BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1398 21. Wahlperiode 01.09.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Nebahat Güçlü (fraktionslos) vom 25.08.15 und Antwort des Senats Betr.: Gesundheitsversorgung von Patientinnen und Patienten mit Migrationshintergrund (2) – Dolmetscherdienste Die Hamburger Ärztekammer hat schon 2014 darauf hingewiesen, dass für eine angemessene Gesundheitsversorgung von Migrantinnen und Migranten eine Verbesserung des Dolmetscherdienstes nötig ist. Vermehrt ist von Patientinnen und Patienten zu hören, dass in den Hamburger Krankenhäusern für sie keine Möglichkeiten zur Verfügung stehen, ohne Deutschkenntnisse in Herkunftssprachen wie beispielsweise türkisch, afghanisch oder russisch informiert zu werden. Noch immer werden in derartigen Fällen „Reinigungskräfte “ zu Hilfe gerufen, die dann nur punktuell und unzureichend übersetzen können. Ich frage den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Angaben der Hamburger Plankrankenhäuser wie folgt: 1. Trifft es zu, dass dies immer noch der Standard in den Hamburger Krankenhäusern ist? Nein. In den Hamburger Krankenhäusern sind klinische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im ärztlichen, pflegerischen und therapeutischen Bereich mit vielfältigem sprachlichem und kulturellem Hintergrund tätig. Viele stationäre Patientinnen und Patienten mit Migrationshintergrund bringen darüber hinaus deutschsprachige Angehörige mit, die zu einer guten Kommunikation beitragen. Dies gilt insbesondere für die Aufklärung fremdsprachiger Patientinnen und Patienten, dabei wird in besonderer Weise darauf geachtet, dass die betroffene Patientin beziehungsweise der betroffene Patient die Erklärungen der Ärztin/des Arztes nachvollziehen kann. Aufklärungsbögen, zum Beispiel für operative Eingriffe, stehen in zahlreichen Fremdsprachen zur Verfügung. Für Patientinnen und Patienten mit Migrationshintergrund sowie Patientinnen und Patienten im Kindesalter und deren Eltern, die über mangelnde oder keine Deutschkenntnisse verfügen, steht der Dolmetscherdienst des Universitätsklinikums HamburgEppendorf (UKE) zur Verfügung. Eine Versorgung dieses Personenkreises ist stets gewährleistet. Es besteht auch jederzeit die Möglichkeit, kostenpflichtig einen Dolmetscher anzufordern . Sofern es keine anderen Möglichkeiten der Verständigung gibt oder es im Rahmen der medizinischen Notwendigkeit erforderlich ist, wird der Dolmetscherdienst entsprechend beauftragt. Dieser kommt direkt in das Krankenhaus für die Übersetzung . Drucksache 21/1398 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Das Bundeswehrkrankenhaus Hamburg kann darüber hinaus auf Personal aus dem Bundessprachenamt zurückgreifen. Zudem besteht die Möglichkeit, in Einzelfällen über die in Hamburg ansässigen Konsulate entweder Konsulatsangehörige oder vermittelte Dolmetscher beziehungsweise Personen in Dolmetscherfunktion einzubinden. a. Wenn ja, wie steht dieser Missstand im Einklang mit dem Recht auf Gesundheitsversorgung für alle und dem Leitziel, die Gesundheitsversorgung kultursensibel zu gestalten? Entfällt. b. Wenn nein, wie erklärt es sich der Senat, dass sich zunehmend Seniorinnen und Senioren mit Migrationshintergrund mit Beschwerden an Beratungsstellen wenden? Der zuständigen Behörde liegen darüber keine Kenntnisse vor, dass „sich zunehmend Seniorinnen und Senioren mit Migrationshintergrund mit Beschwerden an Beratungsstellen wenden“. 