BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14001 21. Wahlperiode 14.08.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 08.08.18 und Antwort des Senats Betr.: Erneute Teilnahme des IZH am Al-Quds-Tag in Berlin – Hat der Wortbruch Konsequenzen? Seit Jahren steht das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) aufgrund seiner verfassungsfeindlichen Agenda unter staatlicher Beobachtung. Dieser Tatsache sowie zahlreicher antisemitischer Verfehlungen zum Trotz ist das IZH durch seine Mitgliedschaft in der SCHURA noch immer offizieller Partner des Senats. Nachdem das IZH im Jahr 2017 aufgrund seiner wiederholten Teilnahme am antisemitischen Al-Quds-Tag in Berlin unter Druck war, gab die IZH-Führung zu verstehen, dieser schmachvollen Veranstaltung künftig fernzubleiben .1 Mittlerweile ist klar, dass diese Zusage nicht aufrichtig gemeint war. Dem Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg zufolge haben Mitglieder und Vertreter des IZH am 9. Juni 2018 erneut den Al-Quds-Tag in Berlin besucht, darunter Scheich Mohammad Mohssen, Seyed Musawi, stellvertretender Leiter des IZH, und Hamidreza Torabi. Ferner seien diesmal insgesamt 80 Personen aus Hamburg nach Berlin gereist. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die muslimischen Hamburgerinnen und Hamburger bilden nach den Angehörigen christlicher Konfessionen die zweitgrößte Gruppe von Angehörigen einer Religion in Hamburg. Seit langer Zeit gibt es ein Bewusstsein dafür, dass die Wahrnehmung und Anerkennung der religiösen Bedürfnisse dieser zum größten Teil zugewanderten Bevölkerungsgruppe einen wesentlichen Bestandteil ihrer Integration in die Mehrheitsgesellschaft darstellt. In europäischen Ländern mit einer längeren und ausgeprägteren islamischen Tradition als sie Deutschland hat, gibt es auch bereits seit längerer Zeit Formen der Kooperation zwischen Staat und Religionsgemeinschaften, die sich zum Beispiel in Österreich im öffentlich-rechtlichen Status der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich oder in Spanien in einem Kooperationsabkommen zwischen dem Staat und der Islamischen Kommission Spaniens aus dem Jahr 1992 niedergeschlagen haben. In Hamburg hat der Senat im Jahr 2007 „Gespräche über die Möglichkeiten einer Vereinbarung der Freien und Hansestadt Hamburg mit der muslimischen Gemeinschaft“ mit den Verbänden DITIB, SCHURA und VIKZ sowie mit der Alevitischen Gemeinde Deutschland aufgenommen. Flankiert wurden die Gespräche von einem bürgerschaftlichen Ersuchen vom 31. Januar 2007, mit dem die Bürgerschaft den Senat ersuchte, „mit autorisierten Vertretern der Muslime Gespräche aufzunehmen mit dem Ziel, ein 1 Einem Redebeitrag der Grünen-Abgeordneten Stefanie von Berg in der Bürgerschaftssitzung vom 11. Oktober 2017 kann man entnehmen, dass das IZH offenbar sogar die verbindliche Zusage abgegeben hatte, künftig nicht mehr am Al-Quds-Marsch teilzunehmen. Drucksache 21/14001 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 verbindliches schriftliches Abkommen über gegenseitige Rechte und Verpflichtungen in verschiedenen Lebensbereichen abzuschließen“ (Drs. 18/5553, 18/5925). Bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme der Gesprächen waren Senat und Bürgerschaft bekannt, dass der SCHURA auch islamische Einrichtungen angehören, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden wie zum Beispiel das Islamische Zentrum Hamburg (IZH). Senat und Bürgerschaft hatten abzuwägen, ob sie im Interesse der vielen Hamburgerinnen und Hamburgern islamischen Glaubens eine vertragliche Grundlage für eine engere Zusammenarbeit mit den muslimischen Verbänden schaffen, oder ob sie dies verweigern, weil es unter den Musliminnen und Muslimen in Hamburg auch einige gibt, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen. Senat und Bürgerschaft haben sich im Interesse des Zusammenlebens der Religionen in Hamburg seit der 18. Legislaturperiode für die Wahrnehmung und Anerkennung des islamischen Glaubens entschieden und in diesem Sinne auch den Verträgen mit den islamischen Gemeinschaften zugestimmt (20/5830). Damit war und ist keinerlei Einschränkung der Beobachtungen und Maßnahmen der Sicherheitsbehörden gegenüber verfassungsfeindlichen Bestrebungen verbunden. Die Verträge dienen vorrangig dazu, eine Grundlage für die weitere Zusammenarbeit zu schaffen. Dadurch werden vorhandene Probleme nicht negiert, sondern es werden Möglichkeiten für Dialoge geschaffen, die ohne den Vertrag nicht bestünden, siehe Drs. 21/9040. Dies schließt auch substanzielle Kritik nicht aus, siehe Drs. 21/8100. Wie auch die Verträge mit der evangelischen und der katholischen Kirche sowie mit der jüdischen Gemeinde enthält der Vertrag mit den muslimischen Religionsgemeinschaften keine Sanktionsregeln (siehe Drs. 21/9108). Allerdings wird das IZH auch weiterhin vom Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) beobachtet und das LfV wird auch weiterhin öffentlich über die Tätigkeit des IZH berichten. Die Teilnahme von Vertretern des IZH an der antisemitischen Al-Quds-Demonstration in Berlin stellt eine erhebliche Belastung für das Verhältnis zu SCHURA dar. Dies hat der Senat gegenüber der SCHURA deutlich gemacht und unverzüglich einen Dialog mit SCHURA aufgenommen, um die Situation zu erörtern. Ein erstes Gespräch, an dem neben dem Staatsrat und einem Mitarbeiter der Senatskanzlei auch Vorstandsmitglieder von SCHURA teilgenommen haben, hat bereits am 21. Juni 2018 stattgefunden . Dieser Dialog dauert noch an. Mit weiteren Schritten hat sich der Senat noch nicht befasst. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie hat der Senat auf den Wortbruch der IZH-Führung reagiert? Ist es zu Gesprächen gekommen? Falls ja, wann haben diese stattgefunden und wer hat an ihnen teilgenommen ? Falls nein, warum nicht? 2. Wird das IZH für sein Verhalten sanktioniert, welches, genau gesehen, klare Verstöße gegen die Wertegrundlagen des Staatsvertrages darstellt ? Falls ja, welche Maßnahmen sind dabei diskutiert worden und wann werden diese umgesetzt? Falls nein, warum nicht? 3. Sind in der Vergangenheit aufgrund von islamistischen beziehungsweise antisemitischen Verfehlungen jemals Sanktionen gegen das IZH verhängt worden? Falls ja, wann und woraufhin? Falls nein, warum nicht? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14001 3 4. Wie gedenkt der Senat in Zukunft sicherzustellen, dass a) seine Partner im Staatsvertrag keine islamistischen Verfehlungen mehr begehen? b) Partner, die nachweislich wiederholt gegen die Wertegrundlagen des Staatsvertrages verstoßen haben, sanktioniert werden? 5. Wie ist es möglich, dass eine Organisation wie das IZH, welche nach einhelliger Meinung von Bundesregierung und Landesamt für Verfassungsschutz eine gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland gerichtete Ideologie vertritt, offizieller Partner des Senats sein kann und diesen gegen Fördergelder bei der Deradikalisierung von Muslimen unterstützt? Der Senat wird gebeten, diesen Widerspruch aufzulösen. Siehe Vorbemerkung.