BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13949 21. Wahlperiode 10.08.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Kruse (FDP) vom 03.08.18 und Antwort des Senats Betr.: Jetzt ein kühles Alsterwasser – Was macht eigentlich das gleichnamige Schiff? Seit August 2008 gibt es das von einer Brennstoffzelle angetriebene Fahrgastschiff mit Namen MS „Alsterwasser“ von der HADAG Seetouristik und Fährdienst AG (HADAG). Am 28. April 2010 kam es bei einer Probefahrt ohne Fahrgäste zu einem Brand auf dem Schiff. Im Mai 2011 ist die MS „Alsterwasser “ dann erstmals wieder auf der Alster in Hamburg gefahren und hat bis 2013 Personen befördert. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das Fahrgastschiff FCS Alsterwasser wird seit dem Jahr 2008 von der ATG Alster- Touristik GmbH (ATG) betrieben und ist mit einem hybriden Antriebssystem – bestehend aus Wasserstoff-Brennstoffzelle und Batterie-Pack – ausgerüstet. Bei einigen der erbetenen Angaben, insbesondere zu Investitions- und Betriebskosten, handelt es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der ATG. Die Offenlegung der Informationen wäre geeignet, bei der ATG vorhandene Kenntnisse Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der ATG wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse sind bisher durch das von einer Brennstoffzelle angetriebene Fahrgastschiff MS „Alsterwasser“ gesammelt worden? a. Welche Erkenntnisse gibt es zur Umweltverträglichkeit, Reduktion der Luftschadstoffe und Leistungsfähigkeit? b. Wird die MS „Alsterwasser“ ein einmaliges Projekt bleiben? Wenn ja, warum? Wenn nein, in welchem Zeitraum sollen weitere Schiffe der HADAG mit Brennstoffzellen folgen? 2. Wie hoch waren die bisherigen Kosten für a. den Bau, b. den Betrieb und c. die Reparatur des Fahrgastschiffes MS „Alsterwasser“? d. Wurden Verbesserungen eingebaut? Wenn ja, welche und wo? Drucksache 21/13949 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 e. Wer hat die Kosten für den Bau, den Betrieb und die Reparatur des Schiffes jeweils getragen? f. Aus welchen Mitteln vonseiten der Freien und Hansestadt Hamburg von welchem Einzelplan erfolgte eine Finanzierung? Durch den Betrieb des Fahrgastschiffes Alsterwasser konnten wichtige Erkenntnisse insbesondere zur betrieblichen Einsatztauglichkeit gewonnen werden. Dabei zeigte sich, dass die Technologie grundsätzlich geeignet ist, Fahrgastschiffe auf der Alster zu betreiben und das eingebaute Brennstoffzellensystem mit einer Leistung von 50 kW die betrieblichen Leistungsanforderungen abdecken kann. Die Erkenntnisse zur Umweltverträglichkeit und Schadstoffminimierung waren positiv. Für die HADAG Seetouristik und Fährdienst AG (HADAG) kommt ein Brennstoffzellen -Antrieb zum jetzigen Zeitpunkt nicht infrage, da dieser aktuell weder technisch umsetzbar noch wirtschaftlich darstellbar wäre. Bei der ATG sind derzeit wegen der infrastrukturellen Rahmenbedingungen keine weiteren Brennstoffzellenschiffe geplant. Aktuell werden bei der ATG verschiedene Konzepte für eine sukzessive Umstellung der Schiffsflotte auf möglichst emissionsarme und wirtschaftlich sinnvolle Antriebstechnologien bewertet. Die Betriebskosten liegen deutlich über denen eines vergleichbaren dieselbetriebenen Schiffes. Im Übrigen siehe Drs. 20/14227 und Vorbemerkung. 3. Woher erhält das Fahrgastschiff MS „Alsterwasser“ den Wasserstoff? Wie wird eine Versorgung sichergestellt? Welche Voraussetzungen für eine Betankung des Wasserstoffschiff „Alsterwasser“ sind bisher geschaffen worden? Die Versorgung der Alsterwasser mit Wasserstoff in den Jahren 2008 bis Ende 2013 erfolgte durch die Linde AG als Projektpartnerin in einem europäischen Verbundprojekt an einer Tankstelle in einem Stichkanal in Barmbek. Nach Ablauf der Förderung wurde die Tankstelle vom Eigentümer wieder zurückgebaut. Die anschließende intensive Prüfung wirtschaftlich und ökologisch sinnvoller Betankungsalternativen blieb erfolglos. 