Erfassung und Kennzeichnung, ob es sich bei Wohnungen um Erst- oder Zweitwohnungen handelt. Diese Daten werden nicht erhoben, da eine gesetzliche Grundlage zur Erhebung im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag fehlt. Eine Unterscheidung zwischen Erst- und Zweitwohnung war für den Beitragseinzug bisher unerheblich. Vor diesem Hintergrund können aktuell keine konkreten Berechnungen zur Anzahl der Zweitwohnungen und entsprechend auch nicht zu den Ertragsauswirkungen erfolgen. Im Übrigen siehe Drs. 21/1071. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften des Norddeutschen Rundfunks (NDR) wie folgt: 1. Wie viele Zweitwohnsitze sind derzeit in Hamburg angemeldet? Wie viele waren es 2016, 2014 und 2012 jeweils? Zum Stichtag Anzahl im Melderegister registrierter Personen mit Nebenwohnungen 23. Juli 2018 45.761 30. Juni 2018 45.626 30. Juni 2016 43.719 30. Juni 2014 44.048 30. Juni 2012 45.750 In diesen Zahlen sind auch Personen enthalten, die mehr als eine Nebenwohnung in Hamburg innehaben und die sowohl Neben- als auch Hauptwohnsitz in Hamburg haben. Drucksache 21/13814 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 a. Wie viele Fälle von Zweitwohnungsteuer gibt es derzeit in Hamburg ? Wie viele waren es 2017, 2016, 2014 und 2012 jeweils? b. Wie hat sich das Aufkommen der Zweitwohnungsteuer in Hamburg in den unter Teilfrage a. genannten Jahren jeweils entwickelt? (Bitte für alle Fragen jahresweise auflisten.) Jahr Anzahl der Zweitwohnungsteuer- Steuerkonten Steueraufkommen aus der Zweitwohnungsteuer 2018 10.458 (Stand Juli) 1.425.524 € (Stand Juni) 2017 8.687 2.651.252 € 2016 9.177 2.517.917 € 2014 10.613 2.114.360 € 2012 13.158 1.862.121 € 2. Wie hoch waren die jährlichen Einnahmen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beziehungsweise des NDR durch Rundfunkbeiträge für Zweitwohnungen in den Jahren seit 2014? Wie hat sich das gesamte Rundfunkbeitragsaufkommen aus Erst- und Zweitwohnsitzen in der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) seit 2014 jeweils entwickelt? (Bitte jeweils jahresweise auflisten.) Das gesamte Rundfunkbeitragsaufkommen aus Wohnungen in der Freien und Hansestadt Hamburg hat sich seit 2014 wie folgt entwickelt: 2014 164,7 Millionen Euro, 2015 167,0 Millionen Euro, 2016 164,6 Millionen Euro, 2017 165,3 Millionen Euro. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Inwieweit beziehungsweise in welchem Umfang rechnet der öffentlichrechtliche Rundfunk damit, bislang geleistete Beiträge für Zweitwohnungen zurückzuerstatten? Nach dem Urteil des BVerfG sind ab dem Tag der Verkündung des Urteils diejenigen Personen, die nachweislich als Inhaber ihrer Erstwohnung ihrer Rundfunkbeitragspflicht nachkommen, auf ihren Antrag hin zukünftig von einer Beitragspflicht für weitere Wohnungen zu befreien. Rückwirkende Erstattungen sind rechtlich nur sehr eingeschränkt möglich. Wer bereits Rechtsbehelfe anhängig gemacht hat, über die noch nicht abschließend entschieden ist, kann einen solchen Antrag rückwirkend nur für den Zeitraum stellen, der Gegenstand eines noch nicht bestandskräftigen Festsetzungsbescheides ist. a. Welche Auswirkungen hat dies beziehungsweise das Urteil des BVerfG auf die Finanzplanung der aktuellen Beitragsperiode (2017 – 2020)? Wie wirkt sich das Urteil des BVerfG voraussichtlich auf die kommende Beitragsperiode aus? Die finanziellen Auswirkungen der Entscheidung des BVerfG vom 18. Juli 2018 werden zurzeit geprüft. Belastbare Aussagen dazu und zu den Ausgleichsmöglichkeiten sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich. b. Wie können und wie sollen die Mindereinnahmen des öffentlichrechtlichen Rundfunks durch den Wegfall der Rundfunkbeitragspflicht für Zweitwohnungen ausgeglichen beziehungsweise gegenfinanziert werden? Über die Frage eines gesetzgeberischen Anpassungsbedarfs der rundfunkrechtlichen Staatsverträge wird die Ländergemeinschaft zeitnah beraten. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13814 3 4. Falls die notwendigen Erkenntnisse zu den Fragen 2. und 3. immer noch nicht vorliegen: Warum wurde dies trotz der Klage vorm Bundesverfassungsgericht noch immer nicht untersucht? Siehe Vorbemerkung. a. Haben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten oder der Beitragsservice Risikorückstellungen für die entsprechenden Prozesse und damit verbundene mögliche Urteilsauswirkungen gebildet? Wenn ja, in welcher Höhe? Wenn nein, warum nicht? Rückstellungen sind gemäß § 249 Handelsgesetzbuch für ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden, ferner unter gewissen Bedingungen für unterlassene Instandhaltungen und Gewährleistungen. Im Falle der Befreiung von Zweitwohnungen handelt es sich jedoch um zukünftige Ertragsrückgänge, für die keine Rückstellungen im letzten Jahresabschluss hätten gebildet werden können. b. Bis wann sollen nun die notwendigen Erkenntnisse vorliegen, um die laufende Finanzplanung entsprechend anpassen zu können? Informationen beziehungsweise valide Annahmen zur Ertragsauswirkung des Urteils sollen voraussichtlich zur nächsten Ertragsplanung, die zeitgleich zur Anmeldung für den 22. Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten im März 2019 erstellt wird, vorliegen.