BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13965 21. Wahlperiode 14.08.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Peter Lorkowski (AfD) vom 06.08.18 und Antwort des Senats Betr.: Entwicklung der Schwimmabzeichen des DLRG in Hamburg Die Behörde für Schule und Berufsbildung Referat Sport (BSB) gibt als Ziel an, dass „jedes Hamburger Schulkind nach Verlassen der Grundschule schwimmen kann“1. Laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage2 aus dem Jahr 2017 sind 59 Prozent der Zehnjährigen keine sicheren Schwimmer. Der Definition nach ist ein sicherer Schwimmer jemand, der die Disziplinen des Jugendschwimmabzeichens in Bronze (Freischwimmer) beherrscht. Durch die Schließung von Schwimmbädern haben immer weniger Personen einen Zugang zu einem solchen Abzeichen. Dies trifft besonders auf Grundschüler zu, also Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren. Deutlich wird dies daran, dass die Zahl an Grundschülern mit einem Jugendschwimmabzeichen stetig sinkt. Laut DLRG besitzen circa 60 Prozent der Grundschüler kein Jugendschwimmabzeichen und circa 25 Prozent der Grundschulen hätten keinen Zugang mehr zu einem Schwimmbad. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Anders als dargestellt haben im Bundesdurchschnitt nicht 60 Prozent, sondern sogar 75 Prozent der Kinder kein Jugendschwimmabzeichen. Dank des in Hamburg für alle Grundschülerinnen und Grundschüler verbindlichen Schwimmunterrichts haben dagegen nur 36 Prozent der Hamburger Kinder kein Jugendschwimmabzeichen. Umgekehrt bedeutet das, dass die Quote der Kinder mit Jugendschwimmabzeichen in Hamburg mit 64 Prozent rund zweieinhalbmal so hoch ist wie in Deutschland mit 25 Prozent. Das zeigt den großen Erfolg des Hamburger Schwimmunterrichts. Seit der Optimierung des Konzepts für das Schulschwimmen (Drs. 20/8276) wird der obligatorische Schwimmunterricht während der Grundschulzeit mit einem Umfang von grundsätzlich zwei Schwimmlernphasen à 18 Schwimmeinheiten für alle Hamburger Grundschülerinnen und -schüler verpflichtend erteilt. Im Schuljahr 2016/2017 wurden deshalb die hochgesteckten Ziele der Ziel- und Leistungsvereinbarungen bezüglich des Erwerbs des Deutschen Jugendschwimmabzeichens Bronze nahezu erreicht: 11.382 Schülerinnen und Schüler konnten am Ende der Grundschulzeit das Seepferdchen vorweisen. Das sind 625 mehr als im Vorjahr. Trotz gestiegener Schülerzahlen ist das auch eine prozentuale Verbesserung auf nun 87 Prozent der Schülerinnen und Schüler, die nachweislich schwimmen können. Beim Bronzeabzeichen ist die Entwicklung noch beachtlicher: Hier stehen 8.368 erfolgreiche Kinder 7.088 aus dem Vorjahr gegenüber (+ 1.280). Die Erfolgsquote von 64 Prozent stellt einen Zuwachs von rund 12 Prozentpunkten dar. Beim Seepferdchen gibt 1 https://www.schulsport-hamburg.de/Schulschwimmen/Durchfuehrungshinweise. 