2. Am UKE wurde in den Neunzigerjahren im Rahmen der „Migrantenversorgung “ ein Dolmetscherdienst eingeführt. Der Dolmetscherdienst am UKE entstand im Rahmen des Projektes „Migrantenversorgung im UKE, Sprach- und Kulturmittlung“, das im Jahr 1994 begann und im Jahr 2002 endete. Soweit erinnerlich, hatte sich die Zahl der Dolmetschereinsätze im UKE in der Zeit von Projektbeginn bis Projektende etwa verdreifacht. In dieser Zeit wurden hauptsächlich Dolmetscherleistungen für die Kinderklinik und für die Frauenklinik unterstützt (konkrete Zahlen für diesen Zeitraum sind abrufbereit nicht verfügbar). In der Zeit von 2002 bis 2004 erfolgte die Dolmetschervermittlung für die Kliniken des UKE insgesamt durch ein externes Unternehmen, Daten hierzu liegen nicht vor. Seit Ende 2004 wurde der Dolmetscherdienst in das International Office des UKE integriert und wird seitdem von dort aus für den UKE-Konzern organisiert. Zu den Details ab 2005 siehe Antworten zu 2. b. und c. a. Sieht der Senat dieses Angebot als wichtig für eine angemessene Gesundheitsversorgung von Patientinnen und Patienten mit Migrationshintergrund an? Der Dolmetscherdienst am UKE wird von den zuständigen Behörden als wichtiges Element in der Versorgung von Patientinnen und Patienten bewertet. b. Wie hat sich das Angebot von und der Bedarf nach Dolmetscherdiensten im UKE seit den 1990er Jahren entwickelt? Das International Office des UKE vermittelt Dolmetscherinnen und Dolmetscher für den gesamten UKE-Konzern. Hierfür kann aktuell auf circa 100 Dolmetscherinnen und Dolmetscher zurückgegriffen werden, deren Sprachkenntnisse derzeit 57 Sprachen sowie das Gebärdendolmetschen abdecken. Die Nachfrage beziehungsweise Inanspruchnahme des Dolmetscherdienstes hat sich seit 2005 wie folgt entwickelt: Jahr Anmerkungen Anzahl Einsätze UKE (Konzern) 2005 1.084 2006 866 2007 643 2008 889 2009 856 2010 1.381 2011 nur Januar bis Juli* 957 2012 2.272 2013 2.926 2014 3.701 2015 nur Januar bis 25.08.2015 3.402 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1398 3 * Die Daten für die Monate August bis Dezember 2011 wurden nicht erfasst. c. Stimmt es, dass der jetzige Dolmetscherdienst vom UKE selbst finanziert wird? Wenn ja, warum wird das Angebot nicht mehr unterstützt? Der Dolmetscherdienst wurde und wird vom UKE finanziert, dies gilt sowohl für die Dolmetscherhonorare als auch für den mit der Vermittlung und Abrechnung verbundenen Organisations- und Verwaltungsaufwand im UKE. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. 3. Wie ist die fachgerechte Gesundheitsversorgung von Patientinnen und Patienten ohne Deutschkenntnisse, insbesondere von Seniorinnen und Senioren sowie von demenzkranken Patientinnen und Patienten, in den Hamburger Krankenhäusern bei stationären Aufenthalten sowie bei Reha-Maßnahmen gewährleistet? In der Behandlung demenziell erkrankter Patientinnen und Patienten in der Geriatrie und Gerontopsychiatrie werden, soweit möglich, Angehörige zur Überwindung sprachlicher und kultureller Barrieren eingebunden, die sowohl Deutsch- als auch die jeweiligen Fremdsprachenkenntnisse haben. Die Angehörigen sind vielfach sehr hilfsbereit und selbst daran interessiert, fachliche Unterstützung und Beratung für die Betreuung ihrer demenzkranken Angehörigen zu erhalten. In mehreren Krankenhäusern besteht die Möglichkeit, sich in „kultursensibler Pflege“ (Berücksichtigung der kulturellen, religiösen , spirituellen Wünsche und Bedürfnisse des Patienten) weiterzubilden. Im Übrigen siehe Antwort zu 1.