BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13904 21. Wahlperiode 07.08.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jennyfer Dutschke (FDP) vom 30.07.18 und Antwort des Senats Betr.: Abmeldung von der Notversorgung in den Kliniken St. Georg und Wandsbek – Ist die medizinische Versorgung in Hamburg zukünftig gefährdet? Die Asklepios Klinik St. Georg hat am 23.07.2018 die internistische Notaufnahme für mehr als sechs Stunden, in der Zeit von 16.30 Uhr bis 22.30 Uhr, von der Notfallversorgung abgemeldet.1 Grund dafür sei ein kurzfristiger Ausfall des Spätdienstes gewesen.2 Von der Schließung sollen beispielsweise unter anderem Notfallpatienten mit Herzinfarkt betroffen gewesen sein. Am Wochenende zuvor soll sich auch die Notaufnahme des AK Wandsbek, wegen fehlender Pflegekräfte, von der Notfallversorgung abgemeldet haben.3 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Hamburg hat mit insgesamt 21 Notfallkrankenhäusern eine besonders hohe Dichte im Rettungswesen. Daher ist auch bei einer etwaigen mehrstündigen Sperrung eines Krankenhauses die Not- und Unfallversorgung in der Stadt sichergestellt. Bei Sperrungen handelt es sich um die zeitlich befristete Herausnahme von Notfallkrankenhäusern aus der Not- und Unfallversorgung, in der Regel für einen kurzen Zeitraum. In der Zeit von 21 bis 6 Uhr ist in der Regel keine Abmeldung möglich. Sperrungen von Zentralen Notaufnahmen (ZNA) gelten nur für die Zuführung von Notfällen durch die Rettungsmittel, die von der Feuerwehr koordiniert werden (Rettungswagen , Notarztwagen, Rettungshubschrauber) sowie Rettungsleitstellen im Umland. Diese fahren beziehungsweise fliegen dann das nächstgelegene geeignete Notfallkrankenhaus an. Selbsteinweiser und Fußgänger sind davon nicht betroffen. Dass sich Krankenhäuser zeitlich befristet (häufig für eine Stunde) für die Zuführung von Notfällen durch Rettungsmittel abmelden, ist ein alltäglicher Vorgang und dient der Patientensicherheit, damit unverzüglich versorgungsbedürftige Patientinnen und Patienten stets behandelt werden können beziehungsweise die notwendigen Kapazitäten für ihre stationäre Aufnahme bereitstehen. Längerfristige Sperrungen sind selten , eine Sperrung für eine ganze Schicht aufgrund von krankheitsbedingtem Personalausfall geschieht nur in wenigen Fällen. Es ist das Ziel der zuständigen Behörde, 1 Vergleiche https://presseportal.hamburg.de/doc/hl/3/14/ARTIKEL.pdf;jsessionid= phhi0xeuyg5i; „Hamburger Morgenpost“ 25.07.2018, Seite 14, Ärztemangel: Notaufnahme teilweise geschlossen. 2 Vergleiche https://presseportal.hamburg.de/doc/hl/1/17/ARTIKEL.pdf;jsessionid= phhi0xeuyg5i; „Hamburger Abendblatt“ 26.07.2018, Seite 12. Schließung der Notaufnahme war „Notfallsituation“. 3 Vergleiche https://presseportal.hamburg.de/frame;jsessionid=nn2fkgr7l9dz?f=fsmain; „Hamburger Morgenpost“, 30.07.2018 Seite 10, Ärztebund alarmiert: Versorgung gefährdet. Drucksache 21/13904 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 dass längerfristige Sperrungen gänzlich vermieden werden. Hierzu befindet man sich in ständigem Austausch mit den Hamburger Krankenhäusern, um auf eine vorausschauende Personalpolitik hinzuwirken, die mehrstündige Ausfälle vermeidet. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Asklepios Kliniken Hamburg GmbH wie folgt: 1. Ist, außer in den oben genannten zwei Sachverhalten, seit Mai 2018 die Notversorgung in anderen Hamburger Kliniken abgemeldet worden? Wenn ja, wann, für welchen Zeitraum, welche Gründe gab es für die Abmeldung? Zu den Übersichten über die Sperrungen in den Monaten Mai und Juni 2018 siehe Drs. 21/13890. Dabei handelt es sich um Gesamtübersichten aller Sperrungen. Differenziert wird bei den Sperrungen insbesondere zwischen Zentraler Notfallaufnahme (ZNA), Innerer Medizin (Med.), Medizinischer Intensivstation (Med. Intensiv), Stroke Unit, Herzkatheter-Labor, Kreißsaal (nur sofern die Notwendigkeit eines Bettes in der Neonatologie wegen Frühgeburt beziehungsweise Geburt unter 36./37.Schwangerschaftswoche besteht), technischen Einschränkungen beispielsweise beim CT, MRT (Wartung, Ausfall) und weiteren Einzelbereichen wie Neurologie, HNO-Heilkunde, Urologie, Beatmungskapazität . 