4. Welche Tankstellen für welche Beförderungsmittel mit Wasserstoff existieren bisher beziehungsweise welche Projekte sind dazu auf welchem Planungsstand? Aktuell sind in Hamburg vier Wasserstofftankstellen an den Standorten HafenCity: Oberbaumbrücke 3, Altona: Schnackenburgallee 12, Bramfeld: Bramfelder Chaussee 370, Finkenwerder: Aluminiumstraße 5 in Betrieb, wobei die Tankstelle in Finkenwerder bis voraussichtlich September des Jahres 2018 technisch weiter ausgebaut wird. Mit Ausnahme der Wasserstofftankstelle in der HafenCity sind alle Anlagen jeweils in voll kommerzielle Tankstellen von Retailern wie Shell und TOTAL integriert. Eine weitere Wasserstofftankstelle wird im Sommer des Jahres 2018 am Standort Andreas Meyer Straße 63 in Moorfleet von TOTAL in Betrieb genommen. Für das Jahr 2019 ist die Betriebsaufnahme der Wasserstoffbetankung an einer Shell- Tankstelle am Großmoorbogen 1 geplant. 5. Welche Planungen und Ziele verfolgt der Senat zum Thema Wasserstoff - und Brennstoffzellentechnologie? a. Plant der Senat, weitere Schiffe mit Brennstoffzellen auszustatten? Wenn ja, wie ist dazu der aktuelle Stand der Planungen? Wenn nein, warum nicht? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13949 3 b. Welche weiteren Projekte unter anderem mit der Meyer Werft oder Thyssen Krupp Marine Systems plant der Senat zum Thema Wasserstoff - und Brennstoffzellentechnologie in den nächsten Jahren in welcher Form zu unterstützen? HADAG und ATG betrachten kontinuierlich technologische Weiterentwicklungen auch im Bereich der Brennstoffzellen-Technologie. Vor dem Hintergrund der zurzeit verfügbaren Leistungsgrößen sind keine konkreten Umsetzungsprojekte vorgesehen. Stattdessen unterstützen beide Unternehmen aktiv unterschiedliche Brennstoffzellen- Forschungsprojekte, um den technologischen Fortschritt aktiv mitzugestalten. Im Rahmen des laufenden Verbundprojektes e4ships werden von der Meyer Werft sowie von Thyssen Krupp Marine Systems verschiedene Konzepte zum Einsatz von Hochtemperaturbrennstoffzellen für die Versorgung von Seeschiffen mit Bordstrom und Wärme beziehungsweise Kälte, insbesondere während des sogenannten Hotelbetriebs , im Hafen erprobt. Grundsätzlich könnte mit diesen Systemen ein Großteil der von den Schiffen ausgehenden Emissionen während der Liegezeit im Hafen vermieden werden. Parallel dazu werden Brennstoffzellen nach den Plänen auch für den gesamten Antrieb von Binnenschiffen in der Leistungsklasse bis etwa 1 MW für Flusskreuzfahrtschiffe oder Fähren entwickelt. In Abstimmung mit den zuständigen Instanzen des Bundesverkehrsministeriums unterstützt Hamburg die Entwicklung und Bereitstellung der landseitigen Infrastruktur etwa für den künftigen Einsatz von gasförmigen Treibstoffen. Für den Einsatz von Brennstoffzellen auf Schiffen in internationalen Gewässern sind einige der Voraussetzungen wie die Richtlinien der International Maritime Organisation der Vereinten Nationen für Treibstoffe mit niedrigem Flammpunkt (low flash point fuels) noch zu erstellen . Hier kann Hamburg nur mittelbar Einfluss nehmen, da dieses durch die Mitgliedsstaaten der UN erfolgt. Allerdings sind der in Hamburg ansässige Verband für Schiffbau und Meerestechnik sowie die hiesigen Zertifizierungsgesellschaften wie der DNVGL in Arbeitsgruppen beziehungsweise zur fachlichen Unterstützung für den Bund aktiv in die Gremienarbeit eingebunden und bringen dort die Erfahrungen unter anderem aus dem Verbundprojekt e4ships ein. Die Koordination des Projektes erfolgt über die hySOLUTIONS GmbH. c. Inwieweit wird in der Metropolregion Hamburg mit welchen Akteuren und gegebenenfalls europaweit zum Thema Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie wie zusammengearbeitet? Wie soll gegebenenfalls welche Zusammenarbeit ausgebaut werden? Die in Hamburg zuständigen Behörden sind seit Jahren in einen intensiven Austausch mit in diesem Handlungsfeld besonders aktiven Regionen im europäischen und internationalen Ausland eingebunden. Zu diesen Regionen gehören zum Beispiel London im Bereich der Mobilität, die Region Groningen hinsichtlich der Einbindung von Wasserstoff in die Energieversorgung, insbesondere die Gasnetze, japanischen Städte wie Osaka und Kobe bei der Nutzung von Wasserstoff in industriellen Prozessen sowie Norwegen und Island beim Einsatz von Brennstoffzellen auf Schiffen. Mit der hySOLUTIONS GmbH als Public-Private-Partnership Organisation verfügt Hamburg über eine Koordinatorin für die Umsetzung von Projekten mit hoher Expertise , der mit den zuständigen Einrichtungen für die Förderung und die Weiterentwicklung der Wasserstoff- und Brennstoffzellen-technologie beim Bund (Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie, NOW) beziehungsweise der Europäischen Kommission (Fuel Cells and Hydrogen Joint Undertaking, FCH JU) intensiv zusammenarbeitet.