2 https://www.dlrg.de/fileadmin/user_upload/DLRG.de/Ak-Layout2013/Presse/forsa- Umfrage2017.pdf. Drucksache 21/13965 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 es weiterhin Verbesserungsbedarf. Dass gleichzeitig immer weniger Schülerinnen und Schüler vor Beginn des Schwimmunterrichts an Wasser gewöhnt sind, ist jedoch ein weiterer Beleg für den Erfolg der zum Schuljahr 2014/2015 eingeführten Maßnahmen. Zudem belegt die Entwicklung der Abzeichenquoten seit dem Schuljahr 2006/2007 (siehe dazu Drs. 21/2810 und Drs. 21/10666), dass die Optimierung des Konzepts für das Schulschwimmen fachlich geboten war und in der Umsetzung erfolgreich ist. Die vom Fragesteller in seiner Eingangsbemerkung herangezogene Forsa-Umfrage bezeichnet die Schwimmfähigkeit der Schülerinnen und Schüler am Ende der Primarstufe deutschlandweit. Die Situation in Hamburg ist bezüglich der Erwerbsquoten von Jugendschwimmabzeichen (DJSA) wie auch mit der Ausstattung von Schwimmbädern deutlich besser: Die vom Fragesteller in Fußnote 2 angegebene URL bezeichnet nicht die Forsa- Umfrage, sondern die Auswertung dieser Umfrage durch die DLRG. Die in der Pressemitteilung genannte Zahl, 59 Prozent ohne Bronze, ergibt sich aus Folie 20 der Auswertung, Zeile 2 (2017). Dazu wurden die Anteile der Bronze-, Silber- und Goldabzeichen addiert und von 100 Prozent abgezogen. Kein Abzeichen Seepferdchen Bronze Silber Gold 23 % 77 % 25 % 11 % 5 % Die Tabelle wurde jedoch falsch betitelt und es handelt sich nicht um exklusive, sich auf die einzelnen Abzeichen beziehende Anteile, sondern um jeweils alle höheren Schwimmabzeichen inkludierende prozentuale Angaben. Die korrekten Anteile für die einzelnen Abzeichen lassen sich folgendermaßen berechnen: Kein Abzeichen Seepferdchen Bronze Silber Gold 23 % 52 % (= 77-25) 14 % (= 25-11) 6 % (=11-5) 5 % Demnach sind im Bundesdurchschnitt nicht 59 Prozent der Zehnjährigen keine sicheren Schwimmer, sondern 75 Prozent (kein Abzeichen und Seepferdchen). Umgekehrt gelten demnach nur 25 Prozent der Kinder als sichere Schwimmer. Demgegenüber haben rund 64 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Hamburg am Ende der Primarstufe mindestens das Bronze-Schwimmabzeichen erreicht. Damit übertrifft Hamburg im Schuljahr 2016/2017 den bundesweiten Durchschnitt der Bronzequote um 156 Prozent. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften der Bäderland Hamburg GmbH (BLH) und des Vereins Aktive Freizeit e.V. (VAF) wie folgt: 1. Wie viele Schulschwimmbäder gibt es in Hamburg? Bitte für die Jahre 2008 bis 2018 aufschlüsseln. Spezielle, dem Schulunterricht vorbehaltene Schwimmbäder („Schulschwimmbäder“) gibt es nicht. Für den obligatorischen und fakultativen Schwimmunterricht werden seit 2008 unverändert folgende Schwimmbäder genutzt: Alster-Schwimmhalle, Bartholomäus -Therme, Bille-Bad, Billstedt, Blankenese, Bondenwald, Bramfeld, Dulsberg, Elbgaustraße, Festland, Finkenwerder, Inselpark, MidSommerland, Ohlsdorf, Parkbad , Rahlstedt, St. Pauli, Süderelbe, VAF, Wandsbek. Bad des BFW Berufsförderungswerks Hamburg GmbH, Bad des Farmsener Turnvereins von 1926 e.V., Bad Over der Gemeinde Seevetal, Lehrschwimmbecken des Luruper Fördervereins Integration durch Schwimmen e. V., Schwimmhalle Barsbüttel und Lehrschwimmbecken der Schwimmschule Turmweg e.V. 2. Wie viele Grundschulen in Hamburg haben einen Zugang zu einem Schulschwimmbad? Wie in Frage 1. aufschlüsseln. Alle. Zur Verteilung der staatlichen Hamburger Grundschulen auf Schwimmbäder seit Optimierung des Konzepts für das Schulschwimmen (Drs. 20/8276) siehe Drs. 21/4918, Drs. 21/6796 und Drs. 21/11098. Die Verteilung vor dem Schuljahr 2014/ Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13965 3 2015 liegt der zuständigen Behörde nicht mehr vor und kann auch nicht rekonstruiert werden. 