BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13815 21. Wahlperiode 27.07.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver und Jörg Hamann (CDU) vom 19.07.18 und Antwort des Senats Betr.: Schulcampus Hafencity (II) – Stadtteilschule und Gymnasium unter einem Dach – Wie soll das schulrechtlich funktionieren? Mit dem „Schulcampus HafenCity“ soll laut Antwort des Senats (Drs. 21/13726) in Hamburgs neuem Stadtteil eine weiterführende Schule entstehen , welche Züge eines Gymnasiums sowie Züge einer Stadtteilschule unter einem Dach und mit einer Leitung vereint. Weiter antwortet der Senat, dass im Rahmen der Vorplanungen das sogenannte Leitbild „Schulcampus HafenCity“ entwickelt worden sei, das neben der grundsätzlichen inhaltlichpädagogischen Ausrichtung auch erste Überlegungen zur räumlichen Zusammenlegung von Jahrgängen, der Anordnung sowie der Multifunktionalität von Räumen enthalte. Hamburg hatte sich 2010 auf die Einführung eines Zweisäulenmodels aus Stadtteilschule und Gymnasium entschieden und dieses umgesetzt. Hierbei wurde vereinbart, bis 2020 an dieser Struktur keine Änderungen vorzunehmen . Die Konzeption eines neuen Leitbildes für einen sogenannten Schulcampus gilt es daher im Sinne der vereinbarten Schulstruktur nicht nur baulich, sondern auch schulrechtlich zu hinterfragen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Neubau einer weiterführenden Schule in der HafenCity begegnet der steigenden Nachfrage an Schulplätzen aufgrund geplanter Wohnungsbaumaßnahmen in der HafenCity und den angrenzenden Stadtteilen. Laut aktuellem Rahmenplan sind für den Schulneubau Investitionen in Höhe von 37,43 Millionen Euro vorgesehen. Ausgehend von einer Nachfrage nach insgesamt sieben Zügen für die Sekundarstufe I und sechs Zügen für die Sekundarstufe II ergibt sich eine rechnerische Schülerzahl von 1.400 bis 1.450. Die Nachfrage von sechs bis sieben Zügen beinhaltet gymnasiale und nicht gymnasiale Bildungsgänge. Diese Größenordnung reicht kaum aus, um dauerhaft zwei eigenständige und räumliche getrennte weiterführende Schulen – beispielsweise ein eigenständiges Gymnasium und eine eigenständige Stadtteilschule – zu betreiben. Durchschnittlich hat eine weiterführende Hamburger Schule fünf Parallelklassen, in der HafenCity stehen pro Schulform jedoch nur 3,5 Züge zur Verfügung. Zudem ist mit temporären Schwankungen zu rechnen, so dass es in einzelnen Jahrgängen immer wieder zu sehr geringen Anmeldezahlen in einer der beiden Schulformen kommen kann. Um dennoch vitale und gut funktionierende, attraktive Bildungsgänge zu schaffen, bieten sich zwei Möglichkeiten an, die beide als so genannte „Campus-Lösung“ bezeichnet werden: Drucksache 21/13815 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 - die Organisation von zwei eigenständigen Schulen – einem Gymnasium und einer Stadtteilschule – in einem Gebäudekomplex und unter einem Dach. Nach diesem Modell wurden bereits in der Vergangenheit Schulen organisiert, beispielsweise die Lessing-Stadtteilschule und das Alexander-von-Humboldt-Gymnasium in Harburg. - die Organisation einer eigenständigen Stadtteilschule, die neben Stadtteilschul- Zügen (alle Schulabschlüsse, G9) auch gymnasiale Züge (G8) anbietet. Nach diesem Modell wurden in der Vergangenheit ebenfalls Schulen organisiert, beispielsweise die Heinrich-Hertz-Schule oder die Gyula Trebitsch Schule, die zu den beliebtesten Hamburger Schulen zählen. Dabei sind alle Schülerinnen und Schüler entsprechend der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Grundschule und die Jahrgangsstufen 5 bis 10 der Stadtteilschule und des Gymnasiums (APO-GrundStGy) entweder Schüler des einen oder des anderen Bildungsganges, sie können sich im Rahmen der Schulwahl in Klasse 5 für einen Bildungsgang entscheiden, die Bildungsgänge entsprechend der APO wählen und entsprechend der APO wechseln sowie die Schulabschlüsse der jeweiligen Schulform erreichen. In welcher Zügigkeit die Beobachtungsstufe und die unterschiedlichen Bildungsgänge ab Klasse 5 organisiert werden, hängt von der Anmeldelage ab, dies ist einer der wesentlichen Vorteile der Campuslösung. Die Bildungsgänge und Schulabschlüsse werden weder verändert noch angepasst. Im Übrigen siehe Drs. 21/13726. Zur Ausformung der Kooperation sind die Überlegungen noch nicht abgeschlossen. Mit der Campuslösung soll zunächst ein Baukonzept realisiert werden, mit dem bedarfsgerecht und flexibel auf die Nachfrage aller Bildungsgänge reagiert und ein stabiles Schulangebot eingerichtet werden kann, das die Bildungsgänge der beiden Schulformen Stadtteilschule und Gymnasium gewährleistet. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welchem Schultyp wird der Campus HafenCity insgesamt zugeordnet? 2. Wie ist die geplante Einrichtung nach dem Hamburgischen Schulgesetz (HambSchG) einzuordnen? 3. Gibt es in Hamburg analog arbeitende Einrichtungen? Wenn ja, welche und mit welchen Arbeitsergebnissen? 4. Handelt es sich um eine neue Schulstruktur mit Versuchscharakter und wenn ja, a) welches sind die Versuchsbedingungen? b) wie definiert sich der konkrete Forschungsauftrag? c) über welchen Zeitraum soll der Versuch laufen, bis es zu einer abschließenden Evaluierung kommt? d) ist dazu eine wissenschaftliche Begleitung geplant und wenn ja, mit welchen Berichtsfristen? e) welche Gremien wurden befasst (zum Beispiel regionale Gremien, Eltern-/Lehrer-/Schüler-Kammern et cetera)? f) inwieweit ist die Deputation der Behörde für Schule und Berufsbildung hierbei eingebunden? 5. Wie soll die Kooperation der beiden Schulformen schulrechtlich organisiert werden? 6. Wie wird/werden im Speziellen a) die Beobachtungsstufe (Klasse 5 und 6) organisiert? b) die gymnasialen Klassen und die Stadtteilschulklassen organisiert? c) die gymnasiale Oberstufe organisiert? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13815 3 7. Für welche Schüler wird es eine Stufe 11 als Vorbereitung für die Studienstufe geben? Es gelten die Ausbildungs- und Prüfungsordnungen des jeweiligen Bildungsgangs, der vom Schüler oder von der Schülerin besucht wird, im Übrigen siehe Vorbemerkung. 8. Ist in der Sekundarstufe I Durchlässigkeit zwischen den Zügen (Stadtteilschule und Gymnasium) vorgesehen? Die Durchlässigkeit ist wie in jedem anderen Gymnasium oder jeder anderen Stadtteilschule beziehungsweise zwischen verschiedenen Schulformen gegeben, wenn die Voraussetzungen nach § 13 APO-GrundStGy erfüllt sind. 9. Wird das Abitur am „Schulcampus HafenCity“ im gymnasialen Zweig nach zwölf und im Stadtteilschulischen Zweig nach 13 Jahren absolviert werden können? Ja. 10. Welches sind die zentralen Gründe dafür, dass sich der Senat für diese Organisationsform entschieden hat? Welche Anträge hat es im Vorfeld hierzu von wem und mit welchem Inhalt gegeben? Siehe Vorbemerkung. 11. Welche Gremienzustimmungen sind beziehungsweise waren hierfür erforderlich und wann wurden diese beschlossen? Die Gründung einer neuen Schule erfolgt durch die für Bildung zuständige Behörde unter Beteiligung der Bezirke nach § 28 Bezirksverwaltungsgesetz (BezVG), der Kammern nach dem Hamburgischen Schulgesetz und des Kreiseltern- beziehungsweise des Kreisschülerrats mit der Verordnung zur Schulorganisation. Die Befassung der Gremien wird rechtzeitig vor der Aufnahme des Schulbetriebs erfolgen. 12. Wie wurde das Projekt bisher gegenüber der Öffentlichkeit und den Fachgremien (zuständige Kammern und Verbände) kommuniziert? Falls bisher keine Kommunikation stattgefunden hat, warum nicht und wann soll diese erfolgen? Regelhaft werden in der ersten Planungsphase eines Schulneubaus zukünftige Nutzerinnen und Nutzer, Expertinnen und Experten, Vertreterinnen und Vertreter lokaler Initiativen sowie weitere verantwortliche Akteurinnen und Akteure beteiligt. Am 8. November 2017 fand eine Informations- und Diskussionsveranstaltung der HafenCity Hamburg GmbH statt, auf der die für Bildung zuständige Behörde die Öffentlichkeit über den Entwicklungsstand der Planung für den Schulcampus Lohsepark informiert hat. 13. Soll dieses Projekt Vorbild für weitere entsprechende Schulbaukonzepte sein? Wenn ja, für welche? In der HafenCity ergibt sich das Konzept aus der besonderen städtebaulichen Lage. 14. Beabsichtigt der Senat die Einführung einer allgemeinen Strukturveränderung hinsichtlich der Hamburger Schulbaukonzepte? Wenn ja, wie rechtfertigt er diese vor dem Hintergrund des Schulfriedens gesellschaftlich? Nein.