BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/13996 21. Wahlperiode 14.08.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulrike Sparr (GRÜNE) vom 08.08.18 und Antwort des Senats Betr.: Fassadenbegrünung Der Sommer 2018 hat mit seinen Rekordtemperaturen und der anhaltenden Trockenheit eindrücklich vor Augen geführt, was Klimawandel bedeutet. Auch wenn wir hoffen dürfen, dass künftig nicht alle Jahre derart extrem verlaufen werden, ist doch die Tendenz eindeutig: Die Wetterextreme nehmen zu, die Durchschnittstemperatur steigt global – auch in Hamburg Jahr für Jahr. Dieses Szenario macht es notwendig, Hamburg zur klimaresilienten Stadt umzuformen. Dabei spielen Abkühlungsmöglichkeiten und Sauerstoffzufuhr und -produktion eine wichtige Rolle. Für den Erhalt Hamburgs als lebenswerte Stadt kommt daher dem Stadtgrün in allen Spielarten eine besondere Bedeutung zu. Die positive Wirkung von Bäumen, Sträuchern, Parks und Gärten wird bereits vielerorts genutzt, der Einsatz von Grün auf Hausdächern und an Fassaden erscheint dagegen noch ausbaufähig. Ende Juli 2017 erhielt die Behörde für Umwelt und Energie den Zuschlag für das Förderprojekt des Bundesumweltministeriums „Bau nie ohne! Urbanes Grün in allen Dimensionen“. Das Projekt ermöglicht die Förderung von Gründächern , aber auch von begrünten Fassaden. Während die Vorteile von Gründächern mittlerweile weitgehend bekannt und anerkannt sind, ist das Thema Fassadengrün bisher kaum im Bewusstsein von Bauherrn/-innen und Hauseigentümern/-innen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welche Auswirkungen haben aus Sicht der BUE begrünte Fassaden auf Naturhaushalt und Klima in der Stadt? Fassadenbegrünungen haben positive Auswirkungen auf Naturhaushalt und Stadtklima . Eine Fassadenbegrünung mit Kletterpflanzen dient als eine technisch anspruchslose Alternative zur Gebäudeoptimierung in den Bereichen Kühlung, Verschattung und Grauwassernutzung. Die Begrünung schützt die Fassade im wesentlichen Maße vor direkter Sonneneinstrahlung . Fassadenbegrünung kann zudem Luftschadstoffe binden und dadurch die städtische Luftbelastung reduzieren. Weiterhin verbessert sich durch die pflanzliche Sauerstoffproduktion die Luftqualität mit messbaren gesundheitlichen Vorteilen. Fassadenbegrünung vermindert außerdem die Lärmbelastung durch Reflexions- und Absorptionsleistung und schafft physisch und psychologisch eine positiv wahrgenommene Geräuschlandschaft um das begrünte Gebäude herum. Auch in der Regenwasserbewirtschaftung bildet Fassadenbegrünung einen Baustein. Das verdunstete Regenwasser kühlt die Umgebung und bringt den städtischen Was- Drucksache 21/13996 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 serzyklus näher an den natürlichen Kreislauf heran. Fassadenbegrünung beeinflusst die Biodiversität in der Stadt vorteilhaft. Sie erweitert das Nahrungs-, Nest- und Lebensraumangebot für Lebewesen und trägt damit zur lokalen Artenvielfalt bei. 2. Welche Fassadentypen sind für Begrünungen besonders geeignet? Städtebaulich sind für Fassadenbegrünung besonders Brandwände, fensterlose Fassaden , Fassaden von Gewerbe-, Industrie- und Infrastrukturbauwerken geeignet, ebenso wie Parkhäuser, Lagerhallen, Lärmschutzwände oder Brückenpfeiler. Für Fassadenbegrünung eignen sich sowohl Neubau als auch Gebäude im Bestand. 3. Gelegentlich werden Bedenken geäußert, das Kletterpflanzen die Fassade eines Hauses beschädigen könnten. In welchen Konstellationen kann dies auftreten und wie ist dem vorzubeugen? Es kann zu Schäden bei Bauwerksbegrünungen kommen, wenn Planung, Bau, Pflege und Wartung der Fassadenbegrünung nicht fachgerecht durchgeführt werden, die Bausubstanz vorgeschädigt ist, extreme Wetterereignisse vorkommen oder die Begrünung von Vandalismus betroffen ist. Die häufigsten Schadensursachen sind eine vorgeschädigte Bausubstanz, bautechnische Planungsfehler, ungeeignete Begrünungsformen, unpassende Pflanzenwahl sowie mangelhafte oder ausbleibende Pflege und Wartung. 4. Wie ist das Projekt „Bau nie ohne! Urbanes Grün in allen Dimensionen“ angelegt und wie gedenkt die Behörde es umzusetzen? Ende Juli 2017 wurde der Behörde für Umwelt und Energie der Zuschlag für das Förderprojekt „Bau nie ohne! Urbanes Grün in allen Dimensionen“ vom Bundesbauministerium erteilt. Um die Aufgabe wahrnehmen zu können, wurden bei der zuständigen Behörde die Arbeitsressourcen bis 2020 verstärkt. Kern des Projektes sind die Entwicklung einer Fassadenbegrünungsstrategie und Maßnahmen zu ihrer Umsetzung sowie die Weiterentwicklung und Verstetigung der Hamburger Gründachstrategie. Ziele dieses Modellvorhabens sind es, die grüne Infrastruktur in der dritten Dimension auszubauen und Fassadenbegrünung in den strategischen Ansatz der Gründachstrategie aufzunehmen. Das geförderte Projekt besteht aus sieben Bausteinen: 1. Fassadenbegrünung, 2. Naturerlebnis und Gesundheitsvorsorge, 3. Rechtliche Fragen und Herausforderungen , 4. „Ökonomie“ stärken, 5. Dialog und Kooperation, 6. Baulich und 7. Evaluation . Folgende Arbeitsschritte sind geplant: Leitfaden für Fassadenbegrünung, Pflanzenliste , Textbausteine für Ausschreibungen, Leistungskatalog zum Monitoring von Bauwerksbegrünung mit Planungsleitfaden, Expertenworkshop, Entwicklung von Beispieltexten für Festsetzungen und Begründungen in der Bauleitplanung bei unterschiedlichen Gebäudebegrünungen, Lebenszykluskostenbetrachtung von Gebäudebegrünungsmaßnahmen , Kommunikationskonzept, Multiplikatorentreffen, Exkursion, Publikumsevent , Dach- und Fassadenbegrünung auf dem DESY Forschungscampus, Berichtswesen und Einspeisung der Inhalte in die Fachöffentlichkeit. Die zuständige Behörde beabsichtigt, die Ziele bis zum Projektende im September 2020 zu erreichen. 5. Existiert bereits ein Förderprogramm beziehungsweise ist ein solches in Planung? Ein Förderprogramm des Bundes zur Herstellung von Fassadenbegrünung existiert nicht. Derzeit wird in der zuständigen Behörde geprüft, ob eine Hamburger Förderung für Fassadenbegrünung infrage kommt.