3. Wie viele Schüler besuchten eine Grundschule in Hamburg? Wie in Frage 1. aufschlüsseln. Zu den Schülerzahlen der Hamburger allgemeinbildenden Schulen nach Schulform und Schulstufe siehe HamburgService – Schulstatistisches Informationssystem unter https://gateway.hamburg.de/hamburggateway/fvp/fv/bbs/dwhfrontend/?sid=18. a. Wie viele hiervon wurden für den Schwimmunterricht angemeldet? Alle Hamburger Grundschülerinnen und Grundschüler erhalten Schwimmunterricht. Eine Anmeldung zum obligatorischen Schwimmunterricht der Grundschule ist nicht erforderlich, siehe dazu die Durchführungshinweise1. Mit der Teilnahme am Sportund Schwimmunterricht erfüllen die Schülerinnen und Schüler ihre Schulpflicht nach § 37 i.V.m. § 28 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG). Auch außerhalb der Schule haben Sorgeberechtigte die Möglichkeit, ihre Kinder zum Schwimmunterricht anzumelden. So haben im Zeitraum 2011 bis Juli 2018 rund 64.000 Kinder an Schwimmkursen der Bäderland Pinguin Schwimmschule teilgenommen . Für den Zeitraum davor sind durch BLH keine Daten dokumentiert und können auch nicht rekonstruiert werden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kinderschwimmkurse sind in der Regel im Alter von vier bis 13 Jahren. Eine konkrete Erfassung des Alters der Kinder erfolgt nicht. 4. Der Schwimmunterricht soll „regulär in den Klassenstufen 3 und 4 in einem Schulhalbjahr im Umfang von je 18 Schwimmeinheiten stattfinden .“3 An wie vielen Hamburger Grundschulen konnte dieser Stundenumfang gewährleistet werden? Wie in Frage 1. aufschlüsseln. a. Falls eine Gewährleistung von je 18 Schwimmeinheiten nicht möglich war, was waren die Gründe hierfür? Die Gewährleistung von 18 Schwimmeinheiten wird begrenzt durch die langfristige Sommerferienregelung der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Kultusministerkonferenz). Diese führt zu sogenannten kurzen Halbjahren, in denen Schulen, deren Schwimmunterricht an bestimmten Tagen stattfindet, auch unter Berücksichtigung der beweglichen und unbeweglichen Feiertage im jeweiligen Kalenderjahr 18 Schwimmeinheiten nicht vollumfänglich wahrnehmen können. Eine Übersicht seit Schuljahr 2014/2015 ist Tabelle 1 zu entnehmen. Daten vor diesem Zeitraum liegen nicht vor. Schuljahr Wochentag 2014/15 Mo Di Mi Do Fr 1. HJ 17 17 18 18 18 2. HJ 18 18 18 18 18 2015/16 Mo Di Mi Do Fr 1. HJ 18 18 18 18 18 2. HJ 18 18 18 18 18 2016/17 Mo Di Mi Do Fr 1. HJ 16 17 17 17 17 2. HJ 18 18 18 18 18 2017/18 Mo Di Mi Do Fr 1. HJ 17 16 18 18 16 2. HJ 16 18 18 18 17 Anzahl der Schwimmeinheiten pro Halbjahr ab dem Schuljahr 2014/2015 3 Ebenda. Drucksache 21/13965 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Betriebsbedingte Absagen seitens der Dienstleister (BLH, VAF) erfolgen grundsätzlich unter der Angabe von möglichen Nachholterminen. Eine statistische Erfassung der Wahrnehmung dieser Termine erfolgt nicht. 5. Um vom verpflichtenden Schwimmunterricht befreit zu werden, führt die BSB folgende Gründe an: Krankheit, die Schwimmsachen vergessen oder „aus anderen Gründen“. a. Was versteht die BSB unter „aus anderen Gründen“? b. Wie stellen die Schulen sicher, dass Schülerinnen und Schüler nicht jedes Mal ihre Schwimmsachen vergessen? Mit der Teilnahme am Sport- und Schwimmunterricht erfüllen die Schülerinnen und Schüler ihre Schulpflicht nach § 37 i.V.m. § 28 HmbSG, siehe dazu Drs. 21/13697 und Drs. 21/3668. Der einschlägige Durchführungshinweis der zuständigen Behörde lautet : „Schülerinnen und Schüler, die aus Krankheitsgründen nicht am Schwimmunterricht teilnehmen oder aus anderen Gründen vom Schwimmunterricht befreit sind, verbleiben in der Schule. Dies gilt auch für Schülerinnen und Schüler, die ihre Schwimmsachen vergessen haben.“1 Schülerinnen und Schüler, die ihre Schwimmsachen vergessen haben, verbleiben demnach in der Schule. Sie sind jedoch nicht vom Schwimmunterricht befreit, sondern fehlen unentschuldigt. Unentschuldigte Fehlstunden können mit Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen geahndet werden. Sind die unentschuldigten Fehlstunden durch die Sorgeberechtigten veranlasst, kann eine Schulpflichtverletzung vorliegen, die als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden kann. Droht eine fortgesetzte Schulpflichtverletzung, kann dieser mit der Festsetzung eines Zwangsgelds entgegentreten werden. „Andere Gründe“ im Sinne des Durchführungshinweises können beispielsweise Arztbesuche, Teilnahme an Therapien, Teilnahme an besonderen Fördermaßnahmen oder sonstige wichtige Gründe im Sinne des § 28 Absatz 3 des HmbSG sein. Ob ein „wichtiger Grund“ eine Befreiung vom Schwimmunterricht indiziert, ist durch sorgfältige Abwägung im Einzelfall zu ermitteln. So könnte ein Kind vom Schwimmunterricht befreit werden, wenn es bereits über eine Bronze- Schwimmabzeichen verfügt, wegen einer bestehenden Rechenschwäche aber der besonderen Förderung in Mathematik bedarf und diese nur in dem Zeitraum durchgeführt werden kann, in dem der Schwimmunterricht stattfindet. 6. „Schülerinnen und Schüler, die nach der Grundschulzeit nach Hamburg ziehen und am Unterricht der Sekundarstufen I oder II der allgemeinbildenden Schulen bzw. an berufsbildenden Schulen teilnehmen, müssen bei der Schulanmeldung ihre Schwimmfähigkeit nachweisen. Sofern sie nicht im Besitz des Deutschen Jugendschwimmabzeichens Bronze sind, haben sie Anspruch auf einen Schwimmkursgutschein.“ Wie oft der Schwimmkursgutschein in Anspruch genommen? Wie in Frage 1. aufschlüsseln. Die Schwimmkursgutscheine wurden 2015 eingeführt. Ab dem Jahr 2017 wird unterschieden zwischen Kinderschwimmkursen (bis 13 Jahre) und Erwachsenenschwimmkursen (ab 14 Jahre, zum Beispiel Berufsschülerinnen und Berufsschüler). Die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer stellt sich wie folgt dar: 2015: 326 2016: 505 2017: 699 Kinder und 28 Erwachsene 2018: 255 Kinder und 14 Erwachsene (Stand 2. August 2018). 7. Wie viele Schüler waren nach Beendigung der Grundschule in Hamburg im Besitz des Deutschen Jugendschwimmabzeichens Bronze? Wie in Frage 1. aufschlüsseln. Siehe Vorbemerkung.