2. Wie viele Patienten waren von der Abmeldung der Notversorgung im oben genannten Zeitraum betroffen? (Bitte zwischen AK Wandsbek und AK St. Georg unterscheiden.) Die Zuführung der Patienten erfolgt durch die Feuerwehr (Rettungsleitstelle), die gewünschten Daten werden dort statistisch nicht erfasst. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . a. Ist dem Senat bekannt ob alle Notfälle zeitnah in anderen Kliniken /Abteilungen behandelt werden konnten? Wenn ja, wo, wie viele, wie viele Patienten mit (beziehungsweise Verdacht auf) Herzinfarkt? Wenn nein, warum nicht und mit welchen Folgen für die Patienten? Der zuständigen Behörde ist nichts Gegenteiliges bekannt. b. Welcher Mehraufwand beziehungsweise welche Mehrbelastung wurde dadurch für den Rettungsdienst beziehungsweise die Patienten und Angehörigen verursacht? Hamburg hat mit insgesamt 21 Notfallkrankenhäusern eine besonders hohe Dichte im Rettungswesen. Daher ist nicht mit einem Mehraufwand zu rechnen. Daten über Anfahrtswege werden statistisch von der Feuerwehr nicht erfasst. c. Wie viele Beschwerden sind zu den oben geschilderten Sachverhalten bisher eigegangen? Der zuständigen Behörde und der Hamburger Feuerwehr liegen keine Beschwerden vor. d. Ist es zu Mehrkosten gekommen? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13904 3 Siehe Antwort zu 2.b. 3. Warum konnte die Schließung der Notaufnahme im AK St. Georg nicht vermieden werden? Nach Angabe von Asklepios Kliniken Hamburg GmbH gibt es eine gültige Verfahrensanweisung für die Notaufnahmen, die den Umgang mit Sperrungen regelt. Dabei haben stets das Patientenwohl und die Situation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oberste Priorität. Die Sperrung in der AK St. Georg konnte nicht vermieden werden, da die für den Dienst erforderliche Anzahl an Ärzten im internistischen Bereich im Sperrzeitraum nicht vorhanden war. Im Spätdienst sind zwei internistische Ärztinnen oder Ärzte vorgesehen. Ein internistischer Arzt war vor Ort, der zweite Arzt ist kurzfristig ausgefallen. Um eine Patientengefährdung zu vermeiden, und auch um das Personal nicht zu starken Belastungen auszusetzen, wurde diese Maßnahme vorsorglich getroffen. Selbsteinweiser und fußläufige Patientinnen und Patienten und Rettungsmittel vor Ort wurden nicht abgewiesen. Patientinnen und Patienten, die sich in der ZNA befanden, wurden selbstverständlich behandelt. In der Asklepios Klinik Wandsbek wurden zum Beispiel trotz der Abmeldungen bei der Rettungsleitstelle fast so viele Notfallpatienten versorgt, wie an den Tagen des vorangegangenen Wochenendes (circa 80 Prozent der Patientenzahl des Vergleichswochenendes). a. Zu welchem Zeitpunkt wussten die Verantwortlichen von dem „kurzfristigen Ausfall“? Nach Angabe von Asklepios Kliniken Hamburg GmbH waren die von der Klinik St. Georg bei der Rettungsleitstelle angekündigten Sperrungen jeweils Folge von sehr kurzfristigen Dienstausfällen in den Teams, die sich kurzfristig auch nicht über den internen Pool an Fachkräften oder durch qualifizierte Mitarbeiter von Zeitarbeitsfirmen kompensieren ließen. Die Krankenhausleitung war nach Angaben des Betreibers informiert. b. Welche Bemühungen haben die Verantwortlichen unternommen, um den kurzfristigen Ausfall zu kompensieren und die Schließung zu vermeiden? Nach Angabe von Asklepios Kliniken Hamburg GmbH haben die Krankenhausleitungen sofort, nachdem die kurzfristigen Personalausfälle beziehungsweise Personalengpässe erkennbar waren, parallel hausintern und konzernintern (unter anderem zentraler Pflegepool) zur Unterstützung nach qualifizierten Fachkräften gesucht. Das entspricht einem standardisierten Vorgehen bei Asklepios. Ebenso wurden Zeitarbeitsfirmen angefragt (Asklepios kooperiert mit. circa 60 Firmen/Agenturen). Es wurden auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kontaktiert, die sich im sogenannten Frei befanden (selbstverständlich unter Berücksichtigung der Arbeitszeitgesetze). c. Gibt es für den Fall eines kurzfristigen Personalausfalls eine interne Vertretungsregelung in der Asklepios Klinik St. Georg? Wenn ja, warum konnte für mindestens sechs Stunden keine Vertretung gefunden werden? Wenn nein, warum nicht und welche alternativen Geschäft-Prozesse sind für diesen Fall vorgesehen? Nach Angaben von Asklepios Kliniken Hamburg GmbH besteht in der Asklepios Klinik St. Georg grundsätzlich die Möglichkeit, Personalausfälle zu kompensieren, etwa aus anderen Fachabteilungen. Für den Bereich der ZNA betrifft dies die Innere Medizin (Kardiologie, Hämato-Onkologie, Allgemeine Innere Medizin) und Angiologie. Dass dies in dem aktuellen Fall nicht gelungen ist, ist außergewöhnlich und der Kombination von Krankheit, Urlaub und fehlendes Angebot am Zeitarbeitsmarkt geschuldet. Asklepios arbeitet daran, dem bekanntermaßen bundesweit herrschenden Fachkräftemangel durch eine Vielzahl von Maßnahmen entgegenzuwirken. Zusätzlich werden die vorhandenen Netzwerke (intern zwischen den Krankenhäusern und mit Zeitarbeitsfirmen ) kontinuierlich verbessert. d. Wie viele Mitarbeiter hat die internistische Abteilung der Asklepios Klinik St. Georg? Wie viele Stellen sind unbesetzt? Wie viele Mitar- Drucksache 21/13904 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 beiter waren im oben genannten Zeitraum abwesend? (Bitte jeweils nach Beruf unterscheiden). Gibt es eine sogenannte Rufbereitschaft für Ärzte? Warum konnte im oben geschilderten Sachverhalt keine Vertretung sichergestellt werden? Die Asklepios Kliniken Hamburg GmbH hat zur Anzahl der Mitarbeiter in der internistischen Abteilung der Asklepios Klinik St. Georg auf das Geschäfts- und Betriebsgeheimnis verwiesen. Nach deren Angaben gibt es derzeit mit Ausnahme einer Chefarztposition keine unbesetzten Stellen. Die Position des Chefarztes für Allgemeine Innere Medizin und Gastroenterologie ist ausgeschrieben. Die Besetzung wird in absehbarer Zeit erfolgen. Zusätzlich ist die neu geschaffene Position des ärztlichen Leiters der ZNA ausgeschrieben. Hier gab es bereits mehrere Vorstellungsgespräche. Weitere Bewerbungen werden derzeit sondiert. e. Existiert eine Vertretungsregelung, insbesondere für das Personal der Notaufnahmen, mit den weiteren Hamburger Asklepios Kliniken beziehungsweise mit Honorarkräften? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja: Welche Vertretungsregelung gibt es? Wie oft kam es in 2016 – 2018 zu Vertretungssituationen? Warum konnte im oben geschilderten Sachverhalt innerhalb von sechs Stunden keine Vertretung in den gesamten Asklepios Kliniken in Hamburg gefunden werden? Siehe Antwort zu 3.c. Die Asklepios Kliniken Hamburg GmbH hat zur Anzahl der Vertretungssituationen auf das Geschäfts- und Betriebsgeheimnis verwiesen. 4. Wie viele Mitarbeiter hat die Notaufnahme des AK Wandsbek? Wie viele Mitarbeiter waren zum Schließungszeitpunkt abwesend? Wie viele Stellen sind derzeit unbesetzt? Die Asklepios Kliniken Hamburg GmbH hat zu diesen Fragen auf das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis verwiesen. 5. Wie häufig wurden seit 2015 in den Notaufnahmen der Hamburger Kliniken Honorarärzte eingesetzt? Soweit die Hamburger Plankrankenhäuser mit Beteiligung an der Notfallversorgung Beiträge übermittelt haben, wurden nur in einem, nicht zu Asklepios Kliniken Hamburg gehörenden Krankenhaus seit 2015 insgesamt siebenmal Honorarärztinnen und -ärzte in der ZNA eingesetzt. 6. Ist dem Senat bekannt, ob es in Hamburg, durch die anhaltende Wärme der letzten Wochen, im Vergleich zu den Vorjahren, zu einer höheren Zahl von Herzinfarkten kam? (Bitte Anzahl der Patienten mit Herzinfarkten für die Monate Mai-Juli 2015; 2016; 2017, 2018 darstellen). Der zuständigen Behörde sind derartige Auswirkungen nicht bekannt. Statistisch auswertbare Daten im Sinne der Fragestellung werden von der Hamburger Feuerwehr nicht geführt. 7. Wie stellt der Senat zukünftig sicher, dass es nicht noch einmal zu so einer langen oder gar noch längeren Schließung einer Notaufnahme in Hamburg kommt? Welche Konsequenzen für die Zukunft ziehen die Beteiligten aus dem oben geschilderten Ereignis? Die Sperrung einer Zentralen Notaufnahme für eine ganze Schicht aufgrund von krankheitsbedingtem Personalausfall kommt nach Kenntnis der zuständigen Behörde äußerst selten